BGE 98 II 102 | |||
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14. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 28. März 1972 i.S. Staat St. Gallen gegen Rizzolli. | |
Regeste |
Unechte Solidarität (Art. 51 OR). | |
Sachverhalt | |
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A.- Der Kanton St. Gallen betraute im März 1964 Florin Rizzolli, der in Weinfelden ein Ingenieurbüro führt, mit Vermessungen und Absteckungen für zahlreiche Kunstbauten an der Nationalstrasse 1 und der Ostumfahrung Wil-Rickenbach. Nach dem Angebot Rizzollis sollten sie ungefähr Fr. 45 000.-- kosten.
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Am 13. Juli 1964 war der im Dienst Rizzollis stehende Techniker Pflugshaupt in der Gegend, in der unter der Leitung des Ingenieurbüros Kruck und Knopfli das vom erwähnten Auftrag nicht erfasste Objekt Nr. 38, eine 6 m breite Unterführung des 3 m breiten Feldweges Thurau-Zuzwil, erstellt werden sollte, mit Vermessungen beschäftigt. Bei dieser Gelegenheit wurde er von einem Angestellten der Ingenieure Kruck und Knopfli ersucht, für dieses Objekt den Verlauf der Achse der geplanten Nationalstrasse im Gelände abzustecken. Pflugshaupt kam dem Wunsche nach. Dabei las er das in der Abstecktabelle angegebene Azimut vom Punkt 68 zum Punkt 69 des Basispolygons versehentlich unrichtig ab. Das hatte zur Folge, dass die Gerade, die er im Gelände durch drei Pfähle absteckte, von der wirklichen Achse der Nationalstrasse um 5o abwich. Das Ingenieurbüro Kruck und Knopfli verliess sich indessen darauf, dass Pflugshaupt die Achse richtig abgesteckt habe. Es liess die Unterführung darnach ausrichten. Die Senkrechte zu ihrer Achse bildete daher mit der wirklichen Achse der Nationalstrasse einen Winkel, der die in einem Übersichtsplan und in einem von Kruck und Knopfli erstellten Schalungsplan vorgesehenen 12,1o überstieg. Rizzolli anerkannte unterschriftlich, die Verdrehung betrage 5o und er sei dafür verantwortlich. Die Behebung des Mangels kostete den Kanton St. Gallen etwa Fr. 40 000.--.
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B.- Die Klage des Kantons St. Gallen gegen Rizzolli auf Zahlung von Fr. 40 000.-- Schadenersatz nebst Zins wurde vom Bezirksgericht Weinfelden im Betrage von Fr. 30 000.-- nebst Zins gutgeheissen. Das Obergericht des Kantons Thurgau sprach dagegen dem Kläger auf Appellation des Beklagten hin nur Fr. 20 000.-- nebst Zins zu, weil es die Auffassung vertrat, die besonderen Umstände verpflichteten den Beklagten nur zum Ersatz der Hälfte des Schadens.
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Das Bundesgericht heisst die Berufung des Klägers gut, hebt das angefochtene Urteil vom 26. Oktober 1971 auf und verurteilt den Beklagten, dem Kläger Fr. 30 000.-- nebst 5% Zins seit 1. August 1968 zu bezahlen.
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Aus den Erwägungen: | |
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Der Kläger wendet ein, er habe für allfällige Fehler von Kruck und Knopfli nicht einzustehen, weil sie unabhängige Unternehmer und dem Beklagten nicht übergeordnet gewesen seien, was gemäss BGE 93 II 322 zur Folge habe, dass sie und der Beklagte dem Kläger den Schaden solidarisch zu ersetzen hätten.
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In diesem Präjudiz hat das Bundesgericht es in der Tat abgelehnt, die Schadenersatzforderung des Bauherrn gegenüber dem Bauunternehmer wegen Mitverschuldens des bauleitenden Architekten herabzusetzen. Es führte aus, das Verschulden des Unternehmers werde durch jenes des Architekten nicht gemindert; beide hafteten dem Bauherrn unecht solidarisch für den ganzen Schaden. In einem später beurteilten Falle sah dann aber das Bundesgericht in dem mit der Ausarbeitung der Pläne, der Vergebung der Arbeiten und der Überwachung der Bauausführung betrauten Architekten eine Hilfsperson des Bauherrn, für deren zur Entstehung des Schadens beitragendes Verhalten der geschädigte Bauherr gegenüber dem Unternehmer gemäss Art. 101 OR einzustehen habe, und zwar unbekümmert um die Natur des Rechtsverhältnisses zwischen dem Bauherrn und dem Architekten (BGE 95 II 53). Nach dieser Rechtsprechung hätte ein für den Schaden kausales Verschulden der Ingenieure Kruck und Knopfli gegenüber dem Beklagten in jeder Beziehung als Selbstverschulden des Klägers zu gelten, wenn Kruck und Knopfli die vom Beklagten verrichtete Arbeit zu überwachen gehabt hätten, dem Beklagten also vorgesetzt gewesen wären. Das trifft indessen nicht zu. Sie waren Bauleiter nur im Verhältnis zum Unternehmer Hagmann, der das Objekt 38 zu bauen hatte. Allerdings haben sie den Kläger zum Teil auch gegenüber dem Beklagten vertreten. Das geschah aber nur beim Abschluss des Vertrages, indem sie im Namen des Klägers den Techniker des Beklagten um die Absteckung der Strassenachse ersuchten. Wenn sie beim Abschluss dieses Vertrages einen für den Schaden kausalen Fehler begangen hätten, wäre er dem Kläger anzurechnen. Für andere Fehler, nämlich solche, die ihnen allenfalls bei der Planung oder Überwachung der Bauarbeiten Hagmanns unterlaufen sind und zum Schaden beigetragen haben, hat der Kläger dagegen gegenüber dem Beklagten nicht einzustehen. Insoweit befanden sich Kruck und Knopfli in der Stellung Dritter und gilt für sie der von der Rechtsprechung seit langem entwickelte Satz, dass das Mitverschulden eines Dritten den Schädiger nur entlastet, wenn es den ursächlichen Zusammenhang zwischen seinem Verhalten und dem Schaden als inadäquat erscheinen lässt oder wenn und soweit es sein Verschulden mindert (BGE 41 II 228,BGE 55 II 88,BGE 56 II 401Erw. 5,BGE 59 II 43/44, 368 f.,BGE 60 II 155,BGE 64 II 307,BGE 66 II 118f., BGE 89 II 123, BGE 93 II 322).
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