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8. Urteil der II. Zivilabteilung vom 22. Februar 1979 i.S. K. und Mitbeteiligte gegen Grundbuchamt Sursee und Justizkommission des Obergerichts des Kantons Luzern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Form des Verpfründungsvertrags (Art. 522 Abs. 1 OR; Art. 512 und 501 ZGB). |
2. Die Zeugenbestätigung gemäss Art. 501 Abs. 2 ZGB muss sich auf beide Vertragsparteien beziehen (E. 4). | |
Sachverhalt | |
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"Die unterzeichneten Parteien erklären, dass der vorstehende Kauf- und Verpfründungsvertrag ihrem Willen entspricht. Er wurde in Gegenwart des Notars von den Parteien gelesen und vom Notar gleichzeitig vorgelesen und unmittelbar daran anschliessend und vor der Erklärung an die Zeugen unterzeichnet.
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(Es folgen das Datum sowie die Unterschriften der Parteien und des
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Notars.)
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Zeugenbescheinigung:
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Die unterzeichneten gesetzlich befähigten Zeugen:
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a) ..
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b) ..
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auf die Vorschriften des Art. 503 ZGB aufmerksam gemacht, bestätigen:
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1. dass die Parteien,
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a) Herr B., Candid, geb. 1908,
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2. dass nach ihrer Wahrnehmung die Parteien sich bei diesem Vorgang im Zustand der vollen Verfügungsfähigkeit befunden haben.
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(Es folgt das Datum und die Unterschrift der Zeugen."
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Am 5. Juli 1978 meldete Notar K. den Vertrag zur Eintragung im Grundbuch Sursee an. Mit Verfügung vom 28. Juli 1978 wies das Grundbuchamt Sursee die Anmeldung ab, mit der Begründung, der Vertrag sei unrichtig beurkundet.
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B.- Gegen diese Verfügung führte Notar K. namens der Vertragsparteien Beschwerde an die Justizkommission des Obergerichts des Kantons Luzern. Mit Entscheid vom 5. September 1978 wies diese die Beschwerde ab. Sie nahm an, es handle sich beim Vertrag vom 12. April 1978 um einen gemischten Vertrag, der wegen der Verpfründungsklausel derselben Form wie der Erbvertrag (Art. 522 Abs. 1 OR) bedürfe. Da die Verpfründung ein zweiseitig verpflichtendes Rechtsgeschäft sei, müssten sowohl die Pfründer als auch der Pfrundgeber gegenüber den beiden Zeugen bestätigen, sie hätten die Vertragsurkunde gelesen und sie sei gemäss ihrem Willen abgefasst. Im vorliegenden Fall fehle es an diesem zwingenden bundesrechtlichen Formerfordernis, indem gemäss dem Wortlaut der Zeugenbescheinigungsformel lediglich die namentlich als Parteien bezeichneten Pfründer Candid B. und Marie B. die Rekognitionserklärung abgegeben hätten, nicht jedoch auch der ebenfalls verpflichtete Pfrundgeber Walter B. Der angemeldete Vertrag sei deshalb nichtig.
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C.- Gegen den Entscheid der Justizkommission erhoben Notar K., der Pfrundgeber Wilhelm Walter B. und die Pfründerin Marie B. Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht mit dem Antrag, die Abweisungsverfügung des Grundbuchamtes Sursee sei aufzuheben und der Vertrag vom 12. April 1978 sei unverändert im Tage- und Grundbuch einzutragen.
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Die Justizkommission und das Grundbuchamt Sursee beantragen die Abweisung der Beschwerde. Den gleichen Antrag stellt das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement in seiner Vernehmlassung.
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Nach luzernischer Praxis ist der beurkundende Notar sodann persönlich zur Beschwerde gegen die Abweisung einer Anmeldung legitimiert, wenn die Eintragung aus formellen Gründen verweigert wird, welche die amtlichen Befugnisse des Notars in Frage stellen (Luzerner Gerichts- und Verwaltungsentscheide 1974, S. 211, Nr. 188). Im gleichen Sinne hat das Bundesgericht gestützt auf Art. 963 Abs. 3 ZGB entschieden (BGE 55 I 341 ff.). Auf die Beschwerde ist somit auch einzutreten, soweit sie von Notar K. in eigenem Namen erhoben wurde.
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3. Die Formvorschriften für den Erbvertrag finden sich in Art. 512 ZGB. Abs. 1 dieser Bestimmung verweist auf die Form der öffentlichen letztwilligen Verfügung, die in Art. 499 ff. ZGB näher geregelt wird. In Art. 512 Abs. 2 ZGB wird zusätzlich vorgeschrieben, dass die vertragsschliessenden Parteien ![]() | 22 |
Das Bundesgericht hat in BGE 93 II 227 freilich die Frage aufgeworfen, ob die Gegenwart der Zeugen und des Beamten bei der Unterzeichnung des Erbvertrags auch durch andere Beweismittel als die Bescheinigung auf der Urkunde nachgewiesen werden könne, so etwa durch die Einvernahme der beteiligten Personen. Die Durchführung eines solchen Beweisverfahrens kann dem Grundbuchverwalter bei der Prüfung des Ausweises über den Rechtsgrund im Sinne von Art. 965 Abs. 3 ZGB jedoch wohl kaum zugemutet werden, sondern wäre allenfalls Sache des Richters im Zivilprozess. Wie es sich damit verhält, kann indessen dahingestellt bleiben, da die Anmeldung aus einem andern Grund abgewiesen werden musste.
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Das Bundesgericht hat diese Frage in BGE 48 II 63 ff., wo es auch um einen Verpfründungsvertrag ging, mit eingehender Begründung bejaht (vgl. auch BGE 60 II 269 ff.). In BGE 93 II 227 /228 hat es allerdings ausgeführt, man könne sich fragen, ob die ausdrückliche Erklärung der Gegenpartei vor den Zeugen, dass der Inhalt der Urkunde ihrem Willen entspreche, Gültigkeitserfordernis für den Erbvertrag bilden müsse, wenn sie sich damit begnüge, die Verfügung des Erblassers anzunehmen, und ihre Gegenwart und Unterschrift den Zeugen hinreichend Sicherheit für ihre Zustimmung biete. Auch TUOR und ESCHER vertreten in ihren Kommentaren die Ansicht, "vielleicht" sei die ausdrückliche Erklärung seitens des Vertragsgegners nicht unbedingt notwendig, wenn seine Mitwirkung nur in der Annahme der Verfügung des andern Teils bestehe (je N. 9 zu Art. 512 ZGB). Beim Verpfründungsvertrag begnügt sich der Pfrundgeber jedoch nicht damit, das Versprechen des Pfründers entgegenzunehmen; gemäss der Legaldefinition des Art. 521 Abs. 1 OR verpflichtet er sich vielmehr seinerseits, dem Pfründer als Gegenleistung für die Übertragung des Vermögens auf Lebenszeit Unterhalt und Pflege zu gewähren. Die Voraussetzungen, unter denen sich das Bundesgericht vorbehielt, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen, sind daher hier zum vornherein nicht erfüllt, so dass sich weitere Ausführungen zu diesem Punkt erübrigen. Es bleibt somit dabei, dass jedenfalls beim Verpfründungsvertrag beide Vertragsparteien den ![]() | 25 |
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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