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1. Urteil der II. Zivilabteilung vom 7. Februar 1980 i.S. H. gegen H. (Berufung) | |
Regeste |
Art. 153 Abs. 1 ZGB; Rentenanspruch des im Konkubinat lebenden, geschiedenen Ehegatten. | |
Sachverhalt | |
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B.- Am 20. September 1978 reichte Werner H. beim Bezirksgericht Zürich gegen Berta H. eine Klage auf Abänderung des Scheidungsurteils ein, mit der er die Aufhebung des Unterhaltsbeitrags an die geschiedene Ehefrau beantragte. Zur Begründung führte er aus, diese lebe seit dem 1. Juli 1978 mit W. im Konkubinat und heirate diesen nur deshalb nicht, um den Rentenanspruch nicht zu verlieren. Darin liege ein Rechtsmissbrauch im Sinne von Art. 2 Abs. 2 ZGB.
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Während das Bezirksgericht die Klage am 17. Januar 1979 abwies, hiess sie das Obergericht des Kantons Zürich auf Berufung des Klägers hin mit Urteil vom 2. Juli 1979 gut und hob die Rentenverpflichtung mit Wirkung ab 1. Januar 1979 auf.
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C.- Mit Berufung ans Bundesgericht beantragt die Beklagte, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben und die Klage abzuweisen; eventuell sei das Rentenbezugsrecht der Beklagten erst ab 1. Mai 1979 und nur für solange einzustellen, als die Beklagte mit W. eheähnlich zusammenlebe.
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Der Kläger schliesst auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Nach Art. 153 Abs. 1 ZGB hört die Pflicht zur Entrichtung einer Rente im Sinne von Art. 151 bzw. 152 ZGB auf, wenn der berechtigte Ehegatte sich wieder verheiratet. Das Bundesgericht hat in BGE 104 II 154 ff. ausgeführt, es stelle einen offenbaren Rechtsmissbrauch dar, wenn der rentenberechtigte Ehegatte nach der Scheidung mit einem Angehörigen des andern Geschlechts eine eheähnliche Lebensgemeinschaft bilde, diesen aber nur deswegen nicht heirate, um der gesetzlichen Folge des Rentenverlustes auszuweichen. Es hat deshalb ![]() | 6 |
Auf diese Rechtsprechung stützt sich der angefochtene Entscheid. Die Vorinstanz stellt fest, dass das Verhältnis zwischen der Beklagten und W. intim sei, dass die Beklagte mit ihrem Sohn Urs zusammen mit W. in einer von diesem gemieteten 3 1/2-Zimmerwohnung wohne, dass sie mit W. im Sommer 1978 zwei Wochen Segelferien am Bodensee verbracht habe und dessen Geschäftswagen für nicht geschäftliche Zwecke benütze, dass sie zur Ausstattung der gemeinsamen Wohnung auch Möbel angeschafft habe und dass W. die Kosten von Ausflügen und damit verbundenen Konsumationen bezahle. Nicht bewiesen sei dagegen, dass W. und die Beklagte in der Öffentlichkeit als Ehepaar aufträten, gemeinsam Anlässe besuchten, Spaziergänge unternähmen und allgemein wie Verheiratete lebten. Wenn der Anschein einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft gegeben und als solcher bewiesen sei, sei es jedoch gerechtfertigt, von der durch das normale menschliche Verhalten und den gewöhnlichen Lauf der Dinge gegebenen Tatsachenvermutung auszugehen, welche durch den Nachweis umgestossen werden könne, dass entgegen dem äusseren Anschein nicht eine Lebensgemeinschaft, sondern nur ein loses, z.B. rein obligationenrechtliches Verhältnis vorliege. Einen solchen Nachweis habe die Beklagte nicht erbracht. Dass sie sich von W. nicht aushalten lasse, sondern an die Kosten des gemeinsamen Haushaltes monatlich Fr. 1'500.-- beitrage, lasse sich durch dessen Belastung mit Unterhaltsleistungen aus seiner Ehescheidung erklären. Wenn die Beklagte trotz der nunmehr einjährigen Probezeit und des vorgerückten Alters der beiden Konkubinatspartner immer noch nicht an Heirat denke, so sei anzunehmen, sie verhalte sich so, um sich des Rentengenusses nicht zu begeben. Ihr Verhalten sei daher als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren, was zur Aufhebung der Rentenverpflichtung des Klägers führen müsse.
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2. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz kann indessen allein aus der Tatsache, dass die Beklagte im Konkubinat lebt, nicht auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten geschlossen werden. Wenn Art. 153 Abs. 1 ZGB die Pflicht zur Bezahlung einer Scheidungsrente mit der Wiederverheiratung des berechtigten Ehegatten enden lässt, so liegt der gesetzgeberische Sinn dieser Bestimmung offensichtlich darin, dass der rentenberechtigte ![]() | 8 |
Wann dies der Fall sei, kann nicht generell gesagt werden, sondern ist auf Grund der Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei ist vor allem die Dauer des Konkubinats von Bedeutung. Je länger nämlich ein Konkubinat gedauert hat, desto eher ist in der Regel der Schluss berechtigt, die Partner fühlten sich moralisch verpflichtet, sich gegenseitig wie Ehegatten beizustehen. Dieser Schluss kann sich auch dann aufdrängen, wenn die Konkubine erwerbstätig ist und ihren Anteil an den Kosten des gemeinsamen Haushalts selber trägt. Wie zwei Ehegatten, so können auch zwei Konkubinatspartner übereinkommen, beide dem Verdienst nachzugehen, um sich einen entsprechend höheren Lebensstandard leisten zu können. Das schliesst nicht aus, dass beide den Willen haben, wie Ehegatten füreinander zu sorgen, wenn der eine von ihnen aus irgendeinem Grund nicht mehr erwerbstätig sein kann. Umgekehrt genügt es entgegen der Ansicht von BÜHLER/SPÜHLER (N. 23 zu Art. 153 ZGB) ![]() | 9 |
3. Im vorliegenden Fall hatte das Konkubinat der Beklagten mit W. im Zeitpunkt der Einreichung der Klage noch nicht einmal drei Monate und im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheids erst ein Jahr gedauert. Diese verhältnismässig kurze Dauer lässt den Schluss noch nicht zu, dass das Verhältnis Bestand haben und damit der Beklagten wirtschaftlich ähnliche Vorteile bieten werde, wie dies eine Ehe täte. Dazu kommt, dass das Verhalten der Beklagten durchaus verständlich ist. Sie schliesst eine Wiederverheiratung nicht aus, macht aber geltend, eine neue Bindung müsse reiflich überlegt werden, da sowohl sie als auch W. erst seit kurzem geschieden seien und sie zudem ihrem Sohn eine zweite gescheiterte Ehe ersparen möchte. Wenn die Beklagte mit der Wiederverheiratung zuwartet, um sicher zu sein, dass ihr Verhältnis mit W. von Dauer sein wird, so kann ihr dies in der Tat nicht zum Vorwurf gemacht werden. Jedenfalls kann unter den heute gegebenen Umständen nicht gesagt werden, sie heirate in rechtsmissbräuchlicher Weise deswegen nicht, um den Rentenanspruch nicht zu verlieren. Die gegenteilige Annahme der Vorinstanz beruht nicht auf Beweiswürdigung, sondern stellt eine aus der allgemeinen Lebenserfahrung fliessende Schlussfolgerung dar, an die das Bundesgericht nicht gebunden ist (BGE 99 II 84 und 329, BGE 95 II 124 und 169). Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Fall von BGE 104 II 154 ff. In jenem Entscheid hatte die Vorinstanz auf Grund von Zeugenaussagen positiv ![]() | 10 |
Die Klage ist daher, jedenfalls zur Zeit, abzuweisen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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