BGE 100 II 134 | |||
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21. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 21. Mai 1974 i.S. Müller und Mitbeteiligte gegen Kanton Obwalden. | |
Regeste |
Direktprozess. Werkhaftung. |
Art. 59 OR. Anspruch des Grundeigentümers auf Anordnung sichernder Massnahmen gegen drohenden Schaden infolge mangelhafter Anlage der unter der Strasse bestehenden Durchlässe für Wildbäche (Erw. 6). | |
Sachverhalt | |
A.- Robert Burch-Grimm hatte am 10. Januar 1941 das landwirtschaftliche Heimwesen "Schwendiboden" von 31 044 m2 in Giswil erworben. Es liegt an der Brünigstrasse und wird durch diese in zwei Parzellen geteilt, eine obere mit Nr. 440 von 11 220 m2 und eine untere mit Nr. 438 von 19 824 m2. Gemäss Vertrag vom 20. Dezember 1967 verkaufte Robert Burch das Wiesland auf Parzelle 440 sowie Wiesland und Scheune auf Parzelle 438 zu je hälftigem Eigentum an Franz Müller-Amschwand und Hermann Bürgi-Gisler. Er behielt das Eigentum am Wohnhaus mit Umschwung auf der Parzelle 438 und liess sich das Recht einräumen, das Land dieser Parzelle "von Jahr zu Jahr gegen eine Entschädigung von Fr. 700.-- jährlich zu nutzen". Hermann Bürgi starb am 30. Dezember 1970. Er hinterliess als Erben die Ehefrau und sechs Kinder.
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B.- Das Heimwesen Schwendiboden befindet sich im Einzugsgebiet der Bäche des Rudenzerberges, die seit Menschengedenken bei Gewittern in grossen Mengen Geschiebe (Steingeröll, Schlamm, Holz, Steinblöcke und dgl.) zu Tal befördern. Zwei dieser Bäche, der sogenannte Leitigraben ("Hinter Schwendibodengraben") und der Deltigraben, verlaufen wenig höher südöstlich der Grundstücke, von den Eckpunkten ca. 50 m bzw. 110 m entfernt. An den für sie angelegten Durchlässen unter der Brünigstrasse kann bei starkem Unwetter sperriges Material Stauungen verursachen und bewirken, dass ausfliessendes Wasser über die dort eine leichte Biegung aufweisende und deswegen im Querprofil talseitig überhöhte Strasse das mitgeführte Geschiebe auf die untere Parzelle des Heimwesens Schwendiboden treibt. Das soll bereits im August 1954, im Juli 1955 und in den Jahren 1959, 1960 und 1963 geschehen sein.
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Im Zusammenhang mit Bauarbeiten an der Brünigstrasse im Jahre 1956 wurden auch Anpassungen am Leitigraben-Durchlass vorgenommen. Robert Burch glaubte, damit hätten sich die Verhältnisse verschlechtert, und machte unter Hinweis auf frühere Schritte mit Schreiben vom 28. März 1957 den kantonalen Baudirektor darauf aufmerksam. Das Baudepartement lehnte am 26. September 1958 jede Haftung ab.
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C.- Am 23. Juni 1970 führte ein heftiges Unwetter zu neuen Überschwemmungen. In bisher nicht gekanntem Ausmass wurden dabei Geröll und Schutt auf die Parzelle 438 und das zum Wohnhaus Burch gehörende Land der beim Verkauf der Liegenschaft ausgesparten Parzelle 1475 getragen. Mit Schreiben vom 7. November 1970 meldeten Robert Burch, Franz Müller und Hermann Bürgi beim Regierungsrat des Kantons Obwalden Haftungsansprüche aus Art. 58 und 59 OR an, verbunden mit der unpräjudizierlichen Anregung, sich gütlich zu einigen. An einer Besprechung vom 19. Februar 1971 wurde vereinbart, den Rechtsstreit gemäss Art. 42 OG vom Bundesgericht als einziger Instanz beurteilen zu lassen.
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D.- Daraufhin klagten am 21. Juni 1971 Franz Müller, die Erben des Hermann Bürgi und Robert Burch gegen den Kanton Obwalden mit den Begehren:
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"1. Der Beklagte sei zu verurteilen den Miteigentümern Franz Müller und Erbengemeinschaft Bürgi je zu 1/2 Fr. 40 000 plus 5% Zins seit dem 23. Juni 1970 zu bezahlen oder evtl. wieviel.
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2. Der Beklagte sei zu verurteilen dem Eigentümer und Pächter R. Burch Fr. 2300.-- plus 5% Zins seit dem 23. Juni 1970 zu bezahlen oder evtl. wieviel.
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3. Der Beklagte sei zu verhalten, zwecks Abwendung der Gefahr für die Streitgenossen, Erbengemeinschaft Bürgi, Franz Müller und Robert Burch, die gemäss Expertise erforderlichen Schutzmassregeln vorzunehmen."
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Sie machen geltend, der Schaden sei durch fehlerhafte Anlage und mangelhaften Unterhalt der Durchlässe des Leiti- und des Deltigrabens unter der Brünigstrasse verursacht worden. Der Kanton als Strasseneigentümer hafte dafür gemäss Art. 58 OR und sei überdies nach Art. 59 OR verpflichtet, die nötigen Vorkehren zur Abwendung künftiger Gefahr zu treffen. Die Kläger 1 und 2 verlangen Fr. 40 000 für Kosten der Räumung und Instandstellung der Parzelle 438 und der Kläger 3 beansprucht Fr. 2300.-- für Nutzungsausfaall in zwei Jahren hinsichtlich der Parzelle 438 (Fr. 1600.--) und des Gartens (Fr. 200.--) sowie für die Kosten der Wiederinstandstellung der Zäune (Fr. 200.--) und des Brunnentroges auf der Parzelle 1475 (Fr. 300.--). In der Hauptverhandlung erweitert der Kläger 3 das Klagebegehren 2 auf Fr. 4100.--, indem er für Nutzungsausfall des Wieslandes und des Gartens für weitere zwei Jahre Fr. 1800.-- verlangt.
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Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, eventuell ihn zu verpflichten, die Parzelle 438 auf eigene Kosten zu säubern und instandzustellen und dem Kläger 3 für die Wiederherstellung der Zäune und des Brunnentroges eine richterlich festzusetzende Entschädigung auszurichten. Er bestreitet, die angeblich fehlerhafte Anlage der Durchlässe und lehnt die Haftung sowohl grundsätzlich und - für den Fall eines Werkmangels - wegen nicht adäquaten Kausalzusammenhanges ab.
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E.- Nach einfachem Schriftenwechsel fanden im Beisein des Sachverständigen in Giswil die Vorbereitungsverhandlung und anschliessend ein Augenschein bei den Grabendurchlässen der Brünigstrasse sowie auf den bis dahin nicht gereinigten Grundstücken der Kläger statt.
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In der Folge holte der Instruktionsrichter vom Sachverständigen ein schriftliches Gutachten ein, das von den Parteien nicht beanstandet wurde und auch dem Gericht keinen Anlass zu Ergänzungen gab.
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Ein Gesuch der Kläger um Erlass einer vorsorglichen Verfügung zur Abwehr drohenden Schadens im Sinne von Art. 79 ff. BZP hat der Instruktionsrichter abgewiesen.
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Aus der Erwägungen: | |
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2. Die Brünigstrasse ist Kantonshauptstrasse und nach Rechtsprechung und Lehre ein Werk im Sinne des Art. 58 OR. Werkcharakter haben auch ihre Bestandteile, wie die eingebauten Durchlässe des Leiti- und des Deltigrabens (BGE 98 II 40, BGE 91 II 484, 487; OFTINGER Haftpflichtrecht II/1 S. 36, 69; KELLER, Haftpflicht im Privatrecht S. 144; GUHL/MERZ/KUMMER, OR S. 193 mit zahlreichen Hinweisen). Eigentümer der Strasse und damit ihrer Durchlässe ist der Beklagte. Er haftet nach Art. 58 OR grundsätzlich für den Schaden, der durch fehlerhafte Anlage oder Herstellung oder durch mangelhaften Unterhalt des Werkes verursacht wird. Gemeint ist damit nicht nur der Schaden an Personen und beweglichen Sachen, sondern auch an den benachbarten Grundstücken (Nrn. 438 und 1475), deren Eigentümer die Kläger sind (BGE 91 II 485 f). Als benachbart (das eben genannte Präjudiz spricht sich darüber nicht näher aus) haben hier neben den direkt anstossenden, entsprechend der allgemeinen Tragweite des Art. 58 OR - der hinsichtlich der Anspruchsberechtigung über Art. 679 ZGB hinausgeht - alle im Bereiche der Schadenswirkung eines Werkmangels liegenden Grundstücke zu gelten (so bereits FRÖLICHER, Die Abgrenzung der Haftung des Werkeigentümers nach Art. 58 OR von der Verantwortlichkeit des Grundeigentümers nach Art. 679 ZGB, Diss. Bern 1950, S. 91 f in Verbindung mit S. 68 f).
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Analog verhält es sich für Art. 59 OR, der Art. 58 OR ergänzt und unter gleichen Haftungsbedingungen einen zusätzlichen Anspruch gibt (BGE 98 II 324).
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Das trifft nicht zu. Nach den Feststellungen des Sachverständigen befinden sich beide Bäche in einem geologisch ähnlichen Einzugsgebiet und weisen oberhalb der Brünigstrasse kein wesentlich verschiedenes Gefälle auf. Dagegen ist der Leitigraben mit einem wesentlich reichlicheren und schwereren Geschiebe befrachtet. Die beiden Durchlässe sind zwar von verschiedener Beschaffenheit, genügen aber für die Ableitung von Murgängen nicht. Ferner steht fest, dass bei den Übersarungen vom 23. Juni 1970 infolge Verstopfung beider Durchlässe das Material des Deltigrabens mindestens teilweise strassenabwärts geflossen sein und sich dort am Geschiebehaufen des Leitigrabens zusätzlich aufgestaut haben dürfte. Der Vertreter des Beklagten gab denn auch beim gerichtlichen Augenschein zu, dass Mur auch aus dem Deltigraben auf die Grundstücke gelangte.
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b) Nach unbestrittener Darstellung des Beklagten wurde die Brünigstrasse von Giswil nach Kaiserstuhl ungefähr im Jahre 1860 mit der heutigen Linienführung als Fahrstrasse erstellt. Im Jahre 1936 sodann wurde diese Strecke - was vorher geschah, ist ungewiss - als Alpenstrasse mit Hilfe von Bundessubventionen und auf Grund eines eidgenössisch genehmigten Projektes ausgebaut sowie der bisherige Durchlass des Leitigrabens etwas verlängert, in den Dimensionen aber nicht verändert. Schliesslich wurde im Jahre 1956 bei örtlichen Arbeiten an der Strasse der Leitigraben-Durchlass umgebaut.
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c) Die Kläger behaupten, durch Umbauarbeiten an der Brünigstrasse im Jahre 1956 sei die Stauungsgefahr an den ohnehin ungenügend dimensionierten Durchlässen erhöht worden. Der Sachverständige stellt indessen fest, dass damals im Bereich der beiden Durchlässe an der Strasse keine baulichen Veränderungen vorgenommen wurden, die den natürlichen Abfluss des Geschiebes beeinträchtigt und damit die Gefahr für die bedrohten Liegenschaften erhöht hätten; dass der Umbau des Leitigrabens eine ganz wesentliche Verbesserung der Durchflussverhältnisse (Durchflusskapazität, Ein- und Auslaufverhältnisse) bewirkt habe und dass der Durchlass des Leitigrabens seit 1936 unverändert blieb, noch heute die ursprünglichen Dimensionen und die ehemals in Natursteinplatten ausgeführte Abdeckung aufweist.
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d) Ferner stellt der Sachverständige fest, dass in bautechnischer und funktioneller Hinsicht die beiden Durchlässe dem freien Wasserablauf genügen, jedoch wegen der allgemein zu kleinen Dimensionierung und der Gefällsbrüche für die Ableitung von Murgängen nicht geeignet sind.
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Das hängt zunächst ab von der Zweckbestimmung des Werkes (BGE 96 II 341, BGE 94 II 153, BGE 91 II 487, BGE 90 II 229; KELLER, a.a.O. S. 147) und ist unter diesem Gesichtspunkte ohne weiteres zu bejahen. Die Durchlässe sind so angelegt, dass sie das Wasser und Geschiebe der Bergbäche nicht ableiten und damit auch den Verkehr auf der Brünigstrasse nicht sichern können.
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Weitere Voraussetzung ist sodann, dass die Vermeidung oder Beseitigung nachträglich entstandener Mängel der Anlage technisch möglich und dem Eigentümer finanziell zumutbar war. Die entsprechenden Kosten müssen in einem vernünftigen Verhältnis stehen zum Schutzinteresse der Benützer des Werkes und zu dessen Zweck (BGE 98 II 43 f, BGE 90 II 231, BGE 66 II 112; OFTINGER, a.a.O. S. 47; KELLER, a.a.O. S. 148 f). Zwar dürfen nach der Rechtsprechung in bezug auf Anlage und Unterhalt von Strassen nicht Anforderungen gestellt werden, die auf einen technischen Höchststand abzielen (vgl. BGE 90 IV 270, BGE 59 II 395, OFTINGER a.a.O. S. 43 und 73). Aber darum geht es hier nicht, sondern um durchaus elementare Schutzvorkehren. Die Brünigstrasse ist eine viel befahrene Alpenstrasse und gilt als Hauptstrasse. Sie ist mit Bezug auf das Trasse bautechnisch richtig angelegt, insbesondere über den fraglichen Durchlässen, und auch in der Linienführung offenbar nicht zu beanstanden. Aber sie führt zwischen Giswil und Kaiserstuhl durch ein mit Wildbachläufen durchzogenes Gebiet und ist deswegen natürlichen Gefahren ausgesetzt. Zudem schafft sie durch den künstlichen Eingriff in den freien Ablauf der Bäche, den ihre Anlage darstellt, zusätzliche Gefahren nicht nur für den Verkehr, sondern auch für das umliegende Gelände. Der Beklagte hat selber eingesehen, dass für Abhilfe der bestehenden Gefahren gesorgt werden muss, auch wenn er eine entsprechende Rechtspflicht bestreitet.
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Nach dem Sachverständigen fallen grundsätzlich zwei Arten von Sicherungsmassnahmen in Betracht, die darin bestehen, entweder das "Zustandekommen von Murgängen grösseren... Umfanges an der Wurzel zu unterbinden" bzw. auftretende Murgänge vor dem Erreichen der Durchlässe an der Strasse abzufangen (Variante 1) oder durch bauliche Veränderungen der Strassenkreuzung (Über- oder Unterführungen) den ungehinderten Abfluss der Murgänge zu gewährleisten (Variante 2). Der Experte schildert und beurteilt im Rahmen der beiden Varianten 6 verschiedene Möglichkeiten, die Brünigstrasse und deren Durchlässe als Ursachen für die eingetretenen Schäden auszuschalten. Dabei lehnt er die Erstellung von Galerien über der Strasse (Variante 2a), die Hebung der Brünigstrasse (Variante 2ba), die Vertiefung der Durchlasssohlen (Variante 2bb) aus überzeugenden wasser- und strassenbautechnischen Gründen ab. Dagegen erachtet er als durchführbare und wirksame Massnahmen die Gewässerverbauung (Variante 1a) mit einem Kostenaufwand von ca. 1,5 - 1,7 Mio Franken pro Graben, die Erstellung von Geschiebesammlern unmittelbar oberhalb der Durchlässe mit einem Aufwand von ca. Fr. 170 000.-- pro Anlage, Erschliessung inbegriffen (Variante 1b) und endlich die seitliche Verschiebung der Brünigstrasse aus dem Hang hinaus über eigens erstellte Brücken (unter welchen die Rüfengänge ohne Behinderung durchfluten und sich auf dem Schuttkegel ablagern könnten) mit einem Aufwand von 3,l Mio Franken für den Bereich des Leiti- und des Deltigrabens und weiteren Kosten von 0,8 Mio Franken für die Mitberücksichtigung des Rütigrabens (Kostenberechnungen auf Preisbasis 1972). Der Beklagte hätte die eine oder andere vom Experten als tauglich erachtete Massnahme schon beim Ausbau der Brünigstrasse treffen können. Er hat nunmehr für die Verschiebung der Brünigstrasse ein Projekt erstellt und berechnet, kann es aber nach seiner Darstellung in der Klageantwortschrift nicht ausführen, weil die erforderlichen Mittel angesichts der angespannten Finanzlage und dringlicherer öffentlicher Aufgaben nicht zu beschaffen seien. Dieses Argument gilt nicht bloss für die heutige Lage, sondern hätte auch beim Ausbau der Brünigstrasse in der Krisenzeit anerkannt werden müssen. Denn schon damals wäre es, wenn auch bei tieferen Ansätzen, um einen namhaften Mehraufwand gegangen, der jedenfalls dann nicht geboten war, wenn dem Beklagten eine billigere Lösung offen stand. Eine solche hätte im Einbau einer Geschiebesammler-Anlage bestanden; sie wäre nicht nur objektiv angezeigt und zur Gewährleistung der rechtlichen Mängelfreiheit geeignet, sondern dem Beklagten finanziell auch zumutbar gewesen.
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Der Beklagte behauptet, das Unwetter vom 23. Juni 1970 sei eine eigentliche Naturkatastrophe im Sinne höherer Gewalt gewesen. Dieser Einwand trifft jedoch nicht zu. Gewitter mit wolkenbruchartigen Regenfällen in der warmen Jahreszeit sind hier, insbesondere in Berggegenden, nicht so aussergewöhnlich, dass mit ihnen nicht gerechnet werden muss (vgl. BGE 91 II 487 E. 8). Der Experte stellt denn auch fest, dass rasch abfliessende Hochwasser und grosse Murgänge bei starken Niederschlägen eine normale Folge der Lage und der Geologie des Einzugsgebietes der beiden Bäche seien. Beim derzeitigen Zustand der Durchlässe an der Strasse bedurfte es ohnehin keiner Naturkatastrophe für die Verursachung von Stauungen und Übersarungen. Dass am 23. Juni 1970 mehr Geschiebe auf die Grundstücke der Kläger gelangte als bei früheren Ablagerungen, braucht nicht allein mit der Heftigkeit des Unwetters zusammenzuhangen, sondern kann auch auf Zufall, wie früherer oder dichterer Verstopfung der Durchlässe, beruhen. Jedenfalls ist nicht erwiesen, dass der fragliche Murgang das durch die naturgegebenen Verhältnisse an den Bächen bestimmte Ausmass überschritten hat. Das kann umsoweniger angenommen werden, als die Kenntnis und Erfahrung der Parteien über das Verhalten der beiden Bäche bloss wenige Jahrzehnte zurückreichen, während Rüfengänge im fraglichen Gebiet offenbar seit Jahrtausenden vorkommen und auch nach dem Ereignis vom 23. Juni 1970 solange in Betracht zu ziehen sind, als keine Sanierungsmassnahmen getroffen werden.
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b) Der Beklagte hat sich im Eventualstandpunkt zum Klagebegehren 1 bereit erklärt, die den Klägern 1 und 2 gehörende Parzelle 438 auf eigene Kosten selber zu säubern und instandzustellen.
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Nach Art. 43 Abs. 1 OR bestimmt der Richter Art und Umfang des Schadenersatzes. Die Kläger 1 und 2 stellen eine Forderung von Fr. 40 000.--, um die Kosten der Räumung und Instandstellung der Parzelle 438 zu decken. Dieser Aufwand entsteht ihnen nicht, wenn der Beklagte die erforderlichen Arbeiten selber ausführt. Sie erhalten also das, was ihnen zukommt. Es besteht demnach kein Grund, ihnen Geldersatz zuzusprechen, statt den Beklagten gemäss Eventualantrag zu verpflichten. Unter diesen Umständen wird das Begehren der Kläger, den Schaden zu begutachten, gegenstandslos.
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c) (Ausführungen über die Anerkennung des nachträglich erweiterten Klagebegehrens 2).
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d) Die Kläger sind unter den geschilderten Verhältnissen mit weiterem Schaden bedroht. Sie haben daher gemäss Klagebegehren 3 Anspruch auf Anordnung sichernder Massnahmen (vgl. dazu E. 4) Unter diesem Gesichtspunkt ist der Einbau von Geschiebesammlern in angepasster Grösse oberhalb der Durchlässe des Leiti- und des Deltigrabens als zweckmässig und genügend zu erachten. Der vom Experten als "wünschbar" bezeichnete Ausbau des Deltigraben-Durchlasses ist der Aufmerksamkeit des Beklagten zu empfehlen, scheint aber, da jener Durchlass im Vergleich zum Leitigraben-Durchlass für die Grundstücke der Kläger ohnehin eine geringere Bedrohung darstellt, nicht unmittelbar geboten. Der finanzielle Aufwand für die Erstellung der Sammler, ihre periodische Entleerung und den Abtransport des Materials ist dem Beklagten umsomehr zuzumuten, als die fragliche Massnahme auch der Sicherung des Verkehrs auf der Brünigstrasse dient. Die entsprechenden Kosten dürften auch in einem vernünftigen Verhältnis stehen zum Aufwand, den der Beklagte im Laufe der Jahre für die Behebung eigenen und fremden Schadens zu tragen hätte, wenn nicht für Abhilfe des bestehenden Zustandes gesorgt würde. Die Ausführung der Anlage sollte, wie eine mündliche Rückfrage des Instruktionsrichters beim Experten ergeben hat, etwa drei Monate beanspruchen, jedoch vorzugsweise in einer Jahreszeit, da wenig Wasser anfällt, d.h. im Herbst erfolgen, so dass ab heute mit sechs Monaten zu rechnen ist.
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Anderseits ist nicht schlechthin auszuschliessen, dass der Beklagte im Rahmen eines umfassenderen Projektes und allenfalls im Einvernehmen mit der Gemeinde Giswil eine andere Lösung, wie beispielsweise den Gewässerausbau, vorzöge. Das kann durch entsprechende Fassung des Urteilsspruchs vorbehalten werden, wobei zu beachten ist, dass der Zeitaufwand grösser wäre, daher die genannte Frist für Planung des Projektes und Beginn der Arbeiten zu gelten hätte.
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Die Klage wird dahin gutgeheissen, dass der Beklagte verpflichtet wird,
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a) die im Eigentum der Kläger 1 und 2 stehende Parzelle Nr. 438 in Giswil auf eigene Kosten zu säubern und instandzustellen;
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b) dem Kläger 3 fr. 4100.-- nebst 5% Zins ab 23. Juni 1970 zu bezahlen;
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c) zur Abwendung des den Klägern drohenden Schadens bei den Druchlässen des Leiti- und des Deltigrabens an der Brünigstrasse grössenmässig angepasste Geschiebesammler mit den nötigen Zufahrten binnen sechs Monaten zu erstellen und in der Folge zu unterhalten oder innert der gleichen Frist eine andere im Sinne der Erwägungen geeignete Sicherungsmassnahme zu planen und anhandzunehmen.
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