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71. Urteil der I. Zivilabteilung vom 11. November 1969 i.S. Wittwer gegen Erben Hollenweger und Mitbeteiligte. | |
Regeste |
Grundstückkauf |
Bestimmung der Schwebezeit einer Bedingung. Folgen ihres Ausfallens (Erw. 3, 4). |
Wirkungen eines Verzichts des Käufers auf den "Vorbehalt" (Erw. 5). | |
Sachverhalt | |
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Da Wittwer in der Folge vom Gemeinderat Weiningen erfuhr, dass Bauten erst nach der Durchführung eines Quartierplanverfahrens bewilligt werden könnten, reichte er vorerst keine Baugesuche ein. Er schlug den Verkäufern vor, ein privates Quartierplanverfahren durchzuführen. Sie erklärten sich damit einverstanden. Dem daraufhin ausgearbeiteten Quartierplan stimmten jedoch nicht alle beteiligten Grundeigentümer zu, weshalb in einer Versammlung derselben vom 16. September 1960 das Scheitern des privaten Quartierplanverfahrens festgestellt wurde.
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Am 3. November 1960 liessen die fünf Verkäufer dem Käufer schreiben, sie träten von den Kaufverträgen zurück, weil er seiner Verpflichtung, sofort um die Baubewilligung nachzusuchen, nicht nachgekommen sei; die Ansetzung einer Nachfrist sei nicht nötig; falls diese Auffassung nicht standhalten sollte, setzten sie Wittwer Nachfrist bis 4. Dezember 1960 an, um die Baugesuche einzureichen; weiter eventuell erklärten sie die Kaufverträge wegen Täuschung oder mindestens wegen Irrtums unverbindlich.
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Die Verkäufer hielten an ihrer Auffassung fest und erklärten am 5. Dezember 1960, von den Verträgen zurückzutreten, da die Nachfrist unbenutzt abgelaufen sei.
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Im Februar 1962 verkaufte Haug sein Grundstück anderweitig, und im Juli 1962 räumten Elise Tichy, Frida Ehrsam und Hollenweger sen. einem andern Dritten Kaufsrechte an ihren Grundstücken ein, die im Januar 1963 ausgeübt wurden.
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Inzwischen war ein öffentliches Quartierplanverfahren durchgeführt worden. Am 24. September 1962 teilte Wittwer den Verkäufern mit, dieses sei abgeschlossen; er halte an der Vertragserfüllung fest und werde innert vier Wochen ein Baugesuch einreichen. Die Verkäufer nahmen demgegenüber den Standpunkt ein, die Kaufverträge seien dahingefallen.
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B.- Im Herbst 1963 klagte Wittwer gegen alle fünf Verkäufer auf Zusprechung des Eigentums an den verkauften Grundstücken, eventuell auf Ersetzung des erlittenen Schadens nach richterlichem Ermessen.
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Die Beklagten beantragten, auf die Klage nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen.
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C.- Das Bezirksgericht Zürich wies am 28. Juni 1966 vorweg die Klage gegen den Beklagten Vogler ab.
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Der Kläger erklärte die Berufung an das Obergericht, zog diese aber nachträglich zufolge Vergleichs zurück.
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Am 5. Juli 1966 starb der Beklagte Hollenweger sen. An seiner Stelle traten seine Erben Lina Hollenweger-Grossmann und Joh. Hollenweger jun. in den Prozess ein.
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Am 29. November 1966 bezifferte der Kläger seine Schadenersatzansprüche gegen die im Prozess verbleibenden Beklagten auf insgesamt Fr. 45'700.--, nämlich gegenüber den Erben Hollenweger auf Fr. 16'700.--, gegenüber Haug auf Fr. 4900.--, gegenüber Frau Ehrsam auf Fr. 14'300.-- und gegenüber Frau Tichy auf Fr. 9800.--.
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Am 30. April 1968 wies das Bezirksgericht Zürich die Klage auch gegen die noch im Prozess verbliebenen Beklagten ab.
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D.- Der Kläger erklärte gegen dieses Urteil die Berufung an das Obergericht. Er liess das Klagebegehren auf Zusprechung des Eigentums an den Grundstücken fallen, erhob das ursprüngliche Eventualbegehren zum Hauptbegehren und beantragte, die Beklagten seien zu verpflichten, ihm den erlittenen Schaden und ![]() | 15 |
E.- Mit Urteil vom 2. Mai 1969 nahm das Obergericht des Kantons Zürich vom Rückzug des Klagebegehrens um Zusprechung des Eigentums Vormerk. Es trat auf die Berufung insoweit nicht ein, als der Kläger mehr als die in der Eingabe vom 29. November 1966 genannten Beträge von zusammen Fr. 45'700.-- verlangte. Im übrigen wies es die Klage ab.
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F.- Das Kassationsgericht des Kantons Zürich wies eine Nichtigkeitsbeschwerde des Klägers gegen dieses Urteil am 27. August 1969 ab.
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G.- Mit der vorliegenden Berufung beantragt der Kläger dem Bundesgericht:
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"1. Das Urteil des Obergerichtes Zürich vom 2. Mai 1969 sei aufzuheben.
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2. Die Klagen seien nach Massgabe des Eintretensbeschlusses des Obergerichtes Zürich vom 2. Mai 1969 in einem reduzierten Umfang gutzuheissen und die Beklagten zu verpflichten, dem Kläger folgende Beträge zu bezahlen:
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a) Die Beklagten Erben J. Hollenweger solidarisch Fr. 16'900.--;
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b) der Beklagte H. Haug-Ritz Fr. 4'900.--;
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c) die Beklagte Wwe Frida Ehrsam Fr. 14'300.--;
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d) die Beklagte Elise Tichy Fr. 9'800.--.
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3. Eventuell seien die Beklagten je einzeln zu Schadenersatzleistungen an den Kläger nach Ermessen des Gerichtes zu verpflichten. 4. Subeventuell sei die Sache zur Ausmittlung der einzelnen Schadensposten an das Obergericht Zürich zurückzuweisen mit der Massgabe, die Klage in dem zu ermittelnden Quantitativ gutzuheissen." Die Beklagten beantragen, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Damit unterstellt der Kläger, die Parteien hätten beim Abschluss der Verträge tatsächlich und übereinstimmend den Willen gehabt, die Verträge selbst dann noch zu erfüllen, wenn die Baubewilligungen erst in fernster Zukunft erteilt würden. Diese Behauptung findet im angefochtenen Urteil keine Stütze. Aus dem Umstande, dass die Parteien in den Verträgen vereinbarten, die Baugesuche seien sofort zu stellen, schliesst das Obergericht im Gegenteil, sie hätten nicht damit gerechnet, dass wegen der Notwendigkeit eines Quartierplanverfahrens Baugesuche erst nach Jahren gestellt werden könnten. Es kommt zum Schluss, die Baureife der Grundstücke sei Vertragsgrundlage gewesen, und da sie in Wirklichkeit nicht bestanden habe, hätten sich die Beklagten geirrt. Es nimmt sogar an, selbst der Kläger habe nicht gewusst, dass wegen der Notwendigkeit eines Quartierplanverfahrens Baugesuche erst nach Jahren gestellt werden könnten. Es führt aus, dieses Wissen sei durch die Akten nicht nachgewiesen, auch der Kläger habe sich in dieser Beziehung "getäuscht". Gemäss Art. 63 Abs. 2 OG ist das Bundesgericht an diese tatsächlichen Feststellungen gebunden.
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Geht man hievon aus, so kann der umstrittene "Vorbehalt" nicht bedeuten, die Vertragserfüllung sei aufgeschoben, bis irgendwann der Bau von Einfamilienhäusern bewilligt werde. Dass ein Kauf unbegrenzte Zeit in der Schwebe bleiben solle, kann ohne besondere Anhaltspunkte nicht angenommen werden (BGE 72 II 35 /36). Der Kläger musste nach Treu und Glauben der Verpflichtung zur sofortigen Einreichung von Baugesuchen gegenteils entnehmen, die Verkäufer wünschten eine baldige Abklärung der Lage. Dabei durften und mussten die Vertragschliessenden ![]() | 29 |
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Spätestens in diesem Zeitpunkt wurden die Käufe unwirksam und fiel damit die Anwartschaft des Klägers auf die Grundstücke dahin (Art. 153 Abs. 2 OR; BECKER Art. 151 N. 15; VON TUHR/SIEGWART § 86 V; STAUDINGER, Komm. zum BGB, 11. Auflage, § 158 Bem. 4). Die Beklagten brauchten daher die Verträge nicht wegen Irrtums anzufechten, um ihrer (bedingten) Verkäuferpflichten enthoben zu werden. Sie hatten hiezu keinen ![]() | 31 |
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Ob diese Vereinbarung öffentlich hätte beurkundet werden müssen, kann jedoch offen bleiben. Sollte sie gültig zustande gekommen sein, so hätte sie die Schwebezeit keinenfalls um mehr als die Dauer des privaten Quartierplanverfahrens verlängert. Nach verbindlicher Feststellung der Vorinstanz haben die ![]() | 33 |
Mit dem Ausfall der Bedingung aber war es für die Beklagten weder nötig noch sinnvoll, sich ihrer Verpflichtungen durch Berufung auf einen Irrtum entschlagen zu wollen. Der Irrtum hätte ja nur darin bestehen können, dass sie, als sie dem privaten Quartierplanverfahren zustimmten, der Meinung gewesen wären, es werde die Grundstücke baureif machen. Dass diese Hoffnung sich als trügerisch erwies, benachteiligte die Beklagten in keiner Weise, denn als sich das Zustandekommen eines privaten Quartierplanverfahrens als unmöglich erwies, verlängerte sich die Schwebezeit nicht um die Dauer des anschliessenden öffentlichen Quartierplanverfahrens.
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5. Der Kläger macht geltend, die Verträge seien nur "seitens des Käufers" an den Vorbehalt der Erteilung von Baubewilligungen geknüpft worden. Deshalb habe er darauf verzichten, d.h. die Erfüllung der Verträge selbst dann begehren dürfen, wenn Baubewilligungennicht odernichtrechtzeitigerteiltwürden. Nach dieser Auffassung hätte der Kläger schon während der ![]() | 35 |
Dass die Beklagten der Durchführung eines privaten Quartierplanverfahrens zustimmten und dadurch gültig in die Verlängerung der Schwebezeit eingewilligt haben sollen, ändert nichts. Dieses Einverständnis war nach Treu und Glauben nicht dahin auszulegen, der Kläger erhalte damit das Recht, nach dem Ablauf der verlängerten Schwebezeit nach seinem Belieben jederzeit die Übertragung der Grundstücke zu verlangen.
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Festgestelltermassen hat der Kläger im Laufe der Schwebezeit (der ursprünglichen wie der angeblich verlängerten) nie zu erkennen gegeben, dass er die Grundstücke unbekümmert um den Eintritt oder den Ausfall der Bedingung erwerben wolle. Aus seinen Briefen vom 11. November 1960 und 24. September 1962 schliesst das Obergericht, dass er im Gegenteil auch noch in diesen Zeitpunkten den Willen hatte, das nicht zu tun. Das ist eine Frage der Beweiswürdigung, mit der sich das Bundesgericht nicht zu befassen hat, da es an die Feststellungen des kantonalen Richters über tatsächliche Verhältnisse gebunden ist, wenn sie nicht offensichtlich auf Versehen beruhen oder unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen sind (Art. 63 Abs. 2 OG), was hier nicht zutrifft und auch nicht geltend gemacht wird.
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Um ihrer Verpflichtungen enthoben zu werden, brauchten die Beklagten indessen weder eine Nachfrist anzusetzen noch den Rücktritt zu erklären. Der Ausfall der Bedingung binnen der vereinbarten Schwebezeit hatte von Gesetzes wegen zur Folge, dass die Kaufverträge wirkungslos wurden. Sie fielen, wenn nicht schon einige Monate nach ihrem Abschluss oder am 16. September 1960, jedenfalls in der ersten Hälfte 1961 dahin. Die Erklärungen der Beklagten vom 3. November und 5. Dezember 1960 konnten dem Kläger nicht schaden und den Beklagten nicht nützen. Sie waren überflüssig, womit der Vorwurf des Rechtsmissbrauches gegenstandslos ist.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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