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76. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. Dezember 1981 i.S. Eucordina AG gegen Bankhaus Hesse Newman & Co. (Berufung) | |
Regeste |
Internationales Privatrecht, Wirkungen eines ausländischen Konkurses. |
2. Tragweite des Grundsatzes der Territorialität des Konkurses (E. 2). |
3. Anwendbares Recht bei der Abtretung von Forderungen und beim Schulderlass (E. 4 und 5). | |
Sachverhalt | |
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Die Bankhaus Hesse Newman & Co. war für erhebliche Beträge Wechselgläubigerin der SB "mehr Wert". In einem Wechselprozess vor dem Landgericht Hamburg wurde diese verurteilt, jener DM 1'993'464.80 zu bezahlen. Am 13. September 1976 wurde über die SB "mehr Wert" der Konkurs eröffnet.
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Der Konkursverwalter über das Vermögen der SB "mehr Wert" trat am 1. Dezember 1978 sämtliche Ansprüche aus § 171 HGB gegen die Eucordina AG an die Bankhaus Hesse Newman & Co. ab.
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B.- Im Dezember 1977 klagte die Bankhaus Hesse Newman & Co. gegen die Eucordina AG auf Zahlung von DM 200'000.-- nebst 5% Zins seit 13. August 1976.
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Das Kantonsgericht des Kantons Zug hiess die Klage gut. In den Erwägungen wird festgehalten, dass vom zugesprochenen Betrag DM 80'000.-- vorab zur Deckung der Auslagen und der Forderungen der Klägerin dienen, während die restlichen DM 120'000.-- der Klägerin in ihrer Eigenschaft als Treuhänderin des Konkursverwalters beziehungsweise der Gläubigergesamtheit zustehen.
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Auf Appellation der Beklagten setzte das Obergericht des Kantons Zug am 23. Dezember 1980 die der Klägerin zugesprochene Parteientschädigung herab und bestätigte im übrigen das erstinstanzliche Urteil.
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Das Bundesgericht weist die von der Beklagten gegen das obergerichtliche Urteil erhobene Berufung ab, soweit es auf sie eintritt.
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Aus den Erwägungen: | |
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Nach dem schweizerischen Recht, das als lex fori heranzuziehen ist, beschlägt der zur Beurteilung stehende Sachverhalt das Verhältnis zwischen einem Kommanditär und den Gläubigern der Kommanditgesellschaft. Die Beziehungen zwischen Gesellschaft ![]() | 10 |
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Das schweizerische Recht befolgt im allgemeinen den Grundsatz der Territorialität des Konkurses. Lehre und Rechtsprechung treten indes in zunehmendem Masse für eine Einschränkung des Vorrangs dieses Prinzips zugunsten jenes der Universalität ein (BGE 103 III 58, BGE 102 III 76, BGE 100 Ia 23 ff., BGE 95 III 89, BGE 94 III 48; HIRSCH, Aspects internationaux du droit suisse de la faillite, Recueil de travaux publié à l'occasion de l'assemblée de la Société Suisse des Juristes à Genève 1969, S. 69 ff.; DALLČVES, Universalité et territorialité de la faillite dans la perspective de l'intégration européenne BlSchK 1973, S. 161 ff.; HANISCH, Deux problèmes de faillite internationale, Mémoires publiés par la Faculté de droit de Genève, Nr. 50 (1976), S. 107 ff.; NUSSBAUM, Das internationale Konkursrecht der Schweiz, Diss. Bern 1980, S. 110). Auf diesen Problemkreis braucht hier nicht weiter eingegangen zu werden. Ist der deutsche Konkurs wegen des Grundsatzes der Territorialität in der Schweiz unbeachtlich, so kann die Klägerin als Gesellschaftsgläubigerin die Kommanditistin nach wie vor aufgrund von § 171 Abs. 1 HGB in Anspruch nehmen (SCHLEGELBERGER-GESSLER, N. 5 zu § 171 HGB). Werden der Konkurs und seine Wirkungen dagegen in der Schweiz berücksichtigt, so ist ![]() | 12 |
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Insoweit der angefochtene Entscheid auf der Anwendung schweizerischen Rechts fusst und überprüft werden kann, liegt keine Verletzung von Bundesrecht vor. Gemäss heutiger Rechtslage bleiben in der Schweiz gelegene Vermögenswerte eines im Ausland in Konkurs gefallenen Schuldners grundsätzlich den Gläubigern zwecks Arrestierung, Prosequierung und Verwertung nach schweizerischem Recht vorbehalten (BGE 102 III 74, BGE 54 III 28, BGE 40 III 367, BGE 37 II 587, BGE 35 I 812; NUSSBAUM, a.a.O., S. 101).
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Wie das Obergericht stillschweigend annimmt, beurteilt sich die Gültigkeit der in der Bundesrepublik Deutschland zwischen deutschen Gesellschaften erfolgten Zession und Rückzession nach deutschem Recht als dem Recht der zu übertragenden Forderung (BGE 95 II 113 mit Hinweisen; SCHÖNENBERGER/JÄGGI, Obligationenrecht, Allgemeine Einleitung, N. 376-378; VISCHER, Schweizerisches Privatrecht I, S. 706 f.). Dass insofern eine Verletzung ![]() | 16 |
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Die befreiende Wirkung eines Schulderlasses beurteilt sich gemäss herrschender Lehre nach dem Recht, unter dem die aufzuhebende Verpflichtung steht (SCHÖNENBERGER/JÄGGI, a.a.O., N. 364; VISCHER, a.a.O., S. 704). Somit gelangt hier deutsches Recht zur Anwendung, welches auf Berufung hin nicht überprüft werden kann. Nicht anders verhält es sich übrigens, wenn mit der Beklagten angenommen wird, es handle sich um eine Leistung ohne Gegenleistung. Ein solches Gefälligkeitsgeschäft ist dem Recht des Wohnsitzes des Schenkers als desjenigen, der die für den Vertrag charakteristische Leistung erbringt, unterstellt (SCHÖNENBERGER/JÄGGI, a.a.O., N. 271; VISCHER, a.a.O., S. 674). Im Gebiete des deutschen Rechts findet Art. 8 ZGB keine Anwendung, weshalb auch die Rüge seiner Verletzung unbehelflich ist.
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