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28. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. Juli 1979 i.S. Rechberger gegen Erben Gossweiler (Berufung) | |
Regeste |
Vertragliches Gewinnanteilsrecht. | |
Sachverhalt | |
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"Die Käuferin Frau Anna Kuhn-Gossweiler gewährt dem Verkäufer, nach
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dessen Ableben ihren drei Geschwistern Albert Gossweiler, Hans Gossweiler
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und Frau Elise Stahel-Gossweiler oder deren Erben, bei
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teilweiser oder samethafter Veräusserung der Kaufsobjekte eine
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Gewinnbeteiligung und zwar:
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a) Bei Veräusserung innert 15 Jahren vom 1. November 1952 an gerechnet:
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75% des Gewinnes,
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b) bei Veräusserung in der Zeit vom 1. November 1967 bis 1. November
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1982: 50% des Gewinnes.
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Unter Gewinn ist die Differenz zwischen dem Anlagewert (heutiger
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Übernahmepreis plus Aufwendungen, Grundsteuern, Gebühren, etc.)
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und dem Verkaufspreis zu verstehen.
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Übernahmepreise).
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Sollten die Vertragsobjekte zu Lebzeiten oder zufolge Erbteilung aus dem
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Nachlasse der Käuferin an den Ehegatten oder einen Nachkommen übergehen,
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wäre diese Verpflichtung dem Erwerber zu überbinden.
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Diese Gewinnbeteiligung ist obligatorischer Natur und kann nicht im
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Grundbuch eingetragen werden."
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1957 starb Anna Kuhn-Gossweiler. Die beiden Grundstücke Kat. Nr. 1131 und 1132 wurden in der Erbteilung ihrer Tochter Heidi Rechberger-Kuhn zu Alleineigentum zugewiesen.
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Am 14. August 1969 setzte der Stadtrat von Zürich auf den 1. Dezember 1969 eine Bauordnung in Kraft, wodurch die beiden Grundstücke in die Freihaltezone zu liegen kamen. Am 28. Juli 1971 meldete Heidi Rechberger ihre Entschädigungsforderung beim Finanzamt der Stadt Zürich an. Am 5. Oktober 1973 schloss die Stadt Zürich mit Heidi Rechberger einen öffentlich beurkundeten "Vertrag über Bauverbotsentschädigung", durch den der jeweilige Eigentümer der beiden Parzellen unter anderem verpflichtet wurde, auf ihnen die Erstellung von Bauten aller Art zu unterlassen, die dem Zonenzweck der Freihaltezone gemäss Bauordnung 1963 widersprechen, und hinsichtlich der Bewirtschaftung die Vorschriften der Bauordnung zu dulden. Überdies wurde der Stadt Zürich an den beiden Grundstücken ein Vorkaufsrecht eingeräumt. Die Stadt Zürich verpflichtete sich, Heidi Rechberger eine Entschädigung von Fr. 980'000.- zu zahlen. Der Vertrag wurde am 14. November 1973 vom Stadtrat genehmigt. Am 17. Dezember 1973 wurde der genannte Betrag ausbezahlt.
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B.- Am 30. März 1976 leitete Hans Gossweiler, eines der vier Kinder des am 20. Oktober 1971 verstorbenen Verkäufers Albert Gossweiler, beim Bezirksgericht Dielsdorf gegen seine Nichte Heidi Rechberger Klage ein. Er beantragte, diese sei zu verpflichten, ihm seinen Gewinnanteil aus der Entschädigung für das Bauverbot, nämlich einen Drittel von 50% von Fr. 980'000.- und Zinsen zu zahlen, abzüglich die in Ziffer 6 des Kaufvertrags vom 20. November 1952 vorgesehenen Gewinnminderungen, zuzüglich 5% Zins seit der Auszahlung der Bauverbotsentschädigung.
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Im Laufe des Verfahrens starb der Kläger, worauf seine gesetzlichen Erben, Hans-Rudolf, Alfred und Peter Gossweiler, Klara Dudli-Gossweiler und Herta Wolf, in den Prozess eintraten.
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C.- Gegen diesen Entscheid erhob die Beklagte Berufung an das Bundesgericht mit dem Antrag auf Abweisung der Klage.
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Aus den Erwägungen: | |
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b) Das Bundesgericht führte im nicht veröffentlichen Entscheid vom 9. Juni 1977 in Sachen Egolf gegen Steffen, dem der Fall einer formellen Enteignung zugrundelag, unter anderem aus, der Anspruch auf Beteiligung am Gewinn entstehe erst, wenn der Gewinn realisiert worden sei, denn nur ein tatsächlich erzielter Gewinn müsse mit den Miterben geteilt werden; realisiert sei der Gewinn aber erst, wenn der Enteignete die Enteignungsentschädigung erhalten habe, frühestens allenfalls, wenn diese fällig geworden sei. Es besteht kein Anlass, von dieser Auffassung abzuweichen. Was im genannten Entscheid mit Bezug auf die formelle Enteignung ausgeführt wurde, muss sinngemäss auch bei der materiellen Enteignung gelten. Auf den vorliegenden Fall angewendet, ergibt sich somit folgendes:
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Die Höhe der Bauverbotsentschädigung wurde erst im Vertrag zwischen der Stadt Zürich und der Beklagten vom 5. Oktober 1973 festgelegt. Vorher wusste die Beklagte nicht, was ihr ![]() | 29 |
Ob das Gewinnbeteiligungsrecht der übrigen Erben am 5. Oktober oder erst am 14. November 1973 entstanden sei, kann offen bleiben. Beide Daten lagen nach dem Tod Albert Gossweilers (20. Oktober 1971). Der Anspruch auf Gewinnbeteiligung fiel demnach nicht mehr in dessen Vermögen und demzufolge auch nicht mehr in dessen Erbmasse. Gemäss dem Kaufvertrag vom 20. November 1952 steht er vielmehr den drei Geschwistern Albert und Hans Gossweiler und Elsa Stahel-Gossweiler zu. Die Klage der Kläger auf Auszahlung eines Drittels des geschuldeten Gewinnanteils erfolgte daher zu Recht und wurde von beiden Vorinstanzen zu Recht geschützt.
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c) Was die Beklagte dagegen vorbringt, dringt nicht durch. Sie macht zunächst geltend, mit der erwähnten Rechtsauffassung werde die Bestimmung des Termins, an welchem das Gewinnbeteiligungsrecht entstehe, weitgehend in das Belieben des Expropriaten gestellt und könne die Entstehung des Gewinnbeteiligungsrechts unter Umständen unverhältnismässig und unzumutbar lange hinausgeschoben werden, wodurch ungerechtfertigte Manipulationen oder Verzögerungen möglich würden und der Anspruch der Miterben geschmälert werden könnte.
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Wohl mögen gewisse Manipulationen nicht ausgeschlossen sein. Solche sind aber auch in anderen Fällen möglich, hat ein Veräusserer es doch immer (auch im Falle des Art. 619 ZGB) in der Hand, die Veräusserungsverhandlungen in die Länge zu ziehen und den Abschluss des Veräusserungsvertrags mehr oder weniger hinauszuschieben. Das allein ist noch kein Grund für die Unrichtigkeit der dargelegten bundesgerichtlichen Rechtsprechung, zumal offensichtlich ungerechtfertigte Manipulationen auf dem Weg über das Rechtsmissbrauchsverbot korrigiert werden können.
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Ob die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, sofort nach dem Inkrafttreten des Bauverbots die ihr zustehende Entschädigung geltend zu machen und rasch zu handeln, kann dahingestellt bleiben. Aus ihrer Säumnis könnten allenfalls die Kläger etwas ableiten, wenn sie dadurch benachteiligt worden wären. Das ist aber, wie eben erwähnt, gerade nicht der Fall, ist doch ihr heutiger Anspruch höher, als wenn die Beklagte die ihr zustehende Entschädigung noch zu Lebzeiten ihres Grossvaters hätte erhältlich machen können. Die Beklagte hat ihr eigenes säumiges Verhalten selbst zu vertreten und kann daraus nichts zu ihren eigenen Gunsten ableiten.
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d) Die Beklagte macht sodann mit längeren Ausführungen geltend, gemäss Art. 619 Abs. 3 ZGB sei für die Entstehung des Gewinnanteilsrechts im Enteignungsfall die Einleitung des Enteignungsverfahrens massgebend. Analoges müsse auch im vorliegenden Fall gelten, denn die genannte Bestimmung enthalte einen wichtigen Hinweis darauf, wie das alte Recht und die damit im Zusammenhang stehende Vereinbarung der Parteien auszulegen seien. Art. 619 Abs. 3 ZGB will jedoch nur Klarheit darüber schaffen, ob ein Geschäft unter die Frist von 25 Jahren falle, innert welcher den Miterben von Gesetzes wegen ein Gewinnanteilsrecht zusteht. Er betrifft somit die ![]() | 35 |
Im vorliegenden Fall entstand die Forderung der Beklagten gegen die Stadt Zürich wegen materieller Enteignung nach den sich auf kantonales Recht stützenden Ausführungen des Obergerichts mit dem Inkrafttreten des Zonenplanes am 1. Dezember 1969 - dies jedoch nur und erst unter der Suspensivbedingung, dass die Beklagte ihre Ansprüche innert fünf Jahren geltend mache. Solange die Beklagte ihre Ansprüche nicht geltend machte, stand ihr keine Entschädigung zu. Und solange ihr nicht einmal eine Entschädigung zustand, konnte ihr auch kein Gewinn und den Klägern mithin kein Gewinnanteilsrecht erwachsen.
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Die Beklagte machte dann allerdings am 28. Juli 1971, also noch zu Lebzeiten ihres Grossvaters, ihre Ansprüche geltend. Damit stand aber erst fest, dass ihr eine Entschädigung für die materielle Enteignung zukam, nicht aber, dass diese ihr einen Gewinn bringen werde. Das letzte und namentlich auch die Höhe des Gewinns ergaben sich erst aus dem Vertrag zwischen der Stadt Zürich und der Beklagten vom 5. Oktober 1973. Erst von diesem Zeitpunkt an - also nach dem Tod Albert Gossweilers - stand fest, dass und in welcher Höhe ein Gewinn zu erwarten war. Der Anspruch auf Beteiligung an diesem Gewinn konnte demnach nicht früher entstanden sein. Somit stand Albert Gossweiler im Zeitpunkt seinen Todes gegen die Beklagte keine Forderung aus Gewinnbeteiligung zu, die er auf seine Kinder bzw. Enkel hätte vererben können.
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