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43. Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. November 1988 i.S. A. gegen B. (Berufung) | |
Regeste |
1. Art. 48 Abs. 1 und 51 Abs. 1 lit. a OG. Berufung gegen einen kantonalen Endentscheid über die Zulässigkeit einer Feststellungsklage. Fehlende Angaben über den Streitwert (E. 1). | |
Sachverhalt | |
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B.- Am 14. März 1986 klagte A. gegen B. auf Feststellung, dass der Beklagte für die ihm zugefügte Körperverletzung vollumfänglich hafte. Der Beklagte widersetzte sich diesem Begehren und beantragte, das Verfahren vorerst auf die Frage zu beschränken, ob eine blosse Feststellungsklage überhaupt zulässig sei.
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Mit Urteil vom 26. November 1987 verneinte das Bezirksgericht Rheinfelden diese Frage und erkannte, dass auf die Klage nicht einzutreten sei. Der Kläger appellierte an das Obergericht des Kantons Aargau, das am 14. April 1988 im gleichen Sinne entschied.
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C.- Der Kläger hat Berufung eingelegt mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen oder sein Feststellungsbegehren gutzuheissen.
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Der Beklagte beantragt, auf die Berufung nicht einzutreten oder sie jedenfalls abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Dass das Obergericht bloss über die Zulässigkeit einer Feststellungsklage zu entscheiden hatte, steht der Berufung entgegen der Auffassung, die in der Berufungsantwort vertreten wird, nicht im Wege. Der Beklagte übersieht, dass die Berufung sich gegen einen kantonalen Endentscheid über die Frage richtet, ob vorliegend eine Feststellungsklage nach Bundesrecht zuzulassen sei, oder ob das Obergericht dies zu Unrecht verneint habe. Es lässt sich im Ernst auch nicht sagen, es gehe bloss um die Feststellung einer Tatsache, wie die Berufungsantwort anzunehmen scheint, will der Kläger doch festgestellt wissen, dass der Beklagte den Unfall ![]() | 8 |
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a) Das Obergericht hat die Zulässigkeit der Feststellungsklage ausschliesslich nach Bundesrecht beurteilt und die Frage, ob ein weitergehender Anspruch auf eine solche Klage nach kantonalem Recht mit Bundesrecht vereinbar wäre, offengelassen. Eine Klage auf Feststellung eines dem eidgenössischen Recht unterstehenden Rechtsverhältnisses ist zuzulassen, wenn der Kläger an der sofortigen Feststellung ein schutzwürdiges Interesse hat, das rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein kann, aber erheblich sein muss. Ein solches Interesse fehlt in der Regel, wenn der Kläger in der Lage ist, über eine blosse Feststellung hinaus eine vollstreckbare Leistung zu verlangen (BGE 97 II 375 E. 2 und BGE 99 II 173 E. 2 mit Hinweisen). Zu bejahen ist es dagegen insbesondere, wenn die Rechtsbeziehungen der Parteien ungewiss sind und die Ungewissheit durch die richterliche Feststellung über den Bestand und den Inhalt des Rechtsverhältnisses beseitigt werden kann (BGE 110 II 357 E. 2). Vorbehalten bleibt ferner der Fall, wo die Verletzung andauert und der Schaden noch wächst, der Geschädigte aber an der sofortigen Feststellung der Verletzung interessiert ist und die Leistungsklage vorläufig auf einen Teil des Schadens beschränken muss (BGE 99 II 174).
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Das gilt namentlich auch für Schäden aus Körperverletzung. Dafür ist selbst dann Ersatz zuzusprechen, wenn die körperlichen Folgen der Verletzung noch unsicher sind; denn Art. 46 Abs. 2 OR ermächtigt den Richter, bis auf zwei Jahre, vom Tage des Urteils an gerechnet, dessen Abänderung vorzubehalten, wenn die Folgen der Verletzung im Zeitpunkt der Urteilsfällung nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt sind. Aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass die Schadenersatzklage sogar dann geschützt werden muss, wenn der künftige Grad der körperlichen Behinderung noch nicht einmal "hinreichend" sicher ist und auch noch ungewiss bleibt, ob er binnen zwei Jahren nach der Ausfällung des Urteils genügend zuverlässig wird festgestellt werden können. Das Gesetz findet sich damit ab, dass ein Urteil gefällt werde und in Kraft bleibe, das der späteren gesundheitlichen Entwicklung des Verletzten nicht in allen Teilen entspricht (BGE 86 II 47).
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b) Nach dem angefochtenen Urteil waren die medizinischen Folgen des verhängnisvollen Schusses schon im März 1986, als die ![]() | 13 |
Diese Feststellungen des Obergerichts betreffen tatsächliche Verhältnisse und binden das Bundesgericht, da von offensichtlichen Versehen im Sinne von Art. 63 Abs. 2 OG entgegen den. Einwänden des Klägers keine Rede sein kann. Die Vorinstanz hat die medizinischen Berichte nicht übersehen, sie vielmehr gewürdigt, aber nicht in dem vom Kläger gewünschten Sinne. Was in der Berufung dagegen vorgebracht wird, ist daher als blosse Kritik an der Beweiswürdigung des Obergerichts nicht zu hören. Dass der medizinische Zustand zur Zeit der Klage stabil gewesen sei, wie der Kläger dem Obergericht unterstellt, ist dem angefochtenen Urteil übrigens nicht zu entnehmen; es heisst darin vielmehr, dass die medizinische Entwicklung des Zustandes damals, d.h. als der Kläger beim Bezirksgericht Klage einleitete, klar absehbar und die Folgen davon bestimmbar gewesen seien. Diesen Zeitpunkt auf das Datum des Sühnebegehrens vom 9. Dezember 1985 oder des Sühneversuchs vom 7. Januar 1986 beziehen und als Versehen ausgeben zu wollen, ist zudem kühn und kaum ernst gemeint.
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Ist mit dem angefochtenen Urteil aber davon auszugehen, dass die Unfallfolgen schon zur Zeit der Klage mit grosser Wahrscheinlichkeit bestimmbar waren, so ist die Auffassung des Obergerichts, eine Leistungsklage sei schon damals möglich gewesen, dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis an einer Feststellungsklage folglich abzusprechen, bundesrechtlich nicht zu beanstanden; sie deckt sich vielmehr mit der hiervor angeführten Rechtsprechung zu den bundesrechtlichen Voraussetzungen einer Feststellungsklage, zum ziffernmässig nicht nachweisbaren Schaden (Art. 42 Abs. 2 OR), zum Rektifikationsvorbehalt (Art. 46 Abs. 2 OR) und zum Beginn ![]() | 15 |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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