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17. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. Januar 1972 i.S. Friedli & Cie AG gegen Rogger. | |
Regeste |
Werkvertrag. Substantiierungspflicht. |
Die Rücktrittserklärung nach Art. 377 OR braucht kein Angebot auf Ersatz des Schadens zu enthalten. Die jederzeitige Ausübung des Rücktrittsrechtes ist nicht missbräuchlich (Erw. 3). Ob die von einer Partei prozesskonform vorgebrachten tatbeständlichen Anbringen erlauben, ihre Rechtsbehauptung zu beurteilen, ist eine Frage des Bundesrechts (Erw. 4). | |
Sachverhalt | |
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A.- Mit Vertrag vom 13. April 1966 verpflichtete sich die Friedli & Cie AG, für Dr. Josef Rogger in Inwil ein Einfamilienhaus, Typ Helvetia EH-A Spezial, zum Preis von Fr. 135 000.-- zu erstellen. Das Haus sollte "raschmöglichst/Ende 1966" bezugsbereit sein. Die Parteien verlängerten später diese Frist, zuerst bis 15. und dann bis Ende Februar 1967. Das Haus war indessen am 15. März 1967, als Rogger die bisherige Mietwohnung verlassen musste, nicht fertig. Er wohnte in der Folge mit seiner Familie zuerst in einem Hotel in Luzern und nachher in einer Ferienwohnung in Horw. Am 23. Mai 1967 konnte er die Räume im Erdgeschoss des immer noch nicht vollendeten Hauses beziehen. Seit Dezember 1966 hatte Rogger wiederholt Mängel schriftlich gerügt und sich über die Verzögerungen beschwert. Mit Schreiben seines Anwaltes vom 7. Juni 1967 erklärte er den Rücktritt vom Vertrag.
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Die Pauschalvergütung von Fr. 135 000.-- erhöhte sich wegen zusätzlicher Arbeiten, die der Bauherr verlangt hatte, auf Fr. 138 050.--. Daran zahlte Rogger gemäss Schlussrechnung der Bauunternehmung Fr. 107 437.--.
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B.- Die Friedli & Cie AG klagte auf Zahlung der Restforderung von Fr. 30 613.-- und auf Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts für Fr. 10 000.--, beides nebst Zins.
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Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und forderte "als konnexen Gegenanspruch, evt. widerklageweise" von der Klägerin Fr. 20 540.20 nebst Zins.
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C.- Am 2. September 1970 hiess das Amtsgericht Hochdorf die Klage für Fr. 23 213.50 nebst Zins gut und ermächtigte die Klägerin, das Bauhandwerkerpfandrecht im Grundbuch eintragen zu lassen.
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D.- Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die Berufung eingereicht mit dem Antrag, es aufzuheben und die Klage zuzusprechen.
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Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen.
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Das Bundesgericht hebt in Gutheissung der Berufung das angefochtene Urteil auf und weist die Sache im Sinne der Erwägungen zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
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Erwägungen: | |
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a) In BGE 97 II 216 Erw. 1 wurde unter Hinweis auf die dort erwähnten früheren Entscheide des Bundesgerichts erklärt, die Behauptungs- und Substantiierungspflicht ergebe sich nicht aus Art. 8 ZGB, sondern gehöre dem kantonalen (Prozess-) Recht an; dieses habe folglich darüber zu befinden, wie weit die Parteien die ihre Ansprüche begründenden Tatsachen vorzubringen haben und wie weit der Richter nicht vorgebrachte ![]() | 15 |
Auf die Rüge der Klägerin, die Vorinstanz habe die Klage zu Unrecht wegen mangelnder Substantiierung abgewiesen, ist daher einzutreten.
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b) Dabei fällt zunächst ins Gewicht, dass die Klägerin behauptet hat, das Haus sei Ende Mai 1967 bis auf einige wenige Fertigstellungsarbeiten vollendet gewesen. Wenn das zutraf, hatte sie jedenfalls damals eine Forderung, die nicht erheblich unter der an sich unangefochtenen Pauschalvergütung liegen und sich allenfalls nur um den Betrag vermindern konnte, den der Beklagte nach Art. 368 Abs. 2 OR wegen Mängeln oder Abweichungen vom Vertrag abziehen durfte. Der Beklagte hat sich in diesem Prozess zwar auf Mängel berufen, aber deswegen keinen Abzug geltend gemacht.
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Bei diesem Sachverhalt kann der Auffassung der Vorinstanz, die Klägerin hätte alle erbrachten Leistungen dartun müssen, nicht beigepflichtet werden. Aus dem Werkvertrag vom 13. April 1966 waren die Arbeiten, die die Klägerin auszuführen versprochen hatte, ersichtlich. Die Behauptung der Klägerin, sie habe die vertraglichen Pflichten bis Ende Mai 1967 im wesentlichen erfüllt, betrifft eine Tatsache, über deren Vorhandensein ohne weiteres mit den von ihr angerufenen Beweismitteln (Parteibefragung, ![]() | 18 |
c) Im übrigen ist darauf zu verweisen, dass die Vorbringen der Klage die Behauptung in sich schlossen, dass die Klägerin der Auffassung war, ihre aus Art. 377 OR fliessenden Forderungen gegen den Beklagten entsprächen dem Unterschied zwischen der vereinbarten Vergütung sowie dem Wert der zusätzlichen Arbeiten und der vom Beklagten geleisteten Anzahlung. In der Berufungsbegründung verficht die Klägerin ausdrücklich diesen Standpunkt. Sie hat damit kein neues Begehren gestellt - was gegen Art. 55 Abs. 1 lit. c OG verstiesse -, sondern die rechtliche Begründung ihres Anspruchs zulässig abgeändert (BGE 90 II 39 Erw. 6 a, BGE 96 II 196 ff. Erw. 4).
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