BGE 98 II 257 | |||
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36.Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 23. November 1972 i.S. Bäder gegen Bühler. | |
Regeste |
Die Indexierung von Unterhaltsbeiträgen für eheliche oder aussereheliche Kinder (Art. 156 Abs. 2, 319 ZGB) durch den Richter ist grundsätzlich zulässig (Änderung der Rechtsprechung). |
Anforderungen an die Indexklausel (Erw. 7 lit. g, h). |
Die Abänderungsklage (Art. 157, 320 ZGB) bleibt vorbehalten (Erw. 7 lit. i). | |
Sachverhalt | |
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Die kantonalen Gerichte schützten die auf Vermögensleistungen gerichtete Vaterschaftsklage der Klägerinnen gegen den Beklagten, verpflichteten diesen, für das Kind monatliche Unterhaltsbeiträge von Fr. 250.-- zu leisten, und bestimmten:
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"Dieser Betrag gründet auf dem Landesindex der Konsumentenpreise von 124,8 Punkten; er erfährt eine Anpassung um 10% bei einer Veränderung des Indexes um 12,5 Punkte."
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Das Bundesgericht bestätigt das Urteil des obern kanto nalen Gerichts.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Da Art. 153 Abs. 2 ZGB unter bestimmten Voraussetzungen die Aufhebung oder Herabsetzung einer Bedürftigkeitsrente im Smne von Art. 152 ZGB zulässt, die Möglichkeit der Erhöhung einer solchen Rente dagegen im Unterschied zu der nach Art. 157 und 320 ZGB für Kinderalimente geltenden Regelung nicht vorsieht, und da die Pflicht zur Leistung von Unterhaltsbeiträgen an einen geschiedenen Ehegatten anders als die Beitragspflicht gegenüber Kindern auf einem nicht mehr bestehenden Rechtsverhältnis beruht, hat das Bundesgericht entschieden, das Gesetz erlaube dem berechtigten Ehegatten nicht, nachträglich eine Erhöhung der ihm zugesprochenen Bedürftigkeitsrente zu verlangen; ein derartiger Anspruch bestehe grundsätzlich auch dann nicht, wenn seit der Scheidung die Kaufkraft des Geldes gesunken und das Einkommen des Pflichtigen der Steigerung der Lebenskosten gefolgt sei (BGE 51 II 15ff., BGE 77 II 23ff.). Dass das Scheidungsurteil selbst eine spätere Erhöhung der darin festgesetzten Bedürftigkeitsrente oder einer nach Art. 151 ZGB zugesprochenen Unterhaltsrente vorsieht, wurde nur in dem Sinne zugelassen, dass der Scheidungsrichter anordnen kann, bei Eintritt eines bestimmten, nach den Umständen des konkreten Falles sicher vorauszusehenden Ereignisses erhöhe sich die Rente auf einen für diesen Fall zum voraus festgesetzten Betrag (BGE 79 II 136, BGE 80 II 191 f. lit. b, BGE 89 II 1 f.). Dem rentenberechtigten Ehegatten bei der Scheidung eine dem Index der Lebenskosten automatisch folgende Rente zuzusprechen, wurde als unzulässig erklärt (Urteil vom 27. Februar 1953 i.S. Pruschy gegen Kind, Erw. 4, und BGE 79 II 136). Dagegen wurde als zulässig erachtet, dass eine gerichtlich genehmigte Scheidungsvereinbarung dem rentenberechtigten Ehegatten die Befugnis vorbehält, später eine Erhöhung der Rente zu verlangen (BGE 77 II 28 Erw. 3, BGE 80 II 192 /93), oder dass die Scheidungsvereinbarung die Unterhaltsbeiträge für die Ehefrau an den Index bindet (vgl. BGE 83 II 362 Erw. 2 in Verbindung mit dem Tatbestand S. 357).
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b) Die Frage der Indexierung von Unterhaltsbeiträgen für eheliche oder aussereheliche Kinder wurde in der veröffentlichten Rechtsprechung des Bundesgerichts bisher nicht erörtert. Dagegen hat das Bundesgericht im nicht veröffentlichten Entscheide vom 27. Februar 1953 i.S. Pruschy gegen Kind die Bestimmung des angefochtenen Scheidungsurteils, wonach die Unterhaltsbeiträge für den Sohn der Parteien bei jeder Steigerung des Lebenskostenindexes um 17 Punkte sich um 10% erhöhen sollten, mit folgender Begründung aufgehoben:
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"Elle est inutile parce que ... la possibilité d'une revision de la pension de l'enfant de parents divorcés découle déjà de la loi, de sorte que si la pension vient un jour à se révéler insuffisante, l'enfant aura toujours la ressource d'en demander l'augmentation... Elle est inadmissible parce que, sans parler même des complications qu'elle risque d'entraîner dans la poursuite des droits de l'enfant, rien n'autorise à dire que l'élévation de l'index du coût de la vie se traduise nécessairement par une augmentation correspondante des besoins de l'enfant et des facultés du débiteur de la pension."
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Auch für die Kinderalimente wurde indes die vertragliche Begründung einer Indexklausel zugelassen (Urteil vom 29. Juni 1967 i.S. Schneeberger gegen Schneeberger, Erw. 4).
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c) Die Rechtsprechung, die eine Klage auf Erhöhung der einem geschiedenen Ehegatten zugesprochenen Unterhaltsbeiträge und die Indexierung dieser Beiträge durch den Scheidungsrichter ausschliesst, ist in der Literatur beanstandet worden (vgl. namentlich MERZ, N. 208 zu Art. 2 ZGB und ZBJV 1964 S. 438/39; HINDERLING, Das schweiz. Ehescheidungsrecht, 3. Aufl., S. 149/50). Die Gründe, auf welche diese Kritik sich stützt, verdienen eine nähere Prüfung. Im vorliegenden Falle braucht jedoch auf diese Argumente nicht eingegangen zu werden, da die bisherige Praxis hinsichtlich der Indexierung von Kinderalimenten selbst dann preisgegeben werden müsste, wenn hinsichtlich der Unterhaltsbeiträge für den geschiedenen Ehegatten im Hinblick auf Art. 153 Abs. 2 ZGB und den besondern Charakter dieser Beitragspflicht (vgl. lit. a hievor) an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten wäre.
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d) Wie schon in BGE 51 II 18 und BGE 77 II 25 festgestellt, erlauben die Art. 157 und 320 ZGB im Falle einer Veränderung der Verhältnisse nicht bloss eine Herabsetzung, sondern auch eine Erhöhung der Alimente für eheliche oder aussereheliche Kinder und besteht das Rechtsverhältnis, auf dem die Pflicht zur Leistung solcher Beiträge beruht, während der ganzen Dauer der Beitragspflicht weiter. Die aus Art. 153 Abs. 2 ZGB und der auflösenden Wirkung der Ehescheidung abgeleiteten Argumente, mit denen die bisherige Rechtsprechung eine nachträgliche Erhöhung der einem geschiedenen Ehegatten zuerkannten Unterhaltsbeiträge und die Anbringung eines allgemeinen Erhöhungsvorbehalts oder einer Indexklausel für solche Beiträge im Scheidungsurteil als unzulässig erklärt hat, lassen sich daher auf die Kinderalimente nicht übertragen.
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e) Entgegen der Auffassung, die das Bundesgericht im Entscheide vom 27. Februar 1953 i.S. Pruschy gegen Kind (lit. b hievor) vertreten hat, macht die Möglichkeit einer spätern Erhöhung der Kinderalimente deren Indexierung nicht überflüssig. Abänderungsklagen sind nämlich mit erheblichen Kosten und Umtrieben verbunden und sollten daher nach Möglichkeit vermieden werden (vgl. dazu LALIVE, ZSR 1965 II 760). In Zeiten stark ansteigender Lebenskosten wäre mit einer grossen Zahl immer wiederkehrender Abänderungsbegehren zu rechnen, wenn sich die Anpassung der Kinderalimente an die Teuerung nur auf diesem Weg erreichen liesse. Die Indexierung der Alimente vermag die Abänderungsklage in vielen Fällen unnötig zu machen, so dass ihre Zulassung einem echten Bedürfnis entspricht. Das gilt umsomehr, als sie spätere Streitigkeiten darüber verhindern kann, ob die eingetretene Steigerung der Lebenskosten eine erhebliche Veränderung der Verhältnisse bedeute, wie sie nach Art. 320 ZGB und der Praxis zu Art. 157 ZGB (vgl. BGE 83 II 359) nötig ist, um eine nachträgliche Neufestsetzung der Unterhaltsbeiträge zu rechtfertigen.
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f) Der im Entscheid i.S. Pruschy gegen Kind gegen die Indexierung erhobene Einwand, mit der Steigerung des Lebenskostenindexes verbinde sich nicht notwendigerweise eine entsprechende Erhöhung der Bedürfnisse des Kindes und der Leistungsfähigkeit des Beitragsschuldners, vermag heute nicht mehr zu überzeugen. Es dürfte heute allgemein anerkannt sein, dass der Lebenskostenindex über die Entwicklung der Lebenskosten recht zuverlässig Aufschluss gibt. Er eignet sich daher auch als Massstab für den Einfluss, den die Veränderung der Kaufkraft des Geldes auf die Kosten der Erziehung und des Unterhalts eines Kindes ausübt. Er ist aber regelmässig auch ein brauchbarer Gradmesser für die künftige Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen; denn der Verdienst der Arbeitnehmer wird heute in den weitaus meisten Fällen immer wieder der Teuerung angepasst, und auch das Einkommen eines grossen Teils der Selbständigerwerbenden dürfte der Teuerung folgen. Jedenfalls aber wird es dem Richter in aller Regel nicht schwer fallen, sich bei der Festsetzung von Unterhaltsbeiträgen im einzelnen Fall ein Urteil darüber zu bilden, ob der Pflichtige zu den Personen gehört, die mit einer regelmässigen, die Teuerung ausgleichenden Erhöhung ihres Einkommens rechnen können.
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g) Dass die Indexierung, wie im Entscheid i.S. Pruschy gegen Kind angenommen, Schwierigkeiten bei der Eintreibung der Alimente verursachen könnte, lässt sich leicht vermeiden, indem die Indexklausel einfach und klar abgefasst und insbesondere bestimmt wird, dass die Alimente sich erst beim Steigen oder Sinken des Indexes um eine bestimmte, nicht zu niedrig zu bemessende Punktzahl um einen bestimmten Prozentsatz erhöhen oder vermindern. Die von den kantonalen Gerichten im vorliegenden Falle gewählte Fassung der Indexklausel trägt diesen Erfordernissen Rechnung. - Wären die vom Bundesgericht im Falle Pruschy gegen Kind befürchteten praktischen Schwierigkeiten ein entscheidendes Argument gegen die Zulassung von Indexklauseln für Alimente, so hätte die Rechtsprechung die Indexierung solcher Beiträge auch für den Fall ihrer Vereinbarung durch die Parteien verbieten müssen, was nicht geschehen ist (lit. a und b hievor).
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h) Im vorliegenden Falle kann dahingestellt bleiben, ob aus der Tatsache, dass eine nachträgliche Abänderung der Kinderalimente nur bei einer erheblichen Änderung der Verhältnisse verlangt werden kann (lit. e am Ende hievor), zu schliessen sei, die Indexierung solcher Alimente dürfe nur in dem Sinne erfolgen, dass eine erhebliche Veränderung der Lebenskosten zu einer Anpassung dieser Beiträge führt. Die Veränderung des Indexes um einen Zehntel des zur Zeit der Festsetzung der Alimente erreichten Standes, von welcher die kantonalen Instanzen die Anpassung der Alimente abhängig gemacht haben, hätte nämlich, wenn es hierauf ankommen sollte, als erheblich zu gelten.
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i) Eine Indexierung der Kinderalimente, wie die Vorinstanzen sie vorgenommen haben, ist daher entgegen dem Entscheide vom 27. Februar 1953 i.S. Pruschy gegen Kind grundsätzlich zuzulassen (für Zulassung solcher Klauseln auch HEGNAUER, N. 66 zu Art. 319 ZGB, und wenigstens de lege ferenda LALIVE, ZSR 1965 II 761). Besondere Umstände, die eine solche Indexierung im vorliegenden Falle verbieten würden, sind nicht vorhanden. Der Beklagte gehört als Beamter zum Kreise jener Personen, die mit einer regelmässigen Anpassung ihres Verdienstes an die Teuerung rechnen können. Sollte sich diese Erwartung nicht erfüllen oder sollten sich die für die Bemessung der Alimente massgebenden Verhältnisse sonstwie in einer bei ihrer Festsetzung nicht in Betracht gezogenen Weise verändern, so bliebe dem Beklagten (und gegebenenfalls auch den Klägerinnen) die Abänderungsklage nach Art. 320 ZGB vorbehalten.
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