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3. Urteil der II. Zivilabteilung vom 20. März 1975 i.S. Burri. | |
Regeste |
Adoption Mündiger; Art. 266 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB. | |
Sachverhalt | |
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B.- Mit Eingabe vom 1. August 1974 stellte Agatha Burri gestützt auf Art. 266 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB beim Regierungsstatthalter des Amtes Luzern das Gesuch, es sei ihr zu bewilligen, Franziska Karli, die sie während fünf Jahren gepflegt habe, zu adoptieren. Der Regierungsstatthalter wies das Gesuch am 4. Oktober 1974 ab. Hiegegen führte die Gesuchstellerin Verwaltungsbeschwerde an den Regierungsrat des Kantons ![]() | 2 |
C.- Mit der vorliegenden Berufung ans Bundesgericht beantragt die Gesuchstellerin, der Entscheid des Regierungsrates sei aufzuheben und das Adoptionsgesuch gutzuheissen. Sie macht geltend, bei der Gebrechlichenadoption im Sinne von Art. 266 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB sei keine Hausgemeinschaft zwischen Adoptiveltern und Adoptivkind erforderlich, und sie rügt als Verletzung von Art. 8 ZGB, dass sie zum Beweis der Hilfsbedürftigkeit der zu Adoptierenden und des Pflegeverhältnisses nicht zugelassen worden sei.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Wie in BGE 101 II 5 E. 3 ausgeführt wurde, war bei der Revision des Adoptionsrechts umstritten, ob die Adoption Mündiger, die in verschiedenen Rechtsordnungen grundsätzlich ausgeschlossen ist (Botschaft des Bundesrates vom 12. Mai 1971, BBl 1971 I 1223), überhaupt zugelassen werden sollte. Nach der heute herrschenden Auffassung besteht der Sinn der Adoption darin, einem elternlosen Kind die Erziehung in einer Familie zu ermöglichen und zugleich kinderlosen Eltern das Erlebnis der Elternschaft zugänglich zu machen (HEGNAUER, N. 9 der Einleitung zu Art. 264 ff. n. F. ZGB). Dieser Sinn entfällt bei der Erwachsenenadoption (HEGNAUER, N. 3 zu Art. 266 n. F. ZGB). Aus diesem Grund wurde die Adoption Mündiger nur ausnahmsweise zugelassen, nämlich dann, wenn eine der Unmündigenadoption vergleichbare Situation besteht und sich deshalb die Herstellung eines ehelichen Kindesverhältnisses rechtfertigt (Botschaft des Bundesrates, a.a.O.). Im Laufe der parlamentarischen Beratungen wurde der Ausnahmecharakter der Erwachsenenadoption mehrfach hervorgehoben, und es wurde betont, dass diese nur dann gestattet sein sollte, wenn besondere, mit der Adoption von Unmündigen vergleichbare Verhältnisse vorliegen (Amtl. ![]() | 4 |
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Bei der Adoption Mündiger kann der Begriff des Pflegeverhältnisses nicht anders verstanden werden. Auch hier heisst "Pflege erweisen" nicht bloss, der zu adoptierenden Person finanziell beizustehen, ihr gewisse Geschäfte zu besorgen oder sie an den Wochenenden aufzunehmen. Soll das Pflegeverhältnis gewährleisten, dass zwischen Adoptiveltern und Adoptivkind eine dermassen enge und dauernde Beziehung besteht, wie sie die Eltern mit ihren natürlichen Kindern verbindet, so ![]() | 6 |
Daraus, dass in Art. 266 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB das Erfordernis der Hausgemeinschaft ausdrücklich genannt ist, lässt sich nicht etwa e contrario ableiten, bei der Adoption wegen Gebrechlichkeit seien die Anforderungen weniger streng. Nach der bundesrätlichen Formulierung von Art. 266 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB sollte die Erwachsenenadoption unter anderem dann zulässig sein, "wenn andere schwerwiegende Gründe die Herstellung eines ehelichen Kindesverhältnisses rechtfertigen". Den heutigen Wortlaut erhielt diese Bestimmung erst im Laufe der parlamentarischen Beratungen (vgl. Amtl. Bull. S 1971 S. 724/725; BGE 101 II 5 E. 3). Wenn der Gesetzgeber neben einem wichtigen Grund als weitere Voraussetzung für die Adoption das Vorliegen einer fünfjährigen Hausgemeinschaft verlangte, so wollte er damit zweifellos nicht die Erfordernisse für die Gebrechlichenadoption gemäss Art. 266 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB abschwächen.
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Es ist daher davon auszugehen, dass auch bei der Adoption im Sinne von Art. 266 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB das Pflegeverhältnis eine Hausgemeinschaft zwischen Adoptiveltern und Adoptivkind voraussetzt (HEGNAUER, N. 18 zu Art. 266 in Verbindung mit N. 29 zu Art. 264 n. F. ZGB; HEGNAUER ZVW 1973 S. 44). Wie es sich verhielte, Wenn eine Person dermassen gebrechlich ist, dass sie nur in einer Anstalt betreut werden kann und eine Hausgemeinschaft mit den Adoptiveltern deshalb gar nicht möglich ist, ist damit nicht entschieden und kann einstweilen offen bleiben.
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3. Franziska Karli wohnt nicht bei der Gesuchstellerin, sondern besucht sie bloss gelegentlich und verbringt mit ihr Erholungsurlaube. Die Vorinstanz hat daher das Adoptionsgesuch zu Recht abgelehnt. Da es bereits am Erfordernis der ![]() | 9 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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