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81. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 21. November 1969 i.S. Wullschleger gegen Saul. | |
Regeste |
Güterrechtliche Auseinandersetzung bei Eintritt der Gütertrennung oder bei Scheidung (Art. 189, 154 ZGB). |
- Ersatzpflicht des Ehemanns wegen schuldhafter Verletzung einer ihm obliegenden Sorgfaltspflicht (Art. 201 Abs. 1 und 752 ZGB), wegen Verwendung des Geldes für den Haushalt oder zur Tilgung sonstiger Mannesschulden (Art. 209 Abs. 1 ZGB) oder wegen Vermischung mit dem im Eigentum des Ehemanns stehenden Haushaltungsgeld (Art. 727, 201 Abs. 3 ZGB)? (Erw. 4 d, aa - cc). |
- Der Eigentumsübergang und die Ersatzforderung nach Art. 201 Abs. 3 ZGB fallen bei Auflösung der Güterverbindung wegen Übergangs zur Gütertrennung oder wegen Scheidung grundsätzlich dahin; im übrigen erhält die Ehefrau nach dieser Bestimmung keine Ersatzforderung für bares Geld, andere vertretbare Sachen und nur der Gattung nach bestimmte Inhaberpapiere, die sie dem Ehemann vorenthalten hat (Erw. 4 d Abs. 1 und 4 e; Bestätigung und Klarstellung der Rechtsprechung). | |
Sachverhalt | |
1 | |
Die Eheleute Wullschleger-Saul lebten nach ihrer Heirat (1944) zunächst unter dem Güterstand der Güterverbindung. Durch Ehevertrag vom 28. Februar 1953, der von der zuständigen ![]() | 2 |
Aus den Erwägungen: | |
4. ... d) Tritt während der Ehe die Gütertrennung ein, so zerfällt das eheliche Vermögen gemäss Art. 189 Abs. 1 ZGB mit Vorbehalt der Rechte der Gläubiger in das Eigengut des Mannes und das Eigengut der Frau. Das geschieht gleich wie nach Art. 154 ZGB bei der Scheidung unabhängig vom Güterstand (BGE 40 II 308unten,BGE 47 II 9E. 3), was im Falle, dass bisher Güterverbindung bestand, namentlich bedeutet, dass der kraft Vereinbarung der Gütereinheit (Art. 199 ZGB) oder gemäss Art. 201 Abs. 3 ZGB erfolgte Eigentumsübergang an den Ehemann dahinfällt und dass die Ehefrau die betreffenden Vermögenswerte oder gegebenenfalls die als Ersatz dafür angeschafften Werte als ihr Eigengut zurücknehmen kann und die Ersatzforderung aus Art. 199 bezw. 201 Abs. 3 ZGB verliert (BGE 47 II 131ff. E. 1,BGE 57 II 452oben,BGE 74 II 147; KNAPP, Le régime matrimonial ![]() | 3 |
aa) Auf Grund von Art. 201 Abs. 1 ZGB könnte die Beklagte den Kläger nach dieser Bestimmung in Verbindung mit Art. 752 Abs. 1 ZGB für den Betrag von Fr. 1300.-- nur verantwortlich machen, wenn dieser Betrag infolge schuldhafter Verletzung einer dem Kläger obliegenden Sorgfaltspflicht nicht mehr vorhanden wäre (vgl. LEMP N. 24 ff. zu Art. 201 ZGB). Eine solche Pflichtverletzung ist dem Kläger nicht vorzuwerfen. Insbesondere hat der Kläger seine Pflichten als Verwalter und "Nutzniesser" des Frauenguts nicht etwa schon dadurch verletzt, dass er diesen Betrag nicht an sich zog, sondern ihn der Beklagten überliess, wie sie es zweifellos selber wünschte.
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bb) Unabhängig von einem Verschulden hätte der Kläger der Beklagten den Betrag von Fr. 1300.-- zu ersetzen, wenn die Beklagte ihn wegen ungenügender Leistungen des Klägers, der nach Art. 160 Abs. 2 ZGB für den Unterhalt der Familie zu sorgen hatte, für die laufenden Bedürfnisse des Haushalts hätte verwenden müssen (Art. 209 ZGB;BGE 52 II 424ff.,BGE 57 II 139f.,BGE 78 II 305f., BGE 81 II 188; LEMP N. 37 zu Art. 212/13, N. 15 zu Art. 209 ZGB). Dass dies der Fall gewesen sei, hätte nach Art. 8 ZGB die Beklagte beweisen müssen. Diesen Beweis hat ![]() | 5 |
Dass die Beklagte diesen Betrag sonstwie zur Tilgung einer intern des Mannesgut belastenden Schuld verwendet habe, ist nicht behauptet worden, und es bestehen dafür auch keine Anhaltspunkte.
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Die Forderung auf Ersatz dieses Betrags kann sich daher nicht auf Art. 209 ZGB stützen.
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cc) Behielt die Beklagte den Betrag von Fr. 1300.--, so konnte er sich höchstens dann mit Mannesgut vermischen, wenn sie ihn zu dem vom Kläger erhaltenen Haushaltungsgeld legte, das trotz der Übergabe an sie im Eigentum des Klägers blieb (BGE 51 II 101; LEMP N. 16 zu Art. 163 ZGB). Eine Vermischung mit dem Haushaltungsgeld, die als Grundlage der Ersatzforderung von der Beklagten zu beweisen wäre, ist jedoch so wenig bewiesen wie eine Verwendung für den Haushalt. Die Voraussetzung, unter welcher angenommen werden könnte, dass eine nach Art. 201 Abs. 3 ZGB entstandene Ersatzforderung ungeachtet der durch den Eintritt der Gütertrennung bewirkten Auflösung der Güterverbindung bestehen geblieben sei (Fall der Unmöglichkeit einer Ausscheidung der eingebrachten Werte wegen Verbindung oder Vermischung mit dem Mannesgut, lit. d Abs. 1 hievor), ist also mit Bezug auf den Betrag von Fr. 1300.-- nicht erfüllt.
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Auch in anderer Weise lässt sich eine Pflicht des Klägers zum Ersatz dieses Betrages bei der gegebenen Sachlage aus den Regeln über die Ersatzforderungen bei Auflösung der Güterverbindung infolge Übergangs zur Gütertrennung nicht ableiten.
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e) Im Falle BGE 85 II 302 ff. hat das Bundesgericht geprüft, ob die Ehefrau bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung infolge Scheidung der Ehe auf Grund des von ihr angerufenen Art. 201 Abs. 3 ZGB Anspruch auf Ersatz des Werts nicht mehr vorhandener Inhaberobligationen habe, die sie dem Ehemann nicht zur Verwaltung übergeben, sondern in einem eigenen Schrankfach verwahrt und selbst verwaltet hatte (und die folglich auch nicht etwa mit entsprechenden Titeln des Ehemanns vermischt worden waren). Das Bundesgericht hat diese Frage mit der Vorinstanz ![]() | 10 |
Entsprechendes lässt sich auch im vorliegenden Falle sagen. Aus Art. 201 Abs. 3 ZGB könnte zwar, wie in BGE 85 II 305 ausgeführt, bei streng wörtlicher Auslegung abgeleitet werden, der Ehemann werde nach dieser Bestimmung grundsätzlich auch für den Wert ihm vorenthaltener Vermögensstücke der in dieser Bestimmung genannten Art ersatzpflichtig (so LEMP N. 66 und 68 in Verbindung mit N. 46 zu Art. 201 ZGB). Das Bundesgericht hat jedoch der Ehefrau in mehreren Entscheiden eine solche Ersatzforderung abgesprochen (BGE 47 II 137unten; nicht veröffentlichte Entscheide vom 10. Dezember 1931 i.S. Schwendeler und vom 5. Juli 1945 i.S. Giroud, zustimmend zitiert von KNAPP N. 94 S. 22 mit Anm. 66 S. 80; BGE 85 II 304 f.). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Soweit Art. 201 Abs. 3 ZGB vorsieht, die Ehefrau erhalte für den Wert der hier genannten Vermögensstücke eine Ersatzforderung, ist diese Bestimmung auf den Normalfall zugeschnitten, dass die Ehefrau dem Ehemann diese Vermögensstücke zur Verfügung stellt, so dass er über ihre Verwendung entscheiden kann (vgl. BGE 85 II 305). Die Ersatzpflicht des Ehemanns nach Art. 201 Abs. 3 ZGB ist das Gegenstück des umfassenden Verfügungsrechts, das diese Bestimmung ihm einräumt, indem sie das Eigentum auf ihn übergehen lässt. Verhindert die Ehefrau die Ausübung dieses Verfügungsrechts, indem sie die fraglichen Vermögensstücke ![]() | 11 |
Da unbestritten ist, dass die Beklagte den Betrag von Fr. 1300.-- nicht dem Kläger übergab, sondern für sich behielt, ist ihr Anspruch auf Ersatz dieses Betrags bei Anwendung von Art. 201 Abs. 3 ZGB nach dem Sinne dieser Bestimmung abzuweisen, ohne dass zu prüfen wäre, ob in solchen Fällen der Ehemann die Vorenthaltung oder (wie in den Entscheiden Schwendeler und Giroud angenommen) die Ersatz fordernde Ehefrau die Übergabe der fraglichen Vermögensstücke zu beweisen habe.
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