BGE 105 II 99 | |||
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18. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. März 1979 i.S. Rinderknecht gegen Ernst Göhner AG (Berufung) | |
Regeste |
Art. 368 Abs. 2 OR. |
Zumutbarkeit der Berücksichtigung der Verbesserungskosten im vorliegenden Falle (E. 4b)? | |
Sachverhalt | |
Die Treuhandstelle der Schweizerischen Lebensmittelimporteure (TSL) bzw. deren Lagerhaus-Genossenschaft beauftragte im Frühsommer 1967 die Ernst Göhner AG, als Generalunternehmerin zwei Lagerhäuser zum Preise von je Fr. 1'890'000.- zu erstellen. Als Standorte für diese Lagerhäuser wurden Saland und Ecublens bestimmt.
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Die Generalunternehmerin schloss in der Folge mit dem Ingenieur Hans Heinrich Rinderknecht einen Vertrag. Danach verpflichtete sich dieser, die Ingenieurarbeiten für die beiden Lagerhäuser zu einem Pauschalhonorar von je Fr. 54'000.- "unter Beachtung der einschlägigen Normen des SlA" zu übernehmen. Nach dem Ingenieurvertrag und den dazugehörigen Plänen hätten die tragenden Konstruktionsteile für den Boden im Untergeschoss sowie für die Decken über dem Untergeschoss, dem Erdgeschoss und dem ersten Obergeschoss für Nutzlasten von 2500 kg je m2 bestimmt sein sollen, während die Decke über dem zweiten Obergeschoss eine Nutzlast von 250 kg je m2 hätte aushalten müssen. Nach Erstellung der Lagerhäuser erhob die Lagerbau-Genossenschaft der TSL Mängelrüge bezüglich der Tragfähigkeit der Decken. Ein von den Vertragsparteien beauftragter Sachverständiger kam in der Folge zum Schluss, dass "eine grosszügige, jedoch vernünftige Interpretation der SIA-Norm" eine zulässige Nutzlast von 1250 kg/m2 ergebe.
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Die Ernst Göhner AG verpflichtete sich gegenüber der Lagerhaus-Genossenschaft der TSL in einer aussergerichtlichen Vereinbarung, für allen Schaden einzustehen und zwei neue Lagerhäuser zu erstellen. Im Januar 1974 erhob sie gegen Rinderknecht Klage auf Erstattung von Fr. 1'889'395.45 nebst Zins als Minderwert und Schadenersatz. Mit Urteil vom 21. September 1978 sprach das Obergericht (I. Zivilkammer) des Kantons Zürich der Klägerin Fr. 1'426'141.45 nebst Zins zu. Gegen dieses Erkenntnis hat der Beklagte die Berufung an das Bundesgericht erklärt, mit der er die Abweisung der Klage in dem Fr. 282'474.45 übersteigenden Betrage verlangt.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Der dem Minderwert eines Werkes entsprechende Abzug am Werklohn ist wie der geminderte Preis einer Kaufsache nach der relativen Berechnungsweise zu ermitteln. Danach hat sich der vereinbarte zum geminderten Werklohn gleich zu verhalten wie der Wert des mangelfreien zum Wert des mangelhaften Werkes (BGE 88 II 414 E. 3, BGE 81 II 209 E. 3a mit Hinweisen; GAUTSCHI, N. 16a und b zu Art. 368 OR). Der Minderwert eines Werkes bemisst sich nach dem Unterschied zwischen seinen objektiven Werten im mangelfreien Zustand einerseits und im mangelhaften Zustand anderseits. Auf den subjektiven Wert für den Besteller kommt nichts an. In der Regel bestimmt sich der objektive Wert eines Werkes nach dem Verkehrs- oder Veräusserungswert (GAUTSCHI, N. 16b und c zu Art. 368 OR; GAUCH Der Unternehmer im Werkvertrag 2. Auflage, Zürich 1977 Ziff. 471/484 ff.) Ausschlaggebend ist dabei eine ausschliesslich wirtschaftliche Betrachtungsweise. Von da ausgegangen, ergibt sich ohne weiteres, dass der Minderwert nicht mehr als die Kosten für die Verbesserung des Werkes ausmachen kann, jedenfalls wenn die Verbesserung dem Besteller nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr zuzumuten ist und wenn durch sie das Werk vom minderwertigen in den mangelfreien, d.h. vertragsgemässen Zustand überführt werden kann, ist es doch diesfalls nicht um mehr als um die Verbesserungskosten entwertet. Könnte der Besteller unter solchen Umständen am Werklohn einen Abzug machen, der höher ist, als es dem dergestalt berechneten Minderwert entspricht, so wäre er um diesen Mehrbetrag bereichert, was sich mit Treu und Glauben nicht vereinbaren liesse (vgl. GAUTSCHI, N. 16g zu Art. 368 OR). Die Kosten der Verbesserung des Werkes durch einen Dritten sind somit bei der Berechnung des geminderten Werklohnes im aufgezeigten Sinne zu berücksichtigen.
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Was die Klägerin hiegegen vorbringt, dringt nicht durch. Inwiefern das Recht des Bestellers, gemäss Art. 368 Abs. 2 OR bei Mängeln des Werkes zwischen Lohnabzug und unentgeltlicher Verbesserung des Werkes durch den Unternehmer wählen zu können, gegenstandslos wird, wenn man für die Berechnung des geminderten Werklohnes auf die Kosten der Verbesserung durch einen Dritten abstellt, ist nicht einzusehen, wird doch dadurch das Wahlrecht nicht betroffen. Ebensowenig verliert bei diesem Vorgehen die relative Berechnungsweise ihre Bedeutung; nicht der Minderwert des Werkes, sondern der ihm entsprechende Abzug am Lohne ist nach dieser zu ermitteln (vgl. Art. 368 Abs. 2 OR; BGE 88 II 414 E. 3, BGE 81 II 209 E. 3a). Keine Rolle spielen kann im vorliegenden Fall ferner, auf welche Weise das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Bestellerin der Werke bereinigt worden ist und ob die Klägerin infolge des mit der Bestellerin eingegangenen Vergleichs einen Vermögensnachteil erleidet, wenn von einem Minderwert ausgegangen wird, der die Verbesserungskosten nicht übersteigt. Nach unwidersprochener Annahme der Vorinstanz haftet der Beklagte im Rahmen des in Frage stehenden Auftragsverhältnisses höchstens für den Betrag, den diese der Bestellerin der Lagerhäuser zu leisten verpflichtet war. Nicht haftbar gemacht werden kann der Beklagte aber für jene Beträge, die die Klägerin über ihre vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen hinaus der Bestellerin geleistet hat. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Berechnung des Minderwertes im Sinne von Art 368 Abs. 2 OR durchaus Prozessthema. In diesem Rahmen sind deshalb auch allfällige Verbesserungskosten von Bedeutung, so dass keine Rede davon sein kann, bei deren Berücksichtigung werde der Nachbesserungsanspruch des Unternehmers "quasi durch die Hintertüre" wieder in den Prozess eingeführt, wie die Vorinstanz meint.
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b) Die Klägerin macht geltend, die vom Beklagten vorgeschlagene Verbesserung bewirke nicht den vertragsgemässen, sondern einen vom Vertrag abweichenden Zustand des Werkes. Sie bringe eine Verringerung der Lager- sowie der Fensterflächen mit sich und laufe somit den ursprünglichen Plänen zuwider, die gemäss Werkvertrag und der zugehörigen Offerte Vertragsbestandteil bildeten. Die Kosten der Verbesserung fielen als Minderwert auch deshalb ausser Betracht.
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Ob dies zutrifft, hängt von tatsächlichen Feststellungen ab, die im angefochtenen Urteil fehlen. Die Frage ist dennoch für den Fall zu prüfen, dass die im Vertrag vereinbarte Tragkraft der Decken durch die im vom Beklagten eingereichten Privatgutachten vorgeschlagene Verstärkung der Deckenkonstruktion herbeigeführt werden kann. Die nach diesem Gutachten an den Pfeilerköpfen der Rand- und Innenpfeiler des Erd- und ersten Obergeschosses anzubringenden bis auf 60 cm unter die Decke reichenden Stahlbetonvorlagen haben entgegen der klägerischen Behauptung keinen Flächen-, wohl aber einen geringfügigen Lagerraumverlust zur Folge, indem in ihrem Bereich nicht mehr bis unmittelbar unter die Decke gestapelt werden kann; ferner verringern die in Fensterbandmitte auf die bestehende Aussenmauer aufzubauenden Zwischenpfeiler die Fensterfläche ungefähr um ein Fünftel. Auch wenn damit gegenüber dem in dieser Hinsicht bisher vertragsgemässen Zustand ein vom Vertrag abweichender Zustand geschaffen wird, erscheint das für den Besteller bei Würdigung der gesamten Umstände dennoch als nach Treu und Glauben zumutbar. Der Verlust von Lagerraum und Fensterflächen im erwähnten Umfang fällt angesichts der Grösse, Art und Zweckbestimmung der in Frage stehenden Lagerhäuser nicht entscheidend ins Gewicht, zumal diese anderseits voll belastbar werden und die durch die geminderte Belastbarkeit hervorgerufenen betrieblichen Erschwernisse weitestgehend wegfallen. Die wegen des geringeren Lagerraums und der verminderten Fensterfläche sich ergebende Entwertung ist zudem in einem solchen Falle - neben den eigentlichen Verbesserungskosten - im Sinne von Art. 368 Abs. 2 OR besonders abzugelten.
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