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44. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 3. September 1970 i.S. Hofstetter gegen Böbner und Mitbeteilligte. | |
Regeste |
Bäuerliches Erbrecht. Gesamteigentum infolge Erbengemeinschaft oder einfacher Gesellschaft? Grundbuch. Vertragsauslegung. |
2. Beweiskraft der Angaben des Grundbuchs über das zwischen Gesamteigentümern bestehende Gemeinschaftsverhältnis (Art. 33 Abs. 3 GBV, Art. 9 Abs. 1 und 937 Abs. 1 ZGB; Erw. 6 b). |
3. Beweis der Unrichtigkeit der im Grundbuch enthaltenen Angabe. Fortbestand des Gesamteigentums auf Grund eines andern als des im Grundbuch angegebenen Verhältnisses. Formelle Voraussetzungen der Umwandlung von Gesamteigentum in Miteigentum (Erw. 6 c). |
4. Auslegung eines Vertrags, wonach zwei ledige Brüder unter Abfindung ihrer Geschwister das vom Vater hinterlassene Heimwesen übernehmen. Vollständige Erbteilung oder Fortbestand der Erbengemeinschaftunter den Übernehmern? Anzeichen für die vollständige Teilung und die Begründung einer einfachen Gesellschaft (Art. 530 OR). Abweisung des nach dem Tod eines der Übernehmer von einem Erben desselben gestellten Zuweisungsbegehrens wegen vollständiger Teilung der Erbschaft, zu der das streitige Heimwesen gehört hatte (Erw. 6 b). | |
Sachverhalt | |
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A.- Der im Jahre 1924 gestorbene Josef Böbner-Koch war Eigentümer eines landwirtschaftlichen Heimwesens im Ausmass von insgesamt rund 12 ha. Seine gesetzlichen Erben, die überlebende Ehefrau und sieben Kinder, schlossen am 1. Oktober 1927 vor der Teilungsbehörde Entlebuch eine von allen unterzeichnete Vereinbarung folgenden Inhalts:
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" 1. Erblasser war Besitzer der Liegenschaft Unter Bühl in Entlebuch.
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2. Über die Liegenschaft wird ein Auskauf getroffen. Die Söhne Josef & Alfred Böbner übernehmen die Liegenschaft mit allem liegenden & fahrenden Guthaben & bezahlen dagegen die liegenden & fahrenden Schulden. Die Mutter Witwe Böbner macht auf 1/4 Eigentum als gesetzliches Erbrecht geltend. Dieser Anteil wird festgesetzt auf Fr. 5'000.-- zahlbar mit Errichtung eines Schuldbriefes auf Unter Bühl vom 1. Oktober 1927. Den ausgekauften Geschwistern wird jedem Fr. 2'000.-- auf 1. Oktober 1927 bezahlt & zwar: den verheirateten 2 Töchtern jeder an bar & den ledigen Schwestern mit Ausstellung von Schuldtiteln von je Fr. 2'000.-- verzinslich seit 1. Oktober 1927 & zahlbar nach Übereinkunft.
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3. Auf den rückständigen Zins seit dem Todestage des Vaters bis 1. Oktober 1927 wird verzichtet.
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4. Der Mutter wird das lebenslängliche Wohnungsrecht im Hause auf Unter Bühl eingeräumt.
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In diesem Sinne wird über die ganze Erbschaft ein Auskauf getroffen, womit die Erbschaft erledigt ist".
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In der Folge bewirtschafteten die ledigen Brüder Josef und Alfred Böbner das Heimwesen gemeinsam. Den Haushalt besorgte ihre Schwester Christina. Am 22. März 1959 verpachteten sie das Heimwesen an Franz Hofstetter, einen (ledigen) Sohn ihrer Schwester Karolina Hofstetter-Böbner.
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B.- Am 7. August 1961 starb Alfred Böbner. Einziges ![]() | 9 |
a) Josef Böbner, 1887, Ldw. Unter Bühl,
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b) Alfred Böbner, 1895, nun dessen Erben.
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Fortgesetzte Erbengemeinschaft.
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Erwerbung: Erbgang und Auskauf It. Zuschrb. v. 16. Nov. 1927 HP. Bd. 26/457 ".
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Eine Bescheinigung des Grundbuchamtes Entlebuch vom 2. Mai 1967 lautet:
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" Eigentümer der obgenannten Grundstücke sind laut Grundbucheintrag: Die Gebrüder
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1. Josef Böbner, geb. 1887, ...
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2. Alfred Böbner, geb. 1895, ...
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Gesamteigentümer als Erbengemeinschaft (Erben des Vaters Josef Böbner selig, laut Erbgang & Auskauf vom 16. Nov. 1927).
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(Gerichtl. Hyp.-Prot. Entlebuch, Bd. 26 fol. 457) ".
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Erben des Alfred Böbner waren dessen sechs Geschwister, die alle den Erbgang erlebten. In der Folge starben die Schwestern Karolina Hofstetter-Böbner und Marie Lustenberger-Böbner. An deren Stelle traten deren Nachkommen.
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C.- Als einer der vier Erben der am 31. März 1965 gestorbenen Erbin Karolina Hofstetter-Böbner verlangte Franz Hofstetter, der Pächter des Heimwesens Unter Bühl, am 20. Mai 1965 dessen Zuweisung an ihn nach bäuerlichem Erbrecht. Die Kommission für bäuerliches Erbrecht des Amtes Entlebuch und die luzernischen Gerichte wiesen dieses - von drei Miterben bestrittene - Begehren ab.
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Das Bundesgericht bestätigt das Urteil des luzernischen Obergerichts.
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Aus den Erwägingen: | |
5. (Ausführungen darüber, dass Art. 620 ZGB bei der Teilung des Nachlasses von Alfred Böbner nicht anwendbar ![]() | 23 |
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a) Es ist an sich zulässig, dass einzelne Erben nach Abfindung der andern die infolge des Erbgangs entstandene Gemeinschaft aller Rechte und Pflichten der Erbschaft (Art. 602 Abs. 1 ZGB) mit Bezug auf den für die Abfindung der andern nicht benötigten Teil der Erbschaft unter sich beibehalten (BGE 60 I 147f.). Sofern die betreffenden Erben nicht für eine gewisse Zeit vertraglich auf die Teilung verzichtet haben (vgl. hiezuBGE 61 II 167ff., wonach eine vertragliche Verpflichtung zur Fortsetzung der Erbengemeinschaft zulässig ist, und BGE 96 III 17 mit Hinweisen, wonach umstritten ist, für wie lange die Erben die Teilung vertraglich ausschliessen können), kann jeder von ihnen grundsätzlich zu beliebiger Zeit (Art. 604 Abs. 1 ZGB) die Teilung des noch unverteilten Nachlasses verlangen und beim Zutreffen der Voraussetzungen des Art. 620 ZGB diese Bestimmung anrufen (BGE 75 II 111E. 2; TUOR/PICENONI, N. 8 am Ende der Vorbem. zu Art. 620 ff. ZGB; F. STEIGER, Zur Frage des Anwendungsbereiches und der Geltungskraft des bäuerlichen Erbrechts..., Berner Diss. 1966, S. 18 lit. b). Das gleiche Recht hat nach dem Tode eines in der Erbengemeinschaft verbliebenen Erben auch jeder Erbe desselben (BGE 75 II 201/202; ESCHER, 3. Aufl., N. 6, TUOR/PICENONI, N. 7 zu Art. 542 ZGB; JOST, ZSR 1950 S. 62 ff. und Der Erbteilungsprozess im schweiz. Recht, 1960, S. 150 f.; STEIGER a.a.O. S. 100 ff.). Hätte die mit dem Tode des Josef Böbner-Koch unter dessen Erben entstandene Erbengemeinschaft zwischen den Brüdern Josef und Alfred Böbner nach der Abfindung der übrigen Erben fortbestanden, so wäre der Kläger als ![]() | 25 |
b) Nach der Auffassung des Klägers erbringt das Grundbuch, wonach die Brüder Josef und Alfred Böbner "als Erbengemeinschaft" Gesamteigentümer des Heimwesens Unter Bühl waren, gemäss Art. 9 Abs. 1 ZGB den vollen Beweis für das Bestehen der von ihm behaupteten Erbengemeinschaft, solange nicht die Unrichtigkeit der vorhandenen Grundbucheintragung nachgewiesen ist.
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Die Eintragung des Eigentums im Grundbuch besteht nach Art. 31 Abs. 1 GBV in der Angabe des Eigentümers, des Eintragungsdatums und des Erwerbsgrundes auf dem Hauptbuchblatt. Bei Miteigentum muss nach Art. 33 Abs. 1 GBV der Bruchteil durch entsprechenden Zusatz zum Namen jedes Miteigentümers angegeben werden; bei Gesamteigentum muss nach Art. 33 Abs. 3 GBV "das die Gemeinschaft begründende Rechtsverhältnis (Gütergemeinschaft, Miterben, Gemeinderschaft usw.) den nach Art. 31 erforderlichen Angaben beigefügt werden". Die im Grundbuch anzugebenden Miteigentumsquoten müssen sich aus dem Ausweis über den Erwerbsgrund oder aus einer schriftlichen Erklärung aller Beteiligten ergeben; ebenso muss im Falle des Gesamteigentums das die Gemeinschaft begründende Rechtsverhältnis dem Grundbuchverwalter nachgewiesen werden (MEIER-HAYOZ, 4. Aufl., N. 20 zu Art. 646, N. 27 zu Art. 652 ZGB; J.-M. GROSSEN, Propriété commune et registre foncier, ZBGR 1959 S. 1 ff., S. 7 Mitte; F. JENNY, Gesamteigentum und Grundbuch, ebenda S. 193 ff., S. 199 Ziff. IV). Bei Miteigentum gehören also die Bruchteile, bei Gesamteigentum das die Gemeinschaft begründende Rechtsverhältnis zu den durch das Grundbuch zu bezeugenden (Rechts-)Tatsachen. Den betreffenden Angaben des Grundbuchs kommt daher die in Art. 9 Abs. 1 ZGB angeordnete verstärkte Beweiskraft zu, d.h. diese Angaben haben die Vermutung der Richtigkeit für sich (KUMMER, N. 38 zu Art. 9 ZGB; vgl. auch N. 42, 43, 47 und 48 ebenda). Das gleiche ergibt sich aus Art. 937 ZGB, wonach hinsichtlich der in das Grundbuch aufgenommenen Grundstücke für den Eingetragenen eine "Vermutung des Rechtes", d.h. die Vermutung besteht, dass ihm das eingetragene Recht mit dem ![]() | 27 |
Dem Kläger steht also in der Tat die von ihm angerufene Vermutung zur Seite, so dass die Beklagten die Unrichtigkeit der erwähnten Grundbucheintragung zu beweisen haben.
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c) Dieser Nachweis ist nach Art. 9 Abs. 2 ZGB an keine besondere Form gebunden. Das Bundesrecht lässt ihn vielmehr ohne Beschränkung zu (KUMMER, N. 67 zu Art. 9; HOMBERGER, N. 4 zu Art. 937 ZGB). Die Unrichtigkeit der im Grundbuch enthaltenen Angabe über das zwischen den Gesamteigentümern bestehende Gemeinschaftsverhältnis kann sich daraus ergeben, dass der Vertrag, auf den diese Angabe sich stützt, einen andern als den ihm vom Grundbuchverwalter beigelegten Sinn hat oder das die Gesamteigentümer das zwischen ihnen bestehende Gesamthandverhältnis nachträglich durch eine anderes Verhältnis dieser Art ersetzt haben. Ein solcher Wechsel bedeutet keine Eigentumsübertragung, die nach Art. 656 Abs. 1 ZBG nur durch Eintragung im Grundbuch bewirkt werden könnte, und für den auf einen solchen Wechsel gerichteten Vertrag gilt das in Art. 657 Abs. 1 ZGB aufgestellte Erfordernis der öffentlichen Beurkundung nicht (BGE 94 II 99 ff. lit. b; GROSSEN a.a.O. S. 11 ff. Ziff. 4; MEIER-HAYOZ, 4. Aufl., N. 46/47 zu Art. 652, und 3. Aufl., N. 31 zu Art. 656, N. 67 zu Art. 657 ZGB). Das eingetragene Gesamteigentum kann auf Grund eines andern als des im Grundbuch angegebenen Gemeinschaftsverhältnisses bestehen. Die Eintragung des wirklich bestehenden Verhältnisses anstelle des im Grundbuch angegebenen ist nur der Ordnung halber geboten (vgl. MEIER-HAYOZ, 4. Aufl., N. 47 a.E. zu Art. 652 ZGB); es handelt sich dabei um eine blosse Berichtigung des Grundbuchs (BGE 94 II 96 ff.; GROSSEN a.a.O. S. 12 oben). In der Umwandlung von Gesamteigentum in Miteigentum wurde dagegen bisher ein Eigentumswechsel erblickt, der nur durch Eintragung im Grundbuch bewirkt und grundsätzlich nur in einem öffentlich beurkundeten Vertrag vereinbart werden konnte (MEIER-HAYOZ, 3. Aufl., N. 51 zu Art. 652, N. 19 zu Art. 656, N. 31 zu Art. 657 ZGB, mit Hinweisen). In der 4. Auflage des Berner Kommentars (N. 51 zu Art. 652 ZGB) vertritt der eben genannte Autor in Abweichung von der bisher herrschenden Lehre die Auffassung, der Übergang von Gesamteigentum ![]() | 29 |
Von der Frage, ob ein Vertrag auf die Übertragung von Grundeigentum gerichtet sei und daher nach Art. 657 Abs. 1 ZGB der öffentlichen Beurkundung bedürfe, ist die Frage zu unterscheiden, ob ein Vertrag auf Begründung eines bestimmten Gemeinschaftsverhältnisses als solcher dieser Form bedürfe. Der Vertrag auf Begründung einer Gemeinderschaft unterliegt nach Art. 337 ZGB dieser Form. Eine einfache Gesellschaft, wie sie ebenfalls eine Gemeinschaft im Sinne von Art. 652 ZGB darstellen kann (Art. 544 Abs. 1 OR; MEIER-HAYOZ, 4. Aufl., N. 16 zu Art. 652 ZGB, mit Hinweisen), kann dagegen formlos begründet werden (Art. 11 Abs. 1 OR; SIEGWART, N. 61 zu Art. 530 OR).
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Dass zwischen den Brüdern Josef und Alfred Böbner bei der Übernahme des Heimwesens durch sie oder später hälftiges Miteigentum begründet worden sei, wie es im Besiegelungsverbal vom 12. März 1965 (oben B) erwähnt wird, kann nach den dargelegten Grundsätzen schon mangels eines entsprechenden Grundbucheintrags nicht angenommen werden. Eine Gemeinderschaft ist zwischen ihnen nicht entstanden, weil es an einem öffentlich beurkundeten Vertrag dieses Inhalts fehlt. Das Bestehen einer Erbengemeinschaft zwischen Josef und Alfred Böbner lässt sich unter diesen Umständen nur dann verneinen, wenn sich ergibt, dass zwischen ihnen eine einfache Gesellschaft bestand. Ein anderes Gesamthandverhältnis als die Erbengemeinschaft oder die einfache Gesellschaft fällt im vorliegenden Falle, da die Gemeinderschaft aus dem eben genannten Grunde ausscheidet, von vornherein nicht in Betracht.
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d) Die Vorinstanz hat nicht auf Grund von Partei- oder Zeugenaussagen oder von Indizien für den wirklichen Willen der Beteiligten in für das Bundesgericht verbindlicher Weise festgestellt, dass die Vereinbarung vom 1. Oktober 1927 von ![]() | 32 |
Wenn zwei Kinder unter Auskauf ihrer Geschwister die als Hauptaktivum ein landwirtschaftliches Gewerbe in sich schliessende Erbschaft des Vaters übernehmen, so geschieht das in der Regel nicht, um die Erbschaft bis auf weiteres konservierend zu verwalten und früher oder später (sobald einer der Übernehmer es wünscht) zu deren Teilung unter den Übernehmern zu schreiten, sondern eine solche Übernahme erfolgt normalerweise zum Zwecke des gemeinsamen Betriebs des landwirtschaftlichen Gewerbes während längerer Zeit. Nach dem Tode des Josef Böbner-Koch lag es nahe, dass die beiden ledigen Söhne Josef und Alfred, die einzigen männlichen Erben, den väterlichen Hof übernahmen, um ihn künftig gemeinsam zu bewirtschaften und sich damit eine bleibende Existenz zu sichern. Sie hätten, wenn ihre Geschwister ihnen den Hof nicht aus freien Stücken überlassen hätten, wohl sogar nach Art. 620 ZGB die behördliche Zuweisung an sie beide verlangen können (vgl.BGE 43 II 578; BOREL/NEUKOMM, Das bäuerliche Erbrecht des schweiz. ZGB, 4. Aufl. 1954, S. 48; TUOR/PICENONI, N. 15 zu Art. 620 ZGB; ablehnend ESCHER, N. 33 zu Art. 620 ZGB; unentschieden STEIGER, S. 110 oben). Unter diesen ![]() | 33 |
Finden zwei von mehrern Erben die andern für ihre Erbansprüche ab, um das vom Erblasser hinterlassene landwirtschaftliche oder sonstige Gewerbe zu übernehmen und auf die Dauer gemeinsam zu betreiben, so ist das ein starker Grund zur Annahme, die Erbteilung sei damit vollständig durchgeführt und die Erbengemeinschaft unter allen Beteiligten aufgehoben; zwischen den Übernehmern bestehe (wenn nicht blosses Miteigentum vereinbart oder eine Gemeinderschaft eingegangen wurde) fortan ein Gesellschaftsverhältnis (vgl. BOREL/NEUKOMM, S. 49 f., wo ausgeführt wird, es komme häufig vor, dass bei der Erbteilung zwei oder mehrere Geschwister den elterlichen Hof gemeinsam übernehmen; "sie werden in diesem Falle Miteigentümer... oder stehen gelegentlich, wenn sie im Sinne des OR eine'einfache Gesellschaft'bilden, in dem etwas engern Verhältnis von Gesamteigentümern"; bei Lösung des so entstandenen Verhältnisses könne sich keiner der Übernehmer auf das bäuerliche Erbrecht berufen; SIEGWART, N. 48 der Vorbem. zu Art. 530-551 OR, wonach für die Beurteilung der Frage, ob eine Erbengemeinschaft in eine Gesellschaft umgewandelt worden sei, entscheidend ist, "ob die Erben die Absicht hatten, aus dem Provisorium und der Passivität der Erbengemeinschaft in eine dauerndere und aktivere Zweckverfolgung hinüberzutreten", ohne dass dabei die - nach N. 42 ebenda für die Gemeinderschaft charakteristische - Pflege des Familiensinns das letzte und ausschlaggebende Ziel war; ESCHER, N. 7 zu Art. 604 ZGB, wonach eine Vereinbarung über das Verbleiben in Gemeinschaft nicht dahin auszulegen ist, dass die Parteien "sich durch Erbengemeinschaft binden wollen zu einem Zweck, der ebensogut oder besser auf dem Wege einer andern Gemeinschaft (Gesellschaft oder Gemeinderschaft...) verwirklicht werden kann"; TUOR/PICENONI, N. 8 der Vorbem. zu Art. 620 ff. und N. 15 ![]() | 34 |
Ergäben sich die Beendigung der Erbengemeinschaft und die Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses zwischen Josef und Alfred Böbner nicht schon aus der Vereinbarung von 1927 und den damaligen Umständen, so wären sie nach Treu und Glauben daraus zu erschliessen, dass die beiden Brüder den Hof von 1927 an jahrzehntelang gemeinsam bewirtschafteten (vgl. SIEGWART, N. 48 der Vorbem. zu Art. 530-551). Mit diesem Verhalten gaben sie einander den Willen kund, sich im Sinne von Art. 530 OR zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks (d.h. zum Betrieb des ihnen gemeinsam gehörenden Hofes) mit gemeinsamen Kräften und Mitteln (insbesondere mit ihrer vereinten Arbeitskraft) zu verbinden. Die Regeln über die Erbengemeinschaft, die ihrem Wesen nach ein auf die Liquidation angelegtes Übergangsgebilde ist (vgl. TUOR/PICENONI, N. 14 vor Art. 602 ZGB; MERZ, Zur Auslegung einiger erbrechtlicher Teilungsregeln, in Festschrift zum 70. Geburtstag von Prof. P. Tuor, S. 85), und über die Auflösung dieser Gemeinschaft werden den Beziehungen unter zwei Erben, die während Jahrzehnten miteinander ein landwirtschaftliches oder ein sonstiges Gewerbe betreiben, nicht gerecht. Zwischen Josef und Alfred Böbner bestand also auf jeden Fall zur Zeit des ![]() | 35 |
Hiebei bliebe es selbst dann, wenn das Verhältnis zwischen Josef und Alfred Böbner schon im Hypothekarprotokoll, das offenbar erst nach dem Tode Alfred Böbners durch das Grundbuch ersetzt wurde, als Erbengemeinschaft oder fortgesetzte Erbengemeinschaft bezeichnet worden wäre und die beiden Brüder das gewusst hätten, was nicht festgestellt ist. Für die rechtliche Einordnung des zwischen ihnen bestehenden Verhältnisses ist nicht massgebend, wie ein Registerführer es mit ihrem Wissen bezeichnete; dies umsoweniger, als den Brüdern Böbner die genaue juristische Bedeutung der in Frage stehenden Bezeichnung zweifellos nicht bekannt war. Es kommt vielmehr einzig darauf an, welche rechtliche Bedeutung den Abmachungen über die gemeinsame Bewirtschaftung des von ihnen übernommenen Hofes, die sie ausdrücklich oder stillschweigend (durch schlüssiges Verhalten) trafen, der Sache nach zukommt.
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War der Nachlass von Josef Böbner-Koch beim Tode Alfred Böbners bereits vollständig geteilt, so kann der Kläger sein Zuweisungsbegehren nicht darauf stützen, er sei als Erbe Alfred Böbners Mitglied einer noch bestehenden Gemeinschaft zwischen Erben seines Grossvaters geworden; in dieser Eigenschaft könne er Art. 620 ZGB anrufen. Dass diese Bestimmung bei der Teilung des Nachlasses von Alfred Böbner nicht anwendbar ist, wurde bereits dargetan (Erw. 5 hievor). Daher ist das Zuweisungsbegehren abzuweisen.
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