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53. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 22. Dezember 1977 i.S. Otto Rühles Erben gegen Sumatra Bau AG | |
Regeste |
Überbau; guter Glaube des Überbauenden (Art. 674 ZGB). | |
Sachverhalt | |
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Im Oktober 1974 begann die Sumatra Bau AG mit dem Abbruch des alten Gebäudes. Am 18. April 1975 liess sie eine Abänderung ihres Bauprojekts (betreffend die Verschiebung des Kamins am bewilligten Hotelgebäude) ausschreiben. Die Erben Rühle erhoben dagegen privatrechtliche Baueinsprache, ![]() | 2 |
In der Folge begann die Sumatra Bau AG mit den Bauarbeiten, und es kam zum ordentlichen Prozess zwischen den Parteien. Streitig ist unter anderem, ob die Bauherrin ihre Baute im Sinne von Art. 674 Abs. 3 ZGB gutgläubig an die Grenze gestellt habe.
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Aus den Erwägungen: | |
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Die Beklagten vertreten die Auffassung, dass das Verhalten des Bauenden nach einem strengeren Massstab zu beurteilen sei, wenn diesem die Nichteinhaltung des Grenzabstandes an sich bewusst gewesen sei, er jedoch angenommen habe, der ![]() | 5 |
Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Klägerin auf Grund des Verhaltens der Beklagten Anlass zur Annahme hatte, diese seien mit der Beibehaltung des jahrhundertealten Zustandes an ihrer Grenze einverstanden. Hiefür sprach vor allem, dass die Beklagten gegen das Bauprojekt, das ordnungsgemäss ausgeschrieben und an Ort und Stelle ausgesteckt worden war, keine privatrechtliche Baueinsprache erhoben hatten. Die Unterlassung einer solchen Einsprache führte zwar nicht zur Verwirkung des bundesrechtlich geregelten Einspruchs, bildete aber einen starken Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagten gegen das Bauvorhaben der Klägerin nichts einzuwenden hätten. Das von den Beklagten nach Beginn der Abbrucharbeiten an den Tag gelegte Verhalten musste die Klägerin in dieser Annahme noch bestärken. Es wurde bereits in anderem Zusammenhang ![]() | 6 |
Der gute Glaube kann der Klägerin aber auch nicht unter Hinweis darauf abgesprochen werden, dass der Verwaltungsratspräsident der Klägerin die Gerantin der sich im Altbau befindlichen Schifflände-Bar gebeten hatte, den Abbruch des Gebäudes nicht bekanntzugeben. Diese im angefochtenen Urteil enthaltene Feststellung kann nicht so verstanden werden, dass sich die Bitte um Nichtbekanntgabe des Abbruchs besonders auf die Beklagten bezogen hätte. Eine solche Absicht ist von der Klägerin ausdrücklich bestritten worden. Der allgemeine Wunsch, einen bevorstehenden Gebäudeabbruch nicht vorzeitig publik werden zu lassen, muss keineswegs Ausdruck des bösen Glaubens bilden. Wer in einer Stadt wie Zürich ein altes Haus abbrechen will, hat vielmehr mit Widerständen verschiedenster Art zu rechnen. Das Interesse an der Vermeidung entsprechender Schwierigkeiten vermag das Verhalten des Verwaltungsratspräsidenten der Klägerin genügend zu erklären. Schliesslich sei hier nochmals hervorgehoben, dass die Klägerin auch nach dem Beginn der Abbrucharbeiten keinen Anlass hatte, aus dem Verhalten der Beklagten auf deren fehlendes Einverständnis mit dem Bauen auf die Grenze zu schliessen. Die Beklagten waren im übrigen, wie sie selber einräumen, damals noch der Meinung, sie müssten einen Grenzbau dulden, weil sie keine privatrechtliche Baueinsprache erhoben hätten. Diese irrtümliche Auffassung macht ihr damaliges Verhalten verständlich.
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