BGE 102 II 254 | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
37. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 19. August 1976 i.S. Kollektivgesellschaft Wüthrich & Zahnd gegen Steimle. | |
Regeste |
Erstreckung des Mietverhältnisses. |
2. Art. 267a Abs. 2 OR. Der Mieter hat sich schon auf die Kündigung hin ernsthaft um andere Räume zu bemühen. | |
Aus den Erwägungen: | |
Die Klägerin räumt ein, dass der Richter ein Verschulden oder Mitverschulden des Mieters an einer eintretenden Härte zu berücksichtigen hat, wenn der Vermieter es beweist. Sie wirft dem Appellationshof dagegen eine Verletzung von Art. 267a Abs. 1 OR vor, weil er einer Härte, die in der Schwierigkeit bestehe, im bisherigen Quartier Ersatzräume zu finden, einer schuldhaft unterlassenen Miete von Räumen in einem andern Quartier gegenüberstelle. Ein Mietobjekt in einem andern Quartier würde die vom Appellationshof selber als Folge eines Quartierwechsels angenommene Härte nicht beseitigen, sondern bedeuten, dass der Mieter die Härte in Kauf nehme. Dazu sei die Klägerin nicht verpflichtet. Auf das erste Erstreckungsbegehren hin dürften ausserdem die Anforderungen an den Mieter, Ersatzräume zu suchen, nicht allzu hoch gestellt werden.
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Diese Einwände gehen nicht nur an der Begründung des angefochtenen Urteils, sondern auch am Sinn und Zweck des Art. 267a OR vorbei. Es ist zum vorneherein fraglich, ob und inwieweit die Notwendigkeit, dass der Mieter sein Geschäft wegen Kündigung der bisherigen Räume verlegen muss, überhaupt als nicht zu rechtfertigende Härte im Sinne des Gesetzes gelten und zu einer Erstreckung des Mietverhältnisses führen kann. Gewiss können die Folgen einer Geschäftsverlegung für einen Geschäftsinhaber unangenehm oder sogar hart sein. Sie gehören jedoch zur Kündigung und werden durch eine Verlängerung des Mietverhältnisses nicht aufgehoben, sondern bloss aufgeschoben. Die Verlängerung kann daher erst sinnvoll sein, wenn sie mit der Verschiebung der Geschäftsverlegung zugleich eine Milderung der Folgen verspricht, also erwarten lässt, dass der Umzug später für den Mieter weniger nachteilig sein werde, als er bei Ablauf der Kündigungsfrist wäre. Das kann z.B. zutreffen, wenn begründete Aussicht besteht, dass der Mieter dannzumal Ersatzräume finden werde, die sich vorerst noch im Bau befinden oder näher liegen, preislich günstiger sind oder sich für ihn sonstwie besser eignen.
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Dass hier solche Umstände vorliegen, ist den Akten nicht zu entnehmen und wird von der Klägerin auch nicht behauptet. Namentlich deutet nichts darauf hin, dass eine längere Erstreckung des Mietverhältnisses der Klägerin ermöglichen würde, im bisherigen Quartier zu bleiben. Nach den Feststellungen des Appellationshofes hat die Klägerin sich gar nicht bemüht, Ersatzräume im gleichen Quartier zu finden; erwiesen ist bloss, dass sie über den Kauf oder die Miete einer Liegenschaft in einem anderen Quartier verhandelt und erst noch das Scheitern dieser Verhandlungen verschuldet hat.
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Art. 267a OR macht freilich in Abs. 2 erst die zweite Erstreckung des Mietverhältnisses von der Bedingung abhängig, dass der Mieter während der (ersten) Erstreckungsfrist das ihm vernünftigerweise Zumutbare unternommen hat, um die Härte abzuwenden. Aber auch wenn an sein Verhalten in der ersten Phase ein weniger strenger Massstab anzulegen ist, versteht sich von selbst, dass er nicht untätig bleiben darf, sondern schon auf die Kündigung hin sich ernsthaft um andere Räume zu bemühen hat. Das Gesetz gibt ihm keinen absoluten Anspruch auf Erstreckung des Mietverhältnisses. Dieses hört nach Ablauf der gesetzlich zulässigen Fristen auf jeden Fall auf, und der Mieter muss ausziehen. Sinn und Zweck der Verlängerung liegen offensichtlich darin, dem Mieter für die Suche neuer Räume mehr Zeit zu lassen, als ihm nach der ordentlichen Kündigungsfrist zur Verfügung stände. Das tut aber auch der Vermieter, wenn er, wie hier, ein volles Jahr vor Auflösung des Vertragsverhältnisses kündigt (BGE 99 II 170 /71).
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