BGE 96 II 139 | |||
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24. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. Juli 1970 i.S. Villiger gegen Decorta AG | |
Regeste |
Konkurrenzverbot. |
Beschränkung des Konkurrenzverbots auf das zeitlich erlaubte Mass (Erw. 3). | |
Sachverhalt | |
A.- Die Decorta AG betreibt in Seewen ein Geschäft für die Ausstattung von Räumen mit Vorhängen, Teppichen, Tapeten, Möbeln und dgl. Durch schriftlichen Dienstvertrag vom 7. Oktober 1965 übertrug sie dessen Leitung mit Wirkung ab 1. Oktober 1965 Hubert Villiger in Brunnen. Seine Tätigkeit umfasste "a) die Aquisition und Betreuung der Kundschaft, b) die einwandfreie geschmackliche und technische Durchführung der Aufträge, c) die Organisation und Administration der Firma". Sie versprach Villiger einen festen Lohn von monatlich Fr. 2000.--, eine Provision von 2% des Fr. 200'000.-- übersteigenden Umsatzes, monatlich Fr. 500.-- Ersatz für Vertrauensspesen und eine jährliche Zahlung von Fr. 500.-- auf ein Sparkonto als Altersvorsorge (Ziff. 2 des Vertrages). Ziffer 3 des Vertrages lautet:
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"Das Vertragsverhältnis ist gegenseitig nur am Ende eines Semesters auf 6 Monate kündbar. Im Falle einer Auflösung des Arbeitsvertrages verpflichtet sich Herr Villiger, in den Kantonen Uri, Schwyz und Unterwalden weder direkt noch indirekt in der Innendekorations-Branche tätig zu sein."
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Villiger gibt zu, von der Decorta AG als Lohn jährlich etwa Fr. 40'000 bezogen zu haben.
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Er kündete das Dienstverhältnis auf 30. Juni 1969.
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B.- Am 1. Oktober 1969 klagte Villiger gegen die Decorta AG beim Bezirksgericht Schwyz mit den Begehren, das Konkurrenzverbot sei "als ungültig oder nicht bestehend zu erklären, bzw. es sei gerichtlich festzustellen, dass zu Lasten des Klägers und zu Gunsten der Beklagten kein Konkurrenzverbot irgendwelcher Art besteht", eventuell sei das Konkurrenzverbot auf ein Jahr ab Vertragsauflösung zu befristen.
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Das Bezirksgericht setzte die Dauer des Konkurrenzverbotes auf drei Jahre seit der Auflösung des Vertrages herab und wies die Klage im übrigen ab.
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Das Kantonsgericht Schwyz wies die Berufung des Klägers, der an den Klagebegehren festhielt, am 17. März 1970 ab.
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C.- Der Kläger ficht dieses Urteil mit der Berufung an. Er wiederholt die Klagebegehren. Er macht wie schon im kantonalen Verfahren geltend, das Konkurrenzverbot sei wegen Formmangels ungültig (Art. 358 OR), weil der Vertrag sich über die Dauer des Verbotes nicht ausdrücklich äussere. Eventuell sei nur ein Konkurrenzverbot von einem Jahr angemessen, weil der Kläger Eigentümer einer in Brunnen liegenden Wohnung sei, die er nur mit Verlust verkaufen könnte.
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Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Diese Auffassung hält nicht stand. Auch formbedürftige Verträge dürfen und müssen ausgelegt werden (vgl. z.B. BGE 92 II 348, BGE 95 II 311). Nach den Regeln von Treu und Glauben, die für die Auslegung massgebend sind (BGE 69 II 322, BGE 80 II 31 f., BGE 87 II 242, BGE 90 II 455, BGE 95 II 437), auferlegt Ziffer 3 des Vertrages dem Kläger ein Konkurrenzverbot von unbeschränkter Dauer. Wer sich verpflichtet, etwas zu unterlassen, ohne ausdrücklich zu sagen, wie lange er gebunden sein wolle, verpflichtet sich, es jederzeit zu unterlassen, es wäre denn, dass besondere Umstände eine andere Auslegung der Klausel nahe legen. Solche Umstände werden hier nicht behauptet. Der vorliegenden Vertragsbestimmung kann daher nicht vorgeworfen werden, sie regle ein wesentliches Merkmal eines Konkurrenzverbotes nicht. Ob es auch der tatsächliche Wille des Klägers war, die Konkurrenz während unbeschränkter Zeit zu unterlassen, ist unerheblich. Dass beide Parteien einen vom Wortlaut abweichenden inneren Willen gehabt hätten - der gemäss Art. 18 OR dem durch die Auslegung gewonnenen Sinn des Vertrages vorginge - macht der Kläger nicht geltend. Er bringt gegenteils vor, sie hätten an diesen Punkt überhaupt nicht gedacht.
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Eine andere Frage ist, ob die getroffene Regelung im Rahmen der Vertragsfreiheit bleibe. Art. 357 OR engt diese ein, indem er das Konkurrenzverbot als nur im Umfange einer nach Zeit, Ort und Gegenstand angemessenen Begrenzung verbindlich erklärt, damit das wirtschaftliche Fortkommen des Dienstpflichtigen nicht unbillig erschwert werde. Die Missachtung dieser Begrenzung macht das Konkurrenzverbot nicht als Ganzes ungültig. Innerhalb der zulässigen Grenze ist es verbindlich. Das ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut des Art. 357 OR, sondern entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtes (z.B. BGE 43 II 661, BGE 44 II 94, BGE 91 II 380 Erw. 8). Ob die Vertragschliessenden dem Konkurrenzverbot vertraglich nach Zeit, Ort und Gegenstand bereits eine Grenze gezogen und diese nur nicht gesetzesgemäss bestimmt haben oder ob sie es unbeschränkt vereinbarten, macht keinen Unterschied. In dem in BGE 43 II 660 ff. veröffentlichten Falle war denn auch das Verbot in örtlicher Hinsicht im Vertrag nicht begrenzt worden, ohne dass das Bundesgericht daraus gefolgert hätte, es sei als Ganzes ungültig. Es ist nicht zu ersehen, inwiefern anders entschieden werden müsste, wenn im Vertrag nicht die örtliche, sondern die zeitliche Begrenzung fehlt. Im einen wie im anderen Falle lässt sich die vollständige Ungültigkeit auch nicht auf dem Umweg über einen Formmangel konstruieren. Die Begrenzung des Konkurrenzverbotes nach Zeit usw. ist nicht ein wesentlicher Punkt des Vertrages und damit ein Gebot der Form, sondern eine gesetzliche Folge der beschränkten Vertragsfreiheit. Die Schriftform ist zum Schutze des Dienstpflichtigen vorgeschrieben, der allein durch das Konkurrenzverbot verpflichtet wird und dessen Unterschrift allein nötig ist (Art. 13 Abs. 1 OR). Erklärt er in dieser Form, die Konkurrenz während unbestimmter Zeit unterlassen zu wollen, so weiss er, dass er während der beschränkten Zeit gebunden sein wird, für die Art. 357 OR diese Unterlassungspflicht zulässt. Er hat kein schutzwürdiges Interesse, dass eine beschränkte Dauer der Bindung im Vertrag genannt werde, und zwar eine Dauer, die doch nicht notwendigerweise mit der nach Art. 357 zulässigen übereinstimmen würde.
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Unter diesem Gesichtspunkt ist im vorliegenden Falle ein dreijähriges Verbot nicht unangemessen. Der Kläger hat in seiner Tätigkeit als Leiter des Geschäftes der Beklagten nicht nur einen vollständigen Einblick in deren Kundenkreis erlangt, sondern auch Gelegenheit gehabt, mit der Kundschaft persönlich zu verkehren. Nach dem Vertrag stand ihm ausser der technischen auch die kaufmännische Abwicklung der Geschäfte zu; nur die Buchhaltung und der Zahlungsverkehr wurden vom Verwaltungsrat besorgt. Die Kunden mussten daher im Kläger die Seele des Geschäftes sehen. Die Gefahr, dass sie der Beklagten verloren gehen und sich dem Kläger zuwenden würden, wenn er in den Urkantonen ein Geschäft eröffnete oder für ein auswärts liegendes Geschäft in diesem Gebiete Kunden wärbe, ist gross. Dass die Kunden seine bisherige Tätigkeit in weniger als drei Jahren genügend vergessen werden, um sie nicht in die Waagschale zu werfen, wenn er sie für sein eigenes Geschäft zu werben versuchen würde, ist nicht anzunehmen. Innenausstattungen sind nicht Güter des täglichen Gebrauchs, sondern werden von ein und demselben Kunden in der Regel nur in grösseren Abständen bestellt. Sie werden auch nicht ohne Überlegung gekauft. Der Kunde pflegt zu bedenken, wer ihn früher bedient hat und wie er bedient worden ist. Der persönliche Verkehr mit der Person, die ihn beraten hat, spielt eine wesentliche Rolle. Er kann sich auch auf Interessenten auswirken, die noch nie bei der Beklagten bestellt haben, sich aber bei bisherigen Kunden über eine gute Bezugsquelle erkundigen.
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b) Das Konkurrenzverbot darf sodann dem Verpflichteten nach Zeit, Ort und Gegenstand das wirtschaftliche Fortkommen nicht unbillig erschweren.
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Dass und warum es unter diesem Gesichtspunkt unbillig sei, wenn es drei Jahre gelte, legt der Kläger nicht dar. Er macht nur geltend, er müsse im Kanton Schwyz wohnen, weil er dort eine Wohnung zu Eigentum besitze, die er nicht ohne schweren Verlust verkaufen könne. Abgesehen davon, dass er nicht näher ausführt, warum dem so sei, und seine Behauptung in Zeiten grosser Nachfrage nach Wohnungen nicht ohne weiteres glaubhaft ist, kommt auf diesen angeblichen Umstand nichts an. Nachteile, die der zur Unterlassung von Konkurrenz Verpflichtete bei einem Wechsel des Wohnsitzes in seinem schon erworbenen Vermögen erleiden mag, können nicht einer "Erschwerung der wirtschaftlichen Fortkommens" gleichgesetzt werden. Eine solche liegt nur vor, wenn das Konkurrenzverbot dem Verpflichteten die künftige Erwerbsmöglichkeit ungebührlich beschränkt, sei es wegen der Dauer, des Ortes oder des Gegenstandes der Verbotes. Der Kläger erleidet in dieser Hinsicht keine unbillige Einbusse, wenn er Innenausstattungen während drei Jahren nur ausserhalb der Urkantone absetzen darf oder, falls er vor Ablauf dieser Zeitspanne in den Urkantonen tätig sein will, sich einem anderen Geschäftszweig zuwenden muss. Er kann etwa in Luzern, Zürich oder Zug ein Geschäft eröffnen, was ihm umsomehr zuzumuten ist, als er zugibt, er empfange in Schwyz schon heute Kunden aus Zürich, Luzern usw. Ein Geschäft in Luzern z.B. kann er sogar unter Beibehaltung seiner Wohnung in Brunnen führen. Übrigens versucht er das Konkurrenzverbot nicht nach Ort und Gegenstand als unbillig hinzustellen. Er möchte nur seine Dauer von drei Jahren auf ein Jahr herabsetzen lassen. Das wirtschaftliche Fortkommen wird ihm indessen durch eine Dauer von drei Jahren nicht unbillig erschwert. Für drei Jahre wurde ein Konkurrenzverbot z.B. auch in dem in BGE 61 II 90 ff. veröffentlichten Falle eines Reitlehrers und Leiters einer Reitanstalt geschützt, obschon damals Wirtschaftskrise herrschte.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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