![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
23. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. April 1975 i.S. Bank Y gegen X. | |
Regeste |
Stellvertretung. |
Gemeinschaftsdepot. Grundsätzliche Anwendung der Bestimmungen über den Auftrag. Solidarische Berechtigung der gemeinsamen Auftraggeber (Art. 150 OR). Bei Bankgeschäften erlischt der Auftrag durch den Tod eines Auftraggebers grundsätzlich nicht (Art. 405 Abs. 1 OR). Die Bank ist dem überlebenden Vertragspartner nach Art. 400 Abs. 1 OR für die ganze Dauer des Auftragsverhältnisses zur Rechenschaft verpflichtet (Erw. 5). | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
Am 30. März 1925 errichteten die Eheleute X. bei der Bank Y. unter den Pseudonymen ... ein dépôt conjoint. Über dieses ![]() | 2 |
Im Hinblick auf die erbrechtliche Auseinandersetzung kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen der Witwe und dem Sohn Guy einerseits und dem Sohn Roland anderseits.
| 3 |
B.- Am 21. Mai 1973 klagte die Witwe des Erblassers beim Appellationshof des Kantons Bern gegen die Bank Y. auf Auslieferung sämtlicher Unterlagen über das streitige Konto. Sie verdeutlichte in der Folge die Klage dahin, dass diese auch die blosse Einsichtnahme in die Akten des Depots umfasse.
| 4 |
Am 1. November 1974 verurteilte der Appellationshof des Kantons Bern die Beklagte unter Strafandrohung, der Klägerin innert 14 Tagen seit Rechtskraft des Urteils sämtliche das genannte Depot betreffenden Urkunden zur Einsicht vorzulegen. Im übrigen wies er die Klage ab.
| 5 |
C.- Das Bundesgericht bestätigte am 7. April 1975 das vorinstanzliche Urteil.
| 6 |
Aus den Erwägungen: | |
7 | |
Nach Ansicht der Beklagten steht der Klägerin schon deshalb ![]() | 8 |
5. Zu prüfen ist anderseits, ob die Klägerin gegegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Akteneinsicht aus dem im Jahre 1925 zusammen mit ihrem Ehemann errichteten "dépôt conjoint" herleiten kann. Nach dieser Vereinbarung verpflichtete sich die Beklagte gegenüber beiden Eheleuten, Geld und Wertschriften zur Verwahrung und Verwaltung entgegen zu nehmen. Es wurde demnach ein Hinterlegungsvertrag und Auftrag, d.h. ein gemischtes Rechtsgeschäft, begründet (vgl. BGE 94 II 169). Dabei lag das Schwergewicht auf den Dienstleistungen ![]() | 9 |
Jeder der beiden Auftraggeber war gegenüber der Beklagten im Sinne von Art. 150 OR solidarisch berechtigt ("créanciers solidaires"), die hinterlegten Werte ganz oder teilweise herauszuverlangen, und die Beklagte durfte gegebenenfalls mit befreiender Wirkung an einen von ihnen leisten. Verfügte ein Ehegatte über sämtliche Werte des Depots, so wurde dadurch das der Solidarforderung zugrunde liegende Rechtsverhältnis nicht beendigt. Da der Auftrag auf einer gemeinsamen Willenskundgebung beider Eheleute beruhte, konnte er auch nur gemeinsam widerrufen oder abgeändert (z.B. durch Einbezug neuer Kontoinhaber) werden (BGE 94 II 318, ERB, a.a.O. S. 196 Anm. 2, GUGGENHEIM, SJK 1351, S. 10). Daraus ergibt sich, dass der im Jahre 1925 begründete Kollektivauftrag die einseitigen Anordnungen des Ehemannes der Klägerin im Jahre 1953 überdauerte. Das muss sich die Beklagte umso mehr entgegenhalten lassen, als sie selber davon ausgeht, die Klägerin habe von den Anordnungen ihres Ehemannes keine Kenntnis gehabt. Sie behauptet das zwar nur für die Bevollmächtigung. Diese lässt sich aber von den weiteren Verfügungen, die der Ehemann der Klägerin im Schreiben vom 20. Dezember 1953 getroffen hat, nicht trennen.
| 10 |
Es fragt sich sodann, ob mit dem Tod des Ehemannes der Klägerin vom 11. Januar 1972 das im Jahre 1925 begründete Auftragsverhältnis mit der Beklagten erloschen ist. Das ist zu verneinen. Bei Bankgeschäften wird im allgemeinen angenommen, dass der Tod des Auftraggebers den Vertrag nicht beendigt. Zudem sieht im vorliegenden Fall die Vereinbarung vom Jahre 1925 vor, dass die Beklagte beim Tod eines der beiden Vertragspartner die hinterlegten Werte dem andern herauszugeben hat, es sei denn, dieser ermächtige sie, an die Erben des Verstorbenen zu leisten. Daraus ergibt sich, dass mit dem Tod des Ehemannes der Klägerin das Auftragsverhältnis mit der Beklagten nicht zu Ende ging, was Art. 405 Abs. 1 OR ausdrücklich zulässt (vgl. BGE 94 II 316 E. 3). Ob die Beklagte unter diesen Umständen die hinterlegten Werte dem Sohn Roland in der Folge auf Grund der vom Vater im Jahre 1953 ausgestellten Vollmacht noch herausgeben durfte, kann offen bleiben. Jedenfalls war sie für den ganzen Zeitraum der Klägerin gegenüber zur Rechenschaft verpflichtet (Art. 400 Abs. 1 ![]() | 11 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |