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66. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 13. Dezember 1985 i.S. Dorena AG gegen Frei Beton AG (Berufung) | |
Regeste |
Bauhandwerkerpfandrecht: einheitliche Eintragungsfrist für Betonlieferungen, die für zwei zusammengehörende Bauten erfolgten (Art. 839 Abs. 2 ZGB). | |
Sachverhalt | |
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Am 1. Februar 1983 machte die Firma Frei Beton AG beim Bezirksgericht Werdenberg die Klage auf definitive Eintragung des ![]() | 2 |
Die Parteien fochten dieses Urteil mit Berufung resp. Anschlussberufung beim Kantonsgericht St. Gallen an. Mit Urteil vom 22. Februar 1985 wies das Kantonsgericht das Grundbuchamt Sennwald an, das Bauhandwerkerpfandrecht im Betrage von Fr. 29'146.75 definitiv einzutragen. Der Verzugszinsanspruch wurde wegen verspäteter Geltendmachung nicht geschützt.
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Gegen dieses Urteil wendet sich die Firma Dorena AG mit Berufung an das Bundesgericht.
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Aus den Erwägungen: | |
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Aus diesen tatsächlichen Gegebenheiten hat die Vorinstanz den Schluss gezogen, dass mit den Betonlieferungen der Klägerin für die beiden Gebäude eine einheitliche Leistung erfolgt sei. Grundsätzlich sei zwar davon auszugehen, dass Bauarbeiten des gleichen Unternehmers für mehrere Bauwerke auf einer einzigen Parzelle gesonderten Eintragungsfristen für ein Bauhandwerkerpfandrecht gemäss Art. 839 Abs. 2 ZGB unterliegen würden. Damit seien aber in erster Linie Bauten gemeint, die unter sich keine Einheit bildeten, z.B. zwei oder mehrere Einfamilienhäuser auf demselben Grundstück. Im vorliegenden Fall seien indessen zwei Bauten ![]() | 6 |
b) Die Beklagte wendet dagegen im wesentlichen ein, dass zwei verschiedene, räumlich getrennte Baukörper vorliegen würden, die je ein selbständiges Bauwerk darstellten. Da für jedes Bauwerk die Frist getrennt zu laufen begonnen habe, sei die Frist gemäss Art. 839 Abs. 2 ZGB zur Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts hinsichtlich jener Lieferungen, welche für das Mehrfamilienhaus bestimmt gewesen seien, nicht eingehalten worden.
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c) Gemäss Art. 839 Abs. 2 ZGB hat die Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts bis spätestens drei Monate nach der Vollendung der Arbeit zu geschehen. Das ZGB stellt damit für den Beginn des Fristenlaufes auf eine blosse Tatsache, die vollendete Arbeit ab. Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist es nicht bundesrechtswidrig, sich im Hinblick auf den Beginn des Fristenlaufes nicht streng an die juristische Form der Beziehungen zwischen den Parteien zu halten, sondern diese Beziehungen in ihrer Gesamtheit und unter praktischen Gesichtspunkten zu betrachten. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob die Lieferungen der Klägerin eine einheitliche Bauleistung bildeten oder nicht (BGE 106 II 128, BGE 104 II 352). Dies trifft gemäss der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts für sukzessive Lieferungen von Frischbeton grundsätzlich zu (BGE 104 II 351 E. 2). Im vorliegenden Fall ist aber überdies erforderlich, dass die Betonlieferungen als Einheit betrachtet werden können, obwohl sie für zwei verschiedene Bauten erfolgten.
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In dieser Hinsicht ist in erster Linie davon auszugehen, dass beide Bauten aufgrund des gleichen Werkvertrages errichtet wurden (BGE 106 II 25 f., 76 II 140; LEEMANN, N 18 zu Art. 839 ZGB). Vom Vertrag her bildete die Erstellung des Mehrfamilienhauses mit dem dazugehörenden Garagentrakt somit eine einheitliche Leistung. Allein die Tatsache, dass im vorliegenden Fall das Mehrfamilienhaus und die Garagen räumlich getrennt sind, vermag daran nichts zu ändern. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind neben der Regelung des Werkvertrages die gesamten Umstände massgeblich, und es ist darauf abzustellen, welches ![]() | 9 |
SCHUMACHER (Das Bauhandwerkerpfandrecht, 2. Aufl. 1982), auf den sich die Beklagte beruft, geht nicht davon aus, es sei irrelevant, ob nur ein einziger Vertrag vorgelegen habe und ob die Arbeiten in einem Zuge ausgeführt worden seien. Er betont vielmehr, das Vorliegen mehrerer Verträge und der Umstand, dass diese zeitlich gestaffelt abgeschlossen worden seien, spiele nur dann keine Rolle, wenn die mehreren Bauarbeiten ein zusammengehörendes Ganzes, eine spezifische Einheit bildeten. Eine einheitliche Bauleistung liege aber insbesondere dann vor, wenn die sukzessiven Arbeiten vom gleichen Unternehmer ausgeführt würden, z.B. Aushub-, Maurer- und Eisenbetonarbeiten (a.a.O., N 644, 646 f.). Das Bundesgericht hat in BGE 104 II 352 zur Beurteilung der Einheitlichkeit einer Arbeitsleistung auch danach gefragt, ob die Rechtsbeziehungen zwischen General- und Subunternehmer tatsächlich ausschliesslich waren, nicht unterbrochen wurden und nicht unterbrochen werden konnten. Genauso verhält es sich im vorliegenden Fall. Der Vorinstanz kann daher keine Verletzung von Bundesrecht vorgeworfen werden, wenn sie bei der Würdigung der gesamten Umstände auch auf diese Kriterien abgestellt hat.
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d) Die Beklagte macht wiederholt geltend, es lägen zwei verschiedene Bauwerke vor und deshalb müssten für das Mehrfamilienhaus und die Garagen getrennte Fristen zur Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts laufen. Da es im vorliegenden Fall jedoch gerade entscheidend darauf ankommt, ob die beiden Bauten separate Bauwerke darstellen oder eine Einheit bilden, tragen diese Ausführungen wenig zur Sache bei. Der Berufungsschrift lässt sich hierzu nur entnehmen, dass zwei Bauwerke vorliegen sollen, weil zwei räumlich getrennte Baukörper vorhanden sind.
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Zu Unrecht beruft sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auch darauf, dass bei Gesamtüberbauungen für jedes Gebäude die Eintragungsfrist von Art. 839 Abs. 2 ZGB selbständig zu laufen beginne, selbst wenn für die ganze Überbauung nur ein einziger Werkvertrag abgeschlossen worden sei (SCHUMACHER, a.a.O., N 668 f.). Zu den typischen Erscheinungen bei Gesamtüberbauungen gehören die zeitliche Staffelung in der Fertigstellung der einzelnen Häuser oder Blöcke, die zeitliche Staffelung in deren Bezug und die Parzellierung von Grund und Boden während des Bauvorganges. Typisch kann auch die Krisenanfälligkeit der Finanzierung sein, wenn die fertiggestellten Häuser und Wohnungen fortlaufend verkauft werden müssen, damit mit dem Erlös die Gesamtüberbauung fertiggestellt werden kann, ebenso die regelmässige Tilgung der Kaufpreisschuld durch die Endeigentümer schon vor dem Eigentumsübergang (KAPPELER, Das Bauhandwerkerpfandrecht bei Gesamtüberbauungen, in: ZBGR 57 (1976) S. 258 f.). Diese Besonderheiten führen zu einer ganz besonderen Interessenlage in bezug auf den Beginn der Dreimonatsfrist zur Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts. Im vorliegenden Fall liegt jedoch offensichtlich keine Gesamtüberbauung vor. Dem vorinstanzlichen Urteil lässt sich nicht entnehmen, dass die Liegenschaft, auf der das Mehrfamilienhaus und die Garagen stehen, parzelliert und die Teile einzeln verkauft werden sollen. Dies ergäbe auch keinen Sinn, nachdem die Vorinstanz verbindlich festgestellt hat, dass die Garagen auf das Mehrfamilienhaus hin konzipiert wurden und ausschliesslich diesem dienen. Im Unterschied zu einer Gesamtüberbauung wurden die beiden Gebäude auch nicht gestaffelt, sondern in einem Zuge fertiggestellt. Es ist daher kein Interesse ersichtlich, das es rechtfertigen würde, die bei Gesamtüberbauungen geltenden Regeln für den Beginn der Eintragungsfrist gemäss Art. 839 Abs. 2 ZGB auch im vorliegenden Fall anzuwenden.
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Ebenso ist die Berufung auf die Besonderheiten bei einer Anmerkungsparzelle unbehelflich, da im vorliegenden Fall gerade keine solche gegeben ist. Auch aus BGE 76 II 137 E. 1 und BGE 104 II 351 E. 2, auf welche die Beklagte über einen Hinweis bei SCHUMACHER (a.a.O., N 660) verweist, lässt sich nichts für ihren Standpunkt ableiten. In BGE 76 II 137 E. 1 wurde nicht einfach entschieden, dass die Erstellung eines Zufahrtsweges und jene des Rohbaus ![]() | 14 |
Schliesslich ist auch der Vorwurf unbegründet, die Vorinstanz habe in Verletzung von Bundesrecht auch darauf abgestellt, wer die Garagen mieten werde. Die Vorinstanz hat hierzu nur festgestellt, das zufällige Vermieten einer einzelnen Boxe an einen Dritten ändere nichts daran, dass der Garagenbau ausschliesslich auf das Mehrfamilienhaus hin konzipiert worden sei und nicht mehreren Wohnhäusern diene. Was die Beklagte dagegen vorbringt, erweist sich als blosse Kritik an der Beweiswürdigung und ist daher nicht zu hören (BGE 109 II 344 E. d).
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e) Es ergibt sich somit, dass die Lieferungen der Klägerin eine Einheit bildeten. Ihre Arbeit für die beiden Gebäude war erst in dem Moment im Sinne von Art. 839 Abs. 2 ZGB vollendet, als auch die letzte Lieferung für den Garagentrakt erfolgt war. Mit der Wahrung der Frist zur Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts hinsichtlich des Garagentraktes wurde auch die Eintragungsfrist hinsichtlich des Mehrfamilienhauses eingehalten. Dies führt aber zur Abweisung der Berufung der Beklagten, soweit darauf einzutreten ist.
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