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Informationen zum Dokument  BGE 109 II 15 - Konkubinatszuwendungen  Materielle Begründung
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Zitiert durch:
BGE 111 II 295 - Prostitutionsvertrag

Zitiert selbst:

Regeste
Aus den Erwägungen:
1. Der Streit der Parteien dreht sich hauptsächlich um die F ...
2. Was das der Beklagten zugesprochene obligatorische Wohn- und B ...
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Jana Schmid, A. Tschentscher  
 
5. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. Januar 1983 i.S. N. und Mitbeteiligte gegen M. (Berufung)
 
 
Regeste
 
Unsittliche Zuwendung (Art. 20 Abs. 1 OR).  
Obligatorisches Wohnrecht.  
Die Begründung eines unentgeltlichen obligatorischen Wohnrechts ist zulässig (E. 2).  
 
BGE 109 II, 15 (16)Aus den Erwägungen:
 
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a) Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz lebten die Beklagte und der Erblasser während fast fünf Jahren bis zu dessen Tod in eheähnlicher Lebensgemeinschaft im streitigen Haus in L. Ob die Ehe des Erblassers mit seiner 17 Jahre älteren Ehefrau im Zeitpunkt der Aufnahme des Konkubinats im April 1968 zerrüttet war, hat die Vorinstanz offen gelassen. Dagegen hat sie festgestellt, ein Einverständnis der Ehefrau mit dem Konkubinat sei trotz der Weiterführung der Kontakte mit dem Erblasser nicht bewiesen. Ferner hat die Vorinstanz festgehalten, dass die Beklagte, die sich während Jahren der Prostitution hingegeben habe, auch noch zu Beginn des Konkubinats mit dem Erblasser mit andern Männern Bekanntschaft gehabt habe, die ihr Geld gegeben hätten. Ein eigentliches Dirnenleben zu jener Zeit sei aber nicht erwiesen. Auf der andern Seite nahm die Vorinstanz auch nicht an, dass andere Gründe als das Konkubinat den Erblasser zu den umstrittenen Vermögensdispositionen zugunsten seiner Partnerin veranlasst hätten. Trotzdem hielt sie die Zuwendungen nicht für ungültig, da mit ihnen kein unsittlicher Zweck verfolgt worden sei.
2
b) Demgegenüber weisen die Kläger darauf hin, das Bundesgericht habe in gefestigter Rechtsprechung daran festgehalten, dass unentgeltliche Zuwendungen im ehebrecherischen Konkubinat als unsittlich und damit nichtig zu betrachten seien. Tatsächlich liegt diese Auffassung, allerdings mit gewissen Einschränkungen, den Entscheidungen des Bundesgerichts BGE 39 II 85 ff., BGE 73 II 15 ff. und BGE 93 II 161 ff. zugrunde. Der Umstand, dass in den beiden zuletzt erwähnten Entscheidungen eine ehebrecherische Beziehung zu beurteilen war, die nicht ohne weiteres auch als eheähnliche Gemeinschaft bezeichnet werden kann, da eine solche Wohn-, Tisch- und Geschlechtsgemeinschaft voraussetzt (vgl. BGE 71 IV BGE 109 II, 15 (17)46 ff.; HAUSHEER, ZBJV 116/1980, S. 99, und NOIR-MASNATA, Les effets patrimoniaux du concubinage et leur influence sur le devoir d'entretien entre époux séparés, Diss. Lausanne 1982, S. 7 ff., je mit gewissen Differenzierungen zwischen Konkubinat und eheähnlicher Lebensgemeinschaft), hat dabei keine Bedeutung. Denn was für die ehebrecherische Beziehung gilt, muss um so mehr für die ehebrecherische eheähnliche Lebensgemeinschaft Geltung haben. In BGE 93 II 165 hat das Bundesgericht seine Rechtsprechung zu dieser Frage dahingehend zusammengefasst, dass eine unentgeltliche Zuwendung nicht schon deswegen als unsittlich zu bezeichnen sei, weil ihr ein entsprechender Beweggrund zugrundeliege; vielmehr müsse die Liberalität als solche als unsittlich erscheinen, sei es, dass der Zuwendende ein solches Resultat selber gewollt oder dass er es doch in Kauf genommen habe. So sei eine Zuwendung im Rahmen einer ehebrecherischen Beziehung dann nicht sittenwidrig, wenn sie das Verhalten des Zuwendungsempfängers nicht weiter zu beeinflussen vermöge, beispielsweise weil dieser von einer Verfügung von Todes wegen bis zum Tod des Zuwendenden keine Kenntnis erhalten habe. Entscheidend für die Frage der Sittenwidrigkeit einer Liberalität ist somit nicht die Tatsache des Ehebruchs des Zuwendenden, sondern die Wirkung der Zuwendung auf den Zuwendungsempfänger; die Zuwendung muss dazu bestimmt sein, das ehebrecherische Verhalten zu fördern (BGE 108 II 208). Die Sittenwidrigkeit einer Zuwendung unter Konkubinatspartnern ist demzufolge nur dann zu bejahen, wenn es sich dabei um ein eigentliches pretium stupri handelt.
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Auch in anderem Zusammenhang hat die Rechtsprechung nicht einfach deshalb jeden Rechtsschutz versagt, weil eine eheähnliche Lebensgemeinschaft, und sei es eine ehebrecherische, betroffen war (vgl. dazu HAUSHEER, ZBJV 116/1980, S. 99 ff. und ZBJV 118/1982, S. 98 ff.; ferner DESCHENAUX/TERCIER, Le mariage et le divorce, 2. Aufl., S. 152 ff.). So hat das Bundesgericht in BGE 108 II 204 ff. beispielsweise zugelassen, dass Konkubinatspartner ihre gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen, auch wenn sie Grundlage der eheähnlichen Lebensgemeinschaft bildeten, mindestens im Zeitpunkt der Auflösung des Konkubinats nach den Regeln der einfachen Gesellschaft rechtlich ordnen können, ohne dass die Liquidationsgesellschaft wegen ihres Zweckes als unsittlich bezeichnet werden könnte (vgl. auch BGE 106 III 11 ff.). Die Rechtsprechung trägt damit dem gesellschaftlichen Wandel Rechnung, der in den vergangenen Jahrzehnten mit Bezug auf die eheähnliche BGE 109 II, 15 (18)Lebensgemeinschaft eingetreten ist. Dass diese Art des Zusammenlebens in jüngster Zeit zu einer verbreiteten und von der Gesellschaft - ungeachtet der in einigen kantonalen Rechtsordnungen noch weiter bestehenden Konkubinatsverbote - weitgehend tolerierten Erscheinung geworden ist, ist notorisch.
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c) Soll der Rechtsschutz aber nur dort versagt werden, wo eine unentgeltliche Zuwendung an einen Konkubinatspartner ein eigentliches pretium stupri darstellt, so gilt es zu beachten, dass die Rechtsprechung bei der Umschreibung dieses Begriffs Zurückhaltung übt. So hat das Bundesgericht in BGE 85 II 378 ff. darauf hingewiesen, dass nicht von einer Unzuchtsentschädigung gesprochen werden könne, wenn ein Mann seine Konkubinatspartnerin testamentarisch begünstige, die ihn während seiner Krankheit nicht verlassen hatte, sondern ihm bis zum Tod beigestanden war, so dass die geschlechtlichen Beziehungen gegenüber der von der Partnerin erwiesenen Pflege mit der Zeit in den Hintergrund getreten waren. Damit konnte nicht gesagt sein, dass eine unentgeltliche Zuwendung an einen Konkubinatspartner nur durch ein ethisch besonders hochstehendes Verhalten vom Makel der Unsittlichkeit befreit werden könne. Zuwendungen unter Lebenden und solche von Todes wegen, die im Rahmen der verfügbaren Quote bleiben, bedürfen grundsätzlich keiner besonderen Rechtfertigung: sie können vielmehr den verschiedenartigsten Zwecken zugeführt werden, die ethisch keineswegs hoch einzustufen sind. Der Hinweis auf die in jenem Fall angenommene moralische Unterstützungspflicht zwischen den Konkubinatspartnern konnte daher nur den Sinn haben, dass eine eheähnliche Lebensgemeinschaft nicht leichthin auf blosse geschlechtliche Beziehungen eingeschränkt werden kann. Welche Bedeutung der Geschlechtsgemeinschaft im Einzelfall zukommt, kann nicht allgemein gesagt werden, weder in der Ehe noch in der eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Dass aber gerade auch in einer gefestigten eheähnlichen Gemeinschaft in der Beziehung zwischen Mann und Frau neben dem Geschlechtlichen anderes von Bedeutung sein kann, lässt sich im Ernst nicht bestreiten. Alsdann kann aber auch nicht einfach davon ausgegangen werden, jede unentgeltliche Zuwendung führe in einer solchen Gemeinschaft ohne weiteres dazu, dass die Geschlechtsgemeinschaft weitergeführt oder doch begünstigt werde. Im vorliegenden Fall ist zudem nicht zu übersehen, dass die Beklagte ihre nach eigenen Angaben äusserst lukrative Dirnentätigkeit der eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit dem Erblasser BGE 109 II, 15 (19)"geopfert" hat, was allein schon darauf hinweist, wieviel ihr diese Beziehung bedeutete. Die Vorinstanz hat denn auch festgestellt, dass der Erblasser und die Beklagte echte menschliche Beziehungen pflegten, die über das rein Sexuelle hinausgingen. Unter diesen Umständen verstösst es nicht gegen Bundesrecht, wenn die Vorinstanz den streitigen Zuwendungen den Charakter des pretium stupri absprach. Diese Zuwendungen sind daher grundsätzlich gültig, weshalb die Berufung der Kläger im Hauptpunkt abzuweisen ist.
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2. Was das der Beklagten zugesprochene obligatorische Wohn- und Benützungsrecht an der im Eigentum der N. AG stehenden Liegenschaft in L. anbetrifft, beanstandet die N. AG, die dadurch allein beschwert ist, das Urteil der Vorinstanz nicht etwa deswegen, weil sie in Ziffer 6 des Dispositivs unmittelbar zur Schuldnerin dieses Rechts erklärt worden ist, obwohl nicht sie, sondern ihr Alleinaktionär N. es eingeräumt hatte. Sie macht vielmehr einzig geltend, ein unentgeltliches Wohnrecht könne entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht als obligatorisches Recht, sondern nur in der Gestalt einer Dienstbarkeit begründet werden; zudem bedürfe seine Einräumung der öffentlichen Beurkundung, an der es hier fehle. Es ist indessen kein Grund ersichtlich, weshalb in diesem Zusammenhang die das schweizerische Obligationenrecht kennzeichnende Inhaltsfreiheit nicht gelten sollte. Dass ein obligatorisches Wohnrecht nur gegen Entgelt errichtet werden könne, hat das Bundesgericht entgegen der Behauptung der Kläger in BGE 82 II 337 nicht gesagt. Sollte in der unentgeltlichen Einräumung eines obligatorischen Wohnrechts auch ein Schenkungsversprechen zu erblicken sein, das zu seiner Gültigkeit nach Art. 243 Abs. 1 OR der schriftlichen Form bedarf, so wäre diese Form in den beiden Urkunden vom 21. Juni 1968 eingehalten worden. Da am Grundstück der N. AG kein dingliches Recht errichtet worden ist, besteht schliesslich keinerlei Anlass, für das Geschäft die öffentliche Beurkundung zu verlangen. Die Hauptberufung erweist sich daher auch in diesem Punkt als unbegründet.
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