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89. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 29. Oktober 1984 i.S. X. gegen Y. (Berufung) | |
Regeste |
Platzmiete für Spielautomaten. |
Pflicht des Platzinhabers, Automaten bis zum Ablauf des Vertragsverhältnisses gehörig zu verwahren (E. 3b). | |
Sachverhalt | |
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Im Januar 1983 klagte Y. gegen X. auf Wertersatz nebst Zins.
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Das Bezirksgericht Diessenhofen und auf Appellation hin am 12. April 1984 auch das Obergericht des Kantons Thurgau hiessen die Klage im wesentlichen gut.
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B.- Der Beklagte hat gegen das Urteil des Obergerichts Berufung eingereicht, die vom Bundesgericht abgewiesen wird.
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Aus den Erwägungen: | |
3. Die beiden Automaten waren nach dem angefochtenen Urteil Eigentum des Klägers. Das Obergericht fand, dass der ![]() | 5 |
a) Vertragsverhältnisse über das Aufstellen von Automaten werden im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Fragen kann sich daher bloss, welchem gesetzlichen Vertragstypus sie am nächsten verwandt sind. In der Lehre (W. R. SCHLUEP, Der Automatenaufstellungsvertrag, in Schweizerisches Privatrecht Bd. VII/2 S. 870 ff.) werden zwei Grundformen unterschieden. Nach der einen verpflichtet sich der Platzinhaber bloss, dem Automateninhaber gegen ein Entgelt einen Standplatz zu überlassen. Diesfalls liegt eine gewöhnliche Raum- oder Platzmiete vor. Nach der anderen gehen die Verpflichtungen des Platzinhabers darüber hinaus; er hat insbesondere selber für den ordnungsgemässen Betrieb des Automaten zu sorgen, während die Gegenpartei bloss dessen ständige Funktionstüchtigkeit zu gewährleisten hat. Jede Partei hat ein eigenes Interesse an der Überlassung des Raumes und des Automaten und schuldet der anderen ein Entgelt, weshalb das Vertragsverhältnis auch als Miete gegen Miete bezeichnet wird.
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In der Praxis erübrigen sich meistens abschliessende Ausführungen zur Rechtsnatur solcher Verträge, weil die Streitigkeiten sich auf Einzelfragen beschränken. Es fällt indes auf, dass die Gerichte in der Regel von einem Mietgeschäft ausgehen und eine Beurteilung nach Normen einer anderen Vertragsart nur ins Auge fassen, wenn die Parteien sich gegenseitig zu Leistungen verpflichten, die über eine Miete hinausgehen (BGE 99 IV 204 E. 2b; Obergericht Zürich, SJZ 74/1978 S. 175 und 75/1979 S. 26 ff.; Bezirksgericht Zürich, SJZ 72/1976 S. 328 ff.; Kantonsgericht St. Gallen, SJZ 62/1966 S. 61 und 69/1973 S. 226; Appellationsgericht Basel-Stadt, BJM 1978 S. 194 ff.). Auch im vorliegenden Fall besteht kein Anlass zu weiteren Ausführungen grundsätzlicher Art, weil nach dem, was in tatsächlicher Hinsicht feststeht, das Rechtsverhältnis vorwiegend mietrechtlichen Charakter hat und es sich daher rechtfertigt, seine Auflösung nach den Kündigungsmöglichkeiten einer Miete zu beurteilen. Der Beklagte selber hielt übrigens ![]() | 7 |
Entgegen seiner Auffassung ist aber nicht auf Art. 267 Abs. 2 Ziff. 3 OR, sondern auf Ziff. 2 dieser Kündigungsvorschriften abzustellen. Nach dem angefochtenen Urteil verpflichtete sich der Kläger, die beiden Automaten im Spielsalon des Beklagten aufzustellen, der dafür seinerseits gegen die Hälfte der Einnahmen zwei Standplätze einzuräumen und für den ordnungsgemässen Betrieb der Apparate zu sorgen hatte. Es ging somit nicht bloss um die Gebrauchsüberlassung von beweglichen Sachen, sondern auch von Aufstellplätzen, also um wechselseitige Sachleistungen, von denen nur die erste die Anwendung von Art. 267 Abs. 2 Ziff. 3 OR zu rechtfertigen vermöchte. Die Kündigung von Aufstellplätzen für Spielautomaten richtet sich vielmehr nach Ziff. 2 dieser Vorschriften, was auch in der Lehre als richtig erachtet wird (SCHMID, N. 37 zu Art. 267 OR).
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b) Das Obergericht hält eine gültige Kündigung des Mietverhältnisses erst auf den 30. Juni 1980 für erwiesen, weil das Schreiben des Beklagten vom 19. Mai 1980 wegen Nichteinhaltung der zweiwöchentlichen Kündigungsfrist auf Ende dieses Monats nicht mehr wirksam werden konnte. Ist aber davon auszugehen, dass das Vertragsverhältnis erst am 30. Juni 1980 endete, so hatte der Beklagte die beiden Automaten bis dahin gehörig zu verwahren, damit sie nicht abhanden kommen konnten (vgl. BGE 99 II 46 ff.). Dass er dieser Pflicht nachgekommen wäre, macht er selbst nicht geltend. Er glaubt vielmehr, sich zu seiner Entlastung auf Art. 938 Abs. 2 ZGB berufen zu können, jedoch zu Unrecht. Besteht zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer einer beweglichen Sache wie hier ein Vertragsverhältnis, so richtet sich die Ersatzpflicht nicht nach den sachenrechtlichen Bestimmungen über den Besitz, sondern nach dem Vertragsverhältnis (STARK, N. 18 vor Art. 938 ff. und N. 5 zu Art. 938 ZGB).
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