BGE 107 II 222 | |||
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31. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. Juni 1981 i.S. Saphirwerk AG gegen MRO Marketing and Retailing Organization SA (Berufung) | |
Regeste |
Alleinvertretungsvertrag; Schadensermittlung. |
2. Kausalzusammenhang, Novenverbot (E. I/3). |
3. Tat- und Rechtsfragen bei der Schadensberechnung (E. II/2). | |
Aus den Erwägungen: | |
a) Von der Vorinstanz überhaupt nicht berücksichtigt wird die Behauptung der Beklagten, es liege Schlechterfüllung des Vertrags durch die Klägerin vor, weil diese sich nicht für den Absatz der Produkte eingesetzt und das Feld der Konkurrenz überlassen habe. Das Handelsgericht hält dem entgegen, dass keine Mindestabnahme garantiert war, dass die Beklagte sich zuvor über den Betrieb der Klägerin hätte orientieren müssen und dass ihr zudem die jährliche Kündigung offen gewesen wäre. Es gehört indes zur Natur des Alleinvertretungsvertrags, dass die Klägerin mit dem Exklusivrecht zum Verkauf der Ware der Beklagten in der Schweiz auch eine Verpflichtung zur Förderung des Absatzes übernahm (BGE 78 II 34; GUHL/MERZ/KUMMER, OR, 7. Auflage, S. 292; CAVIN, in Schweizerisches Privatrecht VII/1, S. 174; SCHLUEP, in Schweizerisches Privatrecht VII/2, S. 841 und 846). Dass keine Mindestabnahmemengen vereinbart waren, ändert hieran nichts, sondern schliesst einzig eine Haftung der Klägerin für den Erfolg ihrer Bemühungen aus.
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b) Wie es sich mit diesen Vertragsverletzungen wirklich verhält, braucht im vorliegenden Zusammenhang nicht entschieden zu werden. Zwar besteht beim Alleinvertretungsvertrag durchaus ein Austauschverhältnis im Sinne von Art. 82 OR zwischen gegenseitigen Exklusivitätspflichten oder zwischen der Exklusivitätspflicht des einen und der Absatzförderungspflicht des andern (BGE 78 II 34; SCHLUEP, a.a.O., S. 847; VON THUR/ESCHER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, S. 64 Anm. 46). Art. 82 OR gewährt jedoch grundsätzlich nur eine aufschiebende Einrede mit der Wirkung, dass eine geforderte Leistung zurückgehalten werden kann bis zur Erbringung oder Anbietung der Gegenleistung. Da der vorliegende Vertrag längst beendigt ist, kann die Beklagte ihre Ersatzleistungen nicht davon abhängig machen, dass die Klägerin gewisse Vorleistungen nachholt. Die Beklagte versucht das auch gar nicht; sie will sich mit Hilfe der Einrede nicht nur provisorisch, sondern definitiv der abschliessenden Auseinandersetzung entziehen, was nicht der Sinn von Art. 82 OR sein kann (VON TUHR/ESCHER, a.a.O., S. 61; BECKER, N. 5 zu Art. 82 OR).
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Ob die Beklagte schadenersatzpflichtig ist, beurteilt sich vielmehr nach Art. 97 ff. OR. Es stand ihr frei, ihrerseits die angeblichen Vertragsverletzungen der Klägerin zum Gegenstand von Schadenersatzforderungen zu machen und diese zur Verrechnung zu stellen. Offen bleiben kann, ob allenfalls Vertragsverletzungen seitens der Beklagten deshalb zu verneinen wären, weil im damaligen Zeitpunkt die Klägerin bereits ihrerseits im Sinne von Art. 82 OR säumig gewesen wäre. Weder wird das mit der Berufung geltend gemacht noch ist auch nur der geringste Versuch unternommen worden, einen zeitlichen Zusammenhang herzustellen zwischen den Verstössen der Beklagten und solchen der Klägerin.
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Die Vorinstanz stellt sinngemäss fest, dass der Klägerin diese Aufträge wegen des vertragswidrigen Verhaltens der Beklagten entgingen. Das ist Bejahung des natürlichen Kausalzusammenhangs und bindet das Bundesgericht (BGE 101 II 73 mit Hinweisen). Allerdings setzt sich das Handelsgericht nicht mit dem genannten Einwand der Beklagten auseinander, womit gegebenenfalls der Beweisanspruch von Art. 8 ZGB verletzt oder der streitige Sachverhalt lückenhaft festgestellt sein könnte (Art. 63 Abs. 2 und 64 OG). Für das eine wie das andere müsste jedoch dargetan werden, dass die Beklagte ihren Einwand bereits im kantonalen Verfahren rechtzeitig und gehörig erhoben hat, und in dieser Hinsicht lässt die Berufung jeden Anhaltspunkt vermissen. Es ist daher anzunehmen, dass es sich um eine neue, erstmals vor Bundesgericht aufgestellte Behauptung handelt, die gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. c OG unzulässig ist.
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Ermessensüberschreitung wird vorliegend nicht geltend gemacht und käme auch gar nicht in Betracht, weil kein Ermessensentscheid im Sinne von Art. 42 Abs. 2 OR vorliegt. Es handelt sich auch nicht um eine hypothetische Beurteilung künftiger Entwicklung, sondern um die konkrete Berechnung aufgrund ermittelter Umsätze und errechneter Gewinnmarge. Das angefochtene Urteil beruht zu Recht auf dem Schadensnachweis, nicht auf einer Schadensschätzung.
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Hingegen rügt die Klägerin u.a. eine falsche Anwendung der Grundsätze kaufmännischer Berechnungen und erblickt darin eine Verletzung von Bundesrecht, wobei sie sich ausdrücklich auf die in BGE 104 II 199 genannten "unzulässigen Berechnungsgrundsätze" beruft. Die betreffende Formel kann in der Tat missverstanden werden. Indes wird beim Schaden gleich wie in anderen Bereichen der Sachverhalt selbst vom kantonalen Richter verbindlich festgestellt, während seine rechtliche Würdigung dem Bundesgericht obliegt (Art. 63 Abs. 2 und 3 OG; DESCHENAUX, La distinction du fait et du droit dans les procédures de recours au Tribunal Fédéral, S. 15). Das gilt für den Begriff des Schadens wie für die damit zusammenhängenden Rechtsgrundsätze der Schadensberechnung. Doch besagt dies keineswegs, dass beispielsweise die Ermittlung eines entgangenen Gewinns durch einen Experten auch dahin zu prüfen wäre, ob dieser die richtigen Berechnungsmethoden seines Fachgebietes angewandt habe. Eine solche Prüfung steht zwar dem Sachrichter zu, doch kann das Ergebnis genau wie jede andere Beweiswürdigung vom Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht überprüft werden, sondern höchstens in einem staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren wegen Verletzung von Art. 4 BV (BGE 102 II 84 mit Hinweisen).
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