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87. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 23. Dezember 1982 i.S. W. gegen Konkursmasse der ausgeschlagenen Hinterlassenschaft Dr. Rupert Felder (Berufung) | |
Regeste |
Bundesbeschluss über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewB). |
Der Zivilrichter ist an einen rechtskräftigen Entscheid der für die Anwendung des BewB zuständigen Verwaltungsbehörden über die Bewilligungspflicht und gegebenenfalls über die Erteilung oder Verweigerung der Bewilligung gebunden. Er darf daher die Errichtung eines Schuldbriefs nicht wegen Verstosses gegen den BewB als nichtig betrachten, wenn die Verwaltungsbehörden entschieden haben, dass die Schuldbrieferrichtung der Bewilligungspflicht gemäss BewB nicht unterliegt. | |
Sachverhalt | |
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Am 22. Oktober 1973 schloss die durch W. vertretene Imwida AG mit Rupert Felder aus Chur einen schriftlichen Vorvertrag über den Kauf einer Sieben-Zimmer-Attikawohnung (samt Autoabstellplatz) in einem an der Breitacherstrasse 8 in Uitikon-Waldegg zu erstellenden Haus zum Preise von Fr. 970'000.--. Gleichzeitig wurde eine Anzahlung von Fr. 150'000.-- an den Kaufpreis geleistet. Die Parzelle Nr. 1367, auf die das Haus mit der fraglichen Wohnung zu stehen kommen sollte, gehörte zu jenen Liegenschaften, die R. Felder als Strohmann der STIFA Treuhand-Anstalt in Vaduz/FL erworben hatte, um darauf die als "Residenza Selva" benannte Überbauung auszuführen; es handelte sich dabei um ein fünf Blöcke umfassendes Projekt mit insgesamt 68 Eigentumswohnungen.
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Am 3. April 1974 wurde zwischen der Imwida AG und R. Felder der Kaufvertrag über die betreffende Eigentumswohnung öffentlich beurkundet. Am folgenden Tag räumte W. R. Felder ein Darlehen von höchstens Fr. 500'000.-- ein, das durch Errichtung eines Schuldbriefs auf der Parzelle Nr. 1367 sicherzustellen war. Von diesem Darlehen wurden in der Folge Fr. 470'000.-- beansprucht.
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Am 5. September 1974 trat die Imwida AG vom Kaufvertrag mit R. Felder zurück. Die Anzahlung von Fr. 150'000.-- wurde ![]() | 4 |
B.- Nachdem die Erben des am 19. August 1975 verstorbenen R. Felder dessen Nachlass ausgeschlagen hatten, wurde am 25. November 1976 über den Nachlass Felders der Konkurs eröffnet. In diesem Konkurs meldete W. eine Forderung im Betrage von Fr. 470'000.-- nebst Zins zu 7% seit 12. November 1974 an, grundpfandgesichert durch den Inhaberschuldbrief von gleicher Höhe, lastend im ersten Rang auf der Stockwerkeinheit Grundregisterblatt Nr. 1074 der Gemeinde Uitikon. Am 18. Juli 1978 wies die ausserordentliche Konkursverwaltung die Forderung samt Pfandrecht ab.
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C.- Am 21. Juli 1978 reichte W. beim Vermittleramt des Kreises Chur gegen die Konkursmasse Kollokationsklage ein. Eine Einigung konnte zwischen den Parteien nicht erzielt werden. Gestützt auf eine Prorogationsvereinbarung der Parteien unterbreitete W. die Streitsache mit Eingabe vom 7. März 1980 direkt dem Kantonsgericht von Graubünden zur Beurteilung.
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Mit Urteil vom 29./30. März 1982 wies das Kantonsgericht die Klage ab.
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D.- Gegen diesen Entscheid hat der Kläger Berufung an das Bundesgericht erhoben, mit dem Antrag, die Klage in Aufhebung des angefochtenen Urteils gutzuheissen.
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Das Bundesgericht heisst die Berufung gut, hebt das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück.
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1. Die Vorinstanz ist im angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass der Kläger finanziell vollständig vom deutschen Staatsangehörigen H., der über ein Vermögen von rund 30 Millionen Franken verfügt habe, abhängig gewesen sei. Sie erachtete es als erwiesen, dass die Summe von insgesamt Fr. 620'000.--, welche der Kläger im Hinblick auf den Erwerb einer Eigentumswohnung durch die Imwida AG in die Überbauung "Residenza Selva" in Uitikon investiert hatte, aus dessen Mitteln stammte. Sie nahm an, der vom Kläger am 3. April 1974 im Namen der Imwida AG beurkundete Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung und der am 4. April 1974 von ihm in eigenem Namen mit R. Felder abgeschlossene Darlehensvertrag seien offensichtlich darauf angelegt gewesen, einem ausländischen Geldgeber einen beherrschenden Einfluss auf ein in der Schweiz gelegenes Grundstück zu verschaffen; darin sei ein Umgehungsgeschäft im Sinne des Bewilligungsbeschlusses, d.h. des Bundesbeschlusses über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland vom 23. März 1961 bzw. 21. März 1973 (BewB; SR 211.412.41), zu erblicken, was die Nichtigkeit der beiden Verträge zur Folge habe. Was den Inhaberschuldbrief über Fr. 470'000.-- anbetrifft, der Gegenstand des vorliegenden Prozesses bildet, leitete die Vorinstanz aus dem Umstand, dass dieser der Sicherstellung einer nichtigen Darlehensforderung des Klägers gegenüber R. Felder gedient habe, ab, auch er sei von der Nichtigkeitsfolge erfasst worden. Daran vermöge nichts zu ändern, dass die Rekurskommission des Kantons Zürich für Grunderwerb durch Personen im Ausland entschieden habe, der Kläger unterstehe bezüglich dieses Schuldbriefes dem BewB nicht, selbst wenn das sicherzustellende Darlehen im Auftrag und auf Rechnung von H. gewährt worden sein sollte, da dieser inzwischen nicht mehr als eine Person im Ausland gelte. Zwar sei der Zivilrichter grundsätzlich an den Entscheid der zuständigen Verwaltungsbehörde gebunden. Diese habe sich aber zur Frage der Gültigkeit der beiden Verträge vom 3. und 4. April 1974 und der Auswirkung der Nichtigkeit dieser Verträge auf den Inhaberschuldbrief nicht geäussert. Hierüber zu entscheiden sei deshalb das Kantonsgericht befugt. Angesichts der ursprünglichen Nichtigkeit des Pfandtitels sei schliesslich auch die Frage ohne Belang, ob dieser bei seiner Freigabe durch das ![]() | 10 |
In der Berufung wird das vorinstanzliche Urteil nicht angefochten, soweit darin festgestellt wird, der Kläger sei von H. finanziell abhängig gewesen und seine mit R. Felder abgeschlossenen Geschäfte hätten dazu gedient, H. einen beherrschenden Einfluss auf die Eigentumswohnung zu verschaffen, die auf den Namen der Imwida AG erworben worden war. Hingegen wird geltend gemacht, die Vorinstanz sei an den Beschluss der zuständigen Verwaltungsbehörde, wonach die Schuldbrieferrichtung kein bewilligungsbedürftiges Rechtsgeschäft dargestellt habe, gebunden gewesen; das Kantonsgericht hätte deshalb die Nichtigkeit des in Frage stehenden Schuldbriefes nicht bejahen dürfen. Die Beklagte bestreitet, dass der Entscheid der zürcherischen Rekurskommission für Grunderwerb durch Personen im Ausland vom 24. September 1976 eine den Zivilrichter bindende Wirkung entfalte. Soweit sie in diesem Zusammenhang vorbringt, der Kläger habe für R. Felder auch Verhandlungen mit der Schweizerischen Volksbank über die Finanzierung der Überbauung "Residenza Selva" geführt und er habe in den Jahren 1973 und 1974 Gelder von H. verwendet, um R. Felder für diese Überbauung Kredit zu verschaffen, geht sie über den dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt hinaus. Dies ist unzulässig (Art. 63 Abs. 2 OG), weshalb auf die betreffenden Ausführungen nicht eingetreten werden kann.
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Im folgenden ist zu prüfen, ob die Vorinstanz befugt war, die Frage der Nichtigkeit des streitigen Schuldbriefes unabhängig vom Entscheid der Rekurskommission über die Bewilligungspflicht für die Schuldbrieferrichtung zu beurteilen.
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2. Stellen sich in einem Prozess Vorfragen aus einem andern Rechtsgebiet, deren Beurteilung in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Behörde fällt, steht dem Richter nach der in der Schweiz herrschenden Rechtsauffassung unter Vorbehalt einer abweichenden gesetzlichen Regelung die Befugnis zu deren selbständiger Prüfung zu, solange die zuständige Behörde darüber noch nicht entschieden hat. Liegt jedoch ein rechtskräftiger Entscheid der zuständigen Behörde vor, ist der Richter grundsätzlich daran gebunden, ansonst er sich in unzulässiger Weise in einen ![]() | 13 |
3. Der Entscheid der Rekurskommission des Kantons Zürich für Grunderwerb durch Personen im Ausland vom 24. September 1976 ist in formelle Rechtskraft erwachsen, da er unbestrittenermassen nicht durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das ![]() | 14 |
Mit Recht ist im vorliegenden Verfahren nicht bestritten worden, dass der Bezirksrat Zürich und die zürcherische Rekurskommission für Grunderwerb durch Personen im Ausland als Bewilligungsbehörden am Ort der gelegenen Sache gemäss Art. 11 Abs. 1 BewB zuständig waren, über die Bewilligungspflicht für die Errichtung des streitigen Schuldbriefes zu entscheiden. Auch was das Verfahren vor diesen Behörden anbetrifft, werden keinerlei Mängel geltend gemacht, welche als Nichtigkeitsgründe in Frage kämen. Dass die Beklagte darin keine Parteistellung innehatte, wie in der Berufungsantwort geltend gemacht wird, ist zunächst eine Folge davon, dass sie rechtlich erst mit dem Konkurs über den Nachlass von R. Felder zu existieren begann. Die Konkurseröffnung erfolgte indessen erst nach dem Abschluss des Verfahrens vor den kantonalen Bewilligungsinstanzen (nämlich am 25. November 1976). Im übrigen war der Rechtsvorgänger der Beklagten, R. Felder, an der Errichtung des Schuldbriefes selber beteiligt. Er oder seine Erben hätten somit kein schutzwürdiges Interesse gehabt, sich dem Gesuch des Klägers um Feststellung des Nichtbestehens ![]() | 15 |
Die bindende Wirkung des Entscheids der zürcherischen Rekurskommission für den Zivilrichter hängt somit davon ab, welches sein Gegenstand war. Es stellt sich diesbezüglich die Frage, ob die Auffassung der Vorinstanz zutreffe, dass die Rekurskommission die Rechtsgültigkeit des Schuldbriefes unter dem Gesichtspunkt des BewB nicht umfassend beurteilt habe.
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4. Als Gegenstand ihrer Prüfung bezeichnete die Rekurskommission auf S. 4 ihres Entscheides vor allem die Frage, ob der Kläger den Grundpfandvertrag im Auftrag und auf Rechnung von Personen im Ausland abgeschlossen habe. Die Volkswirtschaftsdirektion hatte in ihrer Beschwerde gegen den Entscheid des Bezirksrates ausdrücklich auf den "eindeutigen Zusammenhang" der Schuldbrieferrichtung mit dem (nachträglich rückgängig gemachten) Erwerb einer Eigentumswohnung sowie auf die grosse Darlehensschuld des Klägers gegenüber H. hingewiesen. Die Rekurskommission nahm in ihren Erwägungen auf von ihr beigezogene Steuerunterlagen über die Beziehungen zwischen H. und dem Kläger sowie dessen Gesellschaften Bezug und leitete daraus ab, dass der Kläger und seine Firmen weitgehend mit H. verknüpft seien; es bestehe eine derart enge Verbindung, dass die Steuerbehörden von einer "W./H.-Gruppe" sprächen. Die Rekurskommission gelangte indessen zum Schluss, dass der Kläger der Bewilligungspflicht gleichwohl nicht unterstehe, selbst wenn das zu sichernde Darlehen im Auftrag und auf Rechnung von H. gewährt worden sein sollte (was die Kommission auf Grund der von ihr festgestellten engen Verbindung zwischen dem Kläger und H. offensichtlich als höchst wahrscheinlich betrachtete). Sie stellte fest, der deutsche Staatsangehörige H. sei seit dem Frühjahr 1971 mit Bewilligung der kantonalen und eidgenössischen Fremdenpolizei ununterbrochen in Erlenbach/ZH wohnhaft gewesen und gelte daher seit Frühjahr 1976 gemäss Art. 4 Abs. 2 BewB nicht mehr als Person mit Wohnsitz im Ausland; Hinweise dafür, dass die Errichtung des Schuldbriefes in anderer Weise durch Personen im Ausland finanziert worden wäre, bestünden nicht. Mit dieser Begründung wurde ![]() | 17 |
Sowohl aus der Fassung des Dispositivs als auch aus der Begründung des Entscheids der Rekurskommission ergibt sich somit, dass diese die Frage, ob es sich bei der Errichtung des streitigen Schuldbriefes um ein bewilligungsbedürftiges Geschäft im Sinne des BewB gehandelt habe, umfassend geprüft und in abschliessender Weise verneint hat. Insbesondere hat sie den engen Zusammenhang, zwischen den Umständen der Darlehensgewährung und der Frage der Bewilligungspflicht für die Schuldbrieferrichtung nicht etwa ausser acht gelassen. Sowohl der Kaufvertrag über die Eigentumswohnung zwischen der Imwida AG und R. Felder vom 3. April 1974 als auch der Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und Felder vom 4. April 1974 bildeten Bestandteil der Akten und waren der Rekurskommission bekannt. Wenn diese die Errichtung des Schuldbriefes zur Sicherung der Darlehensforderung des Klägers gegenüber R. Felder trotzdem als ein der Bewilligungspflicht nicht unterstehendes Rechtsgeschäft betrachtete, so einzig und allein deshalb, weil H. inzwischen die nach dem BewB erforderliche Aufenthaltsdauer in der Schweiz erreicht hatte, um nicht mehr als Person mit Wohnsitz im Ausland zu gelten.
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Unter diesen Umständen lässt sich die Auffassung der Vorinstanz nicht halten, dass die Rekurskommission sich zu den Verträgen vom 3. und 4. April 1974 gar nicht geäussert und die Auswirkung einer allfälligen Nichtigkeit dieser Verträge auf den Schuldbrief nicht beurteilt habe. Aus dem Rekursentscheid ergibt sich vielmehr, dass die Kommission den Zusammenhang zwischen den genannten Verträgen und der Schuldbrieferrichtung durchaus erkannt hatte und dass ihr die enge finanzielle Verflechtung zwischen H. und dem Kläger in keiner Weise entgangen war. Sie betrachtete diese Umstände jedoch als unerheblich, weil H. inzwischen die Eigenschaft als Person mit Wohnsitz im Ausland verloren hatte. Ob dieser Schluss richtig war, mag mit der Beklagten bezweifelt werden. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind für die Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsgeschäft der Bewilligungspflicht unterliege, die Verhältnisse im Zeitpunkt des Erwerbs der Rechte an einem Grundstück massgebend. Eine nachträgliche Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse, die zu einer ![]() | 19 |
Die bindende Wirkung des Entscheides der Rekurskommission kann entgegen den Ausführungen der Beklagten auch nicht mit der Begründung verneint werden, die Rekurskommission habe einen anderen Sachverhalt beurteilt als dem im vorliegenden Verfahren massgebenden. Entscheidend ist, dass Gegenstand des Verfahrens vor der Rekurskommission die auch hier sich stellende Frage bildete, ob die Errichtung des streitigen Schuldbriefes auf Grund des BewB als Umgehungsgeschäft zu betrachten und deshalb der Bewilligungspflicht unterstellt sei. Die Rekurskommission hat diese Frage in voller Kenntnis aller relevanten Tatsachen verneint. Dass sie dabei eine erst nach der Schuldbrieferrichtung eingetretene Tatsache berücksichtigte und dieser entscheidendes Gewicht beimass, ändert an der Identität der Fragestellung nichts. Nicht von Bedeutung ist auch, dass der Kläger bei der Einleitung des Verfahrens vor den Verwaltungsbehörden nicht alle für die Beurteilung der Bewilligungspflicht erheblichen Umstände selber darlegte. Wesentlich ist, dass die Rekurskommission von der engen finanziellen Verflechtung zwischen dem Kläger und H. Kenntnis hatte und dass sie die Möglichkeit in Betracht zog, dass das Darlehen des Klägers an R. Felder aus Geldmitteln von H. stammte. Selbst wenn der Kläger versucht haben sollte, durch irreführende Angaben eine Befreiung von der Bewilligungspflicht zu erschleichen, wie die Beklagte geltend macht, so hätte dieser Versuch den Entscheid der Rekurskommission nicht beeinflusst, da diese von den Umständen, die auf ein bewilligungspflichtiges Geschäft ![]() | 20 |
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der formell rechtskräftig gewordene Entscheid der Rekurskommission zur Frage der Bewilligungsbedürftigkeit der Schuldbrieferrichtung im vorliegenden Prozess nicht unbeachtet bleiben und dass der Zivilrichter die Frage des Umgehungscharakters nicht davon abweichend beurteilen kann. Dies hat zur Folge, dass die Nichtigkeit des streitigen Schuldbriefes entgegen der Auffassung der Vorinstanz und der Beklagten verneint werden muss.
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