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43. Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. Juli 1984 i.S. Staub gegen Regierungsrat des Kantons St. Gallen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 218 OR; Sperrfrist für die Veräusserung von landwirtschaftlichen Grundstücken. | |
Sachverhalt | |
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Der Regierungsrat beantragt in seiner Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde, währenddem das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement auf Gutheissung schliesst.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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2. Nach Art. 218 Abs. 1 OR dürfen landwirtschaftliche Grundstücke während einer Frist von zehn Jahren, vom Eigentumserwerb an gerechnet, weder als Ganzes noch in Stücken veräussert werden. Der zwischen dem Beschwerdeführer und den Erben Albert Eberles abgeschlossene Kaufvertrag hat unbestreitbar landwirtschaftliche Grundstücke im Sinne von Art. 218 OR zum Gegenstand. Streitig ist nur, ob der mit dem Tod des Erblassers eingetretene Übergang des verkauften landwirtschaftlichen Heimwesens auf dessen Erben als Eigentumserwerb im Sinne dieser Bestimmung zu betrachten ist, der die Sperrfrist von zehn Jahren in Gang setzt. In BGE 88 I 202 ff. hat das Bundesgericht im Rahmen der Beurteilung einer staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV festgehalten, es sprächen gute Gründe für die Ansicht, dass die Gesamtnachfolge kraft Erbrechts den Lauf der Sperrfrist nicht auslöse; indessen könne auch die in gewissen Kantonen geübte gegenteilige Praxis, die die Zustimmung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes und eines Teils der Lehre gefunden habe, angesichts des Wortlautes des Gesetzes, der nicht zu einem vom Gesetzgeber unmöglich gewollten Ergebnis führe, nicht als völlig unhaltbar und damit als willkürlich bezeichnet werden; diese Praxis, die offenbar heute noch im Kanton Freiburg geübt wird (ZBGR 62/1981 S. 104), lasse sich ![]() | 5 |
Dennoch haben die Ausführungen des Bundesgerichts in BGE 88 I 202 ff. verschiedene Kantone veranlasst, die Gesamtnachfolge kraft Erbrechts nicht als Eigentumserwerb im Sinne von Art. 218 Abs. 1 OR zu betrachten und gegebenenfalls ihre bisherige gegenteilige Praxis aufzugeben, so Aargau (ZBl 74/1973 S. 42 gegenüber AGVE 1955 S. 281), Appenzell A.Rh. (Verwaltungspraxis 1968 Nr. 323) und Bern (Handbuch der Justizdirektion des Kantons Bern 1982, S. 23). Demgegenüber scheint der Kanton Zürich weiterhin insofern eine Sonderstellung einzunehmen, als er die Universalsukzession gestützt auf eine Erbfolge als Tatbestand ansieht, der zwar von Art. 218 Abs. 1 OR erfasst wird, der aber grundsätzlich zu einer Ausnahmebewilligung im Sinne von Art. 218bis OR Anlass gibt (ZBGR 38/1958 S. 117).
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3. Seit der am 1. Juli 1965 in Kraft getretenen Änderung von Art. 218quater OR kann die Anwendung der Bestimmungen über die Sperrfrist bei der Veräusserung von landwirtschaftlichen Grundstücken, wie bereits gesagt, zum Gegenstand einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht gemacht werden. Dessen Kognition ist daher nicht mehr wie vorher auf Willkür beschränkt. Bei einer freien Prüfung ist davon auszugehen, dass der Hauptzweck von Art. 218 Abs. 1 OR darin besteht, die Spekulation mit landwirtschaftlichen Grundstücken zu verhindern (vgl. dazu BGE 87 I 239 E. 4, BGE 83 I 313 E. 2; HOTZ, Bäuerliches Grundeigentum, ZSR 98/1979 II S. 164). Dieser Zweck verlangt jedoch nicht, dass auch die erbrechtliche Gesamtnachfolge als Eigentumserwerb im Sinne von Art. 218 Abs. 1 OR angesehen wird. Wie das Bundesgericht in dem bereits erwähnten BGE 88 I 204 dargelegt hat, tritt diese Gesamtnachfolge von Gesetzes wegen ein und lässt daher Spekulationsabsichten, d.h. dem Erwerb zum Zweck der baldmöglichsten Weiterveräusserung mit Gewinn, keinen Raum. Solche Absichten, welche ein agrarpolitisch unerwünschtes Ansteigen der Preise für landwirtschaftlich genutzten Boden zur Folge haben, sind allein beim Erblasser denkbar, der das Grundstück durch Kauf erworben hat, oder allenfalls bei einem Erben, der es bei der Erbteilung aus dem Nachlass übernimmt (vgl. BGE 95 II 431 /432 E. 3a). Bei der Gesamtnachfolge kraft Erbrechts dagegen sind die Erben nur insoweit frei, als sie die Erbschaft ausschlagen können, weshalb ihr Eigentumserwerb keine Spekulation darstellen ![]() | 7 |
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