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25. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung 17. Juni 1975 i.S. Mieterbaugenossenschaft "Vrenelisgärtli" gegen Heierli. | |
Regeste |
Art. 846 Abs. 2 und 866 OR. | |
Sachverhalt | |
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Die Mieterbaugenossenschaft "Vrenelisgärtli" ersuchte Frau Heierli verschiedentlich, aus ihrer Vierzimmerwohnung in eine Dreizimmerwohnung umzuziehen, was diese ablehnte. Sie kündigte ihr deshalb den Mietvertrag auf den 30. September 1972. Die Kündigung wurde vom Obergericht des Kantons Zürich am 10. Dezember 1973 ungültig erklärt. Noch während der Rechtshängigkeit hatte die Mieterbaugenossenschaft "Vrenelisgärtli" Frau Heierli am 24. Mai 1973 ausgeschlossen.
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B.- Am 31. Juli 1973 stellte Frau Heierli das Klagbegehren, es sei festzustellen, dass der Beschluss der Mieterbaugenossenschaft "Vrenelisgärtli" vom 24. Mai 1973 rechtsungültig und sie nach wie vor Genossenschafterin sei.
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Mit Urteil vom 28. August 1974 hiess das Bezirksgericht Zürich die Klage gut.
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Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte diesen Entscheid am 13. Januar 1975.
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C.- Auf dem Wege der Berufung beantragt die Beklagte, die Urteile des Bezirksgerichtes sowie des Obergerichtes aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin begehrt die Abweisung der Berufung.
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a) Gemäss § 10 Abs. 1 der Statuten der Beklagten ist der Ausschluss eines Mitgliedes zulässig, "wenn die gesetzlichen oder statutarischen Pflichten als Genossenschafter verletzt Werden, namentlich, wenn ein Genossenschafter den Interessen der Genossenschaft zuwiderhandelt".
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Eine Verletzung gesetzlicher Pflichten könnte einzig darin erblickt werden, dass die Klägerin der ihr durch Art. 866 OR auferlegten Treuepflicht nicht nachgelebt, d.h. die Interessen der Beklagten nicht in guten Treuen gewahrt hätte. Die Treuepflicht beurteilt sich in erster Linie nach dem von der Genossenschaft angestrebten Zweck und den dafür in den Statuten vorgesehenen Mitteln (BGE 72 II 117; M. GUTZWILLER, Zürcher Kommentar, N. 9 zu Art. 866 OR). Der weitere Statuteninhalt ist für die Bestimmung der Treuepflicht beachtlich, wenn sich aus diesem über die eigentliche Zweckbestimmung und die dafür vorgesehenen Mittel hinaus besondere Pflichten ![]() | 10 |
b) Die Beklagte bezweckt gemäss § 2 Abs. 1 der Statuten, "ihren Mitgliedern zeitgemässe Wohnungen zu möglichst niedrigen Mietzinsen zu verschaffen, sei es durch Erstellung, sei es durch Erwerb von Wohnhäusern".
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Nach welchen Grundsätzen die Wohnungen den Genossenschaftern zuzuweisen und wie eine allfällige Nutzungsordnung zu verwirklichen sei, wird weder im Rahmen dieser Zweckbestimmung noch sonst in den Statuten geregelt. § 8 derselben hält einzig fest, die Vermietung von Wohnungen der Genossenschaft erfolge nur an Personen, welche die Mitgliedschaft erwerben oder bereits besitzen; der Vorstand könne hievon jedoch Ausnahmen zulassen, wenn es im Interesse der Wohnungsvermietung geboten erscheine. Eine ausdrückliche Vorschrift, die das Recht der Genossenschafter zur Wohnungsmiete auf das ausgewiesene Bedürfnis beschränkt und diesen zur Pflicht macht, bei dessen Verminderung in eine den neuen Bedürfnissen genügende Wohnung zu wechseln, fehlt. Die Statuten weisen in dieser Beziehung keine Lücke auf, was die Beklagte selber indirekt dadurch anerkennt, dass sie vor den kantonalen Instanzen das Bestehen eines diese Lücke füllenden Gewohnheitsrechtes nicht behauptete. Ihr Hinweis in der Berufung auf eine während rund 25 Jahren geübte Usanz, nach welcher ein Genossenschafter bei Unterbesetzung von einer grösseren in eine kleinere Wohnung zu ziehen verpflichtet sei, ist als neue Tatsachenbehauptung gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. c OG nicht beachtlich. Eine derart spezifische Pflicht wie diejenige zur Freigabe einer den effektiven Raumbedarf übersteigenden Wohnung ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht ohne weiteres aus dem Wesen der Genossenschaft, die in Art. 828 Abs. 1 OR lediglich als organisierte Verbindung von Personen oder Handelsgesellschaften zur Förderung oder Sicherung bestimmter wirtschaftlicher ![]() | 12 |
Ergibt sich also aus den Statuten der Beklagten keine Pflicht ihrer Mitglieder, im Falle der Unterbesetzung eine grössere zugunsten einer kleineren Wohnung freizugeben, so hat die Klägerin durch ihre Weigerung, den Aufforderungen der Beklagten zum Wohnungswechsel nachzukommen, weder die gesetzliche Treuepflicht noch eine statutarische Pflicht verletzt. Sie hat aber auch keine wichtigen Gründe für den Ausschluss gesetzt. Als solche könnten lediglich Umstände in Betracht fallen, unter denen die Fortführung der Mitgliedschaft für die Genossenschaft vernünftigerweise nicht mehr als zumutbar erscheint (P. FORSTMOSER, Berner Kommentar, N. 16 zu Art. 846 OR; M. GERWIG, Schweizerisches Genossenschaftsrecht, S. 258 f.). Auch das übrige Verhalten, namentlich dasjenige während des vorliegenden Rechtsstreites, kann der Klägerin nicht zum Vorwurf gereichen, nachdem ihr Rechtsstandpunkt von allen Instanzen geschützt worden war.
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c) Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz wäre die Klägerin zum Umzug bereit, sofern die ihr zugewiesene neue Wohnung bezüglich Immissionen und Wohnkomfort im Vergleich zur bisherigen keine Verschlechterung mit sich brächte. Die Beklagte ficht diese Feststellung und auch ![]() | 14 |
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