BGE 100 II 384 | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
58. Urteil der I. Zivilabteilung vom 9. Juli 1974 i.S. Dürst-Wismer gegen Liegenschaften und Beteiligungen AG. | |
Regeste |
Aktienrecht. Anfechtung eines Generalversammlungsbeschlusses. |
Art. 648 und 649 OR. Ein Vertrag, der eine Gesellschaft dem Wesen und der Organisation nach verändert sowie ihren Geschäftsbereich ausdehnt und verengt, muss der Generalversammlung zur Beschlussfassung unterbreitet werden (Erw. 2 b). Ein Generalversammlungsbeschluss darf vom Richter nicht auf seine Angemessenheit hin überprüft werden (Bestätigung der Rechtsprechung; Erw. 3). |
Art. 646 und 660 OR. Das Recht des Aktionärs auf Anteil am Reingewinn wird nicht verletzt, wenn die Gesellschaft aus sachlichen Gründen eine Geschäftspolitik betreibt, die nur auf lange Sicht gewinnbringend ist (Erw. 4). | |
Sachverhalt | |
A.- Die am 29. Juni 1970 in Zürich durchgeführte ausserordentliche Generalversammlung der FABAG Fachschriften-Verlag und Buchdruckerei AG beschloss mit 5956 gegen 1081 Stimmen die Genehmigung des sogenannten "Fusions"-Vertrages mit der Druckerei Winterthur AG vom 22. Mai 1970; mit 6030 gegen 1007 Stimmen die Änderung des Gesellschaftsnamens in "Liegenschaften und Beteiligungen AG"; die Änderung der Gesellschaftsstatuten wie folgt:
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"Art. 1
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Unter der Firma 'Liegenschaften und Beteiligungen AG' besteht In Zürich und auf unbeschränkte Dauer eine Aktiengesellschaft. Die Gesellschaft kann durch Beschluss des Verwaltungsrates Zweigniederlassungen und Agenturen im In- und Ausland errichten.
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Art. 2
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Zweck der Gesellschaft ist der Erwerb, die Verwaltung und Veräusserung von Liegenschaften und Beteiligungen an andern Unternehmungen.
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Die Gesellschaft kann alle mit dem Gesellschaftszweck direkt oder indirekt zusammenhängenden Geschäfte tätigen."
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Der genannte "Fusions"-Vertrag bestimmte u.a.:
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die Parteien vereinbaren einen wirtschaftlichen Zusammenschluss in der Weise, dass die Buchdruckerei Winterthur AG den Betrieb, den Verlag und drei Beteiligungen - nicht jedoch die übrigen Aktiven und Passiven - der FABAG übernimmt, gemäss Übernahmebilanz vom 1. Januar 1970, nach der sich ein Übernahmepreis von Fr. 600 000.-- ergibt;
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über diese Sacheinlage hinaus zeichnet die FABAG anlässlich der Kapitalerhöhung der Druckerei Winterthur und liberiert sie in bar den Betrag von Fr. 3 000 000.-- für die Übernahme von Aktien im Nominalwert von Fr. 3 000 000.--;
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die gesamten Sach- und Bareinlagen der FABAG werden im Verhältnis zum Saldo aus Aktiven und Passiven der Druckerei Winterthur mit 55% bewertet, und dementsprechend werden der FABAG als Gegenleistung Fr. 3 600 000.-- des nominellen Aktienkapitals von Fr. 6 600 000.-- der zusammengelegten Unternehmung überlassen; die FABAG bleibt bestehen als Verwaltungsgesellschaft für Immobilien und Beteiligungen;
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die Druckerei Winterthur ändert ihren Firmennamen in "FABAG und Druckerei Winterthur AG, Druckerei- und Verlagsunternehmungen";
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nach der Unterzeichnung des Vertrages berufen die beiden fusionierenden Unternehmen auf einen Termin bis Ende Juni 1970 ausserordentliche Generalversammlungen ein. denen die wirtschaftliche Fusion auf Grundlage des Vertrages zur Genehmigung vorgelegt wird;
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der Vertrag ist nur gültig. sofern die ausserordentlichen Generalversammlungen der beiden Unternehmungen die entsprechenden Beschlüsse fassen.
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B.- Frau Frieda Dürst, Nutzniesserin von 127 Stammaktien und 865 Prioritätsaktien der FABAG, liess sich in der ausserordentlichen Generalversammlung vom 29. Juni 1970 durch Hansjürg Lenhard vertreten, der seinerseits Dr. H. Egli zur Vertretung einer Stammaktie ermächtigte. Beide stimmten gegen die Genehmigung des Fusionsvertrages.
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C.- Am 27. August 1970 reichte Frau Dürst gegen die Liegenschaften und Beteiligungen AG eine Klage ein. Sie beantragte, "die Beschlüsse der ausserordentlichen Generalversammlung der FABAG Fachschriften-Verlag und Buchdruckerei AG, Zürich, vom 29. Juni 1970 betr. Zusammenarbeit und Beteiligung an der Druckerei Winterthur AG aufzuheben". Die Klage wurde von den Gerichten des Kantons Zürich, vom Obergericht mit Urteil vom 28. Januar 1974, abgewiesen.
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D.- Die Klägerin legte Berufung an das Bundesgericht ein. Sie beantragt, das Urteil des Obergerichts aufzuheben, die Klage (soweit sie die Genehmigung des Fusionsvertrages durch den Generalbersammlungsbeschluss betrifft) gutzuheissen, eventuell die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Die Beklagte schliesst auf Bestätigung des angefochtenen Entscheides.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Nach Art. 706 Abs. 1 OR können Beschlüsse der Generalversammlung einer Aktiengesellschaft, die gegen das Gesetz oder die Statuten verstossen, von jedem Aktionär beim Richter angefochten werden. Dabei gilt als Gesetzesverletzung auch der Verstoss gegen einen allgemeinen ungeschriebenen Grundsatz des Aktienrechts (BGE 95 II 162). Die Klägerin verlangt die Aufhebung des Beschlusses der ausserordentlichen Generalversammlung der FABAG über die Genehmigung des Fusionsvertrages mit der Druckerei Winterthur AG aus formellen und materiellen Gründen, nämlich mangels Zuständigkeit sowie wegen Unsachlichkeit und Missachtung des Anspruchs der Aktionäre auf gewinnbringende Geschäftsführung. Nichtigkeit des Beschlusses macht sie - sowenig wie im kantonalen Verfahren auch vor Bundesgericht nicht geltend. Wäre sie erfüllt, so müsste sie allerdings von Amtes wegen beachtet werden. Indessen liegt ein Sachverhalt, der Nichtigkeit bewirken könnte (vgl. BÜRGI, N. 8 ff. zu Art. 706 OR; SCHUCANY, N. 2 zu Art. 706 OR, VON STElGER, Das Recht der Aktiengesellschaft, 4. Aufl., S. 204). im vorneherein nicht vor.
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a) Das Obergericht geht von der Annahme aus, die Verwaltung sei an sich zu selbständiger Entscheidung befugt gewesen. Es betrachtet aber diese Zuständigkeit nicht als ausschliesslich, sondern anerkennt, dass die Verwaltung berechtigt war, die Genehmigung der Generalversammlung vorzubehalten und einzuholen.
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Das Gesetz (Art. 698 OR) und auch die Statuten der FABAG (Art. 9) bezeichnen die Generalversammlung als oberstes Organ der Gesellschaft. Art. 698 OR weist der Generalversammlung eine Reihe unübertragbarer Befugnisse zu. So hat sie insbesondere die Statuten aufzustellen und abzuändern, die Verwaltung und Kontrollstelle zu wählen und abzuberufen, der Verwaltung Entlastung zu erteilen, mithin Aufgaben zu erfüllen, die an der grundsätzlichen Rangordnung der Gesellschaftsorgane keinen Zweifel aufkommen lassen (vgl. BÜRGI, N. 2 zu Art. 698 sowie N. 10, 11, 12 und 16 zu Art. 721 OR; VON STElGER, a.a.O., S. 1 Bl). Daran ändert der Hinweis der Klägerin auf BGE 78 II 375, wo von der "Gleichstellung der Gesellschaftsorgane" die Rede ist, nichts. Die Organe der Aktiengesellschaft sind einander nur relativ, d.h. je mit Bezug auf die ihnen zugewiesenen Kompetenzbereiche gleichgestellt.
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Der Verwaltung obliegen die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft. Ihre Rechte und Pflichten richten sich nach Gesetz, Statuten, Reglementen und Generalversammlungsbeschlüssen (Art. 712 ff., 717 ff., 721 ff. OR; BÜRGI, N. 16 zu Art. 721 OR). Der Klägerin ist darin zuzustimmen - und das verkennt auch das Obergericht nicht -, dass die Verwaltung die ihr zugewiesenen Befugnisse, soweit überhaupt, nur an ihr unterstellte Organe, nicht an die ihr übergeordnete Generalversammlung "delegieren" kann (betreffend Übertragbarkeit der Verwaltungstätigkeit, vgl. SCHUCANY, N. 1 zu Art. 707 OR; BÜRGI, N. 15 zu Art. 712 OR). Aber darum geht es nicht und ebensowenig um einen Eingriff der Generalversammlung in Kompetenzen der Verwaltung. Zu beurteilen ist vielmehr, ob das vom Obergericht der Verwaltungstätigkeit im weitern Sinne zugerechnete Sachgeschäft von der Generalversammlung behandelt werden durfte. Es liegt in der Natur der aktienrechtlichen Organisation, dass die mit Wahl-, Entlassungs-, Prüfungs- und Entlastungsrechten ausgestattete Generalversammlung (Art. 698, 705 OR) durch richtungweisende Beschlüsse und Weisungen in die grundsätzlich der Verwaltung zustehende Geschäftsführung und Vertretung eingreifen kann (BÜRGI, N. 16 zu Art. 721 OR, VON STElGER, a.a.O., S. 218). Anderseits war im vorliegenden Fall die Verwaltung der FABAG berechtigt, die Generalversammlung einzuberufen und ihr Anträge zu unterbreiten (Art. 9 und 19 der Statuten). Sie durfte daher von sich aus die Generalversammlung um Erlass bestimmter Anordnungen oder richtungweisender Beschlüsse ersuchen oder ihr - wie hier - ein von ihr vorbereitetes wichtiges Geschäft zur Beschlussfassung unterbreiten, für das sie auf Grund der ordentlichen Rechenschatfspflicht ohnehin einzustehen hatte. Dazu kommt, dass der Beteiligungsvertrag selber als Gültigkeitserfordernis die Genehmigung durch die ausserordentlichen Generalversammlungen der beiden Unternehmen vorsieht. Die Generalversammlung wurde dadurch weder vor vollendete Tatsachen gestellt noch in eine Zwangslage versetzt. Sie hätte die Genehmigung verweigern oder auf den Antrag nicht eintreten können, ohne dass deswegen irgendwelche Schadenersatzansprüche entstanden wären. Indem sie statt dessen den Vertrag genehmigte, entzog sie nicht eigenmächtig der Verwaltung die Geschäftsführung und Vertretung, sondern handelte auf deren Ersuchen, was zulässig ist (vgl. BGE 83 II 64). Die Ansicht der Klägerin, das der Generalversammlung vorgelegte Geschäft hätte, um wirksam zu sein, von allen Aktionären gutgeheissen werden müssen, hält nicht stand. Die Generalversammlung beschliesst mit der absoluten Mehrheit der vertretenen Aktienstimmen, soweit nicht Gesetz oder Statuten es anders bestimmen, was hier nicht zutrifft (Art. 703 OR; BGE 99 II 59, 62, BGE 95 II 163). Zudem verkennt die Klägerin, dass der fragliche Beschluss nach Art. 706 OR auch insoweit nicht angefochten werden kann, als er auf einem Sachverhalt beruht, der Anlass zu einer Verantwortlichkeitsklage geben kann (BGE 92 II 246). Bleibt aber dem einzelnen Aktionär das Recht zur Erhebung einer solchen Klage gewahrt, so besteht kein Raum für die Behauptung der Klägerin der angefochtene Beschluss verstosse gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, da er den Mitgliedern der Verwaltung durch den "Ausschluss ihrer Verantwortung Vorteile" verschaffe und damit gegen die Interessen der Gesellschaft verstosse. Sodann übersieht die Klägerin, dass die Zuständigkeit der Generalversammlung weder von einer in der Berufungsschrift nicht näher umschriebenen "Interessenlage" noch von der Stimmkraft der Mitglieder der Verwaltung abhängt. Diese durften ihr Stimmrecht in der Generalversammlung ausüben und sich für die Genehmigung des Vertrages aussprechen, ob sie die Aktienmehrheit besassen oder nicht. Sie hätten von Gesetzes wegen sich bloss dann nicht an der Abstimmung beteiligen dürfen, wenn es um ihre Entlastung gegangen wäre (Art. 695 OR). Der von der Klägerin erhobene Vorwurf des Rechtsmissbrauchs beruht auf der unzutreffenden Annahme, durch den Generalversammlungsbeschluss sei die aktienrechtliche Verantwortung der Verwaltung ausgeschlossen worden. Im übrigen übten die Mitglieder der Verwaltung ihr Stimmrecht nicht schon dann missbräuchlich aus, wenn sie - allenfalls - ihre eigenen Interessen jenen der Gesellschaft oder einer Minderheit von Aktionären voranstellten (vgl. BGE 99 II 62 mit Hinweisen). Es bleibt somit dabei, dass der angefochtene Beschluss selbst unter Voraussetzung primärer Entscheidungskompetenz der Verwaltung nicht gegen die aktienrechtliche Zuständigkeitsordnung verstiess.
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Das Obergericht hält im Gegensatz zum Bezirksgericht dafür, dass Art. 649 OR nicht anwendbar, die Generalversammlung also nicht zwingend zuständig gewesen sei. Es erklärt, das Bezirksgericht habe unter dem Gesichtspunkt des Art. 649 OR nicht unterschieden zwischen der Änderung der Firma und ihres Zweckes einerseits und der Beteiligung an der Buchdruckerei Winterthur anderseits. Angefochten sei nur der Beschluss über die Beteiligung der FABAG. Beteiligungen seien aber nach den alten Statuten (Art. 2 Abs. 2) im Gesellschaftszweck erwähnt gewesen und in die Zuständigkeit der Verwaltung (Art. 19 der Statuten) gefallen, wenn es sich nicht um die Vereinigung mit andern Unternehmungen gehandelt habe. Eine Fusion nach Art. 748 ff. OR liege nicht vor, da die Beklagte und die Buchdruckerei Winterthur AG als selbständige juristische Personen weiter bestanden hätten.
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Das Obergericht übersieht, dass Art. 649 OR einen Generalversammlungsbeschluss nicht bloss für die Fusion nach Art. 748 ff. OR, sondern auch für andere Tatbestände, wie z.B. Verengerung und Erweiterung des Gesellschaftszweckes zwingend vorsieht. Beteiligungen waren nach den Statuten der FABAG zwar zulässig, aber nicht als Gesellschaftszweck, sondern nur als Mittel dazu. Nach Art. 2 Abs. 1 der Statuten bildete "Gegenstand und Zweck des Unternehmens ... die Herausgabe und die pachtweise Übernahme von Fachzeitschriften und anderen Verlagswerken aller Art, sowie der Betrieb einer Buch- und Kunstdruckerei und einer Tiefdruckanstalt". Art. 2 Abs. 2 der Statuten bestimmte sodann, dass sich die Gesellschaft "zur Durchführung des Gesellschaftszweckes" u.a. auch "an anderen Unternehmungen ihrer Branche in irgendwelcher Form beteiligen" konnte. Erst im neuen Art. 2 Abs. 1 der Statuten wurden Beteiligungen zum eigentlichen Gesellschaftszweck erhoben. Daran geht die Stellungnahme des Obergerichts zur Anschauung des Bezirksgerichts vorbei. Die Beteiligung, mit dem Inhalt und den Wirkungen des Fusionsvertrages, wurde durch den Gesellschaftszweck der FABAG nicht gedeckt, sondern sie lief ihm zuwider. Zuzustimmen ist daher der Ansicht des Bezirksgerichtes, dass der Fusionsvertrag über eine blosse Beteiligung gemäss Art. 2 der ursprünglichen Statuten weit hinausging, indem er die Gesellschaft dem Wesen und der Organisation nach (Umwandlung der Betriebsgesellschaft in eine Verwaltungs- und Holdinggesellschaft) veränderte und ihren Geschäftsbereich sowohl ausdehnte wie verengte. Damit ist - dies im Unterschied zur Ansicht des Bezirksgerichts - nicht bloss fraglich, sondern als erwiesen zu betrachten, dass durch den Vertrag auch der Gesellschaftszweck verändert werden sollte. Die Generalversammlung ist somit nach Art. 648 und 649 OR zwingend zur Beschlussfassung zuständig gewesen. Sie hat über die Genehmigung des Fusionsvertrages zu Recht und mit erforderlicher Mehrheit, nämlich einem Stimmenverhältnis von 6:1 entschieden.
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Im übrigen hat sie als ausschliesslich zuständiges Organ die Statutenänderung beschlossen. Diese setzte den Fusionsvertrag nicht nur voraus, sondern war durch ihn bedingt. Ihre Gutheissung durch die Generalversammlung schloss daher zwangsläufig die Genehmigung des Vertrages ein. Sie ist, da sie ebenfalls mit einem Stimmenverhältnis von 6:1 zustande kam, auch insoweit als gültig zu betrachten. Die Klägerin hat diesen Beschluss nicht angefochten, so dass der Streit um die Zuständigkeit der Generalversammlung überhaupt gegenstandslos wird. Unter solchen Umständen braucht auf die Argumentation der Beklagten, die Klägerin habe das Anfechtungsrecht verwirkt, nicht eingetreten zu werden.
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a) Die Vorinstanz führt aus, die Klägerin gebe zu, dass Unzweckmässigkeit oder Unangemessenheit keine Anfechtungsgründe seien. Die Klägerin rügt diese Feststellung als "aktenwidrig".
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Massgebend ist indessen nur ein offensichtliches Versehen (Art. 55 Abs. 1 lit. d und 63 Abs. 3 OG). Ein solches wäre, auch wenn es vorläge, unerheblich, da die Klägerin in der Berufung bestätigt, sie habe sich im kantonalen Verfahren auf Unsachlichkeit des Beschlusses berufen.
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Das Obergericht stellt - unter dem Gesichtspunkt des streitigen Anfechtungsgrundes - fest die Verwaltung habe den Maschinenpark der Beklagten als veraltet angesehen und eine Modernisierung als ausserhalb ihrer finanziellen Möglichkeiten liegend erachtet; der Antrag sei ferner damit begründet worden, dass der moderne Maschinenpark der Buchdruckerei Winterthur AG nicht ausgelastet und es daher sinnlos sei, dass die Beklagte einen gleichen Maschinenpark anschaffe auf die Gefahr hin, dass danach beide Betriebe nicht mehr ausgelastet wären.
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Die Beklagte beanstandet auch diese Feststellung des Obergerichts als "aktenwidrig". Ein offensichtliches Versehen, das, wie erwähnt, allein beachtlich ist, liegt nicht vor. Das Obergericht berücksichtigt nicht bloss das von der Beklagten erwähnte Protokoll der Generalversammlung, sondern stützt sich auf weitere Aktenstücke, die alle zusammen mit der angefochtenen Feststellung zwar nicht wörtlich, aber dem Sinne nach übereinstimmen.
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b) Das Obergericht hält die im Urteil wiedergegebenen Überlegungen des Verwaltungsrates der Beklagten, welche die Grundlage jedes Konzentrationsprozesses in der Wirtschaft bilden, nicht für unvernünftig. Diese Würdigung lässt nach Auffassung der Klägerin ausser acht, zu welchen Bedingungen die Beteiligung eingegangen worden sei und welchen Einfluss sie auf Vermögen und Ertrag der Gesellschaft gehabt habe. Ihre Behauptungen, die Prüfung dieser umstände hätte ergeben, dass der angefochtene Beschluss sachlich nicht zu rechtfertigen gewesen sei, was die seitherige Entwicklung zeige, sind in keiner Weise belegt. Die Beklagte beruft sich für ihren Standpunkt nicht auf konkrete Vorbringen und Beweisanträge im kantonalen Verfahren, auf welche die Vorinstanz in Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften nicht abgestellt habe. Aus dem Protokoll der Generalversammlung geht hervor, dass die Gründe sowie die Vor- und Nachteile des teilweisen Zusammenschlusses erörtert worden sind. Es bietet sowenig wie der Beteiligungsvertrag einen Anhalt für die Einwände der Klägerin. Es bleibt demnach bei der Feststellung des Obergerichtes, der angefochtene Beschluss sei allgemein als im Interesse der Beklagten liegend betrachtet, und es seien insbesondere keinerlei Sonderinteressen einer Aktionärgruppe verfolgt worden. In der Tat will die Beklagte mit der Berufung - wie schon im kantonalen Verfahren - unter dem Deckmantel der Unsachlichkeit - den Generalversammlungsbeschluss auf seine Angemessenheit und Zweckmässigkeit hin überprüfen lassen, was nicht zulässig ist (BGE 99 II 62, BGE 95 II 163 ff., BGE 93 II 403, 405, BGE 91 II 310).
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Nach Art. 646 und 660 OR hat der Aktionär ein wohlerworbenes Recht auf Anteil am Reingewinn. Er hat demnach Anspruch darauf, dass die Gesellschaft sich bestrebt, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln Gewinne zu erzielen. Dieses Recht des Aktionärs wird indessen durch das weitgehende Ermessen der Gesellschaft, welche neben der Gewinnerzielung auch andere Interessen (z.B. Existenzsicherung der Arbeitnehmer, Investitionen) wahrzunehmen hat, eingeschränkt. Der einzelne Aktionär muss sich demnach damit abfinden, dass die Gesellschaft (nach dem Willen der Mehrheit der Aktionäre) aus sachlichen Gründen eine Gesellschaftspolitik betreibt, die nur auf lange Sicht gewinnbringend ist (vgl. BÜRGI, N. 11-13 zu Art. 660/61 OR). Das Obergericht stellt unangefochten fest, dass von der Klägerin nicht behauptet worden sei, die Beklagte habe das Streben nach Gewinn aufgegeben; sie sehe bloss im Beteiligungsvertrag eine Gefahr, dass inskünftig die Druckerei weniger oder keinen Gewinn abwerfe. Darin liegt nach zutreffender Ansicht des Obergerichtes kein Anfechtungsgrund, auch wenn die Klägerin nach der bisherigen Entwicklung Recht gehabt hat und weiterhin Recht haben sollte. Ist nämlich zu unterstellen, die Beklagte habe mit der Absicht auf Gewinnerzielung gehandelt, so stellt sich die Frage nicht, ob die mit dem Beteiligungsbeschluss verfolgte Geschäftspolitik nach den gegebenen Umständen sachlich gerechtfertigt war.
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Die Klägerin ficht die vom Obergericht angeführten Gründe über die Beteiligung der Beklagten an der Druckerei Winterthur AG auch hier als aktenwidrig an. Die Rüge ist, wie dargelegt (vgl. Erw. 4), unbegründet.
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Ferner wirft die Klägerin der Vorinstanz vor, sie habe ohne entsprechende Behauptung der Beklagten und damit in Verletzung von Art. 8 ZGB als erwiesen angenommen, dass der finanzielle Niedergang der Buchdruckerei Winterthur AG im Zeitpunkt der Beschlussfassung in keiner Weise erkennbar gewesen sei; dass die Entwicklung ebensogut aufwärts wie abwärts hätte verlaufen können. Auch dieser Einwand trifft nicht zu. Die beanstandete Stelle des Urteils enthält, wie sich aus dem Zusammenhang der Begründung ergibt, keine Feststellung, sondern eine Würdigung von Tatsachen. Das Obergericht zieht nämlich aus den Erläuterungen des Verwaltungsrates in der Generalversammlung den Schluss, die Beklagte habe mit der Beteiligung ein eigenes Risiko vermeiden wollen; es sei also durchaus nicht die Absicht der Verwaltung und der Aktionärmehrheit gewesen, die Gewinnerzielung aufzugeben, sondern gegenteils die Möglichkeiten dafür zu erhalten; unbestreitbar sei damit ein spekulatives Element in die Betriebspolitik hineingetragen worden; doch sei ein finanzieller Niedergang im Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht erkennbar und die gegenteilige Entwicklung der Beklagten möglich gewesen. Das durfte das Obergericht nach den konkreten Gegebenheiten auch ohne dahingehende Parteibehauptung folgern. Bleibt es demnach bei seiner Erwägung, so verstösst auch seine weitere Überlegung nicht gegen Bundesrecht, der Beschluss der Mehrheit liege im Rahmen dessen, was im Geschäftsbetrieb einer Aktiengesellschaft zulässig sei.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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