BGE 95 II 599 | |||
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81. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 21. November 1969 i.S. Wullschleger gegen Saul. | |
Regeste |
Güterrechtliche Auseinandersetzung bei Eintritt der Gütertrennung oder bei Scheidung (Art. 189, 154 ZGB). |
- Ersatzpflicht des Ehemanns wegen schuldhafter Verletzung einer ihm obliegenden Sorgfaltspflicht (Art. 201 Abs. 1 und 752 ZGB), wegen Verwendung des Geldes für den Haushalt oder zur Tilgung sonstiger Mannesschulden (Art. 209 Abs. 1 ZGB) oder wegen Vermischung mit dem im Eigentum des Ehemanns stehenden Haushaltungsgeld (Art. 727, 201 Abs. 3 ZGB)? (Erw. 4 d, aa - cc). |
- Der Eigentumsübergang und die Ersatzforderung nach Art. 201 Abs. 3 ZGB fallen bei Auflösung der Güterverbindung wegen Übergangs zur Gütertrennung oder wegen Scheidung grundsätzlich dahin; im übrigen erhält die Ehefrau nach dieser Bestimmung keine Ersatzforderung für bares Geld, andere vertretbare Sachen und nur der Gattung nach bestimmte Inhaberpapiere, die sie dem Ehemann vorenthalten hat (Erw. 4 d Abs. 1 und 4 e; Bestätigung und Klarstellung der Rechtsprechung). | |
Sachverhalt | |
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Die Eheleute Wullschleger-Saul lebten nach ihrer Heirat (1944) zunächst unter dem Güterstand der Güterverbindung. Durch Ehevertrag vom 28. Februar 1953, der von der zuständigen Vormundschaftsbehörde genehmigt wurde, vereinbarten sie als ihren künftigen Güterstand die Gütertrennung. Die hiedurch nötig gewordene güterrechtliche Auseinandersetzung unterblieb damals und war daher in dem vom Ehemann im Oktober 1959 eingeleiteten Scheidungsprozesse auf den Zeitpunkt des Eintritts der Gütertrennung nachzuholen. In diesem Zusammenhang verlangte die Beklagte vom Kläger u.a. den Ersatz eines Betrags von Fr. 1300.--, den sie nach der Heirat mit dem Kläger von ihrem frühern Ehemann als Rest einer von diesem gemäss Scheidungsurteil vom 13. Oktober 1943 geschuldeten Abfindungssumme in monatlichen Raten von Fr. 50.- erhalten und unstreitig nicht dem Kläger übergeben, sondern in ihren Händen behalten hatte. Sie behauptete, sie habe dieses Geld für den Haushalt verwendet, wogegen der Kläger geltend machte, sie habe es für rein persönliche Bedürfnisse verbraucht oder auf ihr Sparheft gelegt. Das Obergericht des Kantons Zürich verpflichtete den Kläger am 19. November 1968 zum Ersatz dieses Betrags mit der Begründung, nach Art. 189 ZGB sei das eingebrachte Frauengut bei Eintritt der Gütertrennung zurückzugeben; der Kläger würde von dieser Rückgabepflicht nur durch den Nachweis befreit, dass die Beklagte das Geld "für persönliche Belange ausserhalb des Rahmens der Schlüsselgewalt" verbraucht oder auf ihr Sparheft gelegt habe; diesen Beweis habe der Kläger nicht geleistet. Das Bundesgericht weist die Ersatzforderung der Beklagten ab.
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Aus den Erwägungen: | |
4. ... d) Tritt während der Ehe die Gütertrennung ein, so zerfällt das eheliche Vermögen gemäss Art. 189 Abs. 1 ZGB mit Vorbehalt der Rechte der Gläubiger in das Eigengut des Mannes und das Eigengut der Frau. Das geschieht gleich wie nach Art. 154 ZGB bei der Scheidung unabhängig vom Güterstand (BGE 40 II 308unten,BGE 47 II 9E. 3), was im Falle, dass bisher Güterverbindung bestand, namentlich bedeutet, dass der kraft Vereinbarung der Gütereinheit (Art. 199 ZGB) oder gemäss Art. 201 Abs. 3 ZGB erfolgte Eigentumsübergang an den Ehemann dahinfällt und dass die Ehefrau die betreffenden Vermögenswerte oder gegebenenfalls die als Ersatz dafür angeschafften Werte als ihr Eigengut zurücknehmen kann und die Ersatzforderung aus Art. 199 bezw. 201 Abs. 3 ZGB verliert (BGE 47 II 131ff. E. 1,BGE 57 II 452oben,BGE 74 II 147; KNAPP, Le régime matrimonial de l'union des biens, N. 879 S. 292; LEMP N. 15/16 und 23 zu Art. 189; DESCHENAUX, SJK 1233, II 1 S. 1/2; HINDERLING, Das schweiz. Ehescheidungsrecht, 3. A., S. 118 f.). Der Ehemann ist für die gemäss Art. 199 oder 201 Abs. 3 ZGB in sein Eigentum übergegangenen Vermögenswerte im Falle des Übergangs zur Gütertrennung in gleicher Weise verantwortlich, wie wenn ihm daran nur das Recht der Verwaltung und Nutzung zugestanden hätte (LEMP N. 24 zu Art. 189 ZGB), d.h. seine Verantwortlichkeit richtet sich in diesem Falle nach Art. 201 Abs. 1 ZGB. Die güterrechtliche Ersatzforderung der Ehefrau aus Art. 199 oder 201 Abs. 3 ZGB bleibt als solche beim Übergang zur Gütertrennung nur insoweit bestehen, als die ins Eigentum des Mannes übergegangenen Vermögenswerte infolge Verbindung oder Vermischung mit dem Mannesgut (Art. 727 ZGB; vgl.BGE 47 II 132) nicht mehr ausgeschieden werden können (LEMP N. 25 zu Art. 189 ZGB). Abgesehen von diesen Besonderheiten gelten für die Ersatzforderungen im Falle des Übergangs zur Gütertrennung die gleichen Regeln wie im Falle der Auflösung der Güterverbindung durch den Tod eines Ehegatten (LEMP N. 26 zu Art. 189 ZGB). Namentlich ist Art. 209 Abs. 1 ZGB in beiden Fällen anwendbar.
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aa) Auf Grund von Art. 201 Abs. 1 ZGB könnte die Beklagte den Kläger nach dieser Bestimmung in Verbindung mit Art. 752 Abs. 1 ZGB für den Betrag von Fr. 1300.-- nur verantwortlich machen, wenn dieser Betrag infolge schuldhafter Verletzung einer dem Kläger obliegenden Sorgfaltspflicht nicht mehr vorhanden wäre (vgl. LEMP N. 24 ff. zu Art. 201 ZGB). Eine solche Pflichtverletzung ist dem Kläger nicht vorzuwerfen. Insbesondere hat der Kläger seine Pflichten als Verwalter und "Nutzniesser" des Frauenguts nicht etwa schon dadurch verletzt, dass er diesen Betrag nicht an sich zog, sondern ihn der Beklagten überliess, wie sie es zweifellos selber wünschte.
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bb) Unabhängig von einem Verschulden hätte der Kläger der Beklagten den Betrag von Fr. 1300.-- zu ersetzen, wenn die Beklagte ihn wegen ungenügender Leistungen des Klägers, der nach Art. 160 Abs. 2 ZGB für den Unterhalt der Familie zu sorgen hatte, für die laufenden Bedürfnisse des Haushalts hätte verwenden müssen (Art. 209 ZGB;BGE 52 II 424ff.,BGE 57 II 139f.,BGE 78 II 305f., BGE 81 II 188; LEMP N. 37 zu Art. 212/13, N. 15 zu Art. 209 ZGB). Dass dies der Fall gewesen sei, hätte nach Art. 8 ZGB die Beklagte beweisen müssen. Diesen Beweis hat sie nicht geleistet. Als Beweismittel nannte sie in diesem Zusammenhang nur die persönliche Befragung des Klägers. Vom Bezirksgericht befragt, bestritt dieser ihre Darstellung. Das Obergericht, dessen tatsächliche Feststellungen für das Bundesgericht verbindlich sind, nimmt an, es stehe nicht fest, was mit dem Betrag von Fr. 1300.-- geschah.
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Dass die Beklagte diesen Betrag sonstwie zur Tilgung einer intern des Mannesgut belastenden Schuld verwendet habe, ist nicht behauptet worden, und es bestehen dafür auch keine Anhaltspunkte.
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Die Forderung auf Ersatz dieses Betrags kann sich daher nicht auf Art. 209 ZGB stützen.
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cc) Behielt die Beklagte den Betrag von Fr. 1300.--, so konnte er sich höchstens dann mit Mannesgut vermischen, wenn sie ihn zu dem vom Kläger erhaltenen Haushaltungsgeld legte, das trotz der Übergabe an sie im Eigentum des Klägers blieb (BGE 51 II 101; LEMP N. 16 zu Art. 163 ZGB). Eine Vermischung mit dem Haushaltungsgeld, die als Grundlage der Ersatzforderung von der Beklagten zu beweisen wäre, ist jedoch so wenig bewiesen wie eine Verwendung für den Haushalt. Die Voraussetzung, unter welcher angenommen werden könnte, dass eine nach Art. 201 Abs. 3 ZGB entstandene Ersatzforderung ungeachtet der durch den Eintritt der Gütertrennung bewirkten Auflösung der Güterverbindung bestehen geblieben sei (Fall der Unmöglichkeit einer Ausscheidung der eingebrachten Werte wegen Verbindung oder Vermischung mit dem Mannesgut, lit. d Abs. 1 hievor), ist also mit Bezug auf den Betrag von Fr. 1300.-- nicht erfüllt.
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Auch in anderer Weise lässt sich eine Pflicht des Klägers zum Ersatz dieses Betrages bei der gegebenen Sachlage aus den Regeln über die Ersatzforderungen bei Auflösung der Güterverbindung infolge Übergangs zur Gütertrennung nicht ableiten.
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e) Im Falle BGE 85 II 302 ff. hat das Bundesgericht geprüft, ob die Ehefrau bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung infolge Scheidung der Ehe auf Grund des von ihr angerufenen Art. 201 Abs. 3 ZGB Anspruch auf Ersatz des Werts nicht mehr vorhandener Inhaberobligationen habe, die sie dem Ehemann nicht zur Verwaltung übergeben, sondern in einem eigenen Schrankfach verwahrt und selbst verwaltet hatte (und die folglich auch nicht etwa mit entsprechenden Titeln des Ehemanns vermischt worden waren). Das Bundesgericht hat diese Frage mit der Vorinstanz verneint, ohne sich mit der frühern Rechtsprechung und mit der Lehre auseinanderzusetzen, wonach ein nach Art. 201 Abs. 3 ZGB erfolgter Eigentumserwerb des Mannes und eine nach dieser Bestimmung entstandene Ersatzforderung der Frau grundsätzlich dahinfallen, wenn die Güterverbindung infolge Scheidung oder Übergangs zur Gütertrennung aufgelöst wird. Unter diesen Umständen ist im Entscheide BGE 85 II 302 ff. nicht eine Änderung jener frühern Rechtsprechung zu erblicken. Die Erwägungen dieses Entscheides sollen vielmehr in Wirklichkeit (ähnlich wie die ausdrücklich als zusätzliche Begründung gekennzeichnete Erwägung 2 des EntscheidesBGE 47 II 129ff.) nur dartun, dass der Ehefrau in einem Falle, wie er damals zu beurteilen war, auch dann kein Ersatzanspruch im Sinne von Art. 201 Abs. 3 ZGB zusteht, wenn man im Gegensatz zuBGE 47 II 131ff. E. 1 und zu den weitern unter lit. d Abs. 1 hievor angeführten Entscheiden annehmen wollte, dass die nach dieser Bestimmung entstandenen Ersatzansprüche bei der Scheidung oder beim Übergang zur Gütertrennung bestehen bleiben.
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Entsprechendes lässt sich auch im vorliegenden Falle sagen. Aus Art. 201 Abs. 3 ZGB könnte zwar, wie in BGE 85 II 305 ausgeführt, bei streng wörtlicher Auslegung abgeleitet werden, der Ehemann werde nach dieser Bestimmung grundsätzlich auch für den Wert ihm vorenthaltener Vermögensstücke der in dieser Bestimmung genannten Art ersatzpflichtig (so LEMP N. 66 und 68 in Verbindung mit N. 46 zu Art. 201 ZGB). Das Bundesgericht hat jedoch der Ehefrau in mehreren Entscheiden eine solche Ersatzforderung abgesprochen (BGE 47 II 137unten; nicht veröffentlichte Entscheide vom 10. Dezember 1931 i.S. Schwendeler und vom 5. Juli 1945 i.S. Giroud, zustimmend zitiert von KNAPP N. 94 S. 22 mit Anm. 66 S. 80; BGE 85 II 304 f.). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Soweit Art. 201 Abs. 3 ZGB vorsieht, die Ehefrau erhalte für den Wert der hier genannten Vermögensstücke eine Ersatzforderung, ist diese Bestimmung auf den Normalfall zugeschnitten, dass die Ehefrau dem Ehemann diese Vermögensstücke zur Verfügung stellt, so dass er über ihre Verwendung entscheiden kann (vgl. BGE 85 II 305). Die Ersatzpflicht des Ehemanns nach Art. 201 Abs. 3 ZGB ist das Gegenstück des umfassenden Verfügungsrechts, das diese Bestimmung ihm einräumt, indem sie das Eigentum auf ihn übergehen lässt. Verhindert die Ehefrau die Ausübung dieses Verfügungsrechts, indem sie die fraglichen Vermögensstücke für sich behält, so kann sie den Ehemann nach der ratio legis des Art. 201 Abs. 3 ZGB für deren Wert nicht verantwortlich machen. Die Ersatzpflicht des Ehemanns in solchen Fällen zu bejahen und ihm nur die Verrechnung mit einer (ein Verschulden der Ehefrau voraussetzenden) Schadenersatzforderung wegen unbefugter Verfügung der Ehefrau über ihm zustehende Werte vorzubehalten, wie das in BGE 85 II 305 unter Hinweis auf LEMP (N. 30 zu Art. 203, N. 44 zu Art. 200 ZGB; vgl. ausserdem N. 68 a.E. zu Art. 201 ZGB) im Sinne einer Eventualbegründung erwogen wurde, wird den Verhältnissen nicht gerecht (anderer Meinung MERZ in ZBJV 1960 S. 407 f.).
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Da unbestritten ist, dass die Beklagte den Betrag von Fr. 1300.-- nicht dem Kläger übergab, sondern für sich behielt, ist ihr Anspruch auf Ersatz dieses Betrags bei Anwendung von Art. 201 Abs. 3 ZGB nach dem Sinne dieser Bestimmung abzuweisen, ohne dass zu prüfen wäre, ob in solchen Fällen der Ehemann die Vorenthaltung oder (wie in den Entscheiden Schwendeler und Giroud angenommen) die Ersatz fordernde Ehefrau die Übergabe der fraglichen Vermögensstücke zu beweisen habe.
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