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36. Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. August 1977 i.S. Denner AG gegen Disch AG | |
Regeste |
Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG. Nachahmung einer Ware. |
2. Verwechslungsgefahr zwischen Dosen, in denen mit Schokolade überzogene Trockenfrüchte angeboten werden (E. 2). |
3. Gründe, aus denen die Nachahmung einer Verpackung als unlauter zu bezeichnen ist (E. 3). | |
Sachverhalt | |
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Die Disch AG liess ihre "Choco Dragées" und "Choco Nuts" während Jahren u.a. durch die Denner AG vertreiben. Diese bringt seit 1976 auch eigene "Choco-Dragées" in einer zylinderförmigen Dose zu 250 g auf den Markt. Im untern Teil des Papierstreifens, der die Dose von Rand zu Rand umhüllt, sind gleich wie bei den Disch-Dosen angehäufte "Dragées" in Schokoladenfarben abgebildet, während im obern Teil auf rotem Grund die Warenbezeichnung und dazwischen in einem weissen Oval die Marke "Rast" angebracht sind. Der Deckel der Dose ist mit dem gleichen Motiv versehen.
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B.- Die Disch AG erblickte in der Grösse, Form und Aufmachung dieser Dose eine Verletzung ihrer Rechte. Im April 1976 klagte sie gegen die Denner AG mit dem Begehren, der Beklagten bei Strafe zu verbieten, Schokoladen-Dragées in Packungen "gemäss beiliegendem Muster" zu verkaufen, feilzuhalten oder in den Verkehr zu bringen. Beim Muster handelt es sich um die von der Klägerin seit 1972 für "Choco-Nuts" verwendete Dose, die 5 cm hoch ist und 13,5 cm Durchmesser hat.
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Das Handelsgericht des Kantons Zürich hiess die Klage am 13. Januar 1977 gestützt auf Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG gut.
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C.- Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Sie beantragt, es aufzuheben und die Klage abzuweisen oder die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Diese Auffassung ist unzutreffend. Streitig ist gemäss dem Klagebegehren nur, ob die Beklagte Dosen der Klägerin in einer gegen Treu und Glauben verstossenden Weise nachgeahmt und dadurch unlauteren Wettbewerb begangen habe. Aus BGE 95 II 193, wo es auch um Markenrecht ging, kann die Beklagte nichts für ihre Auffassung ableiten. Streitigkeiten aus unlauterem Wettbewerb unterstehen der Vorschrift des Art. 46 OG, sind also nur berufungsfähig, wenn der Streitwert wenigstens Fr. 8'000.-- beträgt. Dies gilt selbst dann, wenn nicht auf Schadenersatz, sondern bloss auf Feststellung oder Unterlassung unlauteren Wettbewerbs geklagt wird (BGE 100 II 397 und dort angeführte Urteil). Dieser Streitwert ist hier aber gegeben. Er wird vom Handelsgericht auf Fr. 20'000.-- bis Fr. 40'000.-- beziffert, wogegen die Parteien nichts einwenden.
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Die Klägerin begründete die Verwechslungsgefahr zwischen den streitigen Packungen schon in der Klage vor allem mit der von ihr seit 1972 für "Choco-Nuts" verwendeten Dose, auf ![]() | 10 |
Die Dose der Beklagten und die von der Klägerin als Muster angeführte Dose zeigen auf den ersten Blick sehr grosse Ähnlichkeit. Sie bestehen beide aus Leichtmetall mit dem gleichen Farbton, haben dieselbe Form und weisen fast auf den Millimeter genau die gleichen Masse auf. Wegen der gleichartigen Ausgestaltung des Deckels, der insbesondere für ein sicheres Aufschichten in den Läden Gewähr bietet, können sie sogar untereinander gestapelt werden. Diesfalls ist ihre äussere Ähnlichkeit besonders gross. In der roten Grundfarbe ihrer Papierbänder ist überhaupt kein Unterschied zu erkennen. Die Abbildungen im unteren Teil des Bandes sind sich täuschend ähnlich; sie stellen angehäufte Schokoladen-Dragées dar, die durchwegs gleichartige Formen und Farben aufweisen und den Eindruck erwecken, man habe eine halb gefüllte Dose vor sich. Auf beiden Dosen sind ferner die Warenbezeichnungen und die Marken der Hersteller in gleicher Höhe rund um den Behälter angebracht, und zwar die Bezeichnungen in weisser Schrift auf roten Grund, die Marke "Rast" in goldener Schrift auf einem weissen Oval und die Marke "Disch" in weisser Schrift auf einem goldenen Stern.
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Gewiss sind bei näherer Betrachtung kleinere Unterschiede feststellbar. So weichen z.B. die Schriften, in denen die Warenbezeichnungen und die Marken auf den Dosen angegeben werden, deutlich von einander ab. Auch weisen die "Choco-Dragées" der Beklagten teils andere Grössen oder dunklere Schokoladenfarben auf als die "Choco-Nuts" der Klägerin. Diese Unterschiede betreffen jedoch Einzelheiten und vermögen den Gesamteindruck, auf den es ankommt, entgegen den Einwänden der Beklagten nicht entscheidend zu beeinflussen. Daran ändern auch die Marken nichts, denen die ![]() | 12 |
Werden die Dosen stapelweise aufgeschichtet, wozu sie ihrer Form nach geeignet sind, so fällt das Rosenbild auf dem Deckel des Vergleichsmusters als Unterscheidungsmerkmal zum vorneherein ausser Betracht; das gilt auch vom Motiv auf dem Deckel der Rast-Dose, das übrigens dem der Aussenseite entspricht. Als charakteristisches Kennzeichen bleibt dann nur das Papierband mit seinen auffallenden Farben und Abbildungen, welche den Gesamteindruck bestimmen. Rosen werden zudem vorwiegend vor Festtagen auf Verpackungen verwendet, um Angebote als Geschenke attraktiver zu gestalten. Sie taugen deshalb nicht, eine Packung dauernd zu individualisieren oder eine auffallende Ähnlichkeit mit einer anderen Packung, wie sie hier besteht, zu beseitigen.
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a) Das Handelsgericht räumt ein, dass das Format der nachgeahmten Dose weitgehend standardisiert sein und die bildliche Wiedergabe des Inhaltes auf der Verpackung vor allem in Selbstbedienungsläden einer verkaufstechnischen Notwendigkeit entsprechen dürfte. Es lässt jedoch offen, ob solche Merkmale eine Verpackung schutzunfähig machen können, weil es im vorliegenden Fall nicht nur um die Grösse ![]() | 15 |
Die Beklagte durfte ihre Dose zylindrisch und deren Deckel so gestalten, dass die Dosen stapelweise aufgeschichtet werden können; denn diese Formen weisen allgemeine technische Vorteile auf, die jedermann ausnutzen darf. Technische Überlegungen rechtfertigten es dagegen nicht, dass die Beklagte ihrer Dose fast auf den Millimeter genau die gleichen Ausmasse gab wie die Klägerin und dass sie deren Dose auch in der äusseren Ausgestaltung sklavisch nachahmte. Da diese Ausgestaltung nicht bloss bestimmt ist, das Angebot schön und damit besonders verkäuflich zu machen, sondern Kennzeichnungskraft besitzt, um die Herkunft der Ware von gleichen oder gleichartigen Erzeugnissen anderer Firmen zu unterscheiden, durfte die Beklagte ihre charakteristischen Merkmale auch aus ästhetischen Gründen nicht übernehmen. Sie muss sich wiederum entgegenhalten lassen, dass es möglich und zumutbar gewesen wäre, eine andere Gestaltung zu wählen, um ihr Angebot von demjenigen der Klägerin zu unterscheiden und der Gefahr von Verwechslungen vorzubeugen (vgl. BGE 82 II 353 und 362 Nr. 48, 61 II 387, BGE 58 II 454, BGE 37 II 175).
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b) Aus BGE 90 IV 174 kann die Beklagte nichts für sich ableiten. Gewiss wurde in diesem Entscheid ausgeführt, Hausfrauen wüssten aus Erfahrung, dass Formen und Farben der Verpackung nicht selten wechseln, so dass sie gewohnt seien, mehr auf die auf allen Verpackungen wiederkehrenden Wort- oder Bildzeichen eines bestimmten Herstellers zu achten, als ![]() | 17 |
Das Vorgehen der Beklagten lässt sich auch nicht damit verharmlosen, dass es bloss um bildliche Beschaffenheitsangaben oder Angleichungen auf gleicher Grundfarbe gehe, welche die Klägerin nicht monopolisieren dürfe. Es handelt sich vielmehr um einen krassen Fall von Nachahmung, die offensichtlich in der Absicht unternommen worden ist, Käufer irrezuführen und aus dem Good-will der Klägerin Nutzen zu ziehen. Das braucht die Klägerin sich nicht gefallen zu lassen. Die Beklagte schweigt sich denn auch darüber aus, welche anderen Gründe sie veranlasst haben könnten, die Aufmachung der streitigen Disch-Dosen in so auffälliger Weise nachzuahmen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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