![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
31. Urteil der I. Zivilabteilung vom 20. Juni 1978 i.S. American Express Bank (Switzerland) AG gegen Frau X. | |
Regeste |
Kontokorrentverhältnis. |
2. Art. 55 ZGB. Organhaftung (E. 3b). | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
Dasselbe wiederholte sich im Jahre 1974 hinsichtlich weiterer Dollars 10'000.-. Auch dieser Betrag wurde unter Belastung des Kontos eines Dritten dem Konto Linda auf Grund eines "Telephonic order of payment" Kriegs gutgeschrieben. Alsdann wurde er im Kontoauszug vom 31. Januar 1974 als "transfer" ins Haben eingestellt.
| 2 |
Nach dem Tode des X. wurde das Konto Linda auf seine Ehefrau überschrieben. Diese liess im November 1974 den Saldo auf das neu eröffnete Konto Louis 11'426 (im folgenden: Louis) übertragen. Nach wie vor waren Korrespondenzen banklagernd zu Gunsten des Kontoinhabers zurückzubehalten.
| 3 |
Im Laufe des Jahres 1974 bemerkte die Bank, dass ihr Direktor Krieg unbefugterweise Gelder zwischen verschiedenen Kundenkonten verschoben hatte. Am 2. Oktober 1974 teilte sie deshalb Frau X. mit, man habe festgestellt, dass auch hinsichtlich ihres Kontos Unregelmässigkeiten vorgekommen seien. Diese würden indes gründlich abgeklärt. Die Bank werde alsdann für alle gerechtfertigten Ansprüche aufkommen ("... to honor all legally justifiable claims...").
| 4 |
Weiterhin legte die Bank der Frau X. Kontoauszüge ins Bankfach, ohne dass deren Saldo im Hinblick auf die erwähnten Gutschriften je geändert wurde. Nachdem aber Frau X. das Konto ![]() | 5 |
B.- Unterm 11. Juni 1976 klagte Frau X. beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die American Express Bank (Switzerland) AG, hinsichtlich der Zweigniederlassung Basel die Rechtsnachfolgerin der American Express International Banking Corporation Hartford und New York. Mit Urteil vom 14. Dezember 1977 sprach das Handelsgericht der Klägerin US Dollars 48'000.- nebst Zins zu 5% seit dem 29. August 1975 zu. Eine von der Beklagten gegen das handelsgerichtliche Erkenntnis erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 24. April 1978 ab, soweit es auf sie eintrat.
| 6 |
C.- Die Beklagte hat die Berufung erklärt. Sie beantragt Abweisung der Klage; allenfalls sei die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Klägerin trägt auf Abweisung der Berufung an.
| 7 |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
8 | |
9 | |
Die umstrittenen Dollars 38'000.- wurden dem Konto Linda im Februar 1972, die Dollars 10'000.- im Januar 1974 gutgeschrieben. Die Klägerin behauptet, dass es sich dabei um Beträge handle, ![]() ![]() | 10 |
Dieser Schlussfolgerung sucht die Berufung mit dem Einwand zu begegnen, dass die Klägerin bzw. ihr Ehemann von den fraglichen Kontoauszügen keine Kenntnis gehabt hätten, da sie ihnen jeweils ins Bankfach gelegt worden seien. Demzufolge hätten sie aus den Kontoauszügen auch nichts ableiten können. Indes geht das fehl. Wenn eine Bank sich darauf einlässt, dass die mit ihren Kunden gewechselte Korrespondenz, insbesondere die monatlichen Saldomeldungen, ins Bankfach gelegt werden, so muss sie sich nach Treu und Glauben alles, was der Kunde aus den betreffenden Schreiben ableiten durfte und ableiten musste, entgegenhalten lassen, wie wenn der Kunde sie selbst entgegengenommen hätte. Eine andere Lösung wäre mit einem geordneten ![]() | 11 |
b) Die Berufung wirft der Klägerin bösen Glauben vor. Sie habe nämlich gewusst, dass die von ihr behaupteten Einzahlungen von Dollars 48'000.- nie getätigt worden seien. Damit ist die Beklagte aber nicht zu hören, weil sie sich hiefür nicht auf eine entsprechende tatsächliche Feststellung des angefochtenen Urteils stützen kann. Dieses schliesst ein solches Wissen im Gegenteil aus, indem es erklärt, die Klägerin habe nach Treu und Glauben annehmen dürfen, die Bank ziehe die fraglichen Gutschriften nicht in Zweifel.
| 12 |
c) Per 31. Juli 1975 betrug der Saldo auf dem Konto Louis Dollars 1'102.60. Nachdem im August 1975 der Gegenwert zweier "Certificates of Deposit" eingegangen war, schrieb die Bank der Klägerin unter dem Vermerk "Wertschriften" den Betrag von Dollars 137'242.50 gut, um anschliessend das Konto mit dem umstrittenen Betrag von Dollars 48'000.- zu belasten, welchen Vorgang sie als "Vergütungsauftrag" bezeichnete.
| 13 |
In diesem Zusammenhang bringt die Berufung vor, der Saldo des Kontos Louis habe stets sehr viel weniger als Dollars 48'000.- betragen, weshalb die Vorinstanz diesen Betrag nicht "aus Novation" habe zusprechen dürfen. Sodann wird unter Hinweis auf einen Brief der Beklagten an die Klägerin vom 2. Juli 1975 erklärt, diese sei damit einverstanden gewesen, dass die Bank die beiden "Certificates of Deposit" zurückbehalten habe. Für die Bank sei es somit vorerst nicht erforderlich gewesen, das klägerische Konto mit dem umstrittenen Betrag von Dollars 48'000.- zu belasten. Unmittelbar nach dem Eingang des Gegenwertes der beiden Wertschriften habe die Beklagte das dann aber getan.
| 14 |
Zugunsten der Beklagten lässt sich aus diesen Umständen jedenfalls nichts ableiten. Entscheidend ist, dass nach dem Gesagten hinsichtlich der vor Oktober 1974 gezogenen Saldi Neuerung anzunehmen ist, dass also bis September 1974 Monat für Monat eine alte Schuld durch Begründung einer neuen getilgt wurde (Art. 116 Abs. 1 OR). Ob diese Saldi den Betrag von Dollars 48'000.- je erreichten, ist unerheblich, denn die in einem Kontokorrentverhältnis in die Rechnung aufgenommenen einzelnen Forderungen und Gegenforderungen gehen durch Verrechnung unter (VON TUHR/ESCHER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen ![]() | 15 |
16 | |
b) Die Vorinstanz meint, es könne offen bleiben, ob für die beiden umstrittenen Gutschriften ein Rechtsgrund bestanden habe. Hiegegen wendet sich die Berufung vor allem. Ihre Rüge, Art. 8 ZGB sei verletzt, wäre nach dem Gesagten an sich zu prüfen, nämlich hinsichtlich allfälliger tatsächlicher Behauptungen der Beklagten über den Nichtbestand der anerkannten ![]() | 17 |
Die Vorinstanz führt nämlich aus, Krieg sei im fraglichen Zeitpunkt Direktor der American Express International Banking Corporation gewesen, weshalb sich die Beklagte sein Wissen und Wollen im Sinne von Art. 55 ZGB anrechnen lassen müsse. Mit Recht bestreitet die Berufung das nicht, ist doch nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung unter anderem derjenige als Organ anzusehen, der unter der Aufsicht des obersten Verwaltungsausschusses einer juristischen Person deren eigentliche Geschäftsführung besorgt oder sich sonst in leitender Stellung betätigt (BGE 87 II 187 E. 2, BGE 81 II 226, BGE 72 II 65, BGE 68 II 289 E. 3, 301 E. 4, BGE 65 II 6 E. 3). Letzteres traf auf Krieg aber offensichtlich zu. Der Einwand der Berufung, Krieg sei nur kollektivzeichnungsberechtigt gewesen und habe deshalb die Beklagte weder mit seiner alleinigen Unterschrift noch mit den von ihm veranlassten unterschriftslosen Auszügen verpflichten können, ist unbehelflich. Für die Frage, ob sich die Beklagte Kriegs Wissen im Sinne von Art. 55 ZGB anrechnen lassen muss, spielt der Umstand, dass er nicht allein zeichnungsberechtigt war, keine Rolle (BGE 89 II 251; EGGER, N. 17 und 18 zu Art. 54/55 ZGB).
| 18 |
In tatsächlicher Hinsicht stellt die Vorinstanz für das Bundesgericht sodann verbindlich fest, dass Krieg den Grund oder die Grundlosigkeit der von ihm veranlassten Gutschriften kannte und selbst nicht irrte. Muss sich aber die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin nach dem Gesagten das Wissen Kriegs anrechnen lassen, so scheidet hinsichtlich der fraglichen Gutschriften ein wesentlicher Irrtum sowie eine Täuschung der Bank durch die Eheleute X. ohne weiteres aus. Unter diesen Umständen durfte die Vorinstanz auch offen lassen, wie es sich mit dem Rechtsgrund dieser Gutschriften verhalte.
| 19 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
| 20 |
21 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |