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42. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. Oktober 1988 i.S. B. gegen Firma A. (Berufung) | |
Regeste |
Art. 6 OR. Wirkungen eines Bestätigungsschreibens. | |
Sachverhalt | |
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Die Firma A. will mit Schreiben vom 15. April einer solchen Regelung der Schuld widersprochen und den überwiesenen Betrag als blosse Akontozahlung bezeichnet haben. B. hat das Schreiben angeblich nicht erhalten. Der Aufforderung der Firma vom 8. Februar 1984, die ihres Erachtens noch ausstehende Schuld von Fr. 141'916.05 zu begleichen, kam er nicht nach. Diesen Betrag nebst Zins klagte die Firma A. sodann ein.
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Der Beklagte hat dagegen Berufung eingelegt, die vom Bundesgericht abgewiesen wird.
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Aus den Erwägungen: | |
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a) Diese Bestimmung regelt den Abschluss eines Vertrages durch stillschweigende Annahme eines Antrages. Sie ist auf den vorliegenden Sachverhalt nicht unmittelbar anwendbar, da der Beklagte am 11. April gar nicht der Meinung war, der Klägerin eine Offerte zu unterbreiten. Das Bundesgericht hat indes ihre analoge Anwendung auf Fälle bejaht, in denen ein vermeintlich mündlich abgeschlossener Vertrag schriftlich bestätigt wurde, ohne dass der Empfänger sich innert angemessener Frist dagegen verwahrt hätte; es hat damit einem unwidersprochen gebliebenen Bestätigungsschreiben jedenfalls im kaufmännischen Verkehr rechtserzeugende Kraft mit konstitutiver Wirkung zuerkannt (BGE 100 II 22 E. 3a mit Hinweisen). Die Lehre hat sich diesem Grundsatz angeschlossen (SCHMIDLIN, N. 80 ff. zu Art. 6 OR; SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N. 67 ff. zu Art. 6 OR; GUHL/MERZ/KUMMER, OR 7. Aufl. S. 98; GAUCH/SCHLUEP, OR Allg. Teil 4. Aufl. I Rz. 841 ff.; KELLER/SCHÖBI, Allgemeine Lehren des Vertragsrechts, 3. Aufl. S. 34; VON TUHR/PETER, OR Allg. Teil I S. 189 Anm. 61; BUCHER, OR Allg. Teil S. 122; ENGEL, Traité des obligations en droit suisse, S. 147).
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Dass einem Bestätigungsschreiben, das unwidersprochen bleibt, selbst dann rechtserzeugende Kraft zukommt, wenn die Parteien vorher ergebnislos verhandelt oder sich in wesentlichen Punkten noch nicht geeinigt haben und der Absender nicht bewusst etwas ![]() | 7 |
Dies beurteilt sich nach einem objektiven Massstab, hängt folglich nicht von der subjektiven Einstellung des Absenders ab, selbst wenn die schriftliche Bestätigung eines angeblichen Verhandlungsergebnisses, das vom tatsächlich erzielten erheblich abweicht, regelmässig auch auf Unsorgfalt oder gar auf Unredlichkeit schliessen lässt (vgl. SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N. 95 zu Art. 6 OR). Ob eine bewusste Falschbestätigung vorliegt, ist zudem eine Frage des Beweises, der für einen bestimmten Willen oder ähnliche innere Vorgänge meistens schwierig und nur über eine tatsächliche Vermutung erbracht werden kann (BGE 110 II 4 E. 3b). Wenn die rechtserzeugende Kraft eines streitigen Bestätigungsschreibens nach dem Vertrauensgrundsatz ermittelt und begrenzt wird, geht es dagegen um eine Frage der Rechtsanwendung. Aus diesem Unterschied erhellt, dass die rechtliche Begrenzung vorzuziehen und aus Gründen der Rechtssicherheit auch sachlich gerechtfertigt ist.
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b) Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz hat die Klägerin anlässlich der Besprechung vom 30. März 1983 einen Prozentvergleich mit einer Saldozahlung von Fr. 30'000.-- ausdrücklich abgelehnt. Bis zum 11. April sodann, als der Beklagte der Klägerin schrieb, führten die Parteien zwar ein Telefongespräch, dessen angeblich positiver Ausgang aber von der Klägerin bestritten wurde und zudem unbewiesen blieb. Der Beklagte beruft sich somit auf Bestätigungen, die dem negativen Verhandlungsergebnis stracks zuwiderlaufen und darauf ausgehen, der Klägerin eine Lösung zu unterstellen, die sie von Anfang an zurückgewiesen ![]() | 9 |
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