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54. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 29. Oktober 1985 i.S. A., B. und C. gegen African Safari Club, Sektion Schweiz, und ASC African Safari Club AG (Berufung) | |
Regeste |
Haftung des Reiseveranstalters. |
2. Ob ein Reiseveranstaltungs- oder ein blosser Reisevermittlungsvertrag vorliegt, ist nach den Umständen des Einzelfalles und aus der Sicht des Kunden zu beurteilen (E. 4). |
3. Vereinbarung über eine zusätzliche Reise (Flugsafari), von der ungewiss ist, wer den Teilnehmern gegenüber als Vertragspartner aufgetreten ist und daher für einen Unfall haftet. Umstände, die für eine Haftung des Hauptveranstalters sprechen (E. 5). | |
Sachverhalt | |
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B.- Im April und August 1981 klagten Frau A., Frau B. und Frau C. beim Bezirksgericht Arlesheim gegen die Sektion Schweiz des African Safari Club und gegen die African Safari Club AG. Frau A. forderte im Verfahren Fr. 69'825.02 und KSh 2'500.-- Schadenersatz und Genugtuung, Frau B. Fr. 10'000.-- Genugtuung wegen Verlustes ihrer Mutter K., Frau C. Fr. 61'699.85 Schadenersatz und Genugtuung wegen Verlustes ihres Gatten und ihres Sohnes.
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Die Beklagten, die beide ihren Sitz in Allschwil haben, widersetzten sich diesen Forderungen, weil sie nicht als Veranstalter der Flugsafari aufgetreten, für den Unfall und dessen Folgen daher nicht haftbar seien.
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Das Bezirksgericht wies mit Urteilen vom 27. September 1983 alle drei Klagen mangels Passivlegitimation der Beklagten ab. Die Klägerinnen appellierten an das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft, das am 29. Januar 1985 die Entscheide des Bezirksgerichts bestätigte.
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C.- Die Klägerinnen haben gegen die drei Urteile des Obergerichts Berufungen eingelegt mit den Anträgen, sie aufzuheben und die Passivlegitimation der beiden Beklagten zu bejahen.
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Die Beklagten beantragen, auf die Berufungen nicht einzutreten oder sie abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Es liegen drei Klagen verschiedener Klägerinnen vor, deren Forderungen sich gegen die gleichen Beklagten richten und aus ![]() | 7 |
Gründe der Zweckmässigkeit sprechen hier dafür, dass das Bundesgericht über die drei Berufungen in einem einzigen Urteil befindet. Rechtlich steht dem nichts entgegen. Freilich kann die objektive oder subjektive Klagenhäufung nur dann zu einem höheren Streitwert durch Zusammenrechnung führen und die Berufung zulässig machen, wenn darüber ein einziges kantonales Urteil vorliegt (Art. 47 OG; BGE 103 II 41 ff. mit Hinweisen, namentlich auf BGE 78 II 182 und 40 II 76). Insoweit ergibt sich hier indes keine Schwierigkeit, weil der Mindeststreitwert gemäss Art. 46 OG in allen drei Fällen gegeben ist. Das Bundesgericht hat es zwar als Berufungsinstanz vereinzelt abgelehnt, Verfahren von sich aus zu vereinigen, die kantonal getrennt behandelt worden sind (BGE 40 II 76). Auch im Berufungsverfahren können indes Gründe der Prozessökonomie eine Vereinigung rechtfertigen, wenn wie hier inhaltlich gleiche Urteile angefochten werden und das Bundesgericht darüber so oder anders als Berufungsinstanz zu entscheiden hat (vgl. STRÄULI/MESSMER, N. 10 zu § 40 ZPO/ZH). Die drei Verfahren sind daher zu vereinigen und durch ein einziges Urteil zu erledigen.
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a) Das Obergericht räumt ein, dass die Kunden nach dem Werbematerial zunächst der Meinung sein konnten, die Flugsafari werde ebenfalls von den Beklagten organisiert und durchgeführt, weil im Prospekt von einer eigenen Safari-Organisation die Rede ist und Flugzeuge mit einem Zebramuster abgebildet sind, das auch zum Signet der Beklagten gehört. Die Vorinstanz hält den Klägerinnen jedoch entgegen, bei der Buchung der Flugsafari in Kenya hätten die Interessenten sofort erkennen können, dass sie den Vertrag darüber nicht mit den Beklagten, sondern mit der "Amphibians Ltd." abschlössen. Die Klägerinnen halten daran fest, dass es entscheidend auf den Eindruck ankomme, den die Beklagten mit ihrem Werbematerial bei den Kunden erweckt hätten. Das hilft indes nicht darüber hinweg, dass die Verträge über ![]() | 12 |
Die Annahme der Vorinstanz, diese Verträge seien mit der Fluggesellschaft "Amphibians Ltd." geschlossen worden, stützt sich nicht auf Beweiswürdigung, die das Bundesgericht bände. Die Vorinstanz prüfte vielmehr, wie die Reisenden das "Passenger-Ticket", das sie zur Teilnahme an der Flugsafari berechtigte, insbesondere nach dem grossgedruckten Namen der Gesellschaft und den Umständen der Buchung hätten verstehen müssen. Die Klägerinnen halten dies für eine völlig verfehlte Rechtsauffassung, vor allem weil die dreitägige Flugsafari auch Fahrten mit Landrover sowie Unterkunft und Verpflegung umfasst habe. Das leuchtet durchaus ein, zumal dem Ticket bloss die Strecke der Reise mit zwei bestimmten Nachtlagern (Camps), dagegen nichts für die Dauer und den Preis oder Näheres über die versprochenen Leistungen zu entnehmen ist. Der Vermerk "Booked by ASC" spricht deutlich gegen einen unmittelbaren Vertragsschluss mit der Fluggesellschaft, gleichviel ob die Kurzbezeichnung "ASC" für eine der Beklagten oder für die African Safari Club Ltd. in Mombasa auf dem Flugschein steht; so oder anders schliesst dieser Schein einen anderen Reiseveranstalter, der dann die Fluggesellschaft als Erfüllungsgehilfen eingeschaltet hätte, keineswegs aus.
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Ergibt sich aus dem Flugschein nicht zwingend, dass die "Amphibians Ltd." die Flugsafari veranstaltet hat und damit den Teilnehmern gegenüber als neue Vertragspartnerin aufgetreten ist, so braucht auch nicht geprüft zu werden, ob die Teilnehmer unter den gegebenen Umständen Anlass oder auch nur Gelegenheit gehabt hätten, gegen den Wechsel des Vertragspartners Einwände zu erheben.
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b) Das heisst indes nicht, dass die Teilnehmer an der Flugsafari die Beklagten leichthin als Vertragspartner auch für diese Leistung betrachten durften. Entscheidend bleibt vielmehr, wer in Kenya die Buchungen, in denen der Vertrag über die Safari zu erblicken ist, tatsächlich entgegengenommen hat. Das Obergericht hat das nicht abgeklärt, weil von den Klägerinnen nicht dargelegt worden sei, ob die Teilnehmer sich zu diesem Zweck an ein Reisebüro in ihren Ferienhotels oder an eine andere Buchungsstelle gewandt hätten. Die Klägerinnen bestreiten das und machen geltend, dass das Obergericht in diesem Punkte nicht auf ihre Ausführungen eingegangen sei und dass darüber kein Beweisverfahren stattgefunden habe.
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c) Doch selbst wenn nur Buchungen bei der African Safari Club Ltd. in Kenya anzunehmen sind, heisst dies nicht, dass die Haftung der beiden Beklagten im vornherein zu verneinen sei. Nach ihrer Darstellung besteht neben dem African Safari Club, Sektion Schweiz (Beklagter 1), der gleichnamige kenyanische Mutterverein. Die Reisebüros in den ASC-Hotels werden von der African Safari Club Ltd., Mombasa, betrieben. Im Prospekt der Beklagten, der schon den in der Schweiz vereinbarten Ferienarrangements zugrunde lag, war aber stets vom "African Safari Club" als Ganzem die Rede; er sprach von den eigenen Hotels des Clubs, von der eigenen Safari-Organisation in Kenya und von den Reisebüros (Tourist-Offices) in den ASC-Hotels, wo die Safaris gebucht werden könnten, darunter die im Prospekt geschilderte "Simba"-Flugsafari, die in der Preisliste für Fr. 1'200.-- angeboten wurde. Unter diesen Umständen spricht vieles dafür, dass auch die Unfall-Safari dort gebucht worden ist. Nachdem die Klägerinnen dies im kantonalen Verfahren behauptet hatten, konnte die Vorinstanz jedenfalls nicht ohne Beweisführung einfach das Gegenteil unterstellen. Die angefochtenen Urteile sind daher wegen Verletzung von Art. 8 ZGB aufzuheben (BGE 105 II 145 mit Hinweisen). Die Sache ist an das Obergericht zurückzuweisen, da es an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen fehlt, welche es dem Bundesgericht erlauben würden, die streitige Passivlegitimation abschliessend zu beurteilen (Art. 64 Abs. 1 OG).
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Erst wenn in tatsächlicher Hinsicht feststeht, bei wem die Teilnehmer aus der Schweiz die Flugsafari in Kenya gebucht haben, kann beurteilt werden, ob diesbezüglich ein weiterer Reiseveranstaltungsvertrag ![]() | 18 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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