![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
85. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. Dezember 1986 i.S. S. gegen R. (Berufung) | |
Regeste |
Wissensvertretung bei Täuschung des Vertragspartners. Art. 28 Abs. 2 OR. | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
Bereits der Prospekt enthielt den Hinweis, die R. garantiere die Rückzahlung des investierten Kapitals. Mit Einverständnis dieser Gesellschaft liess die D. sodann Ende September 1975 in der internationalen Finanzpresse Inserate mit folgendem Wortlaut erscheinen:
| 2 |
"Lease unit holders of the final tranche of Project Timberlease
| 3 |
50 000 are hereby advised that notwithstanding the date of signature and
| 4 |
5 | |
contracts, the invested capital guaranteed jointly and severally by D. and
| 6 |
R. as indicated in the brochure 'Project Timberlease 50 000',
| 7 |
will be repaid by R. on August 1, 1981."
| 8 |
Am 15. Oktober 1975 unterzeichneten die I. "on behalf of sub-account M 13001" und C. einen Vertrag über 100 "lease units". Der "Mietzins" von Fr. 250'000.-- und eine Verkaufskommission von Fr. 12'500.-- wurden bezahlt.
| 9 |
Im Dezember 1975 distanzierte sich die R. öffentlich von ihrer Garantieerklärung. Sie liess durch Inserate mitteilen, sie sei lediglich als Versichererin von D. tätig gewesen; da diese ihre Verpflichtungen aus dem Versicherungsvertrag nicht erfüllt habe, falle die Grundlage des abgegebenen Zahlungsversprechens dahin. Weder C. noch D. zahlten je Zinsen oder Kapital zurück. Die Investoren wandten sich daher an die R. und verlangten von ihr, das abgegebene Zahlungsversprechen zu erfüllen.
| 10 |
In der Folge liess die Beklagte das Argument mit dem Versicherungsvertrag fallen. Sie stellte sich nun auf den Standpunkt, das ganze "Project Timberlease 50 000" sei ein aufgelegter Schwindel gewesen, und der Verwaltungsratspräsident von D., X., habe ihr Zahlungsversprechen mit betrügerischen Angaben erschlichen. Sie erstattete das investierte Kapital nur denjenigen Anlegern zurück, die ihrer Meinung nach gutgläubig gewesen seien, das heisst bei der Investition von den Machenschaften des X. nichts gewusst hätten.
| 11 |
B.- Am 15. August 1983 belangte S. als Zessionar der drei Timberlease-Anleger T., G. und M. die R. beim Handelsgericht des Kantons Zürich für insgesamt Fr. 525'000.-- nebst Zins. Nach Abtrennung des Verfahrens betreffend die Forderungen der Investoren T. und G. hat das Handelsgericht am 25. März 1986 die Klage betreffend die Forderung des Investors M. in Höhe von Fr. 250'000.-- nebst Zins abgewiesen.
| 12 |
C.- Den Entscheid des Handelsgerichts hat S. mit Berufung angefochten. Er beantragt dem Bundesgericht, das Urteil aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm Fr. 250'000.-- nebst Zins zu bezahlen, eventuell die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
| 13 |
Aus den Erwägungen: | |
2. Die Vorinstanz hat im wesentlichen erwogen, der Anleger M. sei Vertragspartner von C. und Begünstigter aus der Rückzahlungsverpflichtung von D. geworden. Auf Grund des Schuldversprechens der Beklagten stehe an sich den Anlegern ein vertragliches Forderungsrecht ![]() | 14 |
15 | |
a) Dass M. bei der Zeichnung durch die I. vertreten wurde, ergibt sich schon daraus, dass er seine Identität lange nicht bekanntgeben wollte und nur die I. für ihn aufgetreten ist. Daran ändert nichts, dass die Beklagte ihr Versprechen durch ein Inserat direkt an die potentiellen Investoren gerichtet hat.
| 16 |
b) Die Frage, ob der böse Glaube des Vertreters dem Vertretenen stets zuzurechnen ist oder ob, wie der Kläger geltend macht, insoweit, insbesondere wenn der Vertreter eine juristische Person ist, differenziert werden muss, etwa danach, dass nur auf das Wissen derjenigen Organperson abgestellt wird, die das konkrete Rechtsgeschäft vornimmt, kann offenbleiben. Denn die vorliegend zu beurteilende Konstellation zeichnet sich dadurch aus, dass der Vertreter des M., die I., zugleich wirtschaftlich identisch ist mit dem Vertragspartner, der C. Der Anlagevertrag wurde am 15. Oktober 1975 abgeschlossen. Bereits am 24. September 1975 hatte X. alle Aktien der I. erworben. Er war, wie die Vorinstanz feststellt, deren faktischer Verwaltungsrat. Zugleich war er der Initiant und Beherrscher des betrügerischen Timberlease-Projektes. Deshalb ist die I. durch die Person von X. als wirtschaftlich identisch anzusehen mit der C./D.-Gruppe, welcher die Anlagegelder zukommen sollten. Umgekehrt hat die Beklagte diese Gruppe, wenn auch ohne Kenntnis des von X. inszenierten Betruges, aber immerhin leichtfertig mit ihrer Erklärung unterstützt. Würde man in einer derartigen Situation dem Anleger M. das Wissen des Vertreters zurechnen, so käme man zum stossenden Ergebnis, dass man ihm auf dem Umweg über die Wissenszurechnung unterstellen würde, er habe in den ihm gegenüber begangenen Betrug eingewilligt. Dies zeigt, dass in einer derartigen Konstellation das Wissen des Vertreters dem Vertretenen nicht zugerechnet werden kann.
| 17 |
![]() | 18 |
c) Somit ergibt sich, dass die Vorinstanz zu Unrecht die Bösgläubigkeit des Anlegers M. angenommen hat. Ist dieser aber als gutgläubig anzusehen, bleibt das von der Beklagten abgegebene Schuldversprechen verbindlich.
| 19 |
20 | |
21 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |