BGE 112 II 59 | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
11. Urteil der I. Zivilabteilung vom 28. Januar 1986 i.S. Circus Montis AG gegen Eidgenössisches Amt für das Handelsregister (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 38 Abs. 1 HRegV und Art. 944 Abs. 1 OR. Firmenwahrheit. |
2. Privaten Klagen aus Namensrecht vorzubeugen, ist im Normalfall nicht Aufgabe des Amtes (E. 2). | |
Sachverhalt | |
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Mit Verfügung vom 3. Juli 1985 weigerte sich das Eidgenössische Amt für das Handelsregister, die Eintragung zu genehmigen; es fand, die neue Firma müsse als täuschend im Sinne von Art. 944 Abs. 1 OR und Art. 38 Abs. 1 HRegV betrachtet werden, weil kein unmittelbarer Zusammenhang der Gesellschaft mit einem Träger des Familiennamens "Monti" bestehe.
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Das Amt beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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a) Der Hinweis auf das Zirkusunternehmen, das Mitglieder der Familie Muntwyler-Wülser Mitte Februar 1985 in Form einer Aktiengesellschaft gegründet haben, wird vom Amt zu Recht nicht beanstandet; es hält einzig den Namen "Monti" in der Firma der Beschwerdeführerin für unzulässig, weil es sich dabei um einen alteingesessenen Tessiner Familiennamen handle, der heute nach dem sechsbändigen "Familiennamenbuch der Schweiz" (herausgegeben vom Polygraphischen Verlag, Zürich 1968-1971, Bd. IV S. 137) auch in elf anderen Kantonen vorkomme und daher als allgemein bekannt gelten müsse. "Monti" sei bloss der Künstlername der Gesellschaftsgründer, die früher unter diesem Namen aufgetreten seien und in Fachkreisen wohl einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt hätten. Das rechtfertige die Zulassung aber nicht; andernfalls könnte jedermann willkürlich einen anderen Familiennamen wählen und ihn nach einiger Zeit in die Firma aufnehmen. Vorliegend sei die Täuschungsgefahr zu bejahen, da ein Zusammenhang mit dem Familiennamen "Monti" hervorgerufen werde. Mit der Zulassung würden auch die Interessen einer unbestimmten Zahl von Personen mit diesem Namen und damit das öffentliche Interesse verletzt.
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Die Beschwerdeführerin ist dagegen der Meinung, für die Aufnahme eines Personennamens in die Firma einer AG genüge irgendein Zusammenhang zwischen dem Träger des Namens und der Gesellschaft. Das Recht zur Verwendung des eigenen Namens für solche Firmen werde nur durch das UWG beschränkt und stehe dem Gründer einer AG, der den Künstlernamen anstelle seines Familiennamens in die Firma der Gesellschaft aufnehmen wolle, ebenfalls zu. Diesfalls sei auch der vom Amt verlangte Zusammenhang gegeben, der ohnehin kein enger sein könne, weil von der Firma nicht auf die beteiligten Personen geschlossen werden dürfe. Von einem Verstoss gegen den Grundsatz der Firmenwahrheit könne daher keine Rede sein.
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b) Es geht vorliegend nicht um die Gefahr einer Verwechslung mit einer älteren Firma im Sinne von Art. 951 Abs. 2 OR, sondern ausschliesslich darum, ob das Publikum durch den Bestandteil "Monti" in der Firma der Beschwerdeführerin getäuscht werden kann. Es besteht daher zum vornherein kein Anlass, Umstände mitzuberücksichtigen, die eine solche Verwechslungsgefahr zwischen Unternehmen mit ähnlichen Zwecken begründen oder erhöhen können, oder das gesetzliche Täuschungsverbot bei der Verwendung von Familiennamen sonstwie nach wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten auszurichten, wie das Amt mit seinen Beispielen zu angeblich naheliegenden Missbräuchen anzunehmen scheint. Ob eine Täuschungsgefahr besteht, beurteilt sich zudem nicht allgemein, sondern nach den Umständen des Einzelfalles, wobei grundsätzlich von der Firmenbezeichnung als Ganzes auszugehen ist, selbst wenn einem einzelnen Bestandteil eine erhöhte Bedeutung zukommt (BGE 108 II 133 E. 4 mit Hinweisen).
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An solchen Umständen vermag das Amt hier bloss die Tatsache zu nennen, dass es sich bei "Monti" um einen alteingesessenen Tessiner Familiennamen handelt, der bereits vor 1962 in elf weiteren Kantonen verbreitet gewesen, aber bloss der Künstlername der Gesellschaftsgründer sei; seine Verbreitung als Familienname sei ein starkes Indiz dafür, dass er dem Publikum bekannt sei. Dass eine bestimmte Bezeichnung sich als Familienname schon vor Jahrzehnten oder gar vor Jahrhunderten eingebürgert und in zahlreichen Kantonen verbreitet hat, taugt für sich allein indes nicht zur Unterscheidung, ob eine Täuschungsgefahr im Einzelfall zu bejahen oder zu verneinen sei, lässt sich doch eher sagen, je seltener, aber berühmter oder aktueller ein Name ist, um so grösser sei diese Gefahr (vgl. BGE 98 Ib 192 E. 4, BGE 77 I 77 ff.). Ohne eine solche, besondere Geltung spricht ein weit verbreiteter oder häufig vorkommender Name jedenfalls nicht für, sondern gegen eine Täuschungsgefahr, weshalb er das Amt nicht zur Annahme einer solchen Gefahr verleiten darf, soll das gesetzliche Kriterium seinem Sinn und Zweck entsprechend angewendet werden. In seiner ergänzenden Vernehmlassung zur Beschwerde macht das Amt denn auch selber Vorbehalte.
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Selbst wenn insbesondere das italienischsprachige Publikum die streitige Firma mit dem weit verbreiteten Familiennamen "Monti" verbinden und annehmen sollte, die Aktiengesellschaft sei aus einer Familie mit diesem Namen hervorgegangen, kann vernünftigerweise nicht von einer Täuschungsgefahr gesprochen werden. Für den unbefangenen Leser steht der klare Hinweis auf das Zirkusunternehmen im Vordergrund und ist der Name "Monti" in erster Linie als Bezeichnung dieses Unternehmens zu verstehen. Zu bedenken ist ferner, dass der streitige Bestandteil als Mehrzahl des italienischen Wortes "monte" (Berg) auch eine Sachbezeichnung ist und deshalb, wie das Amt einräumt, ebenfalls als Phantasiename verstanden werden kann. Schliesslich darf nicht übersehen werden, dass einem Familiennamen in der Firma einer Aktiengesellschaft im Unterschied zu anderen Gesellschaftsformen (Art. 945 und 947 f. OR) rechtlich keine besondere Bedeutung zukommt, weil Aktionäre nicht persönlich haften. Es besteht daher entgegen der Auffassung des Amtes auch kein Grund, zwischen dem Träger des Namens und der Gesellschaft einen unmittelbaren oder besonders engen Zusammenhang zu verlangen, um nach Art. 944 Abs. 1 OR eine Gleichbehandlung aller Gesellschaftsformen zu gewährleisten (F. VON STEIGER, Schweizerisches Firmenrecht, S. 44; F. VON STEIGER in ZBJV 74/1938, S. 329; J. HARTMANN, in Sieben Vorträge über das neue Obligationenrecht, Basel 1937, S. 218; R. PATRY, in Schweiz. Privatrecht, Bd. VIII/1 S. 162/63).
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c) Abgesehen davon darf vorliegend mitberücksichtigt werden, dass der Hauptaktionär und -gründer der Beschwerdeführerin in den Jahren 1979/81 zusammen mit seiner Familie in einem Zirkusunternehmen unter dem Künstlernamen "Monti" als Clown aufgetreten und bekannt geworden ist; das eine wie das andere darf aus Beilagen zur Beschwerde geschlossen werden. Es leuchtet daher ein, dass er diesen Namen nicht bloss beibehalten, sondern auch in die Firma der Gesellschaft aufnehmen wollte, als er im Februar 1985 zusammen mit seiner Familie ein eigenes Zirkusunternehmen gründete. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sollte mit diesem Vorhaben, dem das Amt sich bereits mit Schreiben vom 26. Februar 1985 widersetzte, denn auch bloss der Zusammenhang zwischen der "Zirkusfamilie Monti" und der Gesellschaft deutlich gemacht werden. Pseudonyme geniessen grundsätzlich aber den gleichen Schutz wie Familien- und Vornamen (BGE 92 II 310; PEDRAZZINI/OBERHOLZER, Grundriss des Personenrechts, 2. Aufl. S. 167). Es ist deshalb nicht einzusehen, warum ein Künstlername in der Firma einer AG nur dann zulässig sein sollte, wenn er aus einer reinen Phantasiebezeichnung besteht, nicht aber, wenn er mit einem weit verbreiteten Familiennamen identisch ist, der sich seinerseits mit einer Sachbezeichnung deckt.
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Die angefochtene Verfügung, mit der das Amt eine Täuschungsgefahr zu Unrecht bejaht hat, ist somit aufzuheben und die von der Beschwerdeführerin beantragte Änderung ihrer Firma zuzulassen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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