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6. Urteil der II. Zivilabteilung vom 1. Februar 1973 i.S. Schweizer gegen Zuber. | |
Regeste |
Untergang des Faustpfandrechtes (Art. 888 ZGB). | |
Sachverhalt | |
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B.- Klageweise verlangte Walter Schweizer in der Folge von Dr. Zuber die Hälfte des diesem ausbezahlten Verwertungserlöses. Er machte geltend, mit der Übergabe des Schuldbriefes am 18. Dezember 1968 sei das Pfandrecht Dr. Zubers an diesem Schuldbrief untergegangen. Da er Mitte Juni 1969 Dr. Zuber darauf aufmerksam gemacht habe, dass Rudolf Huber unberechtigterweise über die Schuldbriefe verfügt habe, habe Dr. Zuber mangels guten Glaubens am 24. Juni 1969 kein gültiges Pfandrecht mehr begründen können. Der Verwertungserlös aus diesem Schuldbrief stehe daher nicht Dr. Zuber, sondern ihm zu.
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C.- Sowohl das Kantonsgericht als auch das Obergericht des Kantons Nidwalden wiesen das Begehren des Klägers ab.
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D.- Gegen das Urteil des Obergerichtes des Kantons Nidwalden hat der Kläger Berufung an das Bundesgericht erklärt. Er beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage gutzuheissen. In seiner Berufungsantwort stellt der Beklagte den Antrag, die Berufung sei abzuweisen und das obergerichtliche Urteil zu bestätigen.
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E.- Die II. Zivilabteilung bewilligte dem Kläger am 13. November 1972 die unentgeltliche Prozessführung und bestellte dessen Vertreter als Armenanwalt.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Über die rechtliche Bedeutung des Art. 888 Abs. 2 ZGB bestehen verschiedene Auffassungen. Nach LEEMANN (N. 12 zu Art. 888 ZGB) bestimmt sich das Schicksal des Pfandrechtes allein nach dem Zweck der Rückgabe. Ist darin ein Verzicht auf das Pfandrecht zu erblicken, so geht es unter. Selbst eine Abmachung unter den Parteien, wonach das Pfandrecht weiterbestehen soll, vermag daran nichts zu ändern (N. 14 zu Art. 888 ZGB). HAFFTER (Das Fahrnispfandrecht und andere sachenrechtliche Sicherungsgeschäfte, Diss. Bern, 1928, insbes. S. 42) ![]() | 8 |
Die gesetzliche Regelung des Faustpfandrechtes will einerseits verhindern, dass der Schuldner sich mit Sachen umgibt, die ihm wirtschaftlich nicht mehr gehören, und so den Anschein einer kreditwürdigen Person erweckt (vgl.BGE 43 II 22); andererseits will sie verunmöglichen, dass der Schuldner weiterhin über das Pfand verfügen und das Pfandrecht des Gläubigers illusorisch machen kann (vgl. OFTINGER, N. 197-199 zu Art. 884 ZGB und HAFFTER, a.a.O., S. 37). Deshalb bildet der Besitz an der Pfandsache Bedingung für die Begründung und die Aufrechterhaltung des Pfandrechtes (vgl. Art. 888 Abs. 1 ZGB, OFTINGER, N. 21 und 22 zu Art. 888 ZGB und TUOR/JÄGGI/SCHNYDER, Das schweizerische Zivilgesetzbuch, 8. Aufl. Zürich 1968, S. 646). Die Rückgabe der Sache an den Verpfänder muss daher in der Regel zum Untergang des Pfandrechtes führen. Nur eine Übergabe mit der bedingungslosen Verpflichtung, die Sache innert kurzer Frist wieder zurückzugeben, kann die in Art. 888 Abs. 2 ZGB vorgesehene Wirkungslosigkeit des Pfandrechtes nach sich ziehen. So dürfte ein Pfandrecht mcht erlöschen, wenn dem Verpfänder während kurzer Zeit die ausschliessliche Gewalt über die Pfandsache eingeräumt wird, um die zu ihrer Erhaltung oder Aufbewahrung notwendigen Arbeiten vorzunehmen (vgl. BGE 80 II 238) oder um Teile der Pfandsache beim sog. Raumgewahrsam wegzunehmen oder auszutauschen. Wird dem Verpfänder hingegen das Recht eingeräumt, über die Pfandsache zu verfügen, so verzichtet der Pfandgläubiger auf seinen Besitz am Pfand; das Pfandrecht geht unter (vgl. BGE 89 II 319).
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2. Der Beklagte übergab den Schuldbrief dem Verpfänder Weiss am 18. Dezember 1968 "zum Zwecke des Ankaufes von Fernsehapparaten und Radios...". Weiss verpflichtete sich, ![]() | 10 |
Da der Pfandgläubiger dem Verpfänder bei der Übergabe des Schuldbriefes ausdrücklich das Recht einräumte, diesen zu veräussern, ist in der Übergabe ein Verzicht auf das Pfandrecht zu erblicken. Überdies müsste auch in der Dauer der Überlassung ein Untergangsgrund für das Pfandrecht gesehen werden. Dass der Verpfänder verpflichtet wurde, das Pfand wieder zurückzugeben, falls sich die Geschäfte nicht realisieren lassen sollten, war ohne Einfluss auf die Verfügungsbefugnis des Verpfänders und konnte somit den Untergang des Pfandrechtes nicht verhindern. Aus demselben Grunde hätte auch eine bloss fiduziarische Übertragung des Schuldbriefes, wie sie vom Beklagten in der Berufungsantwort geltend gemacht wird, das Erlöschen des Pfandrechtes nicht verhüten können.
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Die Vorinstanz, die zur Abgrenzung von Abs. 1 und Abs. 2 des Art. 888 ZGB auf den Willen des Pfandgläubigers abstellte, trug dem Umstand zu wenig Rechnung, dass die Begründung und die Fortdauer des Pfandrechtes in erster Linie vom Besitz der Pfandsache und nicht vom Willen des Pfandgläubigers abhängig ist. Ihre Auffassung beruht auf einer zu extensiven Auslegung des Art. 888 Abs. 2 ZGB. Diese Bestimmung, die eine Ausnahmeregelung enthält, ist eng auszulegen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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