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40. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 11. Juli 1985 i.S. Osmo AG und Linard Casty & Co. AG gegen Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Graubünden (Berufung) | |
Regeste |
BB vom 23. März 1961/21. März 1973 über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewB) |
2. Stehen indessen im Zusammenhang mit strafbaren Handlungen für die Strafverfolgung mehr als fünf Jahre zur Verfügung, so kann die Behördenklage bis zur Verjährung der Strafverfolgung angebracht werden (E. 8). | |
Sachverhalt | |
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Elf Miteigentumsanteile wurden am 10. Oktober 1979 zum Gegenstand eines Kaufvertrags mit der Linard Casty & Co. AG, Zuoz. Indessen hat die Käuferin daran nie Eigentum erworben, weil sie es unterlassen hat, eine entsprechende Eintragung im Grundbuch zu veranlassen. Eigentum erworben hat die Linard Casty & Co. AG hingegen an 2/34 der Autoeinstellgarage auf der Parzelle Nr. 692.
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B.- Nachträglich kamen Zweifel darüber auf, ob der Grundstückkauf durch die Osmo AG der Bewilligungspflicht für den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland unterstanden hätte. Das Grundbuchinspektorat Graubünden forderte deshalb am 7. Februar 1980 die Osmo AG auf, verschiedene Auskünfte zu erteilen und entsprechende Unterlagen einzureichen. Dieser Aufforderung kam die Osmo AG nur teilweise nach.
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Mit Verfügung vom 14. Juli 1982 stellte das Grundbuchinspektorat Graubünden fest, der Erwerb der Parzelle Nr. 679 zu Eigentum und der Erwerb von 42/68 Miteigentum an der Parzelle Nr. 692 in Celerina/Schlarigna durch die Osmo AG sowie die weiteren daran anknüpfenden Rechtsgeschäfte unterständen der Bewilligungspflicht für den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland.
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C.- Am 22. Mai 1981 leitete das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Graubünden - vorerst durch Anmeldung beim Vermittleramt des Kreises Oberengadin und hernach durch Prosequierung beim Bezirksgericht Maloja - Klage gegen die Osmo AG ein. Es verlangte die Wiederherstellung des ursprünglichen Rechtszustandes oder die gerichtlich angeordnete öffentliche Versteigerung des von der Osmo AG erworbenen Eigentums bzw. Miteigentums an den Parzellen Nrn. 679 und 692, mit Ausnahme des Miteigentumsanteils Grundbuchblatt Nr. 50'659 des Grundbuchs von Celerina/Schlarigna. Die Linard Casty & Co. AG trat dem Verfahren als Intervenientin im Sinne von Art. 49 der Zivilprozessordnung des Kantons Graubünden (vom 20. Juli 1954; BR 320.000) bei.
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Mit Urteil vom 15. Juni 1983 hiess das Bezirksgericht Maloja die Klage gestützt auf Art. 13 Abs. 1 des Bundesbeschlusses über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewB; vom 23. März 1961; SR 211.412.41) gut und ordnete die öffentliche Versteigerung der Stockwerkeinheiten Grundbuchblätter Nrn. 50'646 bis 50'658 und 50'660 bis 50'667 der Parzelle Nr. 679 sowie der 42/68 Miteigentum an der Parzelle Nr. 692 des Grundbuchs von Celerina/Schlarigna nach den Vorschriften über die Zwangsverwertung von Grundstücken an.
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D.- Eine Berufung der Osmo AG (mit Streitbeteiligung der Linard Casty & Co. AG) gegen den Entscheid des Bezirksgerichts Maloja wies das Kantonsgericht von Graubünden am 5. Juni 1984 ab.
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E.- Sowohl die Osmo AG als auch die Linard Casty & Co. AG erhoben gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden Berufung beim Bundesgericht. Sie verlangten dessen Aufhebung und die Abweisung der Klage.
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Aus den Erwägungen: | |
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Diese Betrachtungsweise hat sich - wie die Berufungsklägerin zutreffend ausführt - der Gesetzgeber im Zusammenhang mit ![]() | 15 |
Indessen stellt sich die Frage, ob der dem Art. 4 SchlT ZGB zugrunde liegende Gedanke nur gerade im Zusammenhang mit dem Zivilgesetzbuch im engeren Sinn (einschliesslich des Obligationenrechts) zum Tragen kommen soll oder ob er von allgemeiner Bedeutung für das Bundesprivatrecht ist, so dass er auch im Zusammenhang mit den Ergänzungs- und Ausführungserlassen zum Zivilgesetzbuch, wie es der Bundesbeschluss über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland ist, Geltung beanspruchen kann. Die Frage stellt sich deshalb mit Nachdruck, weil dieser Bundesbeschluss trotz der vom Gesetzgeber gewollten Zuordnung zum Privatrecht unverkennbare Züge öffentlichrechtlicher Normsetzung trägt. Dies trifft nicht zuletzt auf das der zuständigen Behörde eingeräumte Recht zur Klage auf Wiederherstellung des ursprünglichen Rechtszustandes bzw. auf öffentliche Versteigerung zu.
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Wie dem auch sei, die Frage der Geltung des Grundgedankens von Art. 4 SchlT ZGB braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden. Die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung zum Übergangsrecht im Zusammenhang mit der hier wiederum ![]() | 17 |
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Bezüglich der Auskunfts- und Editionspflicht hat das Bundesgericht in seinem Urteil vom 21. Mai 1982 - es handelt sich um eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Osmo AG - erkannt, dass die Beschwerde nach dem Recht im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung, also nach dem neuen Recht der "Lex Furgler", zu beurteilen sei. Ist dem aber so, ist nicht einzusehen, weshalb unter der Herrschaft des neuen Rechts die Frist für die Behördenklage nicht konsequent spätestens nach fünf Jahren auch dann ihr Ende finden sollte, wenn diese Frist schon vor dem 1. Februar 1974 zu laufen begann. Zwar mag diesfalls die gesamte Frist durchaus mehr als fünf Jahre betragen, weil zu den fünf Jahren der "Lex Furgler" noch die Zeitspanne hinzukommt, die zwischen dem widerrechtlichen Erwerb des Grundstücks und der Inkraftsetzung des neuen Rechts (1. Februar 1974) verstrichen ist. Doch ist dieses Ergebnis nicht so stossend, wie wenn auf alle während der Geltungsdauer der "Lex von Moos" widerrechtlich getätigten Grundstückgeschäfte die zehnjährige Frist des alten Rechts angewandt würde. Die Verwirkung der Behördenklage gegen solche Rechtsgeschäfte könnte nämlich später eintreten als die Verwirkung der Klage gegen Grundstückgeschäfte, welche nach Inkrafttreten der "Lex Furgler" verurkundet wurden und für welche nur die fünfjährige Frist in Frage kommt.
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Hat der Gesetzgeber angesichts des neuen, sofort anwendbaren Instrumentariums zum Aufspüren bewilligungspflichtiger Grundstückgeschäfte - Anzeigepflicht sowie Auskunfts- und Editionspflicht - die ![]() | 20 |
Die II. öffentlichrechtliche Abteilung hat dieser Auffassung im Verfahren gemäss Art. 16 OG zugestimmt.
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8. a) Damit steht indessen noch nicht endgültig fest, dass die hier zu beurteilende Klage des Justiz- und Polizeidepartements des Kantons Graubünden nicht dennoch gutgeheissen werden kann, wie es das Kantonsgericht von Graubünden getan hat. Auch die am 1. Februar 1974 in Kraft getretene "Lex Furgler" lässt die Klagefrist nicht in jedem Fall mit dem Ablauf von fünf Jahren seit dem Erwerb des Grundstückes zu Ende gehen. Vielmehr ist in Art. 22 Abs. 1 BewB der Fall vorbehalten, dass im Zusammenhang mit strafbaren Handlungen für die Strafverfolgung mehr als fünf Jahre zur Verfügung stehen. Darüber hat sich das Kantonsgericht nicht ausgesprochen und aus der Sicht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts auch nicht aussprechen müssen. Es hat aber auch keine für das Bundesgericht verbindliche Feststellungen gemacht, die eine strafbare Handlung im Zusammenhang mit dem rechtswidrigen Grundstückgeschäft von 1971 zum vornherein ausschliessen würden. Das Kantonsgericht hat daher noch darüber zu befinden, ob die Frist für die Klage auf Wiederherstellung des ursprünglichen Rechtszustandes bzw. auf öffentliche Versteigerung am 1. Februar 1979 allenfalls deshalb nicht verstrichen war, ![]() | 22 |
b) Die Osmo AG hält allerdings dafür, diese Anmeldung beim Vermittleramt genüge nicht, um die bundesrechtliche Klagefrist gemäss Art. 22 BewB einzuhalten.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts wird eine bundesrechtliche Klagefrist durch Anrufung des Sühnebeamten nur gewahrt, wenn dieser die Streitsache gemäss kantonalem Prozessrecht mangels Aussöhnung von Amtes wegen an das Gericht weiterzuleiten hat oder wenn zwischen dem Sühne- und dem eigentlichen Prozessverfahren nach kantonalem Recht ein Zusammenhang wenigstens in dem Sinne besteht, dass der Kläger den Streit innert einer gewissen Frist nach Abschluss des Sühneverfahrens vor den urteilenden Richter bringen muss, um die Verwirkung des Klagerechts oder andere Rechtsnachteile zu vermeiden, und der Kläger diese Frist im konkreten Fall auch wirklich eingehalten hat (BGE 98 II 181 E. 11 mit Hinweisen). In dem soeben zitierten Entscheid hat das Bundesgericht im Hinblick auf die Art. 96 und 97 der Zivilprozessordnung des Kantons Graubünden gesagt, dass zwischen dem Vermittlungsverfahren und dem gerichtlichen Verfahren ein hinreichender Zusammenhang besteht, um schon die Einleitung des Vermittlungsverfahrens als bundesrechtliche Einleitung der Klage ansehen zu können. Lässt sich aber in dieser Hinsicht der Entscheid der Vorinstanz nicht beanstanden, so ist nicht weiter auf die zusätzliche Überlegung des Kantonsgerichts einzugehen, dass sich das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons Graubünden für den Zeitabschnitt vom 7. Februar 1980 bis zum 14. Juli 1982 auch auf Art. 13 Abs. 2 in der Fassung der "Lex von Moos" (Rechtsstillstand) berufen könne, was von der Osmo AG bestritten wird (zum Ruhen einer Verwirkungsfrist BGE 107 Ib 189 E. 6b).
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Die Linard Casty & Co. AG rügt diese Rechtsauffassung als bundesrechtswidrig, weil sie die wirtschaftliche Betrachtungsweise bei Anwendung des Bundesbeschlusses nur teilweise zulasse. Indessen ist nicht zu beanstanden, dass das Kantonsgericht von Graubünden die in Frage stehenden Vorschriften nach teleologischen Gesichtspunkten ausgelegt hat. Dabei war vor allem der Absicht des Gesetzgebers Rechnung zu tragen, dem bewilligungspflichtigen Kaufinteressenten jede Möglichkeit zu verbauen, mittels Umgehungsgeschäften Grundeigentum zu erwerben und dadurch die legislatorischen Ziele zu durchkreuzen. Dieser Gesichtspunkt gilt anderseits nicht in bezug auf den gutgläubigen Dritterwerber, der zum Kauf von Grundstücken keiner Bewilligung bedarf. Sein Interesse liegt in einer gesicherten Rechtsposition, die nur an den Eintrag des Eigentums im Grundbuch anknüpfen kann. Bloss "wirtschaftliches" Eigentum genügt keineswegs, um den gutgläubigen Erwerber zu schützen.
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