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44. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 22. April 1986 i.S. X. gegen Y. (Berufung) | |
Regeste |
Art. 752 OR; Prospekthaftung. |
Art. 754 OR; Haftung der Kontrollstelle. |
Für Sonderaufträge, welche der Kontrollstelle ausserhalb ihrer gesetzlichen oder statutarischen Aufgabe erteilt werden, haftet die Kontrollstelle nicht aus Art. 754 OR (E. 4). | |
Sachverhalt | |
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Am 26. Juni 1978 wurde das Kapital der Z. Holding AG auf Fr. 3 Mio. erhöht, wobei sämtliche neuen Aktien von der durch X. beherrschten N. AG gezeichnet wurden. X. wurde zudem zum Verwaltungsrat gewählt und gleichzeitig als dessen Präsident bestimmt. Gestützt auf eine Zwischenbilanz einer der Tochtergesellschaften der Z. Holding AG per Ende September 1978 setzte X. sich dafür ein, dass zwei Grossbanken der Z. Holding AG am ![]() | 2 |
Im August 1979 teilte die Kontrollstelle mit, das Kapital einer Tochtergesellschaft der Z. Holding AG sei praktisch verloren. Am 2. Oktober 1979 wurde über die Z. Holding AG und über die Tochtergesellschaften der Konkurs eröffnet. Unmittelbar darauf forderten die kreditgebenden Banken X. auf, seine Bürgschaft zu honorieren. Im Januar 1982 trat die N. AG ihre Forderungen gegen Y. aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit oder aus anderen Titeln im Zusammenhang mit dem Erwerb der Aktien der Z. Holding AG bzw. mit der Erhöhung des Aktienkapitals dieser Gesellschaft an X. ab.
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B.- X. klagte im Juli 1982 gegen Y. auf Zahlung von Fr. 5,5 Mio. nebst Zins. Das Handelsgericht des Kantons Zürich wies die Klage am 22. Mai 1985 ab.
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C.- Auf Berufung des Klägers hebt das Bundesgericht das handelsgerichtliche Urteil auf und weist die Sache zur neuen Beurteilung im Sinn der Erwägungen an die Vorinstanz zurück.
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Entgegen der Vorinstanz nimmt das Bundesgericht an, X. habe den Auftrag zur Erstellung der Bilanzdokumentation im eigenen Namen und nicht oder nicht ausschliesslich im Namen der Z.-Gesellschaften erteilt; es erachtet deshalb eine Haftung Y.'s aus Auftrag für gegeben, wobei die übrigen Voraussetzungen der Haftung von der Vorinstanz noch abgeklärt werden müssen. Hingegen verneint das Bundesgericht wie die Vorinstanz eine aktienrechtliche Verantwortlichkeit aus Art. 752 und Art. 754 OR.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Werden bei der Ausgabe von Aktien in Prospekten oder Zirkularen oder ähnlichen Kundgebungen unrichtige oder den gesetzlichen Erfordernissen nicht entsprechende Angaben gemacht, so haftet jeder, der absichtlich oder fahrlässig dabei mitgewirkt hat, den einzelnen Aktionären für den dadurch verursachten Schaden (Art. 752 OR). Der Prospekt ist ein Mittel zur Werbung ![]() | 8 |
Art. 752 OR kommt nicht nur bei der Gründung einer Aktiengesellschaft zur Anwendung, sondern bei jeder Ausgabe von Aktien und erfasst deshalb auch entsprechende Dokumente, die anlässlich einer Kapitalerhöhung ausgegeben werden. Die Haftungsbestimmung betrifft aber nur Kundgebungen "bei der Ausgabe" von Aktien. Die Verbreitung von Prospekten und ähnlicher Mitteilungen muss daher mit der Emission zusammenhängen, also in der Absicht erfolgt sein, die Aktien in den Verkehr einzuführen (FORSTMOSER, a.a.O., N. 639 u. N. 641; SCHRAFL, a.a.O., S. 60).
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b) Von einer Emission kann im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden. Die Bilanzdokumentation ist von der Beklagten nicht im Hinblick auf eine Aktienemission erstellt worden, sondern als Grundlage für eine Sanierung, deren Modalitäten noch offen waren. Dass der Kläger der Beklagten seine konkreten Vorstellungen über die einzelnen Sanierungsmassnahmen bekannt gegeben und insbesondere auch auf die Möglichkeit einer Kapitalerhöhung hingewiesen hat, ändert daran nichts. Eine Haftung aus Art. 752 OR entfällt damit.
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Die Vorinstanz bezeichnet allfällige Fehler der Beklagten im Zusammenhang mit den laufenden Revisionen für die vom Kläger erlittenen Verluste als nicht kausal, was mit der Berufung nicht angefochten wird. Es fragt sich somit einzig, ob die Bilanzdokumentation, die der Kläger als die entscheidende Grundlage für seine Beteiligung an der Sanierung bezeichnet, von der Beklagten im Rahmen ihrer Tätigkeit als Kontrollstelle erstellt worden ist.
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a) Der Kläger beruft sich nicht auf eine Abtretung im Sinn von Art. 756 Abs. 2 bzw. Art. 260 SchKG. Es kann daher nur darum gehen, ob ihm gegenüber der Beklagten Schadenersatz aufgrund unmittelbarer Schädigung im Sinn von Art. 754 OR zusteht. Das setzt voraus, dass die Kontrollstelle gegenüber dem Kläger aktienrechtliche Pflichten verletzt hat (BGE 110 II 393 ff. E. 2). Gemäss Art. 728 Abs. 1 OR hat sie zu prüfen, ob sich die Gewinn- und Verlustrechnung und die Bilanz in Übereinstimmung mit den Büchern befinden, ob diese ordnungsgemäss geführt sind und ob die Darstellung des Geschäftsergebnisses und der Vermögenslage den gesetzlichen Bewertungsgrundsätzen sowie allfälligen besonderen Vorschriften der Statuten entspricht. Sie hat ausserdem der Generalversammlung über die Bilanz und die von der Verwaltung vorgelegten Rechnungen einen schriftlichen Bericht zu erstatten (Art. 729 Abs. 1 OR). Ihre Aufgabe und damit auch ihre Haftung können sodann durch die Statuten oder die Generalversammlung erweitert werden (Art. 731 Abs. 1 OR; zur Haftung vgl. BGE 110 II 394; BGE 65 II 20).
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b) Die von der Beklagten zusammengestellte Bilanzdokumentation ist nicht im Rahmen derartiger gesetzlicher oder statutarischer Tätigkeit erfolgt, sondern - wie der Kläger selbst einräumt - im Rahmen eines Sonderauftrags, der klar darüber hinausging. In der Literatur spricht sich HIRSCH (L'organe de contrôle dans la société anonyme, Diss. Genf 1965, S. 197) dafür aus, auch derartige Zusatzaufträge unter die Haftung von Art. 754 OR fallen zu lassen, weil zwischen solchen Aufträgen und der normalen Tätigkeit der Kontrollstelle stets eine mehr oder weniger enge Beziehung bestehe, die Kontrollstelle daher nicht zufällig mit den Sonderaufträgen betraut werde. Andere Autoren lehnen eine solche Ausdehnung der aktienrechtlichen Verantwortlichkeit ab, weil diese spezifisch die Verletzung jener Pflichten sanktionieren wolle, welche dem Organ durch seine gesellschaftsrechtliche Stellung auferlegt sind, zu der die zusätzlichen Aufgaben nicht gehören (FORSTMOSER, a.a.O., N. 442 f., mit Bezugnahme auf die Auffassung von Hirsch in Fussnote 773; DRUEY, Rechtsstellung und Aufgaben des Abschlussprüfers im In- und Ausland, in: Rechtsgrundlagen und Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers, 1980, S. 20; DRUEY, Zur ![]() | 15 |
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