BGE 113 II 73 | |||
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14. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 2. April 1987 i.S. Fortunoff Fine Jewelry and Silverware Inc. und Mitbeteiligte gegen House of Jewellery Ltd. (Berufung) | |
Regeste |
Gebrauch einer Marke in der Schweiz. | |
Sachverhalt | |
A.- Die Fortunoff Fine Jewelry and Silverware Inc., New York, verkauft Schmuck und Silberwaren. Ab Ende 1983 liess sie in zahlreichen Ländern die Wortmarken "FORTUNOFF" oder "FORTUNOFF, THE SOURCE" für die von ihr vertriebenen Waren hinterlegen. Am 4. September 1985 ersuchte sie auch um Eintragung der Marke "FORTUNOFF" in das schweizerische Register.
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Die House of Jewellery Ltd. ist eine Gesellschaft des australischen Rechts, die in Sydney und Melbourne Geschäfte der Schmuck- und Uhrenbranche betreibt. Im Januar 1979 liess sie in Australien die Bezeichnung "FORTUNOFF" als Handelsnamen hinterlegen. Seit Januar 1981 vertreibt sie unter dieser Bezeichnung zudem Uhren, die sie von Herstellern in der Schweiz bezieht. Am 7. Januar 1982 hinterlegte sie in der Schweiz die Wortmarke "FORTUNOFF", die für Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte Gegenstände, namentlich Juwelierwaren, Uhren und andere Zeitmesser bestimmt ist. Die Marke wurde unter Nr. 314430 registriert.
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B.- Am 4. Juli 1984 klagten die Fortunoff Inc., ihre Einkaufsgesellschaft und ihre beiden Aktionäre gegen die australische Gesellschaft insbesondere wegen Verletzung ihrer Markenrechte durch die Beklagte, die nicht berechtigt sei, in der Schweiz oder in ihrem geschäftlichen Verkehr mit der Schweiz die Bezeichnung "FORTUNOFF" zu verwenden.
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C.- Die Kläger haben gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, die vom Bundesgericht abgewiesen wird.
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Aus den Erwägungen: | |
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Die Kläger widersprechen dem unter Hinweis auf BGE 109 IV 146 und BGE 110 IV 110.
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a) Zu den Tatbeständen der Markenrechtsverletzung gemäss Art. 24 MSchG gehören insbesondere das Nachmachen oder Nachahmen einer Marke (lit. a), die unbefugte Verwendung einer Marke (lit. b) und der Handel mit widerrechtlich gekennzeichneten Waren (lit. c). Das MSchG beruht wie alle Spezialgesetze des Immaterialgüterrechts auf dem Territorialitätsprinzip, das die Anwendung des Gesetzes von einer räumlichen Beziehung des Gutes zum Schutzland abhängig macht und auf dessen Gebiet beschränkt (BGE 105 II 52 E. 1a mit Hinweisen). Unter Art. 24 MSchG fallen daher nur Handlungen, die in der Schweiz begangen werden oder einen widerrechtlichen Erfolg zeitigen, insbesondere Teilnehmer am schweizerischen Markt täuschen (DAVID, Kommentar zum MSchG, S. 288; L. DAVID, Supplement, S. 81).
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Das MSchG bietet ferner nur Schutz bei markenmässigem Gebrauch eines Zeichens. Das gilt auch, wenn zwei Marken zusammentreffen; nur wer sein Zeichen markenmässig gebraucht, kann das Markenrecht eines anderen verletzen (BGE 92 II 261 E. 2). Unter einem solchen Gebrauch ist die Verwendung der Marke auf der Ware selbst oder auf deren Verpackung zu verstehen. Der rechtlich relevante Gebrauch einer hinterlegten Marke beginnt zudem nicht schon mit deren Anbringen auf der Ware, sondern erst wenn die mit der Marke gekennzeichnete Ware auf dem schweizerischen Markt erscheint. Dieses Erfordernis ist nicht erfüllt, wenn die Ware zwar in der Schweiz mit der Marke versehen, aber ins Ausland geliefert und nur dort angeboten wird (BGE 101 II 296 und BGE 100 II 231 /32 mit Hinweisen; TROLLER, Immaterialgüterrecht I, 3. Aufl. S. 284). So verhielt es sich hier. Nach den Feststellungen des Handelsgerichts hat die Beklagte in der Schweiz Uhren bestellt, die zwar hier mit der unter Nr. 314430 eingetragenen Marke "FORTUNOFF" gekennzeichnet wurden, aber ausschliesslich für ausländische Märkte bestimmt waren. Mit diesen Feststellungen, die tatsächliche Verhältnisse betreffen und daher das Bundesgericht binden, ist den Begehren der Kläger aus Markenrecht der Boden entzogen.
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b) Die Kläger wenden dagegen in tatsächlicher Hinsicht mit Recht nichts ein. Sie machen vielmehr geltend, nach BGE 109 IV 146 und BGE 110 IV 110 seien ihre Rechte aus dem MSchG schon mit dem Anbringen der streitigen Marke in der Schweiz verletzt worden, unbekümmert darum, ob die Uhren nachher hier oder im Ausland angeboten worden seien. Aus dem ersten Entscheid können die Kläger indes schon deshalb nichts zu ihren Gunsten ableiten, weil es dort um die widerrechtliche Verwendung des Bildteils (Krönchen) der schweizerischen Uhrenmarke "Rolex" ging, die hier seit 1949 geschützt ist. Da der Bildteil auf den für Paraguay bestimmten Uhrenbestandteilen in der Schweiz angebracht worden war, lag die nach dem Territorialprinzip erforderliche Beziehung des geschützten Rechtsgutes zum Inland auf der Hand. Auf eine solche Beziehung konnte sich auch der zweite Entscheid stützen, in dem es um je eine weltweit bekannte Wort- und Bildmarke ging, die seit Jahrzehnten auch in der Schweiz geschützt sind. In diesem Falle wurde die Ware zwar im Ausland widerrechtlich mit den fremden Marken versehen, aber mit Wissen des in der Schweiz wohnhaften Käufers, der die Ware sodann in einem inländischen Zollfreilager umpacken und mit neuen Begleitpapieren, welche ihre Herkunft verschleiern sollten, zum Verkauf wieder ausführen liess. Dadurch beteiligte sich der Käufer in der Schweiz an der widerrechtlichen Benützung zweier nicht nur national, sondern auch international geschützter Marken (vgl. BGE 97 II 173 mit Zitaten); er musste sich sagen lassen, dass ein Zollfreilager in der Schweiz markenrechtlich nicht als Ausland zu behandeln ist.
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In den beiden Entscheiden des Kassationshofes ist übrigens keine Änderung der Rechtsprechung zu erblicken, wie die Kläger anzunehmen scheinen. Die Erstklägerin verkennt vielmehr, dass sie ihre Marke "FORTUNOFF" erst während des Prozesses, nämlich am 4. September 1985, ins schweizerische Register eintragen lassen wollte und sich für die Zeit vor dem Gesuch mangels Nachweises nicht auf einen prioritätsbegründenden Gebrauch in der Schweiz stützen kann. Dadurch unterscheidet der vorliegende Fall sich deutlich von den beiden Entscheiden des Kassationshofes, der sich mit der rechtswidrigen Verwendung national geschützter Marken zu befassen hatte.
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Dass die Kläger sich im kantonalen Verfahren auch auf den Schutz der notorisch bekannten Marke gemäss Art. 6bis PVÜ berufen haben, hilft darüber nicht hinweg; sie haben sich mit dem Vorhalt des Handelsgerichts, dass die Marke diesfalls in der Schweiz als Warenzeichen Abnehmerkreisen und Konkurrenten bekannt sein müsste, was nicht zutreffe, denn auch abgefunden.
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