BGE 108 II 165 | |||
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34. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 16. August 1982 i.S. S. gegen S. (Berufung) | |
Regeste |
Art. 142 Abs. 2 ZGB. |
Soweit die eheliche Gesinnung bei jenem Ehegatten nicht verneint werden kann, der sich der Scheidungsklage des vorwiegend schuldigen widersetzt, und sie auch nicht zum vornherein durch Umstände widerlegt wird, die dieser Ehegatte selber zu vertreten hat, ist nicht weiter zu prüfen, welche Interessen als ausreichend angesehen werden müssen, um das blosse Festhalten an der Ehe dem Bande nach zu rechtfertigen. | |
Erwägungen: | |
1 | |
Es ist unverkennbar, dass im Erscheinungsbild der Ehe und in den Auffassungen über die Ehe seit dem Inkrafttreten des ZGB Änderungen eingetreten sind. Indessen kann es nicht Aufgabe des Richters sein, jeder Änderung der Realien in beliebiger Weise Rechnung zu tragen. Der Richter ist vielmehr darauf beschränkt, das bestehende Recht anzuwenden. Dazu gehört im Zusammenhang mit Art. 142 Abs. 2 ZGB, der dem schuldlosen oder weniger schuldigen Ehegatten die Möglichkeit offen halten will, grundsätzlich selbst an einer tief zerrütteten Ehe festzuhalten, das Rechtsmissbrauchsverbot des Art. 2 Abs. 2 ZGB. Dieses Verbot kann jedoch nicht dazu Anlass geben, irgendwelchen Gerechtigkeitsvorstellungen und rechtspolitischen Zielsetzungen zum Durchbruch zu verhelfen. Es gesteht vielmehr dem Richter nur gerade die Befugnis zu, Rechtsschutz dort zu versagen, wo ein berechtigtes Rechtsschutzinteresse ganz offensichtlich fehlt (vgl. BGE 104 II 151 /152 und die Stellungnahmen dazu in der Lehre: HINDERLING, Das schweizerische Ehescheidungsrecht, Zusatzband II, S. 24 ff.; HAUSHEER, ZBJV 116/1980 S. 93 ff., 117/1981 S. 80 ff.). Solange ein berechtigtes Rechtsschutzinteresse nachgewiesen ist, bleibt daher für eine blosse Interessenabwägung kein Raum und kann auch von einer zweckwidrigen Ausübung eines bestehenden Rechts nicht gesprochen werden.
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Nun hat das Beweisverfahren der kantonalen Instanzen ergeben, es seien hinreichende Anzeichen vorhanden, die nach allgemeiner Lebenserfahrung darauf schliessen liessen, bei der Ehefrau sei trotz der mehrjährigen faktischen Trennung der Ehewille nicht völlig erloschen. Zudem bestehe auch kein Grund zur Annahme, eine Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft müsste von seiten der Ehefrau aus betrachtet von vornherein zu einem eindeutigen Misserfolg führen, so dass ihr Festhalten an der gelebten Lebensgemeinschaft und nicht nur an der Ehe dem Bande nach nicht unsinnig sei. Es kann nicht gesagt werden, diese auf der Lebenserfahrung beruhende und somit vom Bundesgericht frei überprüfbare Schlussfolgerung der Vorinstanz sei unhaltbar. Soweit aber die eheliche Gesinnung bei jenem Ehegatten nicht verneint werden kann, der sich der Scheidungsklage des vorwiegend schuldigen widersetzt, und sie auch nicht zum vornherein durch Umstände widerlegt wird, die dieser Ehegatte selber zu vertreten hat, ist nicht weiter zu prüfen, welche Interessen als ausreichend angesehen werden dürfen, um das blosse Festhalten an der Ehe dem Bande nach zu rechtfertigen (HINDERLING, a.a.O., S. 24 ff.; HAUSHEER, a.a.O., passim). Der Widerstand der Beklagten gegen die Scheidung erweist sich somit nicht als rechtsmissbräuchlich, weshalb die Berufung abzuweisen ist.
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