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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
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11. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 24. Februar 1987 i.S. R. gegen A. AG (Berufung) | |
Regeste |
Art. 218 ff. OR. Sperrfrist für landwirtschaftliche Grundstücke. |
2. Die blosse Möglichkeit der Erteilung einer Ausnahmebewilligung vermag das Bewilligungserfordernis ebensowenig zu ersetzen wie das Verbot des Rechtsmissbrauchs (E. 4c und d). |
3. Anwendbarkeit der Ausnahmevorschriften auf die Abtretung von Kaufsrechten (E. 4b und c). | |
Sachverhalt | |
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Mit Schreiben vom 22. April 1985 trat P. das Kaufsrecht an die in Appenzell domizilierte Firma A. AG ab, die R. am 29. April 1985 davon Kenntnis gab und gleichzeitig die Ausübung des Kaufsrechts erklärte. Die Abtretung wurde am 2. Mai 1985 öffentlich beurkundet. R. verweigerte die Anmeldung beim Grundbuchamt.
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B.- Die Mitte Mai und anfangs Juli 1985 durch die A. AG gegen R. eingeleitete Klage auf Ausübung des Kaufsrechts hiessen das Bezirksgericht Bischofszell und am 10. April 1986 das Obergericht des Kantons Thurgau gut. Das Bundesgericht heisst die vom Beklagten gegen das Urteil des Obergerichts eingereichte Berufung gut, hebt das angefochtene Urteil auf und weist die Klage ab.
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Aus den Erwägungen: | |
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Unbegründet sei der Einwand des Beklagten, der Kaufrechtsvertrag vom 13. Februar 1984 und die Übertragung des Kaufsrechts an die Klägerin verstiessen mangels Ausnahmebewilligung gemäss Art. 218bis OR gegen das zehnjährige Veräusserungsverbot für landwirtschaftliche Grundstücke des Art. 218 Abs. 1 OR. Nach Erhalt der Ausübungserklärung hätte der Beklagte gemäss Ziffer XVIII des Kaufrechtsvertrags unverzüglich beim kantonalen ![]() | 5 |
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4. Der Beklagte wirft dem Obergericht vor, es hätte die Veräusserung landwirtschaftlicher Grundstücke vor Ablauf der Sperrfrist von 10 Jahren nicht mit der Begründung zulassen dürfen, die Einholung der Ausnahmebewilligung sei Sache des Beklagten gewesen, der diese auch ohne weiteres erhalten hätte. Eine Ausnahmebewilligung hätte vielmehr bereits im Zeitpunkt des Kaufrechtsvertrags vom 13. Februar 1984 tatsächlich vorliegen müssen. Das Fehlen dieser Bewilligung ziehe die Nichtigkeit des Vertrags nach sich. Mit diesem Problem habe sich die Vorinstanz ebensowenig befasst wie mit dem Einwand, die Nichtigkeit treffe auch die Abtretung des Kaufsrechts von P. an die Klägerin. Angesichts der Nichtigkeit beider Grundgeschäfte seien die Mutmassungen der Vorinstanz über die Möglichkeit, dass eine Ausnahmebewilligung erteilt werde, völlig unerheblich. Bei der Abtretung des Kaufsrechts an die Klägerin komme hinzu, dass von der Verhinderung ![]() | 7 |
a) Gemäss Art. 218 Abs. 1 OR dürfen landwirtschaftliche Grundstücke während einer Frist von 10 Jahren, vom Eigentumserwerb an gerechnet, weder als Ganzes noch in Stücken veräussert werden. Nach Art. 218bis OR kann die vom Kanton der gelegenen Sache als zuständig erklärte Behörde aus wichtigen Gründen wie der Verhinderung einer Zwangsverwertung eine Veräusserung vor Ablauf der Sperrfrist gestatten. Art. 218ter OR bestimmt, dass Geschäfte, die diesen Vorschriften zuwiderlaufen oder deren Umgehung bezwecken, nichtig sind und kein Recht auf Eintragung in das Grundbuch geben.
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Es wird auch von der Klägerin nicht bestritten, dass die Gegenstand des Kaufsrechts bildenden Grundstücke von Art. 218 ff. OR erfasst werden. Unbestritten ist sodann, dass die Klägerin die Ausübung des Kaufsrechts vor Ablauf der Sperrfrist erklärt hat. Schliesslich ist dem angefochtenen Urteil zu entnehmen, dass es bis heute an der erforderlichen Ausnahmebewilligung fehlt. Ob diese Annahmen für sämtliche Parzellen zutreffen, kann offenbleiben, lässt doch Ziffer VI des Kaufrechtsvertrags nur eine alle darin aufgezählten Grundstücke erfassende Ausübung des Kaufsrechts zu.
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b) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung unterliegen alle Arten der Veräusserung von landwirtschaftlichen Grundstücken der Sperrfrist (BGE 109 Ib 92 E. 1). Neben dem Verkauf fällt darunter auch das Kaufsrecht, wenn es innerhalb der Sperrfrist eingeräumt und ausgeübt wird (BGE 95 II 432 f. E. 3c, BGE 94 II 110 E. 2b, BGE 93 I 606 E. 8, BGE 92 I 337 E. 3; vgl. dazu auch CAVIN, Schweizerisches Privatrecht, Band VII/1, S. 142 Fussnote 4). In BGE 93 I 606 E. 8 wird das damit begründet, dass mit dem Kaufrechtsvertrag die Befugnis zur Verfügung über das Grundstück auf den Vertragspartner übertragen worden sei. Ein während der Sperrfrist eingeräumtes Kaufsrecht wird deshalb nur insoweit als zulässig erachtet, als die Frist zur Ausübung über das Ende der Sperrfrist hinausreicht (BGE 94 II 112 f.). Fallen Kaufrechtsverträge in die gesetzliche Sperrfrist, so sind sie nichtig und geben solange kein Recht auf Eintragung in das Grundbuch, bis neben dem öffentlich beurkundeten Vertrag als Zulässigkeitsvoraussetzung für die Anmeldung beim Grundbuchamt eine amtliche Bescheinigung über die behördliche Bewilligung beigelegt werden kann (BGE 84 II 195).
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c) Die Auffassung des Obergerichts, die Ausnahmebewilligung hätte vor der Ausübungserklärung gar nicht eingeholt werden können, weil bis dahin die Ausübung des Kaufsrechts nicht festgestanden habe, überzeugt nicht. Diese Auffassung würde dazu führen, dass entgegen der klaren Vorschrift von Art. 218ter OR Kaufsrechte im Grundbuch vorzumerken wären, bei denen die Erteilung der Ausnahmebewilligung noch nicht feststünde. Das Kaufsrecht könnte dann während längerer Zeit im Grundbuch vorgemerkt sein, obgleich die Ausnahmebewilligung anlässlich der Ausübung des Kaufsrechts möglicherweise verweigert wird. Dieser Unsicherheit lässt sich nur dadurch begegnen, dass die Gültigkeit des Geschäfts und dessen Eintragung oder Vormerkung im Grundbuch vom tatsächlichen Vorliegen einer Ausnahmebewilligung und nicht der blossen Möglichkeit der Erteilung einer solchen abhängig gemacht wird. Nur so lässt sich auch die von der Rechtsprechung zur Verhinderung von Umgehungsgeschäften vorgenommene Gleichstellung der Einräumung eines Kaufsrechts mit dem eigentlichen Verkauf verwirklichen. Auf den Umstand, dass der Beklagte die Ausnahmebewilligung wahrscheinlich erhalten hätte, kann es deshalb nicht ankommen. Dasselbe gilt für die Wahrscheinlichkeit, mit der für die Abtretung des Kaufsrechts an die Klägerin eine Ausnahmebewilligung erteilt worden wäre. Abgesehen davon ist für dieses zweite Geschäft ein wichtiger Grund, insbesondere jener der Verhinderung einer Zwangsverwertung, nicht ersichtlich. Überdies hätte die zuständige Behörde dann ![]() | 12 |
d) Auch das Verbot des Rechtsmissbrauchs gestattet es nicht, die Berufung des Beklagten auf die fehlende Ausnahmebewilligung zu übergehen. Ziffer XVIII des Kaufrechtsvertrags, die den Beklagten zur Einholung der Bewilligung verpflichtet, hätte P. nicht daran gehindert, selbst das Bewilligungsverfahren einzuleiten oder auf Erfüllung der Vertragspflichten durch den Beklagten zu klagen. Überdies wäre es Sache der Klägerin gewesen, sich anlässlich des Vertragsschlusses mit P. über die Gültigkeit des Kaufsrechts zu vergewissern. Schliesslich hätte es der Behörde selbst dann freistehen müssen, die Ausnahmebewilligung im öffentlichen Interesse zu verweigern, wenn das Verhalten des Beklagten als rechtsmissbräuchlich erschienen wäre.
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