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16. Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. Februar 1984 i.S. X. und Y. gegen Interallianz Bank Zürich AG und Hänsli (Berufung) | |
Regeste |
Schädigung eines fondsähnlichen Sondervermögens; Haftung. |
2. Art. 1 Abs. 1 AFG. Internationales Schuldverhältnis zwischen Anlegern und Organen der Geschäftsführung, die aus steuerrechtlichen Gründen scheinbar ins Ausland verlegt wird; anwendbares Recht (E. I/2 und 3). |
3. Art. 1 Abs. 2 AFG. Fondsähnliche Sondervermögen, die nicht nach dem Grundsatz der Risikoverteilung verwaltet werden; Gesetzmässigkeit von Art. 5 Abs. 1 und 2 der Vollzugsverordnung zum AFG (E. II/1), insbesondere wenn das Vermögen in einer Betriebsgesellschaft angelegt wird (E. II/2). |
4. Art. 2 Abs. 1 AFG. Kollektive Kapitalanlage, Fremdverwaltung und öffentliche Werbung als Begriffsmerkmale des Anlagefonds; Umstände, unter denen sie zu bejahen oder noch abzuklären sind, um Ersatzforderungen von Anlegern gegen Organe der Geschäftsführung beurteilen zu können (E. II/3-5). | |
Sachverhalt | |
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Am 29. April 1971 gründeten Max Hänsli, die Bank Gut/Streiff AG und ein Dritter die Dispo AG Zürich. Es handelte sich dabei vor allem um eine Finanzgesellschaft, der die SEFTI sogleich das ausschliessliche Recht übertrug, Anteile an allen ihren Bauvorhaben, insbesondere auch solche an der CBSA, soweit sie für Ausländer zur Verfügung standen, in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und zu verkaufen. Die Dispo AG Zürich versprach, in 75 Tagen für 1 Mio. Franken und nach Vorliegen der deutschen Unterlagen innert 150 Tagen für weitere Fr. 980'000.- ![]() | 2 |
Am 12. November 1971 schrieb die Eidgenössische Steuerverwaltung der Bank Gut/Streiff AG, dass die Anteile an den CBSA-Aktien von je einem Zehntel und einer Darlehensquote von Fr. 17'400.- steuerrechtlich als Anteile an einem inländischen Kollektivanlagevermögen anzusehen seien, das wie ein Anlagefonds behandelt werde; die Anteile unterlägen deshalb der Emissionsabgabe und der Verrechnungssteuer. Um dieser steuerrechtlichen Beurteilung zu entgehen, wurde am 29. Dezember 1971 die Dispo AG Vaduz gegründet, die den Anlegern der Emission 1971 im Mai 1972 eigene "Zertifikate" zustellte und die früheren "Beteiligungserklärungen" für ungültig erklärte; gleichzeitig ersuchte sie die Anleger, den mit "Beteiligung und Vollmacht" überschriebenen Vertrag, den sie mit der Dispo AG Zürich abgeschlossen hatten, zurückzusenden.
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Um die Jahreswende 1972/73 und im August 1974 veranlasste die CBSA je eine weitere Emission, nachdem sie vorher ihr Aktienkapital jeweils erhöht hatte; sie liess die Kapitalerhöhungen im Handelsregister aber nicht eintragen und die neuen Aktien auch nicht als Titel herausgeben. Aus den drei Emissionen erhielt sie von den Dispo-Gesellschaften für abgesetzte CBSA-Anteile insgesamt rund 10 Mio. Franken an Darlehen.
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B.- Ende 1974 wurden die Darlehenszinse nicht mehr bezahlt, weder von der CBSA noch von der SEFTI, die dafür garantiert hatte. Am 4. Februar 1975 starb Nemitz in Genf unter mysteriösen Umständen. Im März wurde über die SEFTI ohne vorgängige Betreibung der Konkurs eröffnet. Das gleiche widerfuhr im April Cleopas, der aus Genf verschwand.
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Am 10. Juni 1975 ging auch die CBSA in Konkurs, deren Klinik in Collonge-Bellerive inzwischen gebaut und eröffnet worden war, die den Betrieb aber bereits im April 1975 hatte einstellen müssen. Die Versteigerung ergab für Immobilien und Mobilien insgesamt 11,5 Mio. Franken, womit nicht einmal die Hypothekarschulden im ersten Rang gedeckt werden konnten. Ein Inhaberschuldbrief im zweiten Rang, lautend auf Fr. 12'354'000.-, den die CBSA der Dispo AG Zürich als Sicherheit für die Darlehen übergeben hatte, ![]() | 6 |
Im Juni 1977 wurde ferner über die Dispo AG Zürich der Konkurs eröffnet; die Konkursgläubiger, zu denen auch die Zeichner von Anteilen an CBSA-Aktien gehörten, gingen leer aus. Welches Schicksal die Dispo AG Vaduz erfahren hat, ist nicht bekannt.
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C.- X. hatte zwei Anteile der ersten, Y. zwei Anteile der dritten Emission gezeichnet. Im März 1980 klagten sie gegen die Interallianz Bank Zürich AG, die inzwischen Nachfolgerin der Bank Gut/Streiff AG geworden war, sowie gegen Max Hänsli auf Zahlung von je Fr. 18'375.- nebst Zins. Sie verlangten damit Schadenersatz für einen Anteil und behielten sich vor, die Entschädigung für den zweiten in einem spätern Zeitpunkt einzuklagen. Sie machten geltend, dass das von den Anlegern aufgebrachte Kapital ein den Anlagefonds ähnliches Sondervermögen sei und daher dem Bundesgesetz über die Anlagefonds (AFG) vom 1. Juli 1966 unterstehe. Die Interallianz hafte ihnen als Depotbank im Sinne von Art. 5 AFG und als Revisionsstelle der Dispo AG Zürich für schädigende Handlungen, die bei der Emissionen und bei der Verwaltung der Anlagewerte begangen worden seien. Auch Hänsli habe als Verwaltungsrat der Dispo AG Zürich und als Vizedirektor der Bank für solche Handlungen einzustehen.
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Das Handelsgericht des Kantons Zürich wies die Klage am 29. November 1982 ab. Es fand, dass durch die Anleger kein Sondervermögen aufgebracht worden sei, das die Dispo AG Zürich getrennt von ihrem Gesellschaftsvermögen hätte verwalten müssen; jeder Anleger habe von ihr vielmehr genau umschriebene Rechte an Aktienanteilen samt den damit verbundenen Forderungen erworben. Daran habe sich auch nach der Gründung der Dispo AG Vaduz nichts geändert, die zusammen mit den Anlegern eine einfache Gesellschaft gebildet habe, im Aussenverhältnis Eigentümerin der Namenaktien geblieben sei und das aufgebrachte Kapital verwaltet habe; aus wichtigen Gründen hätten die Anleger ihr die Geschäftsführung übrigens entziehen und einem andern übertragen können. Fondsähnliche Sondervermögen ohne Risikoverteilung könnten zudem nur in Immobilien oder reinen Immobiliengesellschaften, nicht aber in einer Betriebsgesellschaft wie die CBSA bestehen, bei der die Kläger ihr Geld angelegt hätten. Die materiellen Voraussetzungen des AFG seien daher nicht erfüllt, falls diese Gesetz im vorliegenden Fall überhaupt anwendbar sei.
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Die Beklagten schliessen auf Abweisung der Berufung, die Interallianz eventuell auch auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
I.
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Als unzulässig sind dagegen ihre Hinweise auf andere Rechtsschriften oder Ausführungen im kantonalen Verfahren anzusehen, da in der Berufungsschrift selber darzulegen ist, inwiefern das angefochtene Urteil Bundesrecht verletzt. Das gilt sinngemäss auch für die Beklagten, welche die Berufungsantwort ebenfalls durch Vorbringen im kantonalen Verfahren ergänzt wissen möchten (BGE 108 II 18 E. 1c und 427 E. 2d).
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Soweit die Kläger sich auf einen Kollektivanlagevertrag und damit auf eine vertragliche Haftung berufen, unterstehen ihre Rechtsbegehren schweizerischem Recht, wenn von einem fondsähnlichen Sondervermögen auszugehen und die Dispo AG Zürich ![]() | 14 |
Die gleiche Lösung ergibt sich für eine weitergehende Haftung aus unerlaubten Handlungen, die nach allgemeinen Grundsätzen des internationalen Privatrechts dem Recht am Ort unterstehen, wo sie begangen worden sind (BGE 100 II 200 mit Zitaten).
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a) Der Auffassung der Beklagten ist vorweg entgegenzuhalten, dass die Dispo AG Zürich die erste Emission von 1971 samt deren Vorbereitungen besorgt hat. Sie erhielt zu diesem Zwecke von der SEFTI denn auch das ausschliessliche Recht übertragen, Anteile an CBSA-Namenaktien in der Bundesrepublik abzusetzen. Dass die Dispo AG Vaduz im Mai 1972 die Emissionsurkunden teilweise ersetzt hat, indem sie die "Beteiligungserklärungen" von den Anlegern ![]() | 16 |
Auf dieses Schreiben hin ist zudem Ende 1971 die Dispo AG Vaduz gegründet worden, welche die zweite und dritte Emission durchgeführt hat. Dass auch dies vorweg aus steuerrechtlichen Gründen geschehen ist, liegt auf der Hand, ist an sich aber nicht zu beanstanden, da Gesellschaften nach Landesrecht und nach schweizerischem internationalen Privatrecht ihren statutarischen Sitz frei wählen und dabei auch steuerliche Überlegungen berücksichtigen dürfen. Die Rechtsprechung macht freilich einen wichtigen Vorbehalt für den Fall, dass der statutarische Sitz sich als fiktiv erweist, mit den tatsächlichen Verhältnissen also nicht übereinstimmt und nur gewählt worden ist, um der Gesetzgebung des Landes zu entgehen, in dem die Gesellschaft in Wirklichkeit tätig ist (BGE 108 II 125 E. 2 und 400 E. 3 mit Zitaten).
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Dass hier ein solcher Fall vorliegt, lässt sich im Ernst nicht bestreiten. Die Dispo AG Zürich liess sich schon zwei Tage vor ihrer Gründung das ausschliessliche Recht für den Vertrieb von CBSA-Anteile an Ausländer sowie die Befugnis zusichern, dieses Recht durch andere natürliche und juristische Personen auszuüben. Sie blieb auch nach der Gründung der Dispo AG Vaduz bestehen und besorgte die Aufgaben, welche die SEFTI ihr gemäss "General-Vertriebsvertrag" vom 7. Mai 1971 übertragen hatte, mit Ausnahme der Emissionen weiterhin selber. Indem sie insbesondere die aufgebrachten Gelder auf ein Sperrkonto bei der Bank Gut/Streiff AG einzahlen und den Anlegern die Zinsen durch diese Bank ausrichten oder gutschreiben liess, sich jeweils durch eigene Berichte über die Kapitalerhöhung der CBSA an die Kunden wandte, ihnen neue Zeichnungsmöglichkeiten anbot, sich als Pfandgläubigerin der CBSA ausgab, angeblich sämtliche Aktien dieser Gesellschaft treuhänderisch besass und die Sicherheiten für die Darlehen verwaltete, behielt sie alle wesentlichen Befugnisse einer Fondsleitung bei.
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b) Unter solchen Umständen geht es nicht an, die Anwendbarkeit des AFG vorliegend nach der Tätigkeit der Dispo AG Vaduz, die vor allem zur Verlegung der Emissionen gegründet worden ist, beurteilen zu wollen. Als massgebender Sitz im Sinne von Art. 1 AFG muss vielmehr derjenige der Dispo AG Zürich angesehen ![]() | 19 |
Nach dem gesetzlichen Begriff ist der Anlagefonds ein Vermögen, das auf Grund öffentlicher Werbung von den Anlegern zum Zwecke gemeinschaftlicher Kapitalanlage aufgebracht und von der Fondsleitung nach dem Grundsatz der Risikoverteilung für Rechnung der Anleger verwaltet wird (Art. 2 Abs. 1 AFG). Der Bundesrat ist nach Art. 1 Abs. 2 AFG ermächtigt, das Gesetz auf Sondervermögen auszudehnen, die den Anlagefonds ähnlich sind.
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a) Dass vorliegend das aufgebrachte Kapital nicht nach diesem Grundsatz angelegt worden ist, sondern gemäss Vertrag mit den Anlegern einzig für den Bau und den Betrieb der Klinik Bellerive verwendet werden sollte, ist unbestritten. Streitig ist dagegen, ob gleichwohl von einem fondsähnlichen Sondervermögen im Sinne von Art. 1 Abs. 2 AFG die Rede sein könne. Die Beklagten verneinen dies vorweg mit dem Einwand, dass Art. 5 Abs. 1 AFV gesetzwidrig und daher unbeachtlich sei; sie berufen sich auf A. HIRSCH (Le champ d'application de la loi fédérale sur les fonds de placement, in Septième Journée juridique de la Faculté de droit de Genève 1967, S. 71) und FORSTMOSER (Zum schweizerischen Anlagefondsgesetz, S. 33).
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Die Gesetzmässigkeit des Art. 5 Abs. 1 AFV wird von diesen Autoren in der Tat angezweifelt. Das Bundesgericht hat sie unter Hinweis auf die Zielsetzungen und die Entstehungsgeschichte des Gesetzes indes bereits wiederholt bejaht (BGE 98 Ib 47 /48 mit ![]() | 22 |
Das Bedürfnis der Anleger nach Schutz und staatlicher Aufsicht kann in Fällen, wo die Geschäftsführung ein Sondervermögen vertragsgemäss in einem einzigen Unternehmen anlegen darf, sich also nicht an den allgemein anerkannten Grundsatz fachkundiger Kapitalanlage zu halten braucht, sogar erheblich grösser sein. Schutz und Aufsicht würden aber vereitelt, wenn solche Fälle nicht dem Gesetz unterstellt würden, obschon die übrigen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Müssten auch fondsähnliche Sondervermögen den gesetzlichen Begriff des Anlagefonds in allen Teilen und die gleichen Voraussetzungen für eine Unterstellung erfüllen, wie die Beklagten anzunehmen scheinen, so hätte sich Art. 1 Abs. 2 AFG erübrigt. Art. 5 Abs. 1 AFV ist daher in Fällen wie hier weder nach dem Wortlaut noch nach dem Zweck der Ermächtigung, die das Gesetz dem Bundesrat eingeräumt hat, zu beanstanden (EMCH, Der Geltungsbereich des Anlagefondsgesetzes, Diss. Zürich 1975, S. 183).
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b) die Beklagten wenden ferner ein, Art. 5 AFV gelte jedenfalls nicht für Wertschriftenfonds, welche aus Anteilen an einer einzigen Betriebsgesellschaft bestehen; das Gesetz könne nicht in Art. 7 die Risikoverteilung für Wertschriftenfonds zwingend vorschreiben, solche Fonds auf dem Umweg über die Verordnung aber wieder verbieten wollen. Art. 5 AFV könne sich zudem höchstens auf die öffentlichrechtlichen Vorschriften, hingegen nicht auf die in Art. 24 bis 26 enthaltenen zivilrechtlichen Bestimmungen des Gesetzes beziehen.
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Für fondsähnliche Sondervermögen, die nicht nach dem Grundsatz der Risikoverteilung angelegt werden, bestimmt Art. 5 Abs. 2 AFV, ![]() | 25 |
Art. 1 Abs. 2 AFG gehört zu den allgemeinen Bestimmungen und bezieht sich auf den ganzen Geltungsbereich des Gesetzes; das eine erhellt aus der Überschrift, das andere aus dem Randtitel. Weder die Delegationsnorm noch die gestützt darauf erlassenen Verordnungsvorschriften enthalten Anhaltspunkte dafür, dass Art. 5 AFV auf die öffentlichrechtliche Regelung des Gesetzes zu beschränken, die zivilrechtliche also davon auszunehmen sei. Was eine solche Beschränkung rechtfertigen sollte, versuchen die Beklagten nicht darzutun und ist auch nicht zu ersehen. Sie müssen sich vielmehr entgegenhalten lasen, dass es einer Hauptaufgabe des Gesetzes, nämlich die Anleger auch in zivilrechtlicher Hinsicht wirksam zu schützen (BGE 100 II 60, BGE 94 I 80, BGE 93 I 480; AMONN, Der Kollektivanlagevertrag, in Schweiz. Privatrecht Bd. VII/2, S. 284), stracks zuwiderliefe, wollte man fondsähnliche Sondervermögen im Sinne von Art. 1 Abs. 2 AFG einzig den öffentlichrechtlichen Vorschriften des Gesetzes unterstellen, wenn sie vertragsgemäss nicht nach dem Grundsatz der Risikoverteilung angelegt werden.
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a) Diese Betrachtungsweise wird von den Klägern zu Recht kritisiert. Das Handelsgericht verkennt, das dem Gesetz unterstellte und nach den gesetzlichen Anforderungen geplante Sondervermögen auseinanderzuhalten sind. Entspricht ein geplanter Fonds diesen Anforderungen nur zum Teil, indem z.B. die Schutznorm der Risikoverteilung nicht beachtet wird, so heisst das keineswegs, das daraufhin von Anlegern aufgebrachte Vermögen falle überhaupt nicht unter das Gesetz. Es kann ein fondsähnliches Sondervermögen oder sogar eine unzulässige Kapitalanlage vorliegen, die von der Aufsichtsbehörde gerade im Interesse der Anleger dem Gesetz unterworfen werden kann, wenn zwingende Anlagevorschriften nicht eingehalten worden sind (VPB 1974 Nr. 63). Die Kläger bemerken mit Recht, dass die Anwendbarkeit des Gesetzes sonst weitgehend vom Vorgehen der Organisatoren abhängig gemacht würde. Sollte das Handelsgericht Art. 5 AFV insoweit für gesetzwidrig halten, so wäre auf bereits Gesagtes zu verweisen.
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Die Auffassung der Vorinstanz, Betriebsgesellschaften könnten nicht Gegenstand von fondsähnlichen Vermögen im Sinne von Art. 5 AFV sein, findet zudem im Gesetz keine Stütze. Es liegt auch nichts für eine echte Gesetzeslücke vor, welche der Richter auszufüllen hätte (BGE 103 Ia 503 mit Zitaten). Sollte es zum Schutze der Anleger erwünscht sein, dass fondsähnliche Wertschriftenvermögen nur in Immobilien oder reinen Immobiliengesellschaften angelegt werden, so wäre dies vielmehr ein Grund, Betriebsgesellschaften ebenfalls dem Gesetz zu unterstellen, wenn sie Gegenstand eines solchen Sondervermögens sind.
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b) Dass die vom Handelsgericht vertretene Auffassung der Praxis der Aufsichtsbehörde entspreche, ist seinem Urteil nicht zu entnehmen. Aus einem Entscheid des Bundesgerichts vom 6. März 1970 i.S. Ring-Hotel-Verwaltungs AG erhellt im Gegenteil, dass die Aufsichtbehörde in jenem Fall ein Sondervermögen, das in ![]() | 29 |
Zu einer abweichenden Beurteilung besteht in Fällen wie hier um so weniger Anlass, als in der Botschaft des Bundesrates zum Gesetzesentwurf wiederholt betont worden ist, dass namentlich die Form des Immobilienanlagefonds nicht zum Finanzierungsinstrument kapitalsuchender oder geldbedürftiger Unternehmer der Industrie, des Gewerbes oder des Handels werden dürfe, weil dies weder den Interessen der Anleger noch den Grundgedanken des Anlagefonds entspräche (BBl 1965 III 266, 274, 284, 289, 301 und 306). Dass das Gesetz entsprechende Sicherungen vorsieht, um einen Missbrauch von Anlagefonds zu unternehmerischen Zwecken zu verhindern, wird auch im Schrifttum hervorgehoben (FORSTMOSER, S. 15/16; EMCH, S. 114 ff.; B. GEIGER, Der zivilrechtliche Schutz des Anlegers, Diss. Zürich 1971, S. 45). Deswegen sind die privatrechtlichen Bestimmungen zum Schutze der Anleger denn auch grösstenteils zwingend festgelegt und die Anlageorganisationen gehalten, die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien im Fondsreglement einlässlich und klar zu umschreiben (BBl 1965 III 281 und 284). Dazu gehört ferner, dass strafrechtlich verfolgt werden darf, wer sich insbesondere ohne Bewilligung als Fondsleitung betätigt oder andere als die nach dem Gesetz zulässigen Geschäfte betreibt (Art. 49 Ziff. 1 AFG), und dass bestehende Anlagefonds innert drei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes angepasst werden mussten, andernfalls sie als aufgelöst galten (Art. 53 Abs. 2 und 4 AFG). Mit solchen Normen zum Schutze ![]() | 30 |
a) Der Begriff "Sondervermögen" kommt in Art. 1 Abs. 2 AFG und im Randtitel des Art. 5 AFV vor. Er unterscheidet sich durch das Vorwort vom entsprechenden der romanischen Texte ("fonds", "patrimoni"), bezeichnet aber in allen Amtssprachen eine Gesamtheit von Vermögenswerten, die von der Fondsleitung für Rechnung der Anleger wie fiduziarisches Eigentum verwaltet werden, vom eigenen Vermögen der Fondsleitung aber zu trennen sind und deshalb eine als Sondervermögen bezeichnete Einheit bilden (BGE 101 II 158 /59, BGE 99 Ib 438 mit Zitaten; AMONN, a.a.O. S. 299).
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Die Dispo Zürich besass fiduziarisch für Rechnung der Geldgeber nicht bloss den grössten Teil der CBSA-Aktien, sondern aus ihren Darlehen an die CBSA auch eine Forderung von mehreren Millionen Franken. Sie hatte sich den Inhabern von CBSA-Anteilen gegenüber verpflichtet, diese Vermögenswerte wie vorgesehen zu verwalten. Dass sie sich mit einem fondsähnlichen Sondervermögen im Sinne von Art. 1 Abs. 2 AFG zu befassen hatte, lässt sich daher im Ernst nicht bestreiten.
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b) Eine kollektive Kapitalanlage im Sinne von Art. 2 Abs. 1 AFG liegt vor, wenn die Mittel des Fonds oder des fondsähnlichen Sondervermögens von einer grossen Zahl von Geldgebern zu gleichen Bedingungen aufgebracht werden und die Fondsleitung die Anlagebedürfnisse der Geber mit den ihr anvertrauten Vermögenswerten in gleicher Weise befriedigt (BGE 107 Ib 364, BGE 101 Ib 424 E. 2a, BGE 95 I 590; vgl. ferner R. JEANPRÊTRE, Le contrat de placement collectif, in Mélanges Schönenberger, S. 287 ff., insbes. S. 290; JÄGGI, La loi sur les fonds de placement, JdT 1967 II 226 ff., insbes. S. 229 und 233; SCHUSTER, N. 6 zu Art. 2 Abs. 1 AFG).
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Diese Merkmale einer kollektiven Kapitalanlage sind hier ebenfalls erfüllt. Bereits bei der ersten Emission wurden fast alle Anteile, die sich aus dem 40 Namenaktien der CBSA zu Fr. 1'000.- ergaben, ![]() | 34 |
c) Das Merkmal einer kollektiven Kapitalanlage lässt sich auch nicht damit widerlegen, dass die Anleger der zweiten und dritten Emission zwecks Verwaltung des Vermögens, das sie gemeinsam aufgebracht haben, unter sich und im Innenverhältnis angeblich auch zusammen mit der Dispo Vaduz eine einfache Gesellschaft bildeten. Diese Betrachtungsweise der Beklagten, denen sich das Handelsgericht angeschlossen hat, steht der Annahme einer gemeinschaftlichen Kapitalanlage schon deshalb nicht entgegen, weil auch die Anleger der beiden letzten Emissionen ihr Geld dem Sinn und Zweck der Zeichnungsangebote entsprechend in der CBSA angelegt wissen wollten; ihre Zuordnung zu einer "stillen Gesellschaft" ergab sich bloss daraus, dass jeder Anleger den Vertrag über seine eigene Einlage mit der Dispo abschloss, die sich im Aussenverhältnis, nämlich gegenüber der CBSA, alle Rechte selber vorbehielt und "die Geschäfte des Treukapitals" allein führte. Dazu gehörte aber insbesondere, dass sie die Gesamtheit der Einzahlungen wie versprochen anlegte.
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a) Das ist vorweg den Einwänden der beklagten Interallianz entgegenzuhalten, wonach die Dispo keine Verwaltungsaufgaben im Sinne von Art. 12 AFG und wegen der Mehrheitsaktionäre Nemitz und Cleopas, denen die CBSA völlig ausgeliefert gewesen sei, auch keinen Einfluss auf solche Aufgaben gehabt habe. Aus den Emissionsurkunden und namentlich aus den Verträgen mit den Anlegern erhellt, dass die Dispo sich von Anfang an verpflichtete, "die Interessen ihrer Mandanten bestmöglich wahrzunehmen", und dass sie die Geschäftsführung für sich allein beanspruchte. Sie bezeichnete sich denn auch selber als Geschäftsführerin und Verwalterin des Treukapitals. Selbst als Minderheitsaktionärin konnte sie von den ihr gesetzlich zustehenden Rechten Gebrauch machen, sich insbesondere gegen Missbräuche der Mehrheit wehren.
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Die Dispo liess sich übrigens von der SEFTI schon Ende April 1971 eine Vertretung in der Geschäftsleitung der CBSA zusichern und bestimmte dafür den in Stuttgart wohnhaften Scheiffele, der sich in der Bundesrepublik sehr aktiv für den Verkauf von Anteilen einsetzte und Ende August 1971 in den Verwaltungsrat der CBSA gewählt wurde. Die Beklagte übergeht ferner, dass die Darlehen an die CBSA in die Millionen gingen, die Dispo deshalb durchaus in der Lage war, sich Einfluss bei den "Mehrheitsaktionären" und eine Kontrolle über die CBSA zu verschaffen. Als Geschäftsführerin und Verwalterin der Einlagen hatte sie schliesslich die Anleger über die Entwicklung des angelegten Vermögens zu unterrichten und die notwendigen Massnahmen zu treffen, wenn ihr deren Rechte als gefährdet erschienen.
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Dass der Auftrag zur Geschäftsführung sich nicht auf alle Verwaltungsaufgaben eines Anlagefonds gemäss Art. 12 AFG erstreckte, weil die Verwaltung sich insbesondere nicht nach dem Grundsatz der Risikoverteilung richtete, ändert daran nichts. Die Beklagten müssen sich vielmehr auch in diesem Zusammenhang sagen lassen, dass das gemeinschaftlich aufgebrachte Sondervermögen als ein fondsähnliches im Sinne von Art. 5 AFV zu betrachten, folglich seinen Besonderheiten entsprechend gemäss den gesetzlichen Vorschriften zu verwalten war.
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Vorliegend ist der Anteil der Anleger an der Vermögensverwaltung ebenfalls als sehr gering, derjenige der Dispo AG dagegen als beträchtlich und damit als entscheidend anzusehen. Die Dispo liess sich schon bei ihrer Gründung das ausschliessliche Vertriebsrecht für CBSA-Anteile übertragen, gab sich den Anlegern gegenüber stets als Gläubigerin der CBSA sowie als Treuhänderin und Geschäftsführerin mit zahlreichen Befugnissen aus, die sie in Ausnützung der Vertragsautonomie von Anfang an für sich allein beanspruchte. Sie verwaltete zudem die ihr anvertrauten Anlagewerte in Wirklichkeit selbständig. Dass die Anleger dabei nach den Emissionsurkunden als stille Gesellschafter mitreden und, wie das Handelsgericht annimmt, der Dispo die Geschäftsführung aus wichtigen Gründen entziehen durften, ergibt unbekümmert um die zweifelhafte Bedeutung solcher Klauseln im Ernst keine Anhaltspunkte für eine rechtserhebliche Selbstverwaltung. Ein gemeinsames Vorgehen der Anleger gegen die Geschäftsführerin setzte in der Tat voraus, dass sie sich über die schlechte Entwicklung der Anlagewerte, die ihnen noch in einem Rundschreiben der Dispo vom 25. September 1974 als "erstklassige Investition in Schweizer-Franken" angepriesen wurden, im klaren waren, dass sie einander kannten, sich überhaupt organisieren und Beschlüsse fassen konnten. Wie einige hundert Anleger aus dem In- und Ausland diese Voraussetzungen erfüllen sollten, um wirksam in die Anlagetätigkeit der Dispo eingreifen zu können, ist unerfindlich und dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Auch die Beklagten ![]() | 40 |
Falls die Anwendbarkeit des Gesetzes auch unter diesem Gesichtspunkt zu bejahen ist, hat das Handelsgericht ferner zu prüfen, ob die Beklagten bei den Emissionen oder der Geschäftsführung gesetzliche oder vertragliche Pflichten missachtet, die Kläger dadurch geschädigt und ihnen den Schaden zu ersetzen haben (vgl. BGE 101 II 160 ff. E. 2 bis 4).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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