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49. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 29. November 1972 i.S. Eheleute X. | |
Regeste |
Ehescheidung wegen tiefer Zerrüttung (Art. 142 ZGB). | |
Sachverhalt | |
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X., der seit 1953 verheiratet ist und schon seit 1948 im kommerziellen Dienst eines grossen Transportunternehmens arbeitet, lebte mit seiner Familie bis 1959 im europäischen Ausland, dann bis zum Frühjahr 1965 in der Schweiz und schliesslich bis zum Frühjahr 1970 in Nordafrika. Seither leben die Ehegatten getrennt, der Ehemann in Asien, die Ehefrau in Europa. Die Klage auf Ehescheidung wegen tiefer Zerrüttung, die der Ehemann im Sommer 1970 beim Richter seiner schweizerischen Heimat einleitete, wurde von den kantonalen Gerichten und vom Bundesgericht geschützt.
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Aus den Erwägungen: | |
2. Nach Art. 142 Abs. 1 ZGB kann jeder Ehegatte auf Scheidung klagen, wenn eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses eingetreten ist, dass den Ehegatten die Fortsetzung der ehelichen Gemeinschaft nicht zugemutet werden darf. Diese Voraussetzung ist nicht schon dann erfüllt, wenn in der Ehe Schwierigkeiten, sei es auch ernster Art, auftreten, die das Einvernehmen unter den Ehegatten beeinträchtigen. Diese sind vielmehr verpflichtet, ihren guten Willen für die Aufrechterhaltung der Ehe und die Überwindung der bestehenden Schwierigkeiten einzusetzen (BGE 77 II 208mit Hinweisen,BGE 79 II 341, ![]() | 3 |
Im vorliegenden Falle hat die Vorinstanz im wesentlichen festgestellt, die Beklagte habe infolge ihres Medikamentenmissbrauchs schon in der Schweiz den Haushalt, die Kinder und sich selbst vernachlässigt und unter Schreikrämpfen gelitten. In Nordafrika habe ihre Medikamenten- und Alkoholsucht trotz ärztlicher Behandlung fortgedauert. 1967 seien bei ihr wieder ![]() | 4 |
Diese Feststellungen, die sich u.a. auf das Gutachten von Prof. K. stützen, betreffen tatsächliche Verhältnisse, und zwar gilt das auch insoweit, als sie die Auswirkungen der Süchtigkeit der Beklagten auf das eheliche Verhältnis und die Frage zum Gegenstand haben, ob die Beziehungen des Klägers mit Fräulein Y. für die Zerrüttung der Ehe kausal seien oder nicht (BGE 92 II 140 Erw. 2 mit Hinweisen). Als Ergebnis einer im Berufungsverfahren nicht zu überprüfenden Beweiswürdigung sind sie für das Bundesgericht verbindlich (Art. 63 Abs. 2 OG). Daher muss angenommen werden, dass das eheliche Verhältnis der Parteien infolge der Süchtigkeit der Beklagten schon vor Beginn der Beziehungen des Klägers mit Fräulein Y. tief zerrüttet war. Ferner steht fest, dass die Parteien seit dem Frühjahr 1970, als die Beklagte die Entwöhnungskur in Europa antrat und der Kläger nach Asien übersiedelte, getrennt leben und dass alle vorher mit ärztlicher Hilfe unternommenen Versuche, die Beklagte von ihrer Sucht zu befreien, gescheitert sind.
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Hatte der Kläger unter den Folgen der Süchtigkeit der Beklagten in der dargestellten Weise während vieler Jahre aufs schwerste zu leiden, waren die Bemühungen zu ihrer Heilung bis zum Frühjahr 1970 erfolglos und verlor der Kläger wegen dieser Entwicklung, wie festgestellt, seine affektiven Beziehungen zur Beklagten, so könnte ihm die Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft heute, wenn überhaupt, höchstens dann zugemutet werden, wenn sich der Zustand der Beklagten so nachhaltig gebessert hätte, dass eine Wiederkehr des frühern Zustandes mit seinen äusserst widerwärtigen, tief in die persönliche Sphäre des Klägers eingreifenden Folgen nicht ernstlich zu befürchten wäre. Diese Voraussetzung ist nach dem Gutachten von Prof. K., das die Vorinstanz in für das Bundesgericht verbindlicher Weise als schlüssig würdigt, nicht erfüllt. Die Beklagte ist nach dem Gutachten K. nicht vollständig geheilt und muss weiterhin als gefährdet gelten. Im gegenwärtigen Milieu (d.h. in der Umgebung, in welcher die Beklagte zur Zeit in Europa lebt) kann die Rückfallgefahr freilich als eher gering gelten. Falls die Beklagte zu ihrem Ehemann zurückkehren würde und dessen geschäftsbedingten Lebensstil teilen müsste, wäre die Gefahr eines Rückfalls dagegen nach der Auffassung des Gutachters ziemlich gross. Dass der Kläger, um dieses Risiko zu vermindern, die von ihm während der ganzen Dauer der Ehe ausgeübte Tätigkeit aufgebe, ist von ihm nicht zu verlangen. Würde er versuchen, die Beklagte von den mit dieser Tätigkeit verbundenen gesellschaftlichen Anlässen fernzuhalten, die sie nach der Auffassung des Gutachters gefährden, so wäre sie zumal an Orten wie der entlegenen asiatischen Stadt, ![]() | 7 |
Dass die Zerrüttung im Sinne von Art. 142 Abs. 2 ZGB vorwiegend der Schuld des Klägers zuzuschreiben sei, wird in der Berufungsschrift nicht ausdrücklich behauptet und kann auf Grund der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht angenommen werden. Die entscheidende Ursache der Zerrüttund war darnach die Süchtigkeit der Beklagten, die der Kläger nicht verschuldet hat. Die Beziehungen des Klägers mit Fräulein Y. waren für die Zerrüttung festgestelltermassen nicht kausal. Dass der Kläger die Beklagte nicht schon vor dem Frühjahr 1970 zu einer Entziehungskur in eine Klinik schickte, bedeutet angesichts der festgestellten Umstände kein erhebliches Verschulden.
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