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28. Urteil der I. Zivilabteilung vom 29. Juni 1988 i.S. Vereinigte Altenburger und Stralsunder Spielkarten-Fabriken AG gegen Bundesamt für geistiges Eigentum (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Markenrecht; Freizeichen, durchgesetzte Marke. |
2. "EILE MIT WEILE" ist auch nicht als durchgesetzte Marke eintragungsfähig (E. 3). | |
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Mit Verfügung vom 28. Januar 1988 wies das Bundesamt für geistiges Eigentum das Gesuch mit der Begründung ab, das zur Eintragung beantragte Zeichen sei als Gemeingut freizuhalten und auch nicht als durchgesetzte Marke eintragungsfähig.
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Die Vereinigte Altenburger und Stralsunder Spielkarten-Fabriken AG führt gegen diese Verfügung Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, sie aufzuheben und das Amt anzuweisen, der Marke "EILE MIT WEILE" den markenrechtlichen Schutz in der Schweiz zu gewähren, allenfalls als durchgesetzte Marke.
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Die Umwandlung einer Marke in ein Freizeichen ist nach der Rechtsprechung erst abgeschlossen, wenn alle an der Herstellung, dem Vertrieb und dem Kauf der Ware beteiligten Kreise das Zeichen nicht mehr als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb, sondern als Gemeingut, besonders als Warenname ansehen (BGE 96 II 261; BGE 94 II 46). Demgegenüber ist ein nicht oder nicht mehr als Marke geschütztes Zeichen schon dann ein Warenname und damit Gemeingut, wenn nur ein bestimmter Kreis, z.B. die Fachleute oder das kaufende Publikum, es allgemein zur Bezeichnung einer bestimmten Warenart verwenden (BGE 96 II 261; BGE 96 I 755). ...
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b) "EILE MIT WEILE" ist seit 1978 nicht mehr als Marke geschützt, das Zeichen wurde 1986 zur Wiedereintragung angemeldet. Zu prüfen ist daher, ob es (noch) als Herkunftsbezeichnung zu gelten oder aber als Warenname und Sachbezeichnung markenrechtlichen Schutz nicht (mehr) zu erlangen vermag. Massgebend sind dabei nach dem Gesagten die Auffassungen in mindestens einem Verkehrskreis.
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"EILE MIT WEILE" ist die Bezeichnung für ein allgemein bekanntes und beliebtes Würfelspiel, welches namentlich in der ![]() | 8 |
c) Ob das Zeichen in der Bundesrepublik Deutschland markenrechtlichen Schutz geniesst, ist ohne Belang. Die Schweiz prüft die Schutzfähigkeit einer Marke nach ihrer eigenen Gesetzgebung und Verkehrsanschauung (BGE 89 I 297 E. 7 mit Hinweisen). Dies schliesst zwar nach der Praxis nicht aus, dass der Richter und die Verwaltungsbehörden sich - namentlich in Grenzfällen - an der ausländischen Praxis orientieren (PMMBl 1985 I 56), doch entfällt im vorliegenden Fall eine Berücksichtigung des deutschen Markenschutzes bereits darum, weil das Würfelspiel in Deutschland nicht unter der Bezeichnung "EILE MIT WEILE", sondern als "MENSCH ÄRGERE DICH NICHT" allgemein bekannt ist.
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Ein zum Gemeingut gehörendes Zeichen ist des Markenschutzes zugänglich, wenn es dem Verkehr nicht unentbehrlich ist und sich in ihm so durchgesetzt hat, dass es vom Publikum ohne weiteres als Herkunftshinweis verstanden wird (BGE 112 II 76 mit Hinweisen; TROLLER, a.a.O., S. 295; MATTER, a.a.O., S. 62 ff.; H. DAVID, a.a.O., S. 100; MARBACH, a.a.O., S. 74 ff.). Voraussetzungen der Verkehrsdurchsetzung sind daher unter anderem der markenmässige Gebrauch des Zeichens und der dadurch bewirkte Umstand, dass das Publikum darin einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft ![]() | 11 |
Markenmässiger Gebrauch liegt in der Verwendung der Marke auf der Ware selbst oder auf deren Verpackung (BGE 113 II 75). Nach der markenmässigen Herkunftsfunktion (E. 2a hievor) ist dabei erforderlich, dass das Zeichen als Herkunfts- und nicht als Sachbezeichnung verwendet wird. Dafür aber geben weder die vorgelegten Kataloge noch die Spielmagazine der Beschwerdeführerin einen schlüssigen Hinweis ab. Auch hier erscheint "EILE MIT WEILE" offensichtlich als beschreibende Spielbezeichnung, als gegenständliche und nicht als herkunftsmässige Angabe, dies im Gegensatz etwa zu der auf den Spielpackungen angebrachten Marke "ASS". Damit aber ist der markenmässige Gebrauch des Zeichens nicht nachgewiesen.
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Hinzu kommt, dass zufolge der allgemeinen Verbreitung der Bezeichnung "EILE MIT WEILE" für das Würfelspiel die Fachkreise wie das kaufende Publikum darin eine reine Sach- oder Warenbezeichnung erblicken und Assoziationen zu einem bestimmten, möglicherweise auch anonymen Hersteller vollständig fehlen. Im Verkehr durchgesetzt hat sich wohl die Sach-, nicht aber die Herkunftsbezeichnung. "EILE MIT WEILE" deutet nicht auf einen bestimmten Hersteller, sondern allein auf ein bestimmtes, von verschiedenen Herstellern vertriebenes Produkt hin. Dies aber reicht für den Schutz des Zeichens als durchgesetzte Marke nicht aus.
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