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29. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 30. September 1976 i.S. Rohr gegen Schärer und Mitbeteiligte. | |
Regeste |
Klage auf Ungültigerklärung einer letztwilligen Verfügung; Verjährung (Art. 521 Abs. 1 ZGB). |
Sie gilt auch für Kläger, die mit dem Beklagten Gesamteigentümer und Mitbesitzer der Erbschaft sind und sich somit begnügen könnten, die Ungültigkeit des Testaments gestützt auf Art. 521 Abs. 3 ZGB (jederzeit) einredeweise geltend zu machen (Erw. 3). | |
Sachverhalt | |
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"Später kann der Sohn Fritz durch Kauf das Wohnhaus erwerben mit
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Umgelände um den Preis von Fr. 15'000.--. Der Mutter Rosa Rohr-Jäggi wird
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das Wohnrecht eingeräumt bis zu ihrem Tode."
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Das Testament wurde am 11. März 1969 durch den Präsidenten des Bezirksgerichtes Brugg eröffnet.
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B.- Mit Eingabe vom 18. Januar 1970 leiteten die drei Töchter des Erblassers beim Friedensrichteramt des Kreises Windisch gegen ihren Bruder Klage ein. Sie stellten die Rechtsbegehren, es sei gerichtlich festzustellen, dass die eigenhändige letztwillige Verfügung des Erblassers vom 13. Januar 1919 nichtig, allenfalls ungültig sei, und es sei der Beklagte gestützt auf Art. 540 Abs. 1 Ziff. 4 ZGB als erbunwürdig zu erklären. Nach erfolglosem Sühneversuch stellte der Friedensrichter am 14. Februar 1970 das Weisungszeugnis aus. Die Klage wurde jedoch beim Gericht nicht anhängig gemacht.
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C.- Am 15. Februar 1971 stellten die Töchter des Erblassers beim Friedensrichteramt ein neues, im wesentlichen gleichlautendes Klagebegehren, mit dem sie ein umfassendes Offenbarungsbegehren im Sinne der §§ 304 ff. aarg. ZPO verbanden. Nachdem das Weisungszeugnis am 4. März 1971 ausgestellt worden war, reichten sie mit Eingabe vom 4. Oktober 1971 beim Bezirksgericht Brugg gegen ihren Bruder Klage ein mit folgenden Rechtsbegehren:
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"1.1 Der Beklagte sei gemäss Art. 540 Abs. 1 ZGB als erbunwürdig zu
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erklären.
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1.2 Es sei richterlich festzustellen, dass Frau Rosa Rohr-Jäggi,
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verstorben am 18. Februar 1969, in Hausen wohnhaft gewesen, gemäss Art. 540
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Abs. 1 ZGB erbunwürdig gewesen ist.
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2. Eventuell:
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2.1 Es sei richterlich festzustellen, dass die eigenhändige letztwillige
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Verfügung vom 13. Januar 1919 des am 2. September 1921 verstorbenen Jakob
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Rohr, gew. Strassenwärter, nichtig ist.
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2.2 Eventuell sei die in 2.1 genannte letztwillige Verfügung ungültig zu
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erklären.
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2.3 Subeventuell sei die in 2.1 genannte Verfügung insoweit ungültig zu
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erklären, als sie dem Beklagten das Recht einräumt, das sich im Nachlass
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befindliche Wohnhaus mit Umgelände zum Preis von Fr. 15'000.-- durch Kauf
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In seiner Klageantwort vom 20. Dezember 1971 liess der Beklagte beantragen, es sei auf die Klage wegen Verjährung nicht einzutreten, allenfalls sei diese vollumfänglich abzuweisen.
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Mit Urteil vom 26. November 1974 trat das Bezirksgericht auf die Klage grundsätzlich ein und hiess diese insofern gut, als es feststellte, dass die Ehefrau des Erblassers erbunwürdig gewesen sei. Das Begehren um Feststellung der materiellen Ungültigkeit der letztwilligen Verfügung wurde - "mangels genügender sachlicher Grundlage" - von der Hand gewiesen.
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D.- Gegen das bezirksgerichtliche Urteil appellierten die Klägerinnen an das Obergericht des Kantons Aargau. In teilweiser Gutheissung der Berufung stellte dessen 1. Zivilabteilung mit Entscheid vom 27. Februar 1976 fest, Ziffer 3 Satz 1 des Testaments (die Verfügung zu Gunsten des Beklagten) sei ungültig.
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E.- Das Urteil der kantonalen Appellationsinstanz hat der Beklagte beim Bundesgericht mit Berufung angefochten.
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Die Klägerinnen schliessen auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz begann die einjährige Frist am 12. März 1969 (an dem der Testamentseröffnung folgenden Tag) ![]() | 31 |
b) Ein Vermittlungsbegehren kann nur dann im Sinne der hievor angeführten bundesgerichtlichen Praxis als Klageanhebung gelten, wenn im Anschluss an das Sühneverfahren innert der vom kantonalen Prozessrecht gesetzten Frist beim zuständigen Richter auch Klage erhoben wird (vgl. BGE 98 II 181 und 182). Die Anrufung des Friedensrichters konnte aber andererseits auch nicht eine Unterbrechung der Klagefrist bewirken, handelt es sich doch bei dieser - wie das Bundesgericht in BGE 98 II 177 ff. unter Hinweis auf ein früheres Urteil (BGE 86 II 340 ff.) dargetan hat - nicht um eine Verjährungs-, sondern um eine Verwirkungsfrist, auf die die Bestimmungen der Art. 135 ff. OR ohnehin keine Anwendung finden können (a.a.O. S. 181 Erw. 10).
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Wohl haben sich die Klägerinnen am 15. Februar 1971 ein zweites Mal an den Friedensrichter gewandt, doch war die Einjahresfrist damals abgelaufen. Die kantonalen Instanzen haben daher die auf dem Weisungszeugnis vom 4. März 1971 beruhende Klage zu Unrecht als nicht verjährt betrachtet.
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Angesichts der klaren gesetzlichen Regelung ginge es aber auch nicht an, die Ungültigkeitsklage dort zeitlich uneingeschränkt zuzulassen, wo sie von mitbesitzenden und somit auf sie nicht angewiesenen Erben erhoben wird.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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