BGE 107 II 459 | |||
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73. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 24. November 1981 i.S. Schoch gegen Bundesamt für geistiges Eigentum (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Anmeldedatum des Teilgesuchs. |
2. Art. 57 Abs. 1 lit. c und 58 Abs. 2 PatG. ob der Gegenstand eines Teilgesuchs sich im Rahmen der ursprünglichen Unterlagen hält oder über die darin offenbarte Erfindung hinausgeht, beurteilt sich nach den Kenntnissen eines Durchschnittsfachmannes. Die Prüfung dieser Frage ist im Eintragungsverfahren Sache des Amtes (E. 2). | |
Sachverhalt | |
A.- Edwin Schoch reichte am 20. September 1978 beim Bundesamt für geistiges Eigentum das Patentgesuch Nr. 9805/78 ein, das die Erfindung eines Sicherheitshakens für einen Surf-Trapezgurt betrifft. Während des Prüfungsverfahrens liess er durch den inzwischen beigezogenen Anwalt am 19. August 1980 das Teilgesuch Nr. 6260/80 stellen, für das er das Anmeldedatum des Stammgesuches vom 20. September 1978 beanspruchte.
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Das Amt fand, dass der Gegenstand des Teilgesuchs über den Inhalt des Stammgesuchs hinausgehe und daher gemäss Art. 57 Abs. 1 lit. c PatG zu beanstanden sei. Da Schoch dies nicht gelten liess, setzte es das Anmeldedatum des Teilgesuchs durch "Zwischenverfügung" vom 29. April 1981 auf den 19. August 1980 fest.
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B.- Der Gesuchsteller führt gegen diese Verfügung Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Anträgen: 1. sie aufzuheben und das ursprüngliche Anmeldedatum vom 20. September 1978 anzuerkennen; 2. das Patent mit den am 19. August 1980 eingereichten Ansprüchen 1-8 oder mit den Alternativ-Hauptansprüchen B und C, die den Hauptanspruch 1 ersetzten, zu erteilen und im Register einzutragen.
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Das Amt hält an seiner Auffassung fest.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten ist.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Die Beschwerdefähigkeit von Zwischenverfügungen richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen der Verwaltungsrechtspflege, d.h. nach Art. 97 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 und 45 VwVG. Dass Art. 59c PatG im Gegensatz zum alten Recht auf eine ausdrückliche Verweisung verzichtet, ändert daran nichts (BBl 1976 II S. 88 zu Art. 59 Abs. 6 aPatG). Zwischenverfügungen sind demnach nur dann selbständig anfechtbar, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (BGE 104 V 176, BGE 99 Ib 415, BGE 98 Ib 284). Da ein solcher nach den Akten nicht ersichtlich war, gab der Instruktionsrichter den Parteien Gelegenheit zu Ergänzungen; beide haben davon Gebrauch gemacht.
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Das Amt weist in seiner Ergänzung darauf hin, dass die I. Zivilabteilung gemäss Erwägung 1 ihres Entscheides vom 4. Dezember 1979 i.S. Hisamitsu auf eine gleichgelagerte Beschwerde eingetreten ist. Nach dieser Erwägung, die in BGE 105 II 302 nicht, in PMMBl 1980 I S. 63 dagegen veröffentlicht worden ist, wurde damals ausdrücklich offengelassen, ob es sich um einen End- oder Zwischenentscheid handelte, weil die zehntägige Frist gewahrt worden und die Voraussetzung eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils gegeben sei; worin dieser zu erblicken war, wurde in den Entscheidungsgründen allerdings nicht gesagt.
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b) Dass der Patentbewerber durch eine Verschiebung des Anmeldedatums erheblich benachteiligt wird, liegt auf der Hand, schliesst jedoch nicht aus, dass der Nachteil mit einer Beschwerde gegen den spätern Endentscheid behoben werden kann; das ist im Falle, der BGE 87 I 404 zugrunde liegt, denn auch geschehen. Anders verhält es sich nach Ansicht des Amtes mit den Unzukömmlichkeiten, welche sowohl dem Amt selber als auch Konkurrenten des Patentbewerbers entstehen, wenn das Anmeldedatum erst auf Beschwerde gegen den Endentscheid geändert würde, nachdem es mit der Patentschrift längst allgemein bekanntgemacht worden ist. Dem ist entgegenzuhalten, dass jedenfalls nach der ausdrücklichen Vorschrift des Art. 87 OG, der für die staatsrechtliche Beschwerde gilt, nur ein dem Beschwerdeführer selbst drohender Nachteil massgebend ist. Davon abgesehen erscheint es als fraglich, ob wirklich nicht wieder gutzumachende Nachteile erwachsen, wenn die Datumfrage erst im Anschluss an den Endentscheid zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gemacht werden kann. Zwar stellt das Bundesgericht diesfalls bei der Verwaltungsgerichtsbeschwerde weniger strenge Anforderungen als bei der staatsrechtlichen Beschwerde (vgl. BGE 99 Ib 416 und BGE 98 Ib 286), doch lässt es - entgegen einer zuweit gehenden Formulierung in BGE 101 Ib 15 - nicht jedes "schutzwürdige Interesse" genügen.
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Wie der drohende Nachteil vorliegend zu gewichten ist, braucht jedoch nicht entschieden zu werden, wenn die im Falle Hisamitsu noch offengelassene Frage dahin beantwortet wird, dass hier nicht ein Zwischenentscheid im Sinne der Rechtsprechung (BGE 106 Ia 228 und 233), sondern ein unbeschränkt anfechtbarer Endentscheid gegeben ist. Für die gegenteilige Auffassung des Amtes spricht freilich, dass es die angefochtene Verfügung im Verlauf seines Prüfungsverfahrens erlassen hat, das - vom Fall der Zurückweisung abgesehen - erst mit der Patenterteilung abgeschlossen wird. Die Festsetzung des Anmeldedatums ist indes Bestandteil dieser Erteilung. Das Amt nimmt damit seinen Sachentscheid teilweise vorweg. Dadurch unterscheidet sich seine Verfügung insbesondere von den in Art. 45 Abs. 2 VwVG als Beispiele aufgeführten Zwischenverfügungen, weshalb sie auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin nicht diesen gleichzustellen, sondern als unbeschränkt anfechtbarer Endentscheid zu behandeln ist (BGE 106 V 241). Selbst wenn in der Festsetzung des Anmeldedatums nur ein für das weitere Verfahren wegleitender Vorentscheid zu erblicken wäre, verhielte es sich nicht anders; die Anfechtung als Endentscheid wäre dann ebenso zu bejahen wie bei Rückweisungsentscheiden, mit denen eine massgebende materielle Frage vorweg verbindlich erledigt wird (so BGE 103 Ib 45, BGE 100 Ib 467, BGE 99 Ib 520).
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Für die Annahme eines Teil- statt eines Zwischenentscheides sprechen ferner praktische Gründe, wie sie vom Amt zum drohenden Nachteil angeführt werden. Ein Zwischenentscheid kann vom Betroffenen jedenfalls in der Regel noch zusammen mit dem auf ihm beruhenden Endentscheid angefochten werden (vgl. Art. 45 Abs. 3 VwVG; BGE 98 Ia 240, BGE 90 I 289 E. 5; LUDWIG in ZBJV 110/1974 S. 184 ff.). Eine Datumverschiebung muss im Interesse eines geordneten Patenterteilungsverfahrens jedoch vorweg rechtskräftig beurteilt werden können; das ist in Art. 64 Abs. 3 und 4 PatV denn auch ausdrücklich vorgesehen. Dass Dritte - soweit ihnen überhaupt ein Beschwerderecht zukommt (BGE 94 I 190 E. 6) - noch den Endentscheid anfechten können, weil sie vom vorausgehenden Teilentscheid keine Kenntnis erhalten haben (BGE 87 I 404 E. 3), ändert nichts. Der Patentbewerber selbst kann in diesem Zeitpunkt nicht mehr auf die Datumverschiebung zurückkommen.
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Ist ein Teilentscheid anzunehmen, so gilt zudem die ordentliche dreissigtägige Beschwerdefrist, die der Bedeutung des Anmeldedatums und der Schwierigkeit von Fragen, wie sie vom Beschwerdeführer aufgeworfen werden, ebenfalls besser gerecht wird.
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c) Dagegen kann vorliegend nur der erste Beschwerdeantrag behandelt werden, der sich auf die Festlegung des Anmeldedatums bezieht. Im übrigen bleibt die Patenterteilung Gegenstand des weiteren Prüfungsverfahrens, dem das Bundesgericht nicht vorgreifen darf. Auf den zweiten Antrag ist daher nicht einzutreten.
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2. Sowohl das Stammgesuch des Beschwerdeführers wie sein späteres Teilgesuch sind aufgrund der Art. 57 und 58 PatG in der seit 1. Januar 1978 geltenden Fassung zu beurteilen. Danach erhält das Teilgesuch des Anmeldedatums des noch hängigen Stammgesuchs, wenn sein Gegenstand nicht über dessen Inhalt hinausgeht (Art. 57 Abs. 1 lit. c PatG); andernfalls gilt als Anmeldedatum der Tag, an dem die Unterlagen eingereicht wurden, welche die beanspruchte Erfindung offenbaren (Art. 58 Abs. 2 PatG).
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a) Das Amt anerkennt zu Recht, dass diese Bestimmungen auch eine Erweiterung des ursprünglich formulierten Patentanspruchs unter Beibehaltung des Anmeldedatums erlauben, wenn der erweiterte Anspruch nicht über den Inhalt der ursprünglichen Unterlagen, die alle zu berücksichtigen sind, hinausgeht. Beide Parteien stimmen ferner darin überein, dass massgebend ist, was in den ursprünglichen Unterlagen als Erfindung offenbart wird, auch wenn der Anspruch darin zu eng formuliert worden ist. Wo die angefochtene Verfügung sich über den "Gegenstand" des ursprünglichen Gesuchs oder die darin beanspruchte Erfindung äussert, ist nichts anderes gemeint. Dagegen gehören zu den massgebenden Unterlagen auch die Patentansprüche, die anders als nach dem früheren Recht zwar nicht verbindlich, doch bereits in der Anmeldung formuliert werden müssen (vgl. Art. 49 Abs. 1 lit. c PatG mit Art. 49 Abs. 2 aPatG und BGE 87 I 407).
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Der Beschwerdeführer geht zutreffend davon aus, dass die Streitfrage aus der Sicht eines Durchschnittsfachmannes der Branche zu beurteilen ist. Er verneint die fachliche Fähigkeit des Amtsprüfers, dem die besonderen Fachkenntnisse jedenfalls bei komplexen Erfindungen fehlten; der Entscheid müsse daher dem gerichtlichen Experten und damit dem Richter vorbehalten bleiben, zumal das Gesetz dafür einen besonderen Nichtigkeitsgrund vorsehe (Art. 26 Abs. 1 Ziff. 3bis PatG).
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Wie bei einer Erfindung vorzugehen ist, welche die Möglichkeit der amtlichen Sachprüfung übersteigt, kann indes offen bleiben, denn vorliegend ist das offensichtlich nicht der Fall. Diese Prüfung war übrigens schon nach dem alten Recht Sache des Amtes (BGE 87 I 397 ff.), und das neue hat daran nichts geändert (Art. 57 und 58 PatG in Verbindung mit Art. 64 und 65 PatV). Dass die amtliche Prüfung weniger weit geht, wenn Prioritätsrechte beansprucht werden, steht dem nicht entgegen, sondern ergibt sich aus der unterschiedlichen Regelung (insbesondere Art. 19 und 20 PatG).
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b) Wie in BGE 87 I 408 /9 zu Art. 58 Abs. 2 aPatG ausgeführt worden ist, lässt sich nur von Fall zu Fall sagen, wann in einem Gesuch "Anhaltspunkte" für spätere Änderungen gegeben seien; dieser verschwommene Begriff erlaube zudem nur Änderungen, durch welche die in den ursprünglichen Unterlagen offenbarte Erfindung nicht ihrem Wesen nach gewandelt und über die dort offenbarten Grenzen hinaus erweitert werde. Das Amt hatte in jenem Falle den Übergang von den ursprünglich beanspruchten Dihalogen- auf Polyhalogenverbindungen ohne Datumänderung hingenommen, weil die ersteren als Untergruppe der letzteren anzusehen und in einem Unterbegriff nach der Amtspraxis stets Anhaltspunkte für einen Oberbegriff enthalten seien. Das Bundesgericht lehnte diese allgemeine Schlussfolgerung ab und prüfte, ob durch Einführung des Oberbegriffs "Polyhalogenverbindungen" der Gegenstand der Erfindung erweitert wurde. Es bejahte das, weil der umfassende Oberbegriff sich nicht in den ursprünglich beanspruchten Unterbegriffen erschöpfte, folglich nicht an deren Stelle treten konnte. Daran ist im Urteil vom 5. Oktober 1976 i.S. Wellcome Foundation Ltd. festgehalten worden, wobei unter Hinweis auf die Lehre (TROLLER, Immaterialgüterrecht I S. 626; BLUM/PEDRAZZINI, Patentrecht III S. 332, 334 und 336) verdeutlicht wurde, dass es sich bei den Anhaltspunkten nicht um blosse Andeutungen, Vermutungen oder Spekulationen handeln dürfe (S. 9).
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Diese Erwägungen zum alten Recht treffen auf das neue um so mehr zu, als nach der Revision blosse Anhaltspunkte nicht mehr genügen (Botschaft zur Novelle in BBl 1976 II S. 86). Der Beschwerdeführer beanstandet deshalb zu Unrecht, dass das Amt seine Prüfungspraxis deswegen verschärft hat und damit die Patentbewerber gegenüber früheren benachteilige. Daran ändert auch BGE 105 II 302 ff. nichts, wo dem Amt nur das Recht abgesprochen wurde, gestützt auf die seit 1. Januar 1978 geltende Fassung seine bisherige Praxis auch zum Nachteil früherer Bewerber zu ändern.
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Richtig ist sodann, dass das neue Recht die Regelung von Art. 123 Abs. 2 des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) vom 5. Oktober 1973 übernommen hat (BBl 1976 II S. 86 und 321) und dass nach Abs. 3 dieser Bestimmung Änderungen vor dem Einspruchverfahren auch eine Erweiterung des Schutzbereichs bewirken dürfen, der durch die Patentansprüche bestimmt wird (Art. 69 EPÜ). Für die Auffassung des Beschwerdeführers ergibt sich daraus indes nichts; denn auch das Amt anerkennt, dass er mit dem Teilgesuch die Patentansprüche in den Schranken der ursprünglichen Unterlagen erweitern durfte.
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