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57. Urteil der II. Zivilabteilung vom 23. Dezember 1982 i.S. Tornado AG gegen R. S. und Appellationsgericht (Ausschuss) des Kantons Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Abzahlungskauf; Art. 226c Abs. 1 OR. | |
Sachverhalt | |
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B.- Gegen diesen Entscheid reichte die Tornado AG Beschwerde an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt ein. Sie beantragte darin, der Rechtsöffnungsentscheid sei wegen Willkür aufzuheben und die provisorische Rechtsöffnung sei zu bewilligen. Mit Urteil vom 6. Juli 1982 wies der Ausschuss des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt die Beschwerde ab.
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C.- Gegen das Urteil des Appellationsgerichts hat die Tornado AG staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV eingereicht. Sie beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die nachgesuchte Rechtsöffnung sei zu bewilligen; eventuell sei die Sache zur Bewilligung der Rechtsöffnung an das Appellationsgericht zurückzuweisen, "subeventualiter zur Rückweisung an den Zivilgerichtspräsidenten zwecks Bewilligung der Rechtsöffnung".
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Das Appellationsgericht hat auf eine Vernehmlassung zur Beschwerde verzichtet, jedoch unter Hinweis auf das motivierte Urteil deren Abweisung beantragt. Die Beschwerdegegnerin hat Gegenbemerkungen eingereicht und darin sinngemäss die Abweisung der Beschwerde beantragt.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit es darauf eintritt, und hebt den angefochtenen Entscheid auf.
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Aus den Erwägungen: | |
1. Da sich die Kognition des Appellationsgerichts auf Willkür beschränkte, hätte mit der staatsrechtlichen Beschwerde auch der Entscheid des Rechtsöffnungsrichters angefochten werden ![]() | 6 |
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3. Im Vordergrund steht die Frage, ob es sich bei der in Art. 226c Abs. 1 OR vorgeschriebenen Schriftform um ein Erfordernis handelt, von dem die Gültigkeit der Verzichtserklärung abhängt. Demgegenüber kommt dem Umstand, dass auch der als Rechtsöffnungstitel vorgelegte Kaufvertrag eine schriftliche ![]() | 8 |
Der Entwurf des Bundesrats zu einem Bundesgesetz über den Abzahlungs- und den Vorauszahlungsvertrag sah in Art. 226b Abs. 1 folgende Bestimmung vor:
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"Der Käufer kann von Gesetzes wegen den Abzahlungsvertrag innerhalb von drei Tagen mit eingeschriebenem Brief widerrufen. Die Postaufgabe der Widerrufserklärung am letzten Tag der Frist genügt."
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In der bundesrätlichen Botschaft vom 26. Januar 1960 wird dazu ausgeführt, diese Formvorschrift sei indessen nicht Gültigkeitsvoraussetzung; der Beweis, dass der Verkäufer vom Widerruf Kenntnis erlangt habe, könne auch mit andern Mitteln erbracht werden. Es handle sich um eine Soll-Vorschrift, bei deren Nichtbeachtung der Käufer jedoch häufig in Beweisschwierigkeiten geraten werde (BBl 1960 I S. 555).
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In der parlamentarischen Beratung wurde für die Verzichtserklärung nicht nur an Stelle der dreitägigen eine fünftägige Frist vorgesehen, sondern die Form des eingeschriebenen Briefes durch einfache Schriftlichkeit ersetzt. Verschiedentlich wurde die Auffassung geäussert, dass trotz des Hinweises in der bundesrätlichen Botschaft, ein eingeschriebener Brief sei nicht Gültigkeitsvoraussetzung, die Gefahr bestünde, eine schriftliche Mitteilung, die nicht in Form eines eingeschriebenen Briefes erfolge, könnte als ungültig betrachtet werden. Die Ersetzung des eingeschriebenen Briefes durch eine gewöhnliche schriftliche Verzichtserklärung erfolgte, wie sich aus den Beratungen klar ergibt, in der Meinung, dass die schriftliche Abgabe der Erklärung Gültigkeitserfordernis sei (Amtl.Bull. S 1961 S. 76 und 233 f., N 1961 S. 428 f. und 1962 S. 6 f.). Die in der bundesrätlichen Botschaft vertretene Auffassung, die für die Verzichtserklärung vorgesehene Form bilde kein Gültigkeitserfordernis, wird somit in bezug auf die Formulierung, die Gesetz geworden ist, durch den Gang der parlamentarischen Beratung widerlegt.
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Dass die Schriftform der Verzichtserklärung als Gültigkeitserfordernis zu verstehen ist, ergibt sich aber auch auf Grund von Art. 11 Abs. 2 OR, der wie folgt lautet:
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"Ist über Bedeutung und Wirkung einer gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht etwas anderes bestimmt, so hängt von deren Beobachtung die Gültigkeit des Vertrages ab."
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Diese Bestimmung füllt lückenhafte Formvorschriften, welche ![]() | 15 |
"Kann der Käufer beweisen, dass der Verkäufer eine mündliche Verzichtserklärung des Käufers entgegengenommen hat, ohne diese sofort als ungenügend zurückzuweisen und eine schriftliche Erklärung zu verlangen, so liegt in diesem Verhalten die Annahme eines Angebotes des Verkäufers, den Vertrag aufzuheben."
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STOFER bestätigt jedoch an dieser Stelle indirekt, dass grundsätzlich nur mit einer schriftlichen Erklärung gegenüber dem Verkäufer gültig auf den Vertragsschluss verzichtet werden kann. Er vertritt lediglich die Auffassung, dass der Verkäufer im Falle einer ungenügenden mündlichen Erklärung des Käufers diese sofort zurückweisen und eine schriftliche Erklärung verlangen müsse, andernfalls er das darin zu erblickende Angebot des Käufers zur (nach Art. 115 OR formlos möglichen) Aufhebung des Vertrages angenommen habe. Zur Richtigkeit dieser Auffassung STOFERS muss hier nicht näher Stellung genommen werden. Jedenfalls kann daraus nicht abgeleitet werden, dass auch eine mündliche Verzichtserklärung des Verkäufers genüge.
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Die im angefochtenen Entscheid enthaltene Begründung ist somit nicht geeignet, die unhaltbare Begründung des Rechtsöffnungsrichters durch eine Argumentation zu ersetzen, die vor dem Willkürverbot der BV zu bestehen vermag. Hätte das Appellationsgericht im Sinne des von ihm angeführten Zitates aus dem Kommentar STOFER die Meinung vertreten wollen, die Beschwerdegegnerin habe die stillschweigende Annahme eines ![]() | 18 |
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