![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
59. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. August 1984 i.S. Winiker gegen Eng (Berufung) | |
Regeste |
Art. 530 ff. OR. Gesellschaftsvertrag unter Käufern einer Liegenschaft. |
2. Zweck der Gesellschaft, die Liegenschaft gemeinsam zu erwerben, umzubauen und dann in Stockwerkeigentum überzuführen; Klage auf Realerfüllung (E. 2a). |
3. Meinungsverschiedenheiten über die Art des Umbaues, welche die Erfüllung und eine Einigung über die Nutzung der Liegenschaft erschweren; Rechtsfolgen (E. 2b und c). | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
In der Folge kam es zwischen den beiden Käufern zu Meinungsverschiedenheiten, weil Winiker einen Abbruch mit Neubau wünschte, während Eng auf einem blossen Umbau bestand. Am 1. April 1978 schloss Winiker mit Wärtli einen Kaufvertrag, nach welchem er am gleichen Tag Alleineigentümer der Liegenschaft wurde. Eng erfuhr davon erst einige Tage später. Durch vorsorgliche Massnahme erwirkte er daraufhin, dass sein Miteigentumsrecht am 17. April 1978 im Grundbuch vorgemerkt wurde.
| 2 |
B.- Mit Klage vom 27. Februar 1979 beantragte Eng dem Bezirksgericht Aarau insbesondere, dass Winiker ihm zum Preise von Fr. 387'500.- das Miteigentum an der Hälfte der Liegenschaft zu übertragen habe und das Grundbuchamt zu den nötigen Eintragungen zu verhalten sei.
| 3 |
Der Beklagte widersetzte sich diesen Rechtsbegehren. Das Bezirksgericht und auf Appellation hin am 22. September 1983 auch das Obergericht des Kantons Aargau hiessen die Begehren jedoch gut.
| 4 |
5 | |
Aus den Erwägungen: | |
6 | |
Der Beklagte will den Vorvertrag nicht als Hauptvertrag gelten lassen, weil das gerade nicht dem Willen der Parteien entsprochen habe, sondern den Vorkaufsfall ausgelöst hätte, den man habe vermeiden wollen. Auch die vereinbarte Konventionalstrafe zeige, dass man Vor- und Hauptvertrag habe auseinanderhalten wollen. Der Vorvertrag sei daher nicht einem Kaufvertrag gleichzusetzen und er berechtige schon gar nicht zur Übertragung von Miteigentum vom Beklagten auf den Kläger. Das angefochtene Urteil verletze deshalb die Art. 22 Abs. 1 und 216 Abs. 2 OR sowie Art. 665 Abs. 1 ZGB.
| 7 |
Auf diese Rügen wäre einzutreten, wenn es vorliegend um den Vollzug des Vor- und Kaufvertrages der Parteien mit Wärtli ginge oder wenn Wärtli vom Kläger wegen Vertragsbruchs belangt würde. Nachdem nun aber der Beklagte inzwischen Alleineigentümer der Liegenschaft geworden ist und die Klage sich ausschliesslich gegen ihn richtet, können die Rechtsbegehren des Klägers sich ![]() | 8 |
9 | |
a) Im kantonalen Verfahren hat der Beklagte anerkannt, dass er mit dem Kläger eine einfache Gesellschaft vereinbart habe. Davon geht er offenbar auch noch in der Berufung aus; nach dem Vertrag vom 29. Juli 1977 liegt das Gesellschaftsverhältnis der Parteien jedenfalls auf der Hand. Dazu gehörte nicht nur die "Vereinbarung unter den Käufern" gemäss Abschnitt V des Vertrages, die Liegenschaft gemeinsam zu nutzen und umzubauen und sie später in Stockwerkeigentum überzuführen; Gegenstand des Gesellschaftsvertrages war auch der Erwerb der Liegenschaft zu hälftigem Miteigentum an sich. Ein solcher Zweck verträgt sich durchaus mit dem Begriff einer einfachen Gesellschaft im Sinn von Art. 530 OR (vgl. BGE 108 II 208 E. 4 mit Zitaten; WERNER VON STEIGER, in Schweizerisches Privatrecht Bd. VIII/1 S. 332; SIEGWART, N. 52 vor Art. 530 OR).
| 10 |
Die beiden Gesellschafter wollten gegen Bezahlung der festgelegten Anteile die Liegenschaft zu Miteigentum erwerben. Der Beklagte hat dies durch sein Verhalten jedoch verunmöglicht. Das Bezirksgericht fand, der Kläger habe damit seinen Anspruch verloren; der Beklagte handle aber rechtsmissbräuchlich, wenn er sich auf diesen Umstand berufe. Das Obergericht ist dem zu Recht nicht gefolgt. Der Gesellschaftszweck ist unbekümmert darum, dass der Beklagte inzwischen Alleineigentümer der Liegenschaft geworden ist, gültig geblieben; er kann noch ohne weiteres erreicht werden, indem der Kläger seinen Miteigentumsanteil nunmehr ![]() | 11 |
b) Der Beklagte beruft sich denn auch vor allem darauf, der Gesellschaftsvertrag sei wegen versteckten Dissenses über einen wesentlichen Punkt ungültig, was das Obergericht in Verletzung von Art. 1 und 2 Abs. 1 OR zu Unrecht verneint habe. Er macht geltend, die Vorstellungen der Parteien über die notwendige bauliche Umgestaltung, die gesunden kaufmännischen und wirtschaftlichen Überlegungen standhalten müsse, gingen stracks auseinander. Die beiden Architekten der Parteien hätten im Vorprojekt vom 8. November 1977 einen Neubau vorgezogen, wobei eine Umbauvariante vom 12. Dezember 1977 wirtschaftlich ungünstiger gewesen sei. Der Kläger habe aber beides abgelehnt, weshalb nur noch eine Pinselrenovation in Frage gekommen wäre. Eine Erfüllung des Vorvertrages sei ohne entscheidende Umgestaltung des bestehenden Baues auch gar nicht möglich. Dem Kläger stehe nämlich nach Vertrag nur etwa die Hälfte des Parterres zu, das zu zwei Drittel für das Café Kiebitz beansprucht werde. Die Umgestaltung habe auch bauliche Eingriffe in den obern Stockwerken zur Folge.
| 12 |
Dass der Dissens nach Ansicht des Beklagten nicht die objektiv wesentlichen, sondern nur subjektiv wesentliche Punkte eines Gesellschaftsvertrages betrifft, ändert nichts, weil das Zustandekommen des Vertrages von der Einigung über diese und jene Punkte abhängt (Art. 2 Abs. 1 OR; GUHL/MERZ/KUMMER, OR 7. Aufl. S. 93 f.; BGE 103 II 193). Entscheidend ist somit, was die Parteien als wesentlichen Vertragsinhalt betrachtet haben. Die Vorinstanz nimmt aufgrund der Parteiaussage des Beklagten und weiterer Umstände an, die Frage, ob die Liegenschaft umgebaut oder ein Neubau erstellt werden sollte, sei beim Vertragsschluss für die Parteien von zweitrangiger Bedeutung gewesen; Einzelheiten ![]() | 13 |
Die darin enthaltene Feststellung des Obergerichts über den wirklichen Willen der Parteien ist tatsächlicher Natur und daher für das Bundesgericht verbindlich; soweit es um Auslegung rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen anhand des Vertragstextes geht, ist der Vorinstanz ohne weiteres beizupflichten. Es ist offensichtlich und wird auch vom Beklagten nicht ernsthaft bestritten, dass sich die von ihm behauptete Notwendigkeit oder Zweckmässigkeit eines Neubaues erst nachträglich ergeben hat. Dass er selbst von Anfang an nur einen Neubau gewollt habe, wagt angesichts des Vertragstextes auch der Beklagte nicht zu behaupten. Er macht bloss geltend, der Kläger sei von vorneherein nicht bereit gewesen, die Liegenschaft wirtschaftlich einigermassen sinnvoll zu nutzen. Er schweigt sich aber darüber aus, weshalb der Kläger hätte Miteigentum erwerben wollen, ohne eine solche Nutzung zu beabsichtigen. Von einem Dissens bei Vertragsschluss darüber, dass durch Umbauten eine sinnvolle Nutzung der Liegenschaft ermöglicht werden sollte, kann daher im Ernst keine Rede sein.
| 14 |
c) Der Streit geht im Grund einzig darum, wie die Liegenschaft am besten genutzt wird. Das festzulegen war gerade nicht Sinn und Zweck des Gesellschaftsvertrages, der vielmehr eine Planung durch zwei von den Parteien bezeichnete Architekten vorsah. Alles Weitere sollte, wie die Vorinstanz zu Recht annimmt, später bereinigt werden. Was zu geschehen hatte, wenn die Parteien sich darüber nicht einigen konnten, lässt das Obergericht freilich offen. Das braucht jedoch auch im Berufungsverfahren nicht näher untersucht zu werden. Soweit der Vertrag dazu keine Abreden enthält, gelten die Regeln über die einfache Gesellschaft (Art. 530 ff. OR), insbesondere Art. 534 Abs. 1 OR, wonach Beschlüsse mit Zustimmung aller Gesellschafter gefasst werden. Sollten die Parteien an diesem Erfordernis endgültig scheitern, so müsste die Gesellschaft allenfalls aufgelöst und liquidiert werden (Art. 545 Abs. 1 Ziff. 1 OR).
| 15 |
Unter diesen Umständen ist auch nicht zu untersuchen, ob die Aufteilung des Parterres schwerwiegende bauliche Eingriffe erheischt. Insbesondere kann offenbleiben, ob eine Aufteilung nach Hälften anstelle der bisherigen Unterteilung des Parterres im Verhältnis von ungefähr eins zu zwei ohne gänzlichen Umbau ![]() | 16 |
17 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |