BGE 95 II 555 | |||
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75. Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. Oktober 1969 i.S. Fema AG. gegen Bösch. | |
Regeste |
Aktienrecht |
Geltung des Stichentscheides für Beschlüsse und Wahlen der Generalversammlung (Erw. 3). |
Die erwähnte Statutenbestimmung verletzt den Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre nicht (Erw. 4). |
Art. 708 Abs. 4 und 5 OR. Anspruch der Minderheiten auf Vertretung im Verwaltungsrat (Erw. 5). |
Art. 646 und 660 OR. Wohlerworbenes Recht des Aktionärs auf verhältnismässigen Anteil am Reingewinn. Keine absolute Geltung des Grundsatzes (Erw. 6). |
Art. 2 ZGB. Kein Rechtsmissbrauch des Alleinaktionärs, der gegenüber einem in die Gesellschaft eintretenden Aktionär sich durch Vorbehalt des Stichentscheides in der Generalversammlung und der Einzelzeichnungsberechtigung den Einfluss auf das Unternehmen sichern will (Erw. 7). | |
Sachverhalt | |
A.- Robert Wehrli, einziger Aktionär und Verwaltungsrat der Elektro-Mechanik AG, Luzern, suchte im Sommer 1964 einen Teilhaber-Geschäftsführer mit einer Kapitalbeteiligung. Mit Vertrag vom 20. August 1964 trat Ernst Bösch als "leitender Geschäftsführer für den technischen und kaufmännischen Bereich" in die Dienste der Elektro-Mechanik AG. In der ausserordentlichen Generalversammlung der Gesellschaft vom 19. Februar 1965 wurde die Firma in Fema AG abgeändert, Bösch als neues Mitglied in den Verwaltungsrat aufgenommen und die Erhöhung des Aktienkapitals von Fr. 50'000.-- auf Fr. 100'000.--, eingeteilt in 200 Namenaktien zu Fr. 500.--, beschlossen. Die Aktien wurden von Wehrli und Bösch je zur Hälfte übernommen. Wehrli wurde Präsident des Verwaltungsrates mit Einzelunterschrift. In der Folge kam es zwischen den beiden Aktionären zu Differenzen. Bösch kündigte den Anstellungsvertrag auf den 31. Dezember 1966 und blieb bis 28. Januar 1967 Mitglied der Verwaltung.
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Die Statuten der Fema AG von 19. Februar 1965 bestimmen u.a.: Auf jede Aktie entfällt eine Stimme (Art. 9). Die Generalversammlung fasst ihre Beschlüsse mit der absoluten Mehrheit der vertretenen Aktienstimmen (Art. 10 Satz 1). Der Vorsitzende stimmt mit und hat zudem den Stichentscheid (Art. 10 Satz 2).
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An der ordentlichen Generalversammlung der Fema AG vom 28. Januar 1967 stimmten beide Aktionäre gegensätzlich über folgende Geschäfte ab:
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"a) Genehmigung des Jahresabschlusses pro 1965;
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b) Antrag des Klägers, die Bilanz 1965 nach wirklichen Werten zu korrigieren, nämlich Abschreibungen und angefangene Arbeiten richtig zu stellen;
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c) Verwendung des Reingewinns:
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aa) Antrag Robert Wehrli, den Reingewinn auf neue Rechnung vorzutragen;
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bb) Antrag des Klägers, nach berichtigtem Jahresabschluss eine Dividende von 5% auszuschütten, das gesetzlich vorgeschriebene Minimum in den Reservefonds zu legen, Fr. 2000.-- an den Kläger für besondere Leistungen und Fr. 500.-- an den Buchhalter als Honorar zu bezahlen.
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Der Rest wäre auf neue Rechnung vorzutragen.".
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In der am gleichen Tag durchgeführten ausserordentlichen Generalversammlung der Fema AG stimmten die beiden Aktionäre - wiederum gegensätzlich - über folgende Anträge ab:
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a) Abberufung bzw. Nichterneuerung des Verwaltungsratsmandates des Klägers;
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b) Abberufung bzw. Nichterneuerung des Verwaltungsratsmandates E. Bösch und Wahl des Präsidenten Robert Wehrli."
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In der Folge wurde Ernst Bösch auf Mitteilung der Fema AG im Handelsregister als Mitglied des Verwaltungsrates mit Kollektivunterschrift gelöscht. Die Löschung wurde am 6. März 1967 im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht.
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B.- Ernst Bösch klagte am 10. Juni 1967 beim Amtsgericht Luzern-Stadt auf Feststellung, dass Art. 10 Satz 2 der Gesellschaftsstatuten, die an der ordentlichen und ausserordentlichen Generalversammlung der Fema AG vom 28. Januar 1967 mit Stichentscheid des Verwaltungsratspräsidenten gefassten Beschlüsse betreffend Geschäftsbericht und Jahresabschluss 1965, Wahl und Abberufung von Angestellten, Entlastung der Verwaltung, Neuwahl und Abberufung des Verwaltungsrates nichtig (Rechtsbegehren 1, 2a und b), eventuell anfechtbar seien (Rechtsbegehren 3); ferner sei das Handelsregisteramt des Kantons Luzern anzuweisen, den Kläger als Verwaltungsrat der Beklagten mit Kollektivunterschrift im Handelsregister wieder einzutragen und die entsprechende Veröffentlichung im Schweizerischen Handelsamtsblatt vorzunehmen (Rechtsbegehren 4a); eventuell sei die Beklagte zu verpflichten, diese Anmeldung beim kantonalen Handelsregisteramt selber vorzunehmen (Rechtsbegehren 4b); subeventuell sei der Kläger zu ermächtigen, diese Anmeldung von sich aus vorzunehmen (Rechtsbegehren 4c). Schliesslich beantragte der Kläger, ihm für das Geschäftsjahr 1965 gerichtlich Entlastung zu erteilen (Rechtsbegehren 5).
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Das Amtsgericht Luzern-Stadt wies am 20. März 1968 die Klage ab, soweit es darauf eintrat.
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Das Obergericht des Kantons Luzern schützte am 4. November 1968 die Klage teilweise, indem es die von der Beklagten
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a) an der ordentlichen Generalversammlung vom 28. Januar 1967 gefassten Beschlüsse
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- betreffend die Genehmigung des Geschäftsberichtes für das Jahr 1965;
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- betreffend die Genehmigung des Jahresabschlusses für das Jahr 1965;
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- betreffend die Wahl und Abberufung von Angestellten;
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b) an der ausserordentlichen Generalversammlung vom 28. Januar 1967 gefassten Beschlüsse
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- betreffend die Nichterneuerung des Mandates des Klägers als Verwaltungsrat;
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- betreffend die Erneuerung des Mandates Robert Wehrlis als Verwaltungsrat;
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als nichtig erklärte.
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Ferner verpflichtete es die Beklagte, innert 10 Tagen nach Rechtskraft des Urteils den Kläger als Verwaltungsrat mit Kollektivunterschrift zur Eintragung im Handelsregister des Kantons Luzern anzumelden; im übrigen wies es die Klage ab.
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C.- Die Beklagte beantragt mit der Berufung, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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b) Nach Art. 19 Abs. 1 OR kann der Inhalt des Vertrages innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festgelegt werden. Dieser auf das Schuldrecht ausgerichtete Grundsatz ist nach Art. 7 ZGB auch auf andere Rechtsverhältnisse, also auch auf das Gesellschaftsrecht anzuwenden (vgl. BGE 51 II 70; KOLLER, Grundfragen einer Typuslehre im Gesellschaftsrecht, S. 107/08; SCHUCANY, N. 2 zu Art. 706 OR). Der statutarisch angeordnete Stichentscheid des Vorsitzenden in der Generalversammlung der Aktiengesellschaft ist somit insbesondere dann zulässig, wenn er nicht gegen zwingende Vorschriften des Aktienrechts verstösst (Art. 19 Abs. 2 OR).
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Diese Auffassung wird im Schrifttum von verschiedenen Autoren (vgl. FREI, Zur Frage des Stichentscheides des Vorsitzenden in der Generalversammlung der Aktiengesellschaft, SAG 1950/51, S. 230 f.; BÜRGI, N. 24 f. zu Art. 698 und N. 2 zu Art. 703 OR; CARRY, La voix prépondérante du président dans les assemblées générales de la société anonyme, Sem. jud. 1960, S. 449 f.; SCHOCH, Die Zweimann-Aktiengesellschaft (Probleme bei gleichem Aktienbesitz), SAG 1959/60, S. 235/36; EIGENMANN, Zum Stichentscheid des Präsidenten, SAG 1962, S. 245 f.; SCHAUB, La voix prépondérante du président, SAG 1960/61, S. 101/102) vertreten und in der Rechtsprechung vom Handelsgericht des Kantons St. Gallen (SAG 1962/63, S. 128 f.) und der Cour de Justice de Genève (SAG 1969, S. 109 f.) geteilt. Sie beruht auf der Vorstellung, der Gesetzgeber habe bei der Regelung des Aktienrechts die sogenannte Publikums-Aktiengesellschaft als Leitbild im Auge gehabt (vgl. in diesem Sinne JÄGGI, Ungelöste Fragen des Aktienrechts, SAG 1958/59, S. 65; BÜRGI, Revisionsbedürftige Regelungen des Aktienrechts, Expo-Festschrift 1964, S. 205; MEIER-HAYOZ, Personengesellschaftliche Elemente im Rechte der Aktiengesellschaft, Festschrift Hug, S. 384; WOLF, Zu einem Urteil über den statutarischen Stichentscheid in der Generalversammlung der Aktiengesellschaft, SAG 1962/63, S. 222; derselbe, Das Stimmengleichheitsproblem bei Abstimmungen: Problemlösungsdenken versus limitatives Systemdenken, SJZ 1965, S. 205; CARRY, a.a.O., S. 455). Gegen diese Betrachtungsweise erheben sich gewichtige Bedenken (vgl. JOLIDON, Problèmes de structure dans le droit des sociétés (Portée et limites de la théorie des Types), ZSR 1968 II S. 552 f.). So legte der Gesetzgeber das Mindestkapital der Aktiengesellschaft auf Fr. 50'000.-- fest, forderte für die Deckung jedoch bloss Fr. 20'000.-- in bar oder durch Sacheinlage (Art. 633 OR); ferner liess er die Gründung einer Aktiengesellschaft mit drei Aktionären zu, ohne dass nachträglich eine Verminderung der Gesellschafter zwangsläufig die Auflösung der Aktiengesellschaft zur Folge hätte (Art. 625 OR). Schliesslich kann eine Aktiengesellschaft nach Art. 638 auch durch Simultangründung (vgl. Randtitel) entstehen, indem sämtliche Aktionäre die Errichtungsurkunde unterzeichnen. Durch diese Ordnung ermöglichte der Gesetzgeber auch die Entstehung kleinerer Gesellschaften mit personenrechtlichem Einschlag (vgl. BÜRGI, Expo-Festschrift 1964 S. 205). Diese Gesellschaften überwiegen im Rechtsleben eindeutig, verwirklichen doch nur eine "Minderzahl von Aktiengesellschaften ... das gesetzliche Modell" (vgl. JÄGGI, a.a.O., S. 66; MEIER-HAYOZ, a.a.O., S. 384).
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Auch bei der Ordnung des Stimmrechts in der Generalversammlung (vgl. Art. 692 f. OR) hat der Gesetzgeber personengesellschaftlichen Gesichtspunkten Rechnung getragen. Das in Art. 692 Abs. 1 OR verankerte Stimmrecht nach Zahl und Nennwert der Aktien (Real- oder Kapitalprinzip) wird durch erhebliche Ausnahmen abgeschwächt. So können die Statuten nach Art. 692 Abs. 2 OR die Stimmenzahl der Besitzer mehrerer Aktien beschränken. Absatz 3 der gleichen Vorschrift gestattet, bei Herabsetzung des Nennwertes der Aktien im Falle der Sanierung das Stimmrecht dem ursprünglichen Nennwert entsprechend beizubehalten. Sodann können nach Art. 693 Abs. 1 OR die Statuten das Stimmrecht unabhängig vom Nennwert nach der Zahl der jedem Aktionär gehörenden Aktien festsetzen, so dass auf jede Aktie eine Stimme entfällt. Freilich ist in allen diesen Ausnahmefällen das Stimmrecht notwendigerweise mit dem Besitz von Aktien verknüpft. Die für die Beschlussfassung massgebende Stimmkraft ist aber nicht ausschliesslich an die kapitalmässige Beteiligung gebunden, sondern beruht entscheidend auf der Person des Aktionärs. Diese Feststellung trifft für die Stimmrechtsaktien (vgl. Randtitel zu Art. 693 OR) in besonderem Masse zu, werden doch damit ganz unterschiedliche Machtverhältnisse geschaffen, indem beispielsweise eine Aktiengesellschaft neben Aktien zu Fr. 100.-- solche zu Fr. 1000.-- oder Fr. 3000.-- ausgibt und die beiden Aktiengattungen trotz unterschiedlichem Nennwert mit der gleichen Stimmkraft ausstattet (verdecktes Pluralstimmrecht). Kapitalmässig kleinere Minderheiten können daher entscheiden, was bei der Beschlussfassung viel schwerer wiegt als der Stichentscheid des Vorsitzenden, der das Abstimmungsergebnis nur geringfügig verfälscht (vgl. BÄR, a.a.O., S. 432; VON STEIGER, Nochmals zum Stimmengleichheitsproblem, SJZ 1965, S. 305/06). Es rechtfertigt sich denn auch innerlich ebenso gut, statt den Willen der ablehnenden 50% zu berücksichtigen, auf jenen der zustimmenden 50% abzustellen. BÄR (a.a.O., S. 431) betrachtet es daher mit Recht als eine Überspitzung des Mehrheitsprinzips, wenn in einem solchen Fall der in den Statuten niedergelegte korporative Wille nicht berücksichtigt wird. Gerade bei der Gesellschaft mit grosser Aktionärzahl ohne feste Blockbildung und mit nur zufälligem, jedenfalls aber bloss gelegentlichem Gleichstand ist der Stichentscheid des Vorsitzenden besonders am Platz und verlieren die Bedenken aus der Gleichheit der Stimmbemessung jedes Gewicht (vgl. BÄR, a.a.O., S. 433).
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Die Gegner lehnen den statutarischen Stichentscheid des Vorsitzenden namentlich deshalb ab, weil bei der Zweimann- oder Zweigruppen-Gesellschaft die Gefahr eines Missbrauchs bestehe, indem die nur mit Stichentscheid geschaffene, im Grunde genommen bloss fiktive Mehrheit den andern Aktionär oder die andere Aktionärgruppe ständig in die Minderheit versetzen könne. Damit würde - so wird argumentiert - auf die Dauer ein unerträglicher Zustand geschaffen, der für die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft nicht weniger gefährlich wäre als die Beschlussunfähigkeit zufolge Stimmengleichheit. In solchen Fällen sei daher eine mehr oder weniger erzwungene Verständigung meist zweckmässiger als die Majorisierung auf Grund einer einzigen, bloss fiktiven Mehrheitsstimme. Der Gefahr der Beschluss- und Funktionsunfähigkeit einer Aktiengesellschaft mit zwei kapitalmässig gleich stark beteiligten Aktionären oder Aktionärgruppen könne dadurch begegnet werden, dass beide Seiten je eine Aktie einem gemeinsamen Vertrauensmann übergeben.
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Zwar ist denkbar, dass der statutarische Stichentscheid in einzelnen Fällen dauernd zu Mehrheitsbeschlüssen führen kann. Aber solche Beschlüsse brauchen durchaus nicht rechtsmissbräuchlich zu sein (vgl. WOLF, SJZ 1965, S. 205 und SAG 1962/63, S.221). Das ist erst dann der Fall, wenn der auf Grund des Stichentscheides gefasste Beschluss sich durch vernünftige wirtschaftliche Erwägungen nicht rechtfertigen lässt, die Interessen der Minderheit offensichtlich beeinträchtigt und Sonderinteressen der Mehrheit ohne Grund bevorzugt (vgl. BGE 95 II 164 mit Hinweisen). Die Auffassung BÜRGIS (ZSR 1959 II S. 726a), es sei besonders untragbar, wenn eine Zweigruppen-Gesellschaft nur von der Stimme des Präsidenten abhange, ist daher eine unzutreffende Verallgemeinerung. Wird die Minderheit durch einen sachlich nicht gerechtfertigten Beschluss beeinträchtigt, so steht ihr die Anfechtungs- und allenfalls die Auflösungsklage aus wichtigen Gründen offen (Art. 706 und 736 Abs. 4 OR).
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Die Möglichkeit, bei der Zweimann- oder Zweigruppen- Gesellschaft eine Aktie einem Vertrauensmann zu übergeben, ist beachtenswert. Sie macht aber das Rechtsinstitut des statutarischen Stichentscheides nicht überflüssig. Die Ernennung eines Treuhänders setzt den Abschluss eines Vertrages unter den Beteiligten voraus. Für die Aktionäre ist es unter Umständen schwierig, einen gemeinsamen Vertrauensmann überhaupt zu finden, sich mit diesem über seine Aufgabe, seine Verantwortung, seine Vergütung sowie die Vertragsdauer zu einigen (vgl. WOLF, SAG 1962/63, S. 223). Auch darf nicht übersehen werden, dass durch diese Lösung gesellschaftsinterne Schwierigkeiten nicht in jedem Falle zu vermeiden sind. Es ist nicht ausgeschlossen, dass zwischen den sich gegenüberstehenden Aktionären oder Aktionärgruppen über die Rolle des Treuhänders Meinungsverschiedenheiten entstehen und sie sich über den vorzeitigen Widerruf des gemeinsam erteilten Auftrages nicht einigen können. Der statutarische Stichentscheid ist daher das einfachere und zweckmässigere Mittel, um die Beschlussfähigkeit der Generalversammlung und damit die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks zu gewährleisten.
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a) Diese Argumentation fällt mit Bezug auf drei der insgesamt vier im Berufungsverfahren noch streitigen Gegenstände zum vorneherein ausser Betracht.
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aa) Nach Art. 12 Abs. 1 der Statuten werden die Mitglieder der Verwaltung auf zwei Jahre gewählt. Die Amtsdauer der in der Generalversammlung vom 19. Februar 1965 gewählten Verwaltungsratsmitglieder lief im Jahre 1967 ab. Der Kläger hat im Hinblick auf seine Wiederwahl als Mitglied des Verwaltungsrates nur 50% der vertretenen Aktienstimmen auf sich vereinigt, also keine Mehrheit erreicht. Der Stichentscheid des Vorsitzenden hatte daher auf seine Nichtwiederwahl keinen Einfluss.
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bb) Der über den Antrag des Klägers gefasste Beschluss, die Buchhaltung nicht mehr durch den Mitaktionär Wehrli, sondern auswärts besorgen zu lassen, bezieht sich nicht auf die in Art. 7 lit. d der Statuten vorgesehene "Wahl und Abberufung von Angestellten, die zugleich Mitglied der Verwaltung sind". Es handelt sich im Gegenteil um einen Beschluss über ein gewöhnliches Sachgeschäft. Dass Wehrli für die Besorgung der Buchhaltung eine nach Art. 13 der Statuten zulässige Vergütung bezog, änderte an seiner Eigenschaft als Verwaltungsrat mit Einzelzeichnungsberechtigung nichts, machte ihn insbesondere nicht zu einem Angestellten im Sinne der erwähnten Statutenbestimmung.
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cc) Der Beschluss über die Genehmigung des Geschäftsberichtes sowie der Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 1965 betrifft ebenfalls kein Wahlgeschäft.
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b) Die Eventualbegründung des Obergerichtes könnte somit nur noch für die Wiederwahl des Robert Wehrli als Verwaltungsrat in Frage kommen. Sie scheint durch den Wortlaut des Art. 703 OR bestätigt zu werden, der zwischen Beschlüssen und Wahlen unterscheidet, die mit der absoluten Mehrheit der vertretenen Aktienstimmen gefasst werden. Art. 698 OR, der mit Art. 703 OR funktionell zusammenhängt, zählt dagegen zu den unübertragbaren Befugnissen der Generalversammlung ohne Unterschied Wahlen und andere Sachgeschäfte. Art. 10 Abs. 2 der Statuten der Beklagten bezieht sich nach dem Wortlaut nur auf Beschlüsse, die in Anlehnung an Art. 703 OR "mit der absoluten Mehrheit der vertretenen Aktienstimmen" gefasst werden. Eine weitere Vorschrift, die sich ausdrücklich auf Wahlen beziehen würde, sehen die Statuten indessen nicht vor. Die wörtliche Auslegung der fraglichen Statutenbestimmung führte aber zu einem widersinnigen Ergebnis, wäre doch für Beschlüsse im engern Sinne das absolute Mehr nach Art. 10 Abs. 2 der Statuten, für Wahlen dagegen die gleiche Stimmenzahl nach Art. 703 OR massgebend. Unter Beschlüsse im Sinne von Art. 10 Satz 2 der Statuten sind daher sämtliche Entscheidungen der Generalversammlung, also auch Wahlen zu verstehen, die im Grunde genommen nichts anderes als Beschlüsse besonderer Art sind.
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Der genannte Grundsatz will aber nicht eine absolute Gleichbehandlung der Aktionäre gewährleisten; er bedeutet vielmehr, dass von der Gleichbehandlung nur insofern abgewichen werden darf, als diese für die Verfolgung des Gesellschaftszweckes im Interesse aller Aktionäre notwendig ist. Eine unterschiedliche Behandlung ist also dort zulässig, wo sie nicht unsachlich, sondern ein angemessenes Mittel zur Erreichung eines gerechtfertigten Zweckes ist (vgl. BGE 91 II 301 mit Hinweisen, BGE 93 II 406, BGE 95 II 162 /63).
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Der Grundsatz der kapitalmässigen Bemessung des Stimmrechts ist, wie erwähnt, nicht zwingend, sondern kann durch statutarische Anordnung verschiedene Ausnahmen erfahren. Eine Statutenvorschrift, die das Stimmengleichgewicht der Aktionäre in einer Aktiengesellschaft durch Stichentscheid des Vorsitzenden in der Generalversammlung umstösst, um die Beschlussfähigkeit der Generalversammlung und damit auch den Bestand der Gesellschaft zu gewährleisten, kann nicht als unsachlich bezeichnet werden. Sie bringt denn im vorliegenden Fall keine grössere Ungleichheit mit sich, als wenn die beiden Aktionäre die gleiche Lösung beispielsweise durch Zuteilung der Aktien im Verhältnis von 99 zu 101 oder durch Schaffung von Stimmrechtsaktien angestrebt hätten (vgl. WOLF, SJZ 1965, S. 205, SAG 1962/63, S. 221).
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Diese Vorschrift ist zwingender Natur. Sie folgt der Tendenz der modernen Aktienrechtsgesetzgebung, den Minderheiten gewisse Rechte einzuräumen, selbst wenn sie nur einen Bruchteil des Aktienkapitals vertreten (vgl. BGE 66 II 49 /50). Der Kläger folgert daraus, dass ihm angesichts der gleich starken Kapitalbeteiligung wie Wehrli umso mehr das Recht zustehe, im Verwaltungsrat vertreten zu sein. Art. 708 Abs. 4 OR trifft indessen hier nicht zu. Die Beklagte hat ausschliesslich Aktien der gleichen Gattung ausgegeben und verfügt auch nicht über einen Verwaltungsratsausschuss.
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Art. 708 Abs. 5 OR sieht vor, dass die Statuten zum Schutze der Minderheiten oder einzelner Gruppen von Aktionären weitere Bestimmungen über die Wahlart aufstellen können. Unter "einzelnen Gruppen" sind solche von Aktionären mit verschiedener Rechtsstellung im Sinne von Art. 708 Abs. 4 OR und unter "Minderheiten" solche von Aktionären gleicher Rechtsstellung zu verstehen (vgl. SCHUCANY, N. 5 zu Art. 708 OR). Die Statuten der Beklagten enthalten keine Bestimmung im Sinne der erwähnten Vorschrift, weshalb der angebliche Anspruch des Klägers auf Vertretung im Verwaltungsrat der Beklagten auch unter diesem Gesichtspunkt abzulehnen ist.
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Das Obergericht hat diese Frage nicht geprüft, weil es die auf Grund des Stichentscheides gefassten Beschlüsse der Beklagten ohnehin als nichtig erklärte. Die erste Instanz wies dagegen das Begehren aus materiellen Gründen ab. Sie stellte auf Grund der Ausführungen des Klägers in der Klagebegründung fest, dass dieser bis Mitte 1965 bei der Beklagten einen Betriebsverlust von ungefähr Fr. 35'000.-- ermittelt habe; es sei ihm nicht gelungen, diesen Verlust auf Grund eines von ihm selber entworfenen Budget- und Sanierungsprogrammes bis Ende 1965 abzubauen, geschweige denn, den behaupteten Reingewinn von Fr. 10'000.-- für das betreffende Geschäftsjahr nachzuweisen. Das Amtsgericht machte sich die Auffassung des Zeugen Bachmann zu eigen, der die mit einem Reingewinn von Fr. 43.18 abschliessende Betriebsrechnung für das Jahr 1965 überprüfte und erklärte, die Ausschüttung einer Dividende sei unter diesen Umständen bei einer Gesellschaft wie der Beklagten nicht denkbar.
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Das Klagebegehren wäre ohne weiteres abzuweisen, wenn das Obergericht diese Feststellungen übernommen hätte. Da die Berufungsinstanz ihrem Entscheid nur die tatsächlichen Verhältnisse des angefochtenen Urteils zu Grunde legen darf (Art. 48 OG), ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie - prozesskonforme Behauptungen und Beweisanträge vorbehalten - die Akten ergänze und über diesen Punkt neu entscheide (Art. 64 OG). Sie wird dabei zu beachten haben, dass das wohlerworbene Recht des Aktionärs auf einen verhältnismässigen Anteil am Reingewinn im Sinne von Art. 646 und 660 OR kein unbedingtes ist, sondern durch die weitgehenden Befugnisse der Generalversammlung oder der Verwaltung eingeschränkt werden darf. So kann die Generalversammlung den Reingewinn zur Äufnung von Reserven oder zu andern nach Gesetz oder Statuten zulässigen Zwecken verwenden. Die Gerichte können aber die Angemessenheit der hierüber gefassten Beschlüsse nicht überprüfen und dürfen nur einschreiten, wenn die Generalversammlung den Rahmen vernünftiger Überlegungen willkürlich überschritten hat (vgl. BGE 91 II 310 und dort erwähnte Entscheide, BGE 93 II 405 Erw. 6a, BGE 95 II 163 /164).
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Das angefochtene Urteil enthält keine Feststellung, die den Schluss auf ein missbräuchliches Verhalten Wehrlis zuliesse. Die Vorinstanz wird daher auch hier unter Vorbehalt des kantonalen Prozessrechts zu prüfen haben, ob der Kläger Sachumstände behauptet und zum Beweise angeboten hat, die seinen Vorwurf rechtfertigen könnten. Dabei ist nicht zu beanstanden, dass sich Wehrli als Initiant und bisheriger Alleinaktionär bei der Änderung der Gesellschaftsstatuten gegenüber dem Kläger durch Einräumung der Einzelzeichnungsberechtigung und des Stichentscheides den massgebenden Einfluss auf die Entwicklung des Unternehmens sichern wollte. Diese Massnahme war ein Gebot der Klugheit, zumal Wehrli ja nicht wusste, wie sich die Zusammenarbeit mit dem Kläger gestalten werde.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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