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Informationen zum Dokument  BGE 105 II 209  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Vorinstanz berechnet den infolge des Todes von Raimund Bis ...
2. Das Kantonsgericht zieht in Betracht, dass die Klägerin a ...
3. Wird durch den Betrieb eines Motorfahrzeuges ein Mensch get&ou ...
4. a) Da am fraglichen Unfall mehrere Fahrzeuge beteiligt waren,  ...
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35. Urteil der I. Zivilabteilung vom 29. Mai 1979 i.S. "Waadt"-Versicherungen, Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit, gegen Schweizerische Eidgenossenschaft (Berufung)
 
 
Regeste
 
Motorfahrzeughaftpflicht  
- Verteilung des Schadens auf die beteiligten Haftpflichtigen gemäss Art. 60 Abs. 2 SVG (E. 4).  
 
Sachverhalt
 
BGE 105 II, 209 (209)A.- Am Morgen des 15. Juni 1976 fuhr Raimund Bischof, Assistent an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, mit einem Wagen des Bundes (VW 1600 A Variant) auf der Autobahn N 13 von Sargans in Richtung Chur. Wegen Belagsarbeiten war der Streckenabschnitt zwischen Bad Ragaz und Landquart nur auf den beiden nach Chur führenden Fahrspuren befahrbar. Die in Richtung Sargans fahrenden Fahrzeuge wurden deswegen auf die Überholspur der Gegenfahrbahn umgeleitet, wo sich die in Richtung Chur fahrenden Fahrzeuge mit den in Richtung Sargans fahrenden kreuzten. Diese Verkehrsführung war vorschriftsgemäss ausgeschildert.
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BGE 105 II, 209 (210)Ungefähr 250 m vor der Ausfahrt Maienfeld geriet das von Bischof gelenkte Fahrzeug auf die linke Strassenseite, wo es frontal mit dem korrekt von Ernst Kalberer gesteuerten, in Gegenrichtung fahrenden Lastwagen Mercedes Benz Kipper des Walter Kressig zusammenstiess. Durch die Wucht der Kollision wurde der Personenwagen abgedreht und über den rechten Fahrbahnrand hinaus gegen den Wildschutzzaun geschleudert, wobei Bischof auf der Stelle getötet wurde. Demgegenüber wurde der Lastwagen gegen die Leitplanke getrieben und kam ungefähr 50 m nach der Kollisionsstelle zum Stillstand. Der Lastwagenlenker blieb unverletzt.
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In der Folge richtete der Bund als Arbeitgeber Bischofs dessen Witwe sowie dem von ihm hinterlassenen Sohn Lukas die in Art. 73 der Angestelltenordnung (SR 172.221.104) vorgesehenen Leistungen aus. Die Witwe Bischofs trat deshalb in ihrem eigenen Namen sowie im Namen ihres Sohnes Lukas im Sinne von Art. 73 Abs. 6 der Angestelltenordnung die Ansprüche auf Ersatz der Bestattungskosten und des Versorgerschadens gegen einen allfällig haftpflichtigen Dritten an den Bund bis auf die Höhe dessen Leistungen ab.
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B.- Im Februar 1978 erhob die Schweizerische Eidgenossenschaft gegen die "Waadt"-Versicherungen, Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit, den Haftpflichtversicherer des Lastwagenhalters Kressig, Klage auf Zahlung von Fr. 428'893.- nebst Zins. Damit machte sie den Versorgerschaden der Witwe Bischofs, seines Sohnes Lukas sowie den Ersatz der Beerdigungskosten geltend.
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Mit Urteil vom 12. Juli 1978 hiess das Kantonsgericht von Graubünden die Klage zur Hälfte, nämlich im Betrage von Fr. 214'446.50 nebst Zins, gut.
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C.- Gegen das kantonsgerichtliche Urteil hat die Beklagte die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag auf Abweisung der Klage. Die Klägerin stellt den Antrag auf Verwerfung der Berufung.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1. Die Vorinstanz berechnet den infolge des Todes von Raimund Bischof entstandenen Schaden, nämlich den Versorgerschaden seiner Witwe und seines Sohnes Lukas, auf über Fr. 428'893.-. Diese Schadensberechnung wird von der BGE 105 II, 209 (211)Berufung ebensowenig angefochten wie die Feststellung der Vorinstanz, dass die Fürsorgeleistungen der Klägerin den eingeklagten Betrag übersteige.
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Die Klägerin, Zessionarin der Geschädigten, belangt die Beklagte als Versicherer des Lastwagenhalters Kressig. Sie stützt sich damit auf Art. 65 SVG, wonach dem Geschädigten im Rahmen der vertraglichen Versicherungsdeckung ein Forderungsrecht unmittelbar gegen den Versicherer zusteht.
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2. Das Kantonsgericht zieht in Betracht, dass die Klägerin als Halterin eines der am Unfall beteiligten Fahrzeuge für den entstandenen Schaden ebenso aufzukommen habe wie die Beklagte als Versicherer eines der Unfallfahrzeuge. Deshalb sei die Aufteilung des Schadens gestützt auf Art. 60 SVG vorzunehmen. Zu berücksichtigen sei dabei, dass den Führer des Lastwagens kein Verschulden treffe und Bischof kein solches nachzuweisen sei. Wegen der unterschiedlichen Betriebsgefahren der am Unfall beteiligten Fahrzeuge rechtfertige es sich unter diesen Umständen, beide Fahrzeughalter für je die Hälfte des Schadens aufkommen zu lassen. Der Klägerin sei deshalb nur der halbe eingeklagte Betrag zuzusprechen. Mit dieser Betrachtungsweise hat sich die Klägerin abgefunden. Demgegenüber verlangt die Beklagte die Abweisung der Klage im wesentlichen mit der Begründung, Bischof, der Führer des Bundesfahrzeuges, habe den Unfall schuldhaft verursacht.
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Am in Frage stehenden Unfall war der Lastwagen Kressigs beteiligt. Unbestritten ist, dass den Führer des Lastwagens kein Verschulden trifft, dass auch höhere Gewalt als Unfallursache ausscheidet und dass schliesslich der Lastwagen in betriebsbereitem Zustand war. Zu prüfen ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 59 Abs. 1 SVG somit nur noch, ob Bischof den Unfall durch grobes Verschulden verursacht habe. Die Beklagte behauptet dies sinngemäss, indem sie vorträgt, Bischof habe elementare BGE 105 II, 209 (212)Vorsichtsmassregeln verletzt und gerade das ausser acht gelassen, was jedem verständigen Menschen in der gleichen Lage und unter den gleichen Umständen hätte einleuchten müssen. Dass es sich so verhält, hat nach der ausdrücklichen Vorschrift von Art. 59 Abs. 1 SVG die Beklagte zu beweisen.
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Das angefochtene Urteil hält fest, dass das von Bischof gesteuerte Fahrzeug auf die linke Fahrbahnhälfte geraten sei. Gemäss den eingeholten Gutachten sei der Unfall nicht auf einen technischen Mangel des Bundesfahrzeuges zurückzuführen. Ausser Betracht falle auch, dass Bischof im kritischen Zeitpunkt geblendet worden sei. Aber auch ein menschliches Versagen seitens Bischofs sei nicht ersichtlich. Weder habe dieser ein unbedachtes Überholmanöver ausführen wollen, noch sei er übermüdet oder alkoholisiert gewesen, noch gebe es Anhaltspunkte für Selbstmord. Auf Grund des Berichtes des medizinischen Sachverständigen sei es aber möglich, dass Bischof wegen der Residuen einer abgelaufenen Herzmuskelentzündung von einem Unwohlsein oder einer Bewusstlosigkeit befallen worden sei und dass das zum Unfall geführt habe. Gewissheit darüber bestehe indes nicht, doch komme eine Bewusstlosigkeit Bischofs mit "einiger Wahrscheinlichkeit" als Unfallursache in Frage.
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Aus diesen vom Kantonsgericht festgestellten Umständen folgt, dass die Urteilsfähigkeit Bischofs im Zeitpunkt des Unfalles nicht erstellt ist. Auf Grund der im Interesse des Geschädigten aufgestellten besonderen Beweislastvorschrift des Art. 59 Abs. 1 SVG hat die Beklagte das grobe Verschulden und damit auch die Urteilsfähigkeit Bischofs im Zeitpunkt des Unfalles zu beweisen. Sie beruft sich deshalb in diesem Zusammenhang vergeblich darauf, dass nach Art. 16 ZGB die Urteilsfähigkeit Bischofs zu vermuten sei. Auf der Hand liegt zwar, dass Bischof objektiv eine Verkehrsregel verletzte, indem er sein Fahrzeug auf die Gegenfahrbahn geraten liess (Art. 34 Abs. 1 SVG), und damit rechtswidrig handelte. In subjektiver Hinsicht setzt ein Verschulden zwar nicht voraus, dass sich Bischof dieser Rechtswidrigkeit bewusst war (BGE 91 II 42, BGE 82 II 317 E. 3). Zu einem solchen gehörte aber, dass er eine ihm obliegende Sorgfaltspflicht verletzte und in bezug darauf auch urteilsfähig war (OFTINGER, Schweizerisches Haftpflichtrecht, 4. Aufl., Zürich 1975, S. 142 und 154; vgl. BGE 104 II 98 E. 2, BGE 97 II 126 E. 2 und 3, BGE 93 II 341 E. 6, BGE 91 II 189 E. 2c). Gerade BGE 105 II, 209 (213)letzteres ist nach dem Gesagten vorliegend aber nicht erwiesen. Vermag die Beklagte somit kein Verschulden Bischofs nachzuweisen, so ist sie von ihrer grundsätzlichen Haftung für die Unfallfolgen nicht befreit (Art. 59 Abs. 1 SVG).
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4. a) Da am fraglichen Unfall mehrere Fahrzeuge beteiligt waren, haften deren Halter für den entstandenen Schaden solidarisch (Art. 60 Abs. 1 SVG). Das sind hier die Klägerin als Halterin des Personenwagens sowie der Lastwagenhalter Kressig bzw. sein Versicherer. Fest steht sodann, dass die Klägerin über ihre Fürsorgeeinrichtungen für den gesamten Schaden aufkommt und dass die Geschädigten auf Grund dieser Sachlage ihre Ansprüche an die Klägerin abgetreten haben (Art. 73 Abs. 6 der Angestelltenordnung). Die Klägerin befindet sich somit in der Lage jenes Halters, der infolge seiner solidarischen Haftbarkeit für den Ersatz des gesamten Schadens aufgekommen ist und nun im Innenverhältnis auf den andern - ebenfalls solidarisch haftenden - Halter zurückgreift. Dieses Innenverhältnis ist vorliegend ausschliesslich nach Art. 60 Abs. 2 SVG zu beurteilen. Von vornherein unbehelflich ist es, wenn sich die Beklagte auf die Regelung von Art. 61 SVG beruft, der vom Schadenersatz zwischen Motorfahrzeughaltern handelt, denn vorliegend geht es um eine andere Frage, nämlich darum, wer endgültig und in welchem Ausmasse für den Dritten entstandenen Schaden einstehen muss. Art. 61 SVG betrifft hingegen den Fall, dass ein Halter durch das Unfallereignis geschädigt worden ist.
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b) Nach Art. 60 Abs. 2 SVG ist der Schaden auf die beteiligten Haftpflichtigen unter Würdigung aller Umstände zu verteilen, wobei in erster Linie das von den betreffenden Motorfahrzeughaltern zu vertretende Verschulden massgebend sein soll, es sei denn, "besondere Umstände, namentlich die Betriebsgefahren", rechtfertigten eine andere Verteilung.
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Auszugehen ist nach dem Gesagten davon, dass keiner der Halter der am Unfall beteiligten Fahrzeuge ein Verschulden zu vertreten hat. Abzustellen ist somit nach Art. 60 Abs. 2 SVG "namentlich" auf die Betriebsgefahren der Unfallfahrzeuge. In diesem Zusammenhang machen die Beklagten mit der Berufung geltend, dass nicht auf die latente, sondern allein auf die verwirklichte Betriebsgefahr abzustellen sei. Demgemäss dürfe nur die Betriebsgefahr des von Bischof gelenkten Fahrzeuges als für den Schaden kausal betrachtet werden. Für die Verwirklichung BGE 105 II, 209 (214)einer Betriebsgefahr genügt es, dass das Unfallereignis mit der Eigenart des Betriebes des Fahrzeuges zusammenhängt (OFTINGER, a.a.O., S. 25). Dies trifft indes auch auf den am Unfall beteiligten Lastwagen zu. Nur weil dieser im Unfallzeitpunkt auf der Gegenfahrbahn im Betrieb war, stellte er für das Bundesfahrzeug ein Hindernis dar, das den eingetretenen Schaden schliesslich bewirkte. Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich, dass beide Unfallfahrzeuge vor dem Unfall mit einer Geschwindigkeit von ungefähr 80 km/h gefahren sind. Sodann hält die Vorinstanz fest, dass der Lastwagen voll beladen war und damit ein Gewicht von 15 Tonnen aufgewiesen habe, wogegen der Personenwagen nur rund eine Tonne gewogen habe. Dass Kalberer unmittelbar vor der Kollision die Bremsen betätigt habe, habe die Geschwindigkeit des Lastwagens bis zum Augenblick des Zusammenpralls nur unwesentlich herabzusetzen vermocht. Infolge des viel höheren Fahrzeuggewichtes des Lastwagens war unter diesen Umständen auch die von diesem beim Unfall freigesetzte zerstörerische Wucht viel höher als diejenige, die vom Personenwagen ausging; entsprechend ist die durch den Lastwagen verwirklichte Betriebsgefahr höher zu veranschlagen (OFTINGER, a.a.O., S. 324).
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In Anbetracht des fehlenden Verschuldens beider Fahrzeugführer und der erheblich höheren verwirklichten Betriebsgefahr des Lastwagens erscheint die von der Vorinstanz vorgenommene hälftige Aufteilung des Schadens auf die Fahrzeughalter als angemessen. Das fährt zur Abweisung der Berufung und zur Bestätigung des angefochtenen Urteils. Ergibt sich somit, dass Bundesrecht nicht verletzt ist, so spielt auch keine Rolle, dass die Vorinstanz Art. 60 SVG in seiner alten Fassung zitiert.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 12. Juli 1978 bestätigt.
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