BGE 113 II 528 | |||
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91. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. September 1987 i.S. Schweizerische Aluminium AG gegen Eidgenössisches Amt für das Handelsregister (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Aktienrecht. Rechtsstellung der Partizipanten bei Herabsetzung des Grundkapitals nach Art. 735 OR. |
- Beschlusskompetenz der Gemeinschaft der Genussscheinberechtigten (Art. 657 Abs. 5 OR). Die Zustimmung der Gemeinschaft ist nicht nötig, wenn ein Generalversammlungsbeschluss die Genussrechte der Partizipanten nicht berührt und sich auch indirekt auf diese Rechte nicht auswirkt (E. 4 und 5). | |
Sachverhalt | |
A.- Die Schweizerische Aluminium AG beschloss an der ordentlichen Generalversammlung vom 22. April 1985 die nominelle Herabsetzung ihrer Aktien und Partizipationsscheine auf die Hälfte des bisherigen Nennwerts, nämlich auf Fr. 250.-- statt bisher Fr. 500.-- bei den Inhaberaktien, auf Fr. 125.-- statt bisher Fr. 250.-- bei den Namenaktien und auf Fr. 25.-- statt bisher Fr. 50.-- bei den Partizipationsscheinen. Die Kapitalherabsetzung diente ausschliesslich der Beseitigung einer durch Verluste entstandenen Unterbilanz (Art. 735 OR). Am gleichen Tag wurde die Statutenänderung und Kapitalherabsetzung zur Eintragung ins Handelsregister von Sitten angemeldet. Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister verweigerte am 23. April 1987 der Eintragung die Genehmigung, weil die Herabsetzung des Partizipationskapitals einen Beschluss der Gemeinschaft der Partizipanten voraussetze (Art. 657 Abs. 5 OR).
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B.- Die Schweizerische Aluminium AG hat gegen diese Verfügung Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben mit dem Antrag, die Verfügung aufzuheben und die Registerbehörden anzuweisen, die Eintragung vorzunehmen. Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
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C.- Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut, hebt die Verfügung des Eidgenössischen Amts für das Handelsregister vom 23. April 1987 auf und weist das Amt an, das Eintragungsbegehren der Beschwerdeführerin zu genehmigen.
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Aus den Erwägungen: | |
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3. Art. 657 Abs. 5 OR bezieht sich auf Genussscheine. Deren Ausgabe ist gesetzlich beschränkt zugunsten von Personen, die mit dem Unternehmen durch frühere Kapitalbeteiligung, Aktienbesitz, Gläubigeranspruch oder durch ähnliche Gründe verbunden sind (Art. 657 Abs. 1 OR). Der Partizipationsschein wird als Kapitalbeschaffungsmittel verwendet und gegen Kapitaleinlage ausgegeben. Das geht zwar über den Wortlaut der Bestimmung hinaus, entspricht aber ihrem Sinn und Zweck, wonach Genussrechte nur Personen gewährt werden dürfen, die der Gesellschaft einen Vorteil verschafft haben (BGE 93 II 399). Von der Aktie unterscheidet sich der Partizipationsschein wie der Genussschein durch das fehlende Stimmrecht. Der Partizipationsschein gilt daher als Sonderart des Genussscheins und untersteht nach herrschender Auffassung dessen Bestimmungen (BGE 105 Ib 177 E. 2b; vgl. auch Botschaft über die Revision des Aktienrechts, BBl 1983 II, S. 800 u. 804).
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a) Anleihensobligationen und Genussscheine unterscheiden sich wesentlich. Die Anleihe ist ein in Teilbeträge aufgeteiltes Grossdarlehen, wobei der Anleihensnehmer mit einer Vielzahl von Darleihern selbständige Einzelverträge abschliesst und für die Rückforderung jedes Teilbetrags dem Darleiher ein Wertpapier begibt; dieses verbrieft eine fest verzinsliche Nominalschuld (BGE 113 II 288 E. 5a). Der Genussberechtigte hat demgegenüber nur Anspruch auf einen Anteil am Gewinn und am Liquidationsergebnis; insbesondere erwirbt er eine Forderung auf Auszahlung eines Gewinnanteils nur dann, wenn überhaupt Reingewinn vorhanden ist und die Generalversammlung die Ausschüttung von Gewinn beschliesst. Er ist somit wie der Aktionär am Ertrag und an der Substanz der Gesellschaft beteiligt, ohne indes über das Stimmrecht des Aktionärs zu verfügen. Letzteres wurde bei der dogmatischen Einordnung, der auch das Bundesgericht folgte, lange Zeit als entscheidend angesehen. Genussrechte galten deshalb als vertragliche Ansprüche und wurden als bedingte Gläubigerrechte bezeichnet (BGE 31 II 452f.; BGE 83 I 133 E. 2; Urteil des Bundesgerichts vom 10. Juli 1953, in SAG 26/1953-54, S. 179 f.; zur Auseinandersetzung in der Lehre vgl. insbesondere BÄR, Der Kapitalbeschaffungsgenussschein, ZBJV 101/1965, S. 211 ff.; BÄR, Aktuelle Fragen des Aktienrechts, ZSR 85/1966 II, S. 411; BAUER, Partizipationsscheine im Schweizer Aktienrecht - im Vergleich zum deutschen Aktienrecht, Diss. Zürich 1976, S. 167 ff.). Allerdings wurde nicht verkannt, dass die Ansprüche sich nicht nur durch die Bedingtheit von gewöhnlichen Gläubigerrechten unterscheiden, sondern auch durch ihren den vermögensrechtlichen Ansprüchen der Aktionäre entsprechenden Inhalt (zit. Urteil des Bundesgerichts in SAG 26/1953-54, S. 179 f.). In der neueren Literatur wird deshalb die Bezeichnung Beteiligungsrechte vorgezogen (BÄR, a.a.O., ZBJV 101/1965, S. 211 ff., ZSR 85/1966 II, S. 411 ff.; BAUER, a.a.O., S. 172; VON GREYERZ, Die Aktiengesellschaft, in Schweiz. Privatrecht Bd. VIII/2, S. 264). In diesem Sinn hält auch der Bundesrat in der Botschaft über die Revision des Aktienrechts fest, Genuss- und Partizipationsscheine seien Beteiligungsrechte ohne Mitverwaltungsrechte (BBl 1983 II, S. 800). Eine eindeutige Zuordnung zu vertraglichen oder zu gesellschaftsrechtlichen Ansprüchen ist indes schwierig; Genussrechte vereinigen Elemente beider, und je nach ihrer Ausgestaltung kann das Verhältnis zwischen diesen Elementen sehr unterschiedlich sein (dazu SIEGWART, N. 26 ff. zu Art. 657 f. OR). Bei Partizipationsscheinen, die wie jene der Beschwerdeführerin keine anderen Vermögensrechte verbriefen als den Anspruch auf einen Teil des Gewinns oder des Liquidationsergebnisses und die bei Kapitalerhöhung ein Bezugsrecht gleich einer Aktie gewähren, überwiegt das beteiligungsrechtliche Element.
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b) Die Zusammenfassung der Genussscheinberechtigten von Gesetzes wegen zu einer Gemeinschaft, deren Beschlüsse auch die Minderheit binden, erfolgte anlässlich der Revision des Gesellschaftsrechts von 1936, wobei das Quorum für Rechtsverzichte mit dem Bundesgesetz über die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen vom 1. April 1949 verschärft wurde (BS 2, 341; Botschaft zum Bundesgesetz über die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen BBl 1947 III, S. 869, 872 f.; Sten.Bull. Nationalrat 1948, S. 97; Sten.Bull. Ständerat 1948, S. 301; ZIEGLER, N. 1 zu Schlussbestimmungen 1 der Art. 1157-1186 OR). Die gesetzliche Regelung ist von der Vorstellung der Genussscheine als vertraglicher Gläubigerrechte beeinflusst, und der Gesetzgeber wollte der Aktiengesellschaft wie dem Anleihensschuldner bei Sanierung seiner Unternehmung ermöglichen, bei veränderten Verhältnissen Genussrechte abzuändern oder aufzuheben, ohne das Einverständnis jedes Berechtigten einholen zu müssen (SIEGWART, N. 42 f. zu Art. 657 f. OR; ERNST, Der Genussschein im deutschen und schweizerischen Aktienrecht, Diss. Zürich 1963, S. 223).
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c) Die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft der Genussberechtigten ist unklar. Hinsichtlich der Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen unterscheidet das Gesetz zwischen Eingriffen in Gläubigerrechte (Art. 1170, 1173 OR), für welche eine Mehrheit von zwei Dritteln des im Umlauf befindlichen Kapitals verlangt wird, und den übrigen Fällen (Art. 1181 OR), für welche die absolute Mehrheit der vertretenen Stimmen genügt. Art. 657 Abs. 5 OR erwähnt nur den Rechtsverzicht und die dafür nötige, von Art. 1170 OR abweichende Mehrheit. Wieweit überhaupt ein Beschluss der Gemeinschaft (mit einfacher oder qualifizierter Mehrheit) nötig ist, bedarf weiterer Auslegung (vgl. ZIEGLER, a.a.O., N. 1 zu Schlussbestimmungen 1; WIELAND, die Gemeinschaftsbeschlüsse der Genussscheinberechtigten nach Art. 657 OR in seiner neuen Fassung vom 1. April 1949, SAG 24/1951-52, S. 193 f. u. 195; ERNST, a.a.O., S. 225; STRÄSSLE, Die Vorschriften über die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen (Art. 1157-1186 OR) in ihrer Anwendbarkeit auf die Gläubigergemeinschaft bei Genussscheinen nach Art. 657 OR, Diss. Freiburg 1961, S. 108). Insbesondere ist es bei Rechten, die den vermögensrechtlichen Ansprüchen der Aktionäre entsprechen, kaum möglich, zwischen Massnahmen der Aktiengesellschaft, welche die Genussrechte berühren und solchen, die das nicht tun, zu unterscheiden. Das gilt namentlich bei indirekten Eingriffen, welche die Genussrechte der Form nach unberührt lassen, ihren Inhalt aber durch die Wirkung der Generalversammlungsbeschlüsse beeinflussen, wie etwa die Veränderung der Ausschüttungsquote durch Vermehrung ausschüttungsberechtiger Titel (BAUER, a.a.O., S. 203 ff.; SIEGWART, N. 36 f. zu Art. 657 f. OR).
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d) Eine uneingeschränkte Übertragung der Bestimmungen über die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen auf die Genussscheine würde bedeuten, dass die Genussrechte durch die Aktiengesellschaft ohne Zustimmung der Genussberechtigten nicht angetastet werden dürfen. Da die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen auf eine vertragliche Forderung zugeschnitten ist, fragt sich, wieweit der beteiligungsrechtliche Charakter insbesondere der Partizipationsscheine eine Einschränkung der Beschlusskompetenz der Gemeinschaft rechtfertigt. Das wirft umgekehrt die Frage auf, ob den Partizipanten zum Ausgleich anderweitige Schutzrechte eingeräumt werden müssen (dazu BÄR, a.a.O., ZBJV 101/1965, S. 214 f., ZSR 85/1966 II, S. 419 f.; vgl. auch die Botschaft über die Revision des Aktienrechts, wo entsprechend der vom Bundesrat angestrebten vermögensrechtlichen Gleichstellung von Partizipanten und Aktionären eine Anpassung an den Rechtsschutz der Aktionäre vorgesehen wird, a.a.O., S. 801 ff. und S. 876 ff. zu Art. 656a-656g).
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5. Aus dem Dargelegten ergibt sich, dass Art. 657 Abs. 5 OR jedenfalls dann nicht anwendbar ist, wenn sich ein statutenändernder oder sonstiger Generalversammlungsbeschluss auf die Partizipanten nicht auswirkt, das heisst die Genussrechte nicht nur der Form nach durch die Beschlüsse der Generalversammlung unberührt bleiben, sondern auch ihr Inhalt durch die Wirkung der Beschlüsse nicht beeinflusst wird.
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a) Bei der Herabsetzung des Grundkapitals im Fall einer Unterbilanz (Art. 735 OR) werden keine Mittel zur Kapitalrückzahlung an die Aktionäre freigegeben (BGE 76 I 166f. E. 3). Eine Verminderung des Gesellschaftsvermögens, an dem die Partizipanten beteiligt sind, findet somit nicht statt; vor und nach der Kapitalherabsetzung sind die Partizipanten an der gleichen Vermögensmasse beteiligt. Es kann sich daher nur fragen, ob sich die anteilsmässige Beteiligung verändert, da der Wert der Partizipationsscheine nicht nur vom Nettovermögen, sondern auch von der relativen Aufteilung der gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen abhängt.
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b) Während dem Obligationär eine bestimmte, zahlenmässige festgelegte Forderung zukommt, die durch die Herabsetzung des Betrags bzw. Nennwerts der Forderung betroffen wird, sind Partizipanten wie Aktionäre am Gesellschaftsvermögen nur quotenmässig beteiligt. Der Nennwert ist bloss Berechnungsfaktor für die Ermittlung des Gewinn- und Liquidationsrechts bzw. des Bezugsrechts im Verhältnis zu den entsprechenden Nennwerten der Aktien. Sofern die Partizipationsscheine daher keine über dieses Beteiligungsverhältnis hinausgehenden, am Nennwert orientierten Rechte verbriefen und im gleichen Verhältnis herabgesetzt werden wie die übrigen Beteiligungspapiere (Inhaberaktien und Namenaktien), ihre prozentuale Beteiligung demnach gleich bleibt, wird somit die Rechtsstellung der Partizipanten durch die Kapitalherabsetzung nach Art. 735 OR nicht beeinträchtigt und ist deshalb die Zustimmung der Gemeinschaft gemäss Art. 657 Abs. 5 OR nicht erforderlich.
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c) Die Beschwerdeführerin hat die nominelle Herabsetzung ihrer Aktien und Partizipationsscheine auf die Hälfte des bisherigen Nennwerts beschlossen. Die Kapitalherabsetzung erfolgt für Aktien- und Partizipationsscheinkapital im gleichen Mass. Die prozentualen Beteiligungsverhältnisse bleiben unverändert, das Gleichbehandlungsgebot wird gewahrt. Der Kapitalherabsetzungsbeschluss beeinträchtigt somit die Rechtsstellung der Partizipanten nicht, und eine Zustimmung der Gemeinschaft der Partizipanten zum Beschluss der Generalversammlung erübrigt sich bereits aus diesem Grund.
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Ob die Zustimmung der Gemeinschaft überdies auch deshalb nicht nötig wäre, weil nach den Statuten sämtliche Beschlüsse der Generalversammlung für die Inhaber von Partizipationsscheinen verbindlich sind, sofern der Anspruch auf vermögensrechtliche Gleichstellung gewahrt bleibt (§ 6bis Abs. 6 der Statuten), kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben. Ebensowenig braucht geprüft zu werden, ob das Eidgenössische Amt für das Handelsregister mit der Verweigerung der Eintragung seine Kognitionsbefugnis überschritten habe, wie die Beschwerdeführerin eventuell noch geltend macht.
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