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16. Urteil der I. Zivilabteilung vom 11. März 1980 i.S. Iff AG und ARGE gegen Rathgeb (Berufung) | |
Regeste |
Art. 58 Abs. 1 SVG, Haftpflicht des Motorfahrzeughalters. | |
Sachverhalt | |
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Der Beklagte anerkannte während des Prozesses die Forderung der ARGE in der Höhe von Fr. 3'973.-- nebst 5% Zins seit 4. August 1977. In seinem Urteil vom 12. September 1979 hielt der Appellationshof diese Schuldanerkennung fest und wies die Klage, soweit weitergehend, ab.
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C.- Mit vorliegender Berufung beantragen die Klägerinnen, das Urteil des Appellationshofs aufzuheben und den Beklagten zur Zahlung von Fr. 11'462.-- und Fr. 32'527.-- je nebst 5% Zins seit 23. Juni 1978 zu verpflichten oder die Sache zur Festsetzung des Schadens an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Der Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Die Klägerinnen rügen, die Vorinstanz habe Art. 62 Abs. 1 SVG übersehen, wonach Art und Umfang des Schadenersatzes sich nach den Grundsätzen des Obligationenrechts über unerlaubte Handlungen und nicht nach allfälligen Wortinterpretationen von Art. 58 Abs. 1 SVG richteten. Der Schadenersatz erschöpfe sich bei Sachschaden nicht im Ersatz des Wertes der ![]() | 7 |
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Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung haftet der Halter eines Motorfahrzeugs für den Schaden, wenn durch den Betrieb des Fahrzeugs ein Mensch getötet oder verletzt oder Sachschaden verursacht wird. Die sprachliche Fassung lässt die Beschränkung der Haftpflicht des Motorfahrzeughalters auf Personen- und Sachschaden klar erkennen. Das kam bereits in den parlamentarischen Beratungen sowohl zum inhaltlich gleichen Art. 37 Abs. 1 MFG (Sten.Bull. 1931 N, Voten Pfister S. 213 und 214, Meuli, S. 221, Schaerer, S. 222, Häberlin, S. 227 und Baumann, S. 231) wie auch zum jetzt geltenden Art. 58 Abs. 1 SVG (Sten.Bull. 1957 N, Voten Guinand, S. 221, Eggenberger, S. 224 und Guinand, S. 233; Sten.Bull. 1958 S, Votum Müller, S. 118) unübersehbar zum Ausdruck. Die Lehre geht, soweit diese Frage überhaupt berührt wird, übereinstimmend dahin, im Rahmen von Art. 58 Abs. 1 SVG werde nur für Personen- und Sachschaden gehaftet (OFTINGER, Schweiz. Haftpflichtrecht, Bd. II/2, 2. Auflage, S. 512; KELLER, Haftpflicht im Privatrecht, 3. Auflage, S. 45; TERCIER, De la distinction entre dommage corporel, dommage matériel et autres dommages, Festschrift Assista 1968-1978, S. 258), und diese Auffassung herrscht auch in der Versicherungspraxis vor (OSWALD, Versicherungsleistung und Schadenersatz, Schweizerische ![]() | 9 |
Die Klägerinnen vermögen dem nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen. Der von ihnen angeführte Art. 62 Abs. 1 SVG umschreibt nicht die Voraussetzungen der Haftung, bezieht sich nach seiner eindeutigen Fassung namentlich nicht auf den Schaden, sondern handelt lediglich von "Art und Umfang des Schadenersatzes" und verweist nur insoweit auf die Grundsätze des Obligationenrechts über unerlaubte Handlungen (Sten.Bull. 1957 N, Votum Eggenberger, S. 234). Auch diese Bestimmung ändert demnach nichts daran, dass die Frage, für welche Schäden der Motorfahrzeughalter haftet, ausschliesslich von Art. 58 Abs. 1 SVG geregelt wird. Deshalb ist auch der Hinweis darauf unbehelflich, dass grundsätzlich jeder Nachteil zu ersetzen sei, den der Schadensbegriff erfasse, bei Sachschaden also sowohl damnum emergens wie lucrum cessans (vgl. OFTINGER, a.a.O., Bd. I, 4. Auflage, S. 57). Die Dreiteilung des Schadens in Personen-, Sach- und sonstigen Schaden ist im schweizerischen Recht allgemein geläufig (OFTINGER, a.a.O., I, S. 61; KELLER, a.a.O., S. 44; TERCIER, a.a.O., S. 251), und was den einzelnen dieser Schadensarten zuzuordnen ist, durchwegs einheitlich umschrieben (OFTINGER, a.a.O., I, S. 61; KELLER, a.a.O., S. 44; TERCIER, a.a.O., S. 252 ff.). Der Hinweis der Klägerinnen auf OFTINGER (a.a.O., I, S. 61 Fussnote 38), der die Terminologie KELLERS (a.a.O., S. 39 ff.) als persönlich gefärbt bezeichnet, geht fehl, da OFTINGER offensichtlich nicht auf diese Unterscheidung, die er selber auch macht, Bezug nimmt. Was schliesslich unter der Herrschaft anderer Haftungsbestimmungen entschieden worden ist, beispielsweise gestützt auf Art. 55 OR (BGE 102 II 85) oder Art. 22 MO (BGE 101 Ib 252), kann für den Gehalt von Art. 58 Abs. 1 SVG nicht entscheidend sein, wenn er eine Haftung des Motorfahrzeughalters eben nur für den Fall vorsieht, dass ein Mensch getötet oder verletzt oder Sachschaden verursacht worden ist. Geschädigter im Sinne dieser Bestimmung kann nur sein, wer einen Personen- oder Sachschaden erlitten hat, nicht ausserdem, wer ![]() | 10 |
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Die Zweitklägerin hat insofern einen Sachschaden erlitten, als der Asphalt, der sich in der Aufbereitungsanlage befand, unbrauchbar wurde und aus ihr entfernt werden musste. Dass dieser Sachschaden mehr als die vom Beklagten anerkannten Fr. 3'973.-- betrage, darin insbesondere der entgangene Gewinn oder andere zu berücksichtigende Rechnungsgrössen nicht verrechnet wurden, macht die Zweitklägerin nicht geltend. Der weitere Schaden, den der Experte als reinen, nicht direkt auf Sachschäden zurückzuführenden Vermögensschaden bezeichnete, steht in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem der Zweitklägerin erwachsenen Sachschaden und erweist sich demnach eindeutig als sonstiger Schaden, der gemäss Art. 58 Abs. 1 SVG nicht zu ersetzen ist. Es trifft daher nicht zu, dass der Experte in seiner Beurteilung von Schadensbegriffen ausgegangen ist, die vor Bundesrecht nicht standhalten, und die Vorinstanz unbesehen darauf abgestellt hat.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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