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79. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. September 1986 i.S. T. gegen S. (Berufung) | |
Regeste |
Güterrechtliche Auseinandersetzung. | |
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Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen des Obergerichts hat die Klägerin die umstrittene Liegenschaft auf ihren Namen aus dem Nachlass ihrer Eltern gegen einen Kaufpreis von Fr. 110'000.-- erworben. Gemäss einer öffentlich beurkundeten Vereinbarung vom 12. September 1977 wurde dieser Preis durch Übernahme der bestehenden Grundpfandschulden von ![]() | 2 |
a) Gestützt auf diese tatsächlichen Feststellungen ist die Vorinstanz davon ausgegangen, dass unter dem Güterstand der Güterverbindung die während der Ehe von der Ehefrau entgeltlich erworbene Liegenschaft weder zu ihrem Sondergut gehöre, noch eine Ersatzanschaffung für eingebrachtes Gut oder Sondergut darstelle. Grundsätzlich müsste daher die Liegenschaft in H. in die Errungenschaft des Ehemannes fallen. Damit sei aber nicht vereinbar, dass die Ehefrau im Grundbuch als Eigentümerin der Liegenschaft eingetragen sei. In BGE 97 II 295 habe das Bundesgericht erklärt, dass eine auf diese Weise erworbene Liegenschaft während der Ehe grundsätzlich zum eingebrachten Gut der Ehefrau gehöre. Allerdings habe das Bundesgericht in BGE 102 II 72 ff. wieder Zweifel an dieser Rechtsprechung geäussert. Zudem sei aufgrund der beiden angeführten Urteile nicht klar, ob das Bundesgericht an den Entscheidungen BGE 74 II 147 und BGE 91 II 86 festhalten wolle, wonach während der Ehe entstandene konjunkturelle Mehrwerte bei Auflösung der Güterverbindung der Errungenschaft zuzurechnen seien. Angesichts dieser wenig gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichts rechtfertige es sich - wie die Vorinstanz ausführte -, der von Merz in ZBJV 109 (1973) S. 66 vertretenen Auffassung zu folgen, der von einem erweiterten Begriff des eingebrachten Gutes der Ehefrau ausgehe und den durch blosse Schuldübernahme begründeten entgeltlichen Erwerb einer Liegenschaft auf den Namen der Frau als Ersatzanschaffung für eingebrachtes Gut betrachte. Das habe zur Folge, dass der gleiche Vermögenswert sowohl während wie auch bei Auflösung der Ehe gleich behandelt ![]() | 3 |
b) Der Beklagte hält der Betrachtungsweise des Obergerichts entgegen, dass die im angefochtenen Urteil vorgenommene Erweiterung des Anwendungsbereichs des eingebrachten Gutes bzw. der Ersatzanschaffung sich mit der gesetzlichen Ordnung der Güterverbindung und insbesondere mit Art. 195 ZGB nicht vereinbaren lasse. Nach dieser Vorschrift gehöre zur Errungenschaft, was nicht eingebrachtes Gut oder Sondergut der Ehefrau sei. Das sei auch vom Bundesgericht in BGE 102 II 72 ff. anerkannt worden.
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Dem Beklagten ist insofern beizupflichten, dass unter dem Güterstand der Güterverbindung in jenen Fällen Schwierigkeiten auftreten, in denen die Ehefrau während der Ehe eine Liegenschaft gegen Entgelt erworben hat, ohne dass es sich um eine Ersatzanschaffung für eingebrachtes Gut oder für Sondergut handelt, sondern der Kauf nur gegen Schuldübernahme erfolgt ist. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollte es unter der Güterverbindung einen durch blosse Schuldenbegründung der Ehefrau finanzierten und auf ihren Namen lautenden Erwerb gar nicht geben (HAUSHEER, Grundeigentum und Ehescheidung aus zivilrechtlicher Sicht, ZBGR 65 (1984) S. 268, HAUSHEER, Vom alten zum neuen Eherecht, Abhandlungen zum schweiz. Recht 1986 S. 58, und PIOTET, Le statut des biens acquis à titre onéreux et sans subrogation par la femme mariée dans le régime de l'union des biens, JdT 1977 I S. 153 f.). Vielmehr gehört alles zur Errungenschaft des Ehemannes, was nicht den engen gesetzlichen Voraussetzungen für eine andere Gütermasse entspricht, so dass während der Ehe eine offensichtliche Spaltung zwischen der güterrechtlichen Zuordnung der Liegenschaft und der sachenrechtlichen Ordnung besteht. Aus diesem Grunde hat das Bundesgericht in BGE 97 II 289 ff. eine von der Ehefrau entgeltlich erworbene Liegenschaft während der Ehe ihrem eingebrachten Gut zugeordnet. Dies konnte allerdings nur auf dem Wege einer erweiterten Umschreibung des eingebrachten Gutes geschehen (HAUSHEER in ZBJV 114 (1978) S. 171 ff.), was das Bundesgericht in BGE 102 II 72 ff. auch anerkannt hat.
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Ob an der Rechtsprechung in BGE 97 II 289 ff. festzuhalten sei, ist weder im vorliegenden Fall noch war dies in BGE 102 II 72 ff. zu entscheiden; denn es geht hier wie dort nur um die Frage, wie der entgeltliche Erwerb der Ehefrau während der Ehe in der güterrechtlichen Auseinandersetzung zu behandeln sei. In BGE 102 II 72 ff. hat das Bundesgericht - was die Vorinstanz übersieht - an seiner früheren ![]() | 6 |
c) Auch im vorliegenden Fall besteht entgegen der Auffassung der Vorinstanz kein Anlass, auf die dargelegte Rechtsprechung des Bundesgerichts zurückzukommen. Das Obergericht stützt sich auf die abweichende Meinung von MERZ in ZBJV 109 (1973) S. 66, der auch PIOTET, a.a.O., JdT 1977 I S. 154 und in ZBGR 63 (1982) S. 261 ff., folgt und die bei REY, Gemeinschaftliches Eigentum unter Ehegatten, ZBGR 62 (1981) S. 342, auf Verständnis stösst. In BGE 102 II 76 hat das Bundesgericht darauf hingewiesen, dass die von MERZ vertretene Auffassung der gesetzlichen Umschreibung des eingebrachten Gutes und dem unentgeltlichen Charakter jeder Bildung von eingebrachtem Gut während der Ehe nicht Rechnung trage. Dabei wurde aber übersehen, dass in jedem Fall von den ursprünglichen Vorstellungen über die Güterverbindung abgewichen werden muss, wenn für den vom Gesetzgeber nicht geregelten Fall des entgeltlichen Eigentumserwerbs der Ehefrau ohne Ersatzanschaffung während der Ehe eine Lösung gefunden werden muss (vgl. HAUSHEER, ZBJV 114 (1978) S. 174 f.). Indessen gilt es, eine Lösung anzustreben, die sich von den tragenden Grundgedanken des heute noch geltenden ordentlichen Güterstandes so wenig als möglich entfernt. Dabei ist darauf zu achten, dass die ![]() | 7 |
d) Soweit also die Klägerin die Liegenschaft in H. gegen Entgelt erworben hat, ohne dass eine Ersatzanschaffung vorliegt, indem Vermögenswerte ihres eingebrachten Gutes bzw. ihres Sondergutes dafür verwendet worden wären, ist die Liegenschaft bei Auflösung der Güterverbindung wertmässig der Errungenschaft zuzurechnen. Die Berufung ist daher teilweise gutzuheissen, und Dispositiv Ziffer 4 lit. a, b und c des angefochtenen Urteils ist aufzuheben. Die Sache ist an das Obergericht zurückzuweisen, damit es die Höhe der Errungenschaft und insbesondere den Vorschlagsanteil des Beklagten neu feststelle. Die Vorinstanz hat daher den Verkehrswert der Liegenschaft im Zeitpunkt der güterrechtlichen Auseinandersetzung zu ermitteln und davon den ursprünglichen Kaufpreis und die wertvermehrenden Investitionen in Abzug zu bringen, d.h. insgesamt Fr. 200'000.--. Allerdings bleibt noch abzuklären, ob der Erwerb der Klägerin teilweise unentgeltlich war. In der ![]() | 8 |
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